Schon das Vorwort von Alessandro Baricco mit seiner kurzen Erklärung, wieso und wofür er diesen Text schrieb, ließ mich auf einen interessanten Text hoffen.
Mein Herz gehört ins Theater, meine Seele auf die Bühne, wie diejenigen wissen,die meinem Blog schon länger folgen. Baricco schrieb diesen Text für den Schauspieler Eugenio Allegri und den Regisseur Gabriele Vacis. Diese beiden Künstler formten daraus ein Schauspiel für das Festival von Asti im Juli 1994.
Baricco selbst sieht seinen Text nicht als richtiges Theaterstück, sondern als Text, „der auf dem schmalen Grat zwischen einem richtigen Bühnenstück und einer laut zu lesenden Erzählung schwankt.“ (S.7)
Kommen wir kurz zum Aufbau des Buches:
Es gibt hier keine Kapitel oder sonstige klare Unterteilungen, auch wird der Text immer wieder von kurzen Regieanweisungen unterbrochen. Natürlich sind dennoch einige Absätze eingearbeitet, jedoch stehen diese nicht für ein mögliches Zuklappendes Buchs. Ich denke, man sollte sich für „Novecento“ wirklich Zeit nehmen und die knapp 100 Seiten in einem Stück lesen, denn die Erzählung lässt einem eigentlich keine Räume für Pausen.
Wenn man die Geschichte als eine wahrhaft mögliche Begebenheit betrachtet, ist sie wirklich etwas Besonderes… etwas Außergewöhnliches… Ein Kind ausgesetzt auf einem Schiff… ein Säugling ohne Namen… Kurz darauf hatte ereinen… Danny Boodmann T. D. Lemon Novecento…
„Ich habe ihn im ersten Jahr dieses verdammten neuen Jahrhunderts gefunden, stimmt’s? Ich werde ihn Novecento nennen – 1900.“ – „Novecento?“ – „Novecento.“ – „Aber das ist ja eine Zahl!“ – „Es war eine Zahl. Jetzt ist es ein Name.“
Seite 27
So kam dieses kleine Kind zu einem Zuhause und einem Namen. Danny Boodmann T. D. Lemon Novecento… Er sollte sein ganzes Leben auf dem Ozean verbringen. Und er würde der größte Pianist seiner Zeit werden.
Für mich liegt der Charme dieses Buches eindeutig in der Intelligenz und der besonderen Begabung von Novecento. Und in der Ehrlichkeit des Textes! Hier wird nichts hinter zu großen, blumigen Umschreibungen versteckt, sondern einfach klar formuliert. Auch ging es hier nicht darum das Ende herauszufinden. Nein, das Ende ist uns gleich zu Beginn genannt worden. Dennoch führt uns Tim Tooney als Erzähler von Novecentos Geschichte aufs Meer hinaus:
„Weil ich sein bester Freund war, ja. Aber dann habe ich einigen Mist gebaut, und selbst wenn man mich auf den Kopf stellt, kommt nichts mehr aus meinen Taschen, sogar die Trompete habe ich verkauft, alles,aber… diese Geschichte, nein… klar und unerklärlich wie nur die Musik war, wenn mitten auf dem Ozean das Zauberklavier von Danny Boodmann T. D. Lemon Novecento sie spielte.“
Seite 21
Beim Lesen konnte man die Musik förmlich klingen hören und erahnen, wie sie sich mit dem Klang der Wellen vermischen würde.
Eine durch und durch gelungene, poetisch einfache Erzählung, die ich einfach nur genossen habe, während ich mich zwischen den Worten verlor. Um das zu verstehen, müsst ihr einfach mal in den Text hineinschauen.