Überraschend poetisch
WOLFSINSELMich hat gleich der Klappentext angesprochen: Eine junge Frau zieht allein in die Wildnis Kanadas.
Über den langen Winter kümmert sich die norwegische Autorin Lajla Rolstad allein um ein abgelegenes Seminarzentrum. ...
Mich hat gleich der Klappentext angesprochen: Eine junge Frau zieht allein in die Wildnis Kanadas.
Über den langen Winter kümmert sich die norwegische Autorin Lajla Rolstad allein um ein abgelegenes Seminarzentrum. Sie heizt die Hütten ein, damit die Feuchtigkeit entweicht und kontrolliert die Vorräte auf Mäusespuren. Bis zum nächsten Laden ist es ein Fußmarsch von gut einer Stunde, und sie hat ihr Bärenspray immer dabei.
Die Autorin hat einen zauberhaften Stil, die Natur zu beschreiben. Alle Sinne werden angesprochen.
“Plötzlich schlägt das Wetter um, wird wild. Der Wind peitscht das Meer zu Schaum und die Regentropfen knallen gegen die Fensterscheiben. Die Bäume biegen sich, schütteln sich und knacken. Und ich weiß es noch nicht, aber irgendwo auf der Insel werden mehrere Telefonmasten umgeweht und Reparateure müssen vom Festland herübergeschickt werden.”
Rolstad deutet ihre vergangene Depression, ihre Ängste und negative Erfahrungen mit ihrem Verlobten an. Auch in Kanada verliebt sie sich in einen Mann, der ihr nicht gut tut. Sie beschreibt Besuche bei Nachbarn, das Weihnachtsfest, ein Ausflug zum Burning-Man-Festival, ihre Mithilfe in einem Cafe, Begegnungen mit Adlern und Elchen.
Leider endet das Buch an der Stelle, an der es wirklich interessant wird.
Obwohl sich bei Rolstad eine Entwicklung angedeutet hat, war sie für mich wenig greifbar, blieb mir fremd. Trotzdem ist sie mir ans Herz gewachsen, und ich hätte gern mehr über ihre Gedanken gelesen. Ihre Pläne für die Zukunft. Ihre Wünsche und Träume. Was sie in der Wildnis über sich gelernt hat.
“Die Wolfsinsel” bietet einen spannenden Einblick in die Härten des Lebens, den Überlebenskampf im Winter, wenn die Wasserleitungen eingefroren sind, das Holz knapp wird und das Telefon tot ist. Die Autorin schreibt über die Einsamkeit, zu der für manche auch Alkohol und andere Drogen gehören. Über die Macht der Natur.
“Draußen wirbelt der Schnee und die Straße scheint ins Nichts zu führen. Die Wildnis verblasst und die Baumstämme verschwinden, schwarze Bleistiftstriche, die von einem weißen Papier radiert werden, hinein in den blendenden Leerraum, der sich für uns öffnet. Wir segeln gleichsam über einen winterweißen Himmel, hinaus in etwas Neues, in etwas, von dem wir nicht wissen, was es ist.”