Geschichte über Krankheit und Schmerz, aber mit viel Humor
"Ich hätte so gern, dass ich sagen darf, wovor ich Angst habe, ohne dass du ein schlechtes Gewissen bekommst, weil du mir nicht helfen kannst." (S. 210)
Kurzmeinung:
Ein Buch über den schweren Weg zurück ...
"Ich hätte so gern, dass ich sagen darf, wovor ich Angst habe, ohne dass du ein schlechtes Gewissen bekommst, weil du mir nicht helfen kannst." (S. 210)
Kurzmeinung:
Ein Buch über den schweren Weg zurück ins Leben. Erzählt mal sehr berührend, voller Weisheit und Sätzen, die man sich unbedingt merken möchte, mal mit viel Humor, so dass man sich das Lachen kaum verkneifen kann.
"Sie versteht nicht, dass man manches zwar verzeihen, aber nicht wiedergutmachung kann."
(S. 93)
Meine Meinung:
In "Wir von der anderen Seite" erzählt Anika Decker von Rahel Wald, die sehr plötzlich sehr krank wird und schließlich in ein Koma fällt, aus dem sie erst Tage später wieder erwacht. Ihr Körper ist schwach, viele Organe geschädigt. Und auch die Erinnerungen an die letzten Tage und Wochen vor dem Koma fehlen Rahel. Mit viel Mut macht sie sich auf den langen und schweren Weg zurück ins Leben. Neben Frust, Einsamkeit und Ängsten hat sie dabei aber auch immer eine ordentliche Portion Humor im Gepäck. Und so schaffe die Autorin Anika Decker hier beides: bewegende, tiefgründig Passagen über den Wert des Lebens, darüber, was eigentlich wirklich wichtig ist und was einem trotz aller Schwierigkeiten neuen Lebensmut gibt und locker-leichte Abschnitte mit sehr viel bitterbösem Humor. Durch diese Kombination wirken die ernsten Abschnitt nicht pathetisch und die witzigen Abschnitte nicht geschmacklos. Das ist der Autorin wirklich gut gelungen.
"Soweit ich das mitbekommen habe, war mein Immunsystem in puncto Abwehr nicht viel besser ausgestattet als unsere Bundeswehr mit ihren rumpeligen Siebzigerjahrepanzern. Es sieht ganz so aus, als hätte ich einen ziemlich guten Arzt gehabt. Also danke von Herzen – auch wenn es noch nicht so schlägt, wie es sollte." (S. 73)
Schön fand ich auch, dass die ganz realen, praktischen Konsequenzen so einer schweren Erkrankung aufgezeigt werden. Die bürokratischen Hürden und der Papierkram, den die Krankenhausaufenthalte und Reha-Behandlungen mit sich bringen. Die teils erschreckenden Zustände im Krankenhaus wegen Personalmangel und Co. Die Abläufe in Reha-Kliniken, von vorgeschriebenen Sitzplätzen bis unangebrachten Flirtversuchen. Und den Reaktionen von Personen aus dem Umfeld –von großem, teils erdrückendem Mitleid bis hin zu Ungeduld, wenn das mit der Genesung dann doch nicht so schnell voran geht.
"Seit alle Zugriff auf meinen Körper haben, habe ich wohl vergessen, dass er mir gehört, allein mir." (S. 153)
Nicht alles an dem Buch hat mir gefallen. Manchmal hat mir ein bisschen die Tiefe gefehlt, manche Personen waren für mich nicht ganz rund, bzw etwas übertrieben. Die Passage mit dem Schamanen fand ich überflüssig und etwas lächerlich und auch die teilweise sehr zugespitzte Darstellung vom Personal im Krankenhaus hat mir nicht ganz so gut gefallen. Aber insgesamt konnte mich das Buch wirklich überzeugen und ich kann es absolut weiterempfehlen.
Fazit:
Trauer und Wut. Liebe und Streit. Verzweiflung und Hoffnung. Ein Buch das alles hat –und trotzdem nicht perfekt ist. Aber das macht gar nichts, denn die schönen, bewegenden und witzigen Passagen überwiegen und so kann ich euch das "Wir von der anderen Seite" von Anika Decker mit gutem Gewissen empfehlen.