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Veröffentlicht am 15.09.2016

Kann der Dämon noch gestoppt werden?

Zwölf Wasser, Buch 3: Nach den Fluten
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Vor zahlreichen Zehnen haben sich die Undae mit ihren Begleitern auf den Weg gemacht, um die zwölf wichtigsten Quellen des Kontinents aufzusuchen. Alle drei Reisegemeinschaften haben inzwischen herbe Rückschläge ...

Vor zahlreichen Zehnen haben sich die Undae mit ihren Begleitern auf den Weg gemacht, um die zwölf wichtigsten Quellen des Kontinents aufzusuchen. Alle drei Reisegemeinschaften haben inzwischen herbe Rückschläge hinnehmen und sich von liebgewonnenen Gefährten verabschieden müssen. Doch nun scheint alles vergebens gewesen zu sein, denn dem Dämon Asing ist es gelungen, im Körper Babus die Stadt Agen zu besetzen. Nun brennt die Stadt, und Asing plant die nächsten Schritte, um ihren Einfluss auszubreiten. Kann sie noch gestoppt werden?

Auf die Veröffentlichung des finalen Bandes der Zwölf Wasser-Trilogie habe ich lange gespannt gewartet, denn das Erscheinen des zweiten Bandes liegt inzwischen anderthalb Jahre zurück. In der Zwischenzeit sind meine Erinnerungen an den Vorgänger leider ziemlich verblasst. Beim Durchblättern des zweiten Bandes sind die wichtigsten Dinge allerdings schnell wieder präsent geworden, und auch kurze Erinnerungen zu Beginn des dritten Bandes halfen mir, in die Geschichte zurückzufinden. Wer nun welche Quelle mit welchem Ergebnis aufgesucht hat, habe ich leider nicht vollständig rekapitulieren können – hier wäre eine Übersicht im Anhang schön gewesen – doch aufgrund der Rückkehr Asings ist diese Aufgabe nun sowieso aufgegeben worden.

Dieser finale Teil der Trilogie fokussiert sich demnach ganz auf den Dämon Asing und das Bestreben, sie zu vernichten. Dazu muss man allerdings erst einmal schaffen, in ihre Nähe zu kommen und dabei nicht gleich von ihrem Blick getötet zu werden. Felt und Reva wollen das Unmögliche wagen und sind daher auf dem Weg nach Agen. Diese Reise und die zählreichen Hindernisse und Herausforderungen werden ausführlich beschrieben. Dabei wird Felts innere Zerrissenheit, sein Schwanken zwischen Verbitterung und Entschlossenheit, intensiv thematisiert. Ein wenig frischen Wind gibt es durch neue Charaktere in Agen, zum Beispiel den Hüter Soovend und die kleine Min. Beide entwickeln sich im Laufe des Buches zu wichtigen Charakteren, die man immer besser kennen lernt und deren Handeln von großer Bedeutung sein wird.

Die anderen beiden Reisegruppen rund um Kersted und Marken/Smirn geraten aufgrund der Geschehnisse in Agen stark in den Hintergrund. Diese Handlungsstränge werden eher schnell abgehandelt, offenbar um mehr über die Vorgänge im Brennpunkt Agen erzählen zu können. Immerhin leisten Mitglieder aus beiden Gruppen noch einen Beitrag zum Endergebnis der Trilogie und geraten so nicht gänzlich in Vergessenheit.

Schließlich nähert sich das Buch der großen Entscheidung, mit der ich leider nicht ganz glücklich geworden bin. Es war sehr mystisch und die Autorin hat es sich in meinen Augen ein wenig zu einfach gemacht, indem sie viele Vorgänge unerklärt ließ. Auch ein paar abschließende und aufschlussreiche Erklärungen zur Bedeutung der Quellen hätte ich schön gefunden. Immerhin erfährt der Leser so manches über das Schicksal der Hauptcharaktere des Buches, was meine Neugier befriedigen konnte. In dieser Hinsicht haben mich die letzten Seiten noch einmal berühren können.

„Zwölf Wasser: Nach den Fluten“ fokussiert sich auf die Ereignisse rund um Agen, wo der Dämon Asing im Körper Babus zurückgekehrt ist. Neue Charaktere in Agen sorgen für frischen Wind, während die Handlung fernab von Agen zur Nebensache wird. Die Wortgewandtheit der Autorin konnte mich erneut beeindrucken, dennoch hat das Buch sein Spannungspotenzial nicht voll ausgeschöpft. Die letzten Seiten fand ich schließlich noch einmal richtig gelungen, so dass ich dem Finale der Zwölf Wasser-Trilogie solide drei Sterne gebe.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wie soll man sich bei so vielen Männern bloß entscheiden?

Maybe You? Entscheide sich, wer kann!
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Die 26-jährige Annika hat ein großes Problem: Sie kann sich nie entscheiden, egal, worum es geht. Hose oder Rock? Pommes oder Pasta? Seit sie von ihrem Auslandsaufenthalt in Neuseeland zurückgekehrt ist, ...

Die 26-jährige Annika hat ein großes Problem: Sie kann sich nie entscheiden, egal, worum es geht. Hose oder Rock? Pommes oder Pasta? Seit sie von ihrem Auslandsaufenthalt in Neuseeland zurückgekehrt ist, arbeitet sie dank ihrer besten Freundin Steffi als Praktikantin in der Online-Redaktion eines Fernsehsenders. Diesem Job hat sie es zu verdanken, dass sie Bekanntschaft mit dem attraktiven Schauspieler Malik Ünal macht. Der pöbelt sie beim ersten Zusammentreffen zwar an, ist beim nächsten Mal aber schon viel netter. Ob sie sich auf ihn einlassen soll? Doch da ist auch noch ihr Ex-Freund Tim, der sie zurückgewinnen will. Und der Überlebenskünstler Kuschi, dem sie aus der Patsche geholfen hat und der sich revanchieren möchte. Wie soll sie sich da bloß entscheiden?

Als ich mir das Konzept des Buches durchgelesen habe, war ich gleich begeistert. Ein interaktiver Chick-Lit-Roman, bei dem man selbst bestimmen darf, mit wem die Protagonistin es versucht? Das klang für mich ziemlich witzig. Die Dicke des Buches hat mich dann aber erst einmal sehr erstaunt. Ein Chick Lit-Roman mit 660 Seiten? Uff!

Das Geheimnis hinter der Dicke des Buches ist aber schnell gelüftet, es liegt an der Wahl, die man als Leser zwischen verschiedenen Handlungsalternativen hat. Heißt: Nach 50 Seiten Einführung, in denen der Leser Malik, Tim und Kuschi kennen lernt, darf er wählen, mit wem Annika es versuchen soll. Dementsprechend gibt es drei verschiedene Handlungsstränge, die man lesen kann. Schließlich darf noch ein zweites Mal entschieden werden, ob Annika bei ihrer Wahl bleibt oder wechselt.

In der Einführung lernte ich als Leserin Annika schnell als ziemlich chaotische Person mit einem massiven Entscheidungsproblem kennen. Mit ihrer Unfähigkeit, sich selbst für Kleider oder Essen zu entscheiden, wurde mir Annika schnell sympathisch. Leider wirkten die drei Männer, zwischen denen sie sich entscheiden kann, im ersten Eindruck auf mich persönlich leider alle nicht sonderlich begehrenswert. So entschied ich mich aus dem Bauch heraus an der ersten Entscheidungsstelle für Malik.

Die Geschichte von Annika und Malik fand ich ganz unterhaltsam. Es kommt zu witzigen, skurrilen und brenzligen Situationen, weil Annika permanent in Fettnäpfchen tritt. Aber: Annikas beziehungsweise meine Entscheidung für Malik bedeutet nicht, dass man die anderen Männer nicht wiedertrifft. Nein, es macht fast den Eindruck, als sei München ein Dorf, denn auch Tim und Kuschi trifft Annika fast täglich mehr oder weniger zufällig wieder. Wirkten ihre Entscheidungsschwierigkeiten am Anfang noch witzig, ging mir ihre Sprunghaftigkeit in Bezug auf Männer allmählich auf die Nerven. Zum Glück gibt es noch Annikas Mitbewohnerin Kira, die ich sehr mochte. Und auch die abgedruckten Blog-Einträge von Annikas Ex-Neuseelandliebe Josh waren echte Highlights. Zu schade, dass der Gute auf der falschen Seite der Erde wohnt. Der Abschluss der Geschichte löst das Chaos dann doch weitestgehend auf, sodass ich mit dem Ergebnis zufrieden war.

Nachdem ich den Malik-Handlungsstrang ausgelesen hatte, wollte ich natürlich auch noch die anderen Optionen kennen lernen. Leider wurde ich hier ein wenig enttäuscht. In den anderen beiden Handlungssträngen erfährt man einige interessante Sachen, die man im ersten Strang nicht erfahren hat und Annika erlebt natürlich auch andere Dinge mit dem Mann ihrer bzw. meiner neuen Wahl. Insgesamt gab es für mich aber viel zu viele Parallelen, durch die ich das Gefühl hatte, fast das gleiche Buch noch einmal zu lesen und weshalb es sich für mich in die Länge zog. Die verschiedenen Alternativen hätten sich für mich noch stärker auseinander entwickeln müssen.

„Maybe you“ basiert auf der witzigen Idee, dass man als Leser bestimmen darf, mit welchem Mann Annika ihr Glück versucht. Die Zielsicherheit, mit der Annika kein Fettnäpfchen auslässt, war unterhaltsam, doch leider empfand ich ihre Sprunghaftigkeit als zunehmend anstrengend. Auch fand ich die drei Optionen Malik, Tim oder Kuschi nur mäßig begehrenswert. Durch viele sympathischer Nebenfiguren und witzige Zwischenfälle wird die Geschichte aber aufgelockert und insgesamt zu einer lockeren Lektüre für Zwischendurch.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Humorvolle Ermittlungen mit einer sehr speziellen Protagonistin

Tante Poldi und die sizilianischen Löwen
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Mit sechzig Jahren ist Tante Poldi nach einem Tapetenwechsel. Von München zieht es sie nach Sizilien, wo sie sich mit Meerblick totsaufen will. Eine Wohnung mit den richtigen Schwingungen ist bald gefunden. ...

Mit sechzig Jahren ist Tante Poldi nach einem Tapetenwechsel. Von München zieht es sie nach Sizilien, wo sie sich mit Meerblick totsaufen will. Eine Wohnung mit den richtigen Schwingungen ist bald gefunden. Ihr Plan vom Sterben wird jedoch fürs erste von der sizilianischen Familie ihres verstorbenen Mannes vereitelt, die sich zum Ziel gesetzt haben, ihr zu neuem Lebensmut zu verhelfen und sie deshalb ständig besuchen. Dann verschwindet auch noch Valentino, der ihr bei Reparaturen im Haus zur Hand geht. Poldis Entschlusskraft ist geweckt: Sie wird herausfinden, was mit ihm geschehen ist! Auf eigene Faust beginnt sie mit den Ermittlungen. Ob das gutgehen kann?

Gleich zu Beginn des Buches erwartete mich eine siebenzeilige Kapitelüberschrift, die mich neugierig machte. In dieser wird schon einmal zusammengefasst, auf was man sich im folgenden Kapitel so freuen darf, größtenteils allerdings so vage ausgedrückt, dass man die ganze Bedeutung erst am Kapitelende verstehen kann. Auf den ersten Seiten nimmt der Autor sich die Zeit, Tante Poldi und ihren Umzug nach Sizilien zu beschreiben. Poldi ist aufgrund ihres Verhaltens und bestimmter Vorlieben ein sehr spezieller Charakter, der wohl vor allem durch seine Skurrilität unterhalten soll. Ich merkte leider gleich, dass ich mich schwer damit tun würde, diese exzentrische Persönlichkeit wirklich sympathisch zu finden.

Das Buch ist aus der Sicht von Poldis Enkel geschrieben, der seine Tante immer wieder in Sizilien besucht und sich dabei von ihr auf den neuesten Stand bringen lässt, was ihre Ermittlungen betrifft. Die Einschübe über das eigene Leben des Erzählers, in dem er sich er sich vergeblich als Autor versucht, sind dabei sehr kurz gehalten, sodass Poldis Geschichte klar im Vordergrund steht und mit nur kurzen Unterbrechungen erzählt wird. Dadurch fiel es mir leicht, in die Geschichte einzutauchen.

Mit jeder Seite, auf der Poldi tiefer in die Ermittlungen einsteigt, gefiel mir das Buch besser. Der Autor nimmt den Leser mit auf eine spannende Spurensuche voller Witz. Da trifft Poldi zum Beispiel auf einen Hölderlin zitierenden Italiener, holt ihre Demonstrationsfähigkeiten von 1968 aus der Mottenkiste und wickelt den attraktiven Commisario Montana so um den Finger, dass er Interna ausplaudert und schließlich tatsächlich auf sie angewiesen ist. Ständig gibt es neue Erkenntnisse, was mein Interesse wach hielt und bei mir für ein zügiges Lesetempo sorgte.

Mit Tante Poldi bin ich leider während des gesamten Buches nicht ganz warm geworden. Den abgedruckten bayrischen Akzent fand ich zum Lesen anstrengend, ihr dauerhaftes Perückentragen merkwürdig und ihre Alkoholsucht trotz humorvoller Darstellung eher traurig. Mein Spaß am Kriminalfall ließ das aber in den Hintergrund treten, sodass ich die Geschichte gern gelesen habe. Es bleibt bei einer übersichtlichen Zahl von Verdächtigen, die es dem Leser ermöglichte, eigene Spekulationen anzustellen. Das Ende ist schließlich plausibel, lässt keine Fragen offen und auch der Witz kommt nicht zu kurz.

„Tante Poldi und die sizilianischen Löwen“ ist ein Kriminalroman voller Witz. Die äußerst skurrile Protagonistin ist sehr gewöhnungsbedürftig. Ihre Ermittlungen auf eigene Faust konnten mich aber gut unterhalten. Das hohe Tempo und die neugierig machenden Kapitelüberschriften konnten mein Interesse an der Geschichte dauerhaft aufrechterhalten. Wer nach einem humorvollen Krimi sucht, den man gemütlich in der Sonne lesen kann, der sollte Tante Poldi einmal kennen lernen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Interessante Geschichte mit schwieriger Protagonistin

Nur einen Horizont entfernt
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Hannah Farr arbeitet als Moderatorin ihrer eigenen Frühstückssendung im Lokalfernsehen von New Orleans. Obwohl sie beliebt ist, sind ihre Quoten in letzter Zeit schlechter geworden. Auch privat ist sie ...

Hannah Farr arbeitet als Moderatorin ihrer eigenen Frühstückssendung im Lokalfernsehen von New Orleans. Obwohl sie beliebt ist, sind ihre Quoten in letzter Zeit schlechter geworden. Auch privat ist sie frustriert: Ihr Freund Michael, der Bürgermeister der Stadt, hat ihr noch immer keinen Antrag gemacht und immer weniger Zeit für sie. Hannah will sich deshalb auf einen Moderationsjob in Chicago bewerben, um mit einem Angebot ihren Sender und Michael unter Druck zu setzen. Doch welche Geschichte ist beachtenswert genug, um sie im Exposé zu verwenden? Sie entscheidet sich für das Thema der Versöhnungssteine, einem Trend, der von der Autorin Fiona Knowles ausgelöst wurde. Was bislang niemand weiß: Hannah gehörte zu den ersten Personen, die zwei Jahre zuvor einen Stein direkt von Fiona bekommen haben. Aber kann Fiona wirklich vergeben? Und wem soll sie selbst um Verzeihung bitten?

Ein Buch, das sich rein ums Verzeihen und Versöhnen dreht – kann das funktionieren? Der reißerische Klappentext hielt mich eine Weile davon ab, das Buch zu lesen. Schließlich hat es aber doch seinen Weg zu mir gefunden und ich war so neugierig auf die Geschichte, dass ich sie gleich gelesen habe. Schnell fand ich mich in die Ausgangssituation des Buches hinein und musste feststellen, dass der Klappentext einige Dinge verdreht, um noch dramatischer zu klingen. Die Idee der Versöhnungssteine – man erhält zwei Stück, einen schickt man dem Sender als Zeichen der Verzeihung zurück und mit dem zweiten bittet man selbst jemanden um Verzeihung – fand ich sehr interessant und auch, dass Hannah sich seit zwei Jahren weigert, bei diesem Trend mitzumachen, auch wenn sie zu einen der ersten gehörte, die einen Stein erhalten haben.

Ich habe leider sehr schnell festgestellt, dass Hannah ein Charakter ist, den ich nicht sonderlich mag. Anstatt im beruflichen und privaten Klartext zu sprechen, will sie das Jobangebot aus Chicago, um Druck ausüben zu können. Nur um ein gutes Exposé zu liefern entscheidet sie sich dazu, sich nach zwei Jahren doch mit den Versöhnungssteinen zu beschäftigen, die sie erhalten hat. Gleichzeitig verhält sie sich unglaublich naiv und merkt gar nicht, wie sie selbst manipuliert wird. Schließlich ist sie sogar bereit, anderen Menschen zu schaden, um davon einen Vorteil zu erlangen. Einige Nebencharaktere, zum Beispiel ihre Freundinnen Jade und Dorothy, haben mir da schon deutlich besser gefallen. Dorothy ist es auch, die Hannah auffordert, den Versöhnungsstein an ihre Mutter zu schicken. Viele der Charaktere beim Fernsehsender waren hingegen richtige Unsympathen, sodass ich hoffte, dass Hannah sich gegen sie behaupten kann.

Die Geschichte beschäftigt sich allmählich immer stärker Hannahs Vergangenheit und der Beziehung zu ihren Eltern. Hier versteckt sich ein extrem schwieriges Thema. Hannah muss wichtige und weitreichende Entscheidungen treffen, die auch großen Einfluss auf andere haben und mit denen sicherlich nicht jeder Leser einverstanden sein wird. Auch ich konnte ihr Handeln nur bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Es kommt zu vielen emotionalen Situationen, die mich aber nicht gänzlich packen konnten, da ich mich Hannah so wenig verbunden fühlte, dass ich das Geschehen eher aus der Situation der distanzierten Leserin verfolgte.

Neben der Familiengeschichte beschäftigt sich das Buch auch mit dem Thema Liebe und Zukunftsplanung. Dieser Handlungsstrang hat mir gut gefallen, ebenso wie die generelle Diskussion zum Thema Vergeben. Fühlt man sich wirklich besser, wenn man jahrzehntealte Geheimnisse ausspricht? Bleiben manche Geheimnisse besser unausgesprochen? Muss man einer Person vergeben, wenn sie um Verzeihung bittet? Hier werden viele wichtige Fragen aufgeworfen, die mich zum Nachdenken gebracht haben.

„Nur einen Horizont entfernt“ spricht das brisante Thema des Vergebens und Versöhnens an. Leider mochte ich die Protagonistin nicht sonderlich und konnte mich entsprechend wenig in sie einfühlen. Neben einer kontroversen Familiengeschichte bietet das Buch eine schöne Liebesgeschichte und legt ein gutes Tempo vor, sodass keine Langeweile aufkam. Trotz so mancher Kritikpunkte vergebe ich daher drei Sterne. Wer sich mit der Thematik des Versöhnens auseinandersetzen möchte, findet in diesem Buch sicherlich interessante Gedanken und Geschichten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine neue Sicht auf den Beginn des zweiten Weltkrieges

Das Lied, das uns trägt
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London, 1937: Antonio ist ein italienischer Einwanderer, der mit seiner Familie und seiner schwangeren Frau in Soho. Neben der Arbeit im Kiosk seines Vaters verdient er als Sänger zusätzliches Geld. Als ...

London, 1937: Antonio ist ein italienischer Einwanderer, der mit seiner Familie und seiner schwangeren Frau in Soho. Neben der Arbeit im Kiosk seines Vaters verdient er als Sänger zusätzliches Geld. Als er eines Abends im Paradise Ballroom auftritt, begegnet er der Tanzdame Olivia. Berühmt ist sie für ihren Tango, doch er trifft sie im Hinterhof, wo sie unter den Schmerzen einer kürzlich erfahrenen Abtreibung leidet. Ein halbes Jahr später treffen sie sich erneut: Olivia ist inzwischen die Frau eines wohlhabenden Londoners, der Antonios Gesangstalent fördern will. Der aufziehende Krieg beeinflusst so manches Schicksal. Welchen Weg werden Olivia, ihr Mann Bernard, Antonio, seine Schwester Filomena und sein Bruder Valentino einschlagen?

Als ich das Buch zum ersten Mal in die Hand nahm und den Klappentext las, erwartete ich eine Liebesgeschichte, die mich in prunkvolle Ballsäle führt und die aufgrund des aufziehenden Krieges dramatische Wendungen bereithält. Die eine, klassische Liebesgeschichte gibt es hier aber gar nicht. Vielmehr ist Antonio die Schlüsselperson, und das Buch berichtet von seinem Schicksal sowie dem der Menschen in seinem Umfeld.

Auch wenn bei diesem Buch viele Personen zu Wort kommen, kann ich nicht behaupten, dass ich eine davon voll und ganz sympathisch fand. Vielmehr haben sie alle ihre Ecken und Kanten, ihre Momente, in denen sie von Vorurteilen, Hochmut, Neid oder angetrieben werden. Auch wenn ich es erst einmal ungewöhnlich fand, die Ereignisse unter diesen Voraussetzungen zu verfolgen, so stiegen im Laufe der Zeit doch einige Charaktere in meiner Gunst, während andere diese gänzlich verloren. Gerade das machte die Sache wieder interessant.

Am meisten begeistern konnte mich die für mich gänzlich neue Sicht, mit der dieses Buch auf den Beginn des zweiten Weltkrieges schaut. Wie schwierig in dieser Zeit die Situation der Italiener in England war, war mir vorher nicht bewusst. Antonio, seine Familie und seine italienischen Bekannten reagieren alle höchst unterschiedlich auf den aufziehenden Krieg, sodass man anhand einiger Beispiele miterlebt, wie es den italienischen Einwanderer in dieser Zeit ergangen ist. Ganz anders sieht die Situation für Olivia und Bernard aus, die als reiche Londoner ganz andere Sorgen haben.

Die angekündigte Romantik kam für meinen Geschmack ein wenig zu kurz. Stattdessen begleitet der Leser die Charaktere auf ihren verschlungenen Wegen, ohne allzu tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelt zu erhalten. Einige Wendungen konnten mich sowohl positiv als auch negativ überraschen. Über manche Fügungen des Schicksals habe ich mich gefreut, andere musste ich erst einmal verdauen. Indem es immer wieder Zeitsprünge von ein paar Monaten gibt, bleibt die Handlung in Bewegung und lässt bis zum Schluss keine Langeweile aufkommen.

„Das Lied, das uns trägt“ bietet eine für mich völlig neue Sicht auf den zweiten Weltkrieg, die mich fesseln konnte. Über das Schicksal italienischer Einwanderer in London wusste ich bislang nichts, und die historischen Informationen habe ich deshalb interessiert aufgesogen. Die Charaktere selbst sind allesamt alles andere als perfekt und ließen leider nur selten tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelt zu. Dennoch wird man schnell neugierig, wohin ihre Entscheidungen sie führen werden. Insgesamt vergebe ich daher drei Sterne und empfehle das Buch vor allem an Leser weiter, die sich für das historische Setting dieses Romans interessieren.