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Veröffentlicht am 06.12.2016

lesenswert

Aurora
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„Aurora“ von Kim Stanley Robinson ist mal wieder ein Roman, der die SF-Gemeinde in ihren Beurteilungen in zwei Lager zu spalten scheint. In die, die in loben und die, die vermelden, dass sie etwas ganz ...

„Aurora“ von Kim Stanley Robinson ist mal wieder ein Roman, der die SF-Gemeinde in ihren Beurteilungen in zwei Lager zu spalten scheint. In die, die in loben und die, die vermelden, dass sie etwas ganz anderes erwartet hatten und mit dem Leseerlebnis unzufrieden waren. Ich hatte den Vorteil, dass ich schon mit dieser Ausgangslage vertraut war, als ich zu lesen begann und meine Erwartungen deshalb schon entsprechend heruntergefahren waren. Umso mehr freut es mich, dass mir das Buch gefallen hat.

Für die Negativ-Fraktion:
Ja, es ist kein SF in dem viel passiert. Weder gibt es gefährliche Aliens oder andere exotische Wesen, noch kommt es zu Weltraumkämpfen, explodierenden Raumstationen und atemberaubender Action. Vielmehr legt Robinson Wert auf einen plausiblen und aus der Erfahrung anderer Kolonisationsversuche hergeleiteten Ablauf der Geschehnisse. Schon durch die zu bewältigende Entfernung zwischen Erde und neuem Planeten (Mond) ergibt sich eine lange Anreise und er nimmt sich die Zeit, diese zu beschreiben und dabei die verschiedenen Charaktere und die Schwierigkeiten mit Mensch und Technik aufzuzeigen. Bemängelt wird außerdem, dass der Autor der Eroberung ferner Welten skeptisch gegenüber steht und ganz allgemein an den Fähigkeiten der Menschheit zur leichten Aklimatisierung und Eingewöhnung auf neuen Planeten zweifelt. Letzteres ist aber eine legitim vertretbare Meinung und sie wird in dieser Geschichte durch logische und nachvollziehbare auch dramatische Geschehnisse durchaus als berechtige Frage in den Raum gestellt. (Wenn ich z.B. an Mark Watney denke, hatte ja der auch seine Schwierigkeiten mit dem Mars.)

Für die Pro-Fraktion:
Der Autor verwendet viel Liebe, um seine Figuren intensiv und geschickt aufzubauen. Da die Menschen auf dem Raumschiff sich mehrere Lichtjahre von der Erde fortbewegen und nicht nur gänzlich auf sich allein gestellt sind, sondern dies auch über mehr als eine Generation, ist für mich schon der Weg fast das Ziel. Der Klappentext verspricht also etwas, was erst relativ spät im Buch eintrifft, nämlich der Versuch, den fremden Planeten zu kolonialisieren. Und dann läuft auch nicht alles so, wie die Menschen und der Leser es sich vielleicht vorstellen. Dabei nimmt das Buch leicht epische Züge an und der Autor schreckt auch nicht davor zurück, wichtige Akteure sterben zu lassen und der Geschichte so mehr als einmal eine unvorhergesehene Wendung zu geben. Aber gerade das hat mir besonders gefallen. Die Unvorhersehbarkeit der Handlung, der man über weite Strecken gar keine Überraschungen zutrauen würde, da sie ruhig und fast gemütlich daherkommt.

Fazit:
Mich hat der Erzählstil gefangen genommen. Die Charaktere waren glaubwürdig und wecken Empathie. Es ist ein Buch, welches nicht durch knisternde Spannung besticht, sondern durch eine nachdenkliche, nachhaltige Langsamkeit. Es war mein erstes Buch von Robinson ich fasse jetzt aber die Mars-Bücher ins Auge.

Veröffentlicht am 26.11.2016

mystisch

Noah will nach Hause
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Janie lässt sich im Urlaub in der Südsee auf einen heißen Flirt ein und wird schwanger. Obwohl sie nicht mal den richtigen Namen des Vaters kennt, bekommt sie das Kind und zieht den kleinen Noah alleine ...

Janie lässt sich im Urlaub in der Südsee auf einen heißen Flirt ein und wird schwanger. Obwohl sie nicht mal den richtigen Namen des Vaters kennt, bekommt sie das Kind und zieht den kleinen Noah alleine groß. Aber schon bald entwickelt der Kleine ungewöhnliche Verhaltensweisen. Jeden Abend weint er nach einer Mutter. Er meint damit nicht sie. Außerdem entwickelt er eine schwere Wasserphobie. Er will weder Baden noch sich die Hände oder Haare waschen. Im Kindergarten fällt er bald negativ auf mit seinem Verhalten und als er seltsame Dinge erzählt, möchte die Leiterin sogar das Jugendamt einschalten.

Janie ist verzweifelt. Sie versucht es mit verschiedenen Therapeuten aber alle sind ratlos und schließlich wollen sie Noah einfach mit Medikamenten ruhig stellen. Bis sie von Jerome Anderson einen Artikel liest. Der beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Theorie von der Wiedergeburt und hat schon einige Fälle von Kindern behandelt, die durch ihr ungewöhnliches Verhalten vermuten lassen, dass es eine Reise der Seele in neue Körper wirklich geben könnte. Ist das die Lösung?

Die Geschichte wird immer wieder von Zeitungsausschnitten und Berichten unterbrochen, in denen von Kindern aus aller Welt erzählt wird, die scheinbar wiedergeboren wurden. Die Dinge wissen, die sie nur aus einem anderen Leben wissen können.

Interessant war an diesem Buch, dass man in ein ungewöhnliches Thema hineingezogen wird und der Erzählstil stellenweise einem wissenschaftlichen Buch entspricht. So wird vermittelt, dass etwas Wahres, reales an der Sache dran ist und man fängt an darüber nachzudenken, ja sogar im Internet darüber zu recherchieren. Dennoch bleibe ich bei den Ungläubigen, die dahinter trotz allem eine andere profanere Erklärung suchen. Der Schreibstil war gut lesbar, Noah und seine Mutter wurden glaubwürdig geschildert. Das Ganze war mit teilweise fast etwas zu mystisch. Aber unterhaltsam.

Veröffentlicht am 22.11.2016

spannender Abenteuerroman

Krone des Schicksals
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„Ein aufregender Abenteuerroman rund um die Machtkämpfe der Staufer und den berühmtesten Dichter des Mittelalters“. So verspricht es im neuesten Werk Richard Dübells „Krone des Schicksals“ der Klappentext. ...

„Ein aufregender Abenteuerroman rund um die Machtkämpfe der Staufer und den berühmtesten Dichter des Mittelalters“. So verspricht es im neuesten Werk Richard Dübells „Krone des Schicksals“ der Klappentext. Ich bin positiv überrascht, dass endlich mal dem Käufer und Leser genau das geboten wird, was der Kurztext verspricht. Es handelt sich nicht um einen historischen Roman im eigentlichen Sinne. Also natürlich spielt es im Dreizehnten Jahrhundert und es kommen einige namhafte reale Persönlichkeiten vor, die durchaus auch Hauptrollen einnehmen. Und der lose Rahmen ist in der Geschichte verankert, wie die meisten Dübell-Bücher. Aber der Ehrlichkeit halber muss man sagen, dass es vor allem ein Abenteuerroman ist, mit ziemlich viel literarischer Freiheit und einigen Punkten, die für manchen Leser fast ins fantastische gehen könnten.
Walther von der Vogelweide und drei seiner engsten Freunde sind in den Raub eines wertvollen Edelsteines verwickelt, des Orphanus, einer Art Stein der Weisen, der dem Träger, so er denn hochherrschaftlichen Geblüts ist, Macht und Ruhm verspricht. Dem Unbefugten droht allerdings großes Unglück, ja sogar der Tod. Als König Philipp stirbt, geht der Stein scheinbar verloren. Walther hat da aber schon ganz andere Sorgen, denn er verliert nach dem von ihm verehrten König auch die Liebe seines Lebens und verkriecht sich fern vom Hof die nächsten 20 Jahre in seinem Schneckenhaus. In der schwärzesten Nacht seines Lebens ist er auch überraschend zu einem kleinen Pflegekind gekommen. Der Junge Laurin wächst unter seinen Fittichen auf und weiß nicht, wer Mutter und Vater wirklich sind. Aber das sind nicht die einzigen Verwicklungen, in die Walther verstrickt ist und als er nach der langen Zeit von König Friedrich beauftragt wird, den Stein wieder zu finden und dem rechtmäßigen Herrscher zu übergeben, setzt er eine wilde Verfolgungsjagd in Gang. In die abenteuerliche Suche ist neben Walther und seinen treuen Freunden auch Laurin, eine verflossene Liebschaft von Walther und die junge Valeria verwickelt.
Man sollte in diesem Buch nicht alle historischen Dinge auf die Goldwaage legen. Ob es wirklich eine Organisation wehrhafter Frauen gegeben hat, die den Orphanus vernichtet sehen wollten, ist für mich sehr fraglich. Auch die diversen Nebenfiguren sind teilweise sicherlich entweder frei erfunden oder zumindest ihre Handlungen höchst fraglich. Es geht auch nicht darum, hier geschichtstreu und lehrreich dem Leser etwas nahezubringen. Es geht wohl vielmehr darum eine spannende, actionreiche, unterhaltsame Story zu erzählen. Dabei kommen auch Dübells Wortwitz und Situationskomik nicht zu kurz und die lebhaft und liebenswert beschriebenen Akteure wachsen einem ans Herz und man folgt der Suche nach dem Edelstein mit Vergnügen und Interesse.
Ich wurde sehr gut unterhalten und vergebe 4 Sterne mit Tendenz nach oben.

Veröffentlicht am 13.11.2016

unterhaltsam

Traumprinz
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David Safier ist bekanntlich ein Garant für skurile Grundideen und einen teils aberwitzigen Plot in seinen Büchern. Die Geschichten waren mehr als einmal eine Gratwanderung zwischen Slapstick, Humoreske ...

David Safier ist bekanntlich ein Garant für skurile Grundideen und einen teils aberwitzigen Plot in seinen Büchern. Die Geschichten waren mehr als einmal eine Gratwanderung zwischen Slapstick, Humoreske und Unterhaltungsroman. Auf „Traumprinz“ trifft all dies zu.

Nellie ist Comiczeichnerin. Und mehr als einmal scheint ihr Leben, Wendungen zu nehmen, die aus einem Comic stammen könnten. Der Kerl, den sie liebt, stellt ist überraschend bereits anderweitig verlobt, dafür erscheint Dank einer dicken Prise Magie ein von ihr selbst im Liebeskummer gezeichneter Märchenprinz am nächsten Morgen tatsächlich vor ihrer Tür und bringt ihr Leben vollends durcheinander. Sie muss nun nicht nur den etwas unbeholfenen Prinzen retten und versuchen ihn zurück in seine Parallelwelt zu bringen, sondern auch gegen diverse Schurken kämpfen, die ihr ein magisches Buch abnehmen und für eigene Zwecke missbrauchen wollen.

Das Cover und die Idee der Geschichte haben mich magisch angezogen. Beim Durchblättern wurde ich positiv überrascht, dass im Buch einige lustige Comics sind, die mich von der Optik sehr an Asterix und Obelix erinnert haben. Die Idee eines magischen Büchleins und einem mittelalterlich angehauchten Helden in einer realen Welt der Gegenwart ist natürlich nicht neu. Aber die wilde Achterbahnfahrt, die wir mit Nellie erleben ist sehr unterhaltsam und nimmt mehr als eine überraschende Wendung. Manchmal trägt David Safier ein bisschen dick auf und natürlich ist nicht alles logisch oder realistisch. Aber diesen Anspruch habe ich bei seinen Büchern auch nicht.

Das Buch ist kurzweilig, hat ein paar wirklich herrliche Schmunzelszenen und zwei, drei Mal musste ich laut auflachen. Es ist nicht sein bestes Stück Autorenarbeit aber in seinem Genre durchaus solide und für Safier-Kenner ein Muss.

Veröffentlicht am 07.11.2016

mittelalterliche Ängste

Des Menschen Furcht
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„Des Menschen Furcht“ ist Ende des 16. Jahrhunderts noch vielfältig und groß vor allem Unbekannten und Unerklärlichen. Darum wird der Advokat Paulus nach Bedburg geschickt. Dort hat man den Mühlenbesitzer ...

„Des Menschen Furcht“ ist Ende des 16. Jahrhunderts noch vielfältig und groß vor allem Unbekannten und Unerklärlichen. Darum wird der Advokat Paulus nach Bedburg geschickt. Dort hat man den Mühlenbesitzer Peter Stumpf festgenommen, gerade, als er ein kleines Kind töten wollte. Es werden ihm nun nahezu 70 ungeklärte Morde aus der Umgebung angelastet und er hatte bereits ein Geständnis abgelegt, in dem er auch zugab, ein Werwolf zu sein. Paulus sollte den Angeklagten verhören. Ihm zur Seite stand auch der kirchliche Inquisitor Fromme, der zu überprüfen hatte, ob es sich tatsächlich um einen Werwolf und damit um Teufelswerk handelte.

Aber das Buch will etwas ganz anders, als nur über diesen Rechtsfall zu berichten. Vielmehr erzählt es zum einen ganz allgemein von den Ängsten der damaligen Menschen. Von der Furcht vor dem Tod, vor Krankheiten wie der Pest, aber auch vor angeblichen Vampiren und eben Werwölfen. Dabei entpuppt sich Paulus schnell als Pragmatiker und als schlauer Beobachter, der nicht an Monster und wenig an teuflische Mächte glaubt, sondern schon in zahlreichen Fällen bewiesen hat, dass die Unwissenheit und Naivität der Menschen Schuld an solchen Ängsten sind und dass keineswegs überall der Teufel sein Unwesen treibt. Priester Fromme, der bei der Pestbekämpfung noch Seite an Seite mit Paulus gekämpft hatte, glaubt aber an die Theorie vom Werwolf und so entspinnt sich ein theologischer und naturwissenschaftlicher Streit über den fürchterlichen Serienmörder Peter Stumpf in dessen Zentrum aber eben nicht unbedingt der Täter, sondern vielmehr das Ringen um Wissen und plausible Erklärungen liegt, fern von Aberglaube und christlichen Vorstellungen.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Schreibers Wilhelm, der rechten Hand von Paulus und sein wissensdurstiger Schüler. Das Thema ist interessant, die vielen Geschichten und Beschreibungen und auch die Dialoge anspruchsvoll und unterhaltsam. Man spürt deutlich die Ambitionen des Autors, dem Leser hier Wissen zu vermitteln und zu zeigen, wie die Menschen damals dachten und wie Paulus versucht, andere Ansatzpunkte und Wahrheiten zu etablieren, die einen Inquisitor überflüssig machen würden. Und der Streit zwischen Kirche und Wissenschaft, zwischen Gelehrtem und Priester ist hervorragend umgesetzt.Der Makel liegt eher im großen Ganzen des Buches. Denn es ist über eine lange Strecke nicht wirklich spannend und hat keinen stringent verlaufenden Handlungsbogen. Erst im letzten Viertel zieht die Story merklich an und das Finale kommt tatsächlich mit Action und einem realen großen Knall daher.

Mich hat das Buch ein bisschen an "Der Name der Rose" erinnert. Die Suche nach der Wahrheit aber auch das Finale. Man muss sich zeitweise ein bisschen durchbeißen, deshalb ziehe ich einen Stern ab. Aber dennoch war es ein hochinteressanter historischer Roman. Hervorheben möchte ich auch das schöne Cover, welches sehr gut zur Geschichte passt.