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Veröffentlicht am 20.08.2019

Juist ist nicht nur kulinarisch eine Reise wert!!!

Bratapfel am Meer (Neuauflage)
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Die Intensivkrankenschwester Caro Fischer lebt in Oberhausen und kümmert sich rührend um ihre Patienten. Als Elfriede Fischermann sie kurz vor ihrem Tod bittet, eine besondere Perlenkette für sie zurück ...

Die Intensivkrankenschwester Caro Fischer lebt in Oberhausen und kümmert sich rührend um ihre Patienten. Als Elfriede Fischermann sie kurz vor ihrem Tod bittet, eine besondere Perlenkette für sie zurück auf die Norseeinsel Juist zu ihrer alten Liebe zu bringen, ist Caro erst einmal völlig verwirrt. Doch sie möchte der alten liebgewonnenen Dame diesen Wunsch erfüllen, sie braucht sowieso eine Auszeit, denn nicht nur ihr Job schlaucht sie, sondern auch Ehemann Jörn, von dem sie getrennt lebt. Also gönnt sich Caro für die Tage nach Weihnachten einen 2-wöchigen Urlaub auf Juist, mietet eine Ferienwohnung und macht sich mit Bobtail Einstein im Auto auf den Weg zur Insel. Unterwegs nimmt sie noch einen Anhalter mit, dessen Frau sie vor Jahren betreut hat. Zwischen Max und ihr gibt es sofort eine besondere Verbindung. Doch darauf möchte Caro erst einmal keinen Gedanken verschwenden, zu gespannt ist sie auf die Dinge, die sie auf Juist erwarten und was es mit der Perlenkette wohl auf sich hat…
Anne Barns hat mit „Bratapfel am Meer“ einen wunderschönen und unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser mit seinem flüssigen und gefühlvollen Erzählstil schnell zu verzaubern weiß und mit Caro zusammen auf eine spannende und erlebnisreiche Reise nimmt, die viele Überraschungen parat hält. Caros Gedanken- und Gefühlswelt ist für den Leser dabei wie ein offenes Buch, was eine besondere Nähe schafft und die Reaktionen gut nachvollziehen lässt. Nicht nur der Job der Intensivkrankenschwester wird gut skizziert, auch einige Missstände in der Behandlung lässt die Autorin nebenbei in ihrer Geschichte einfließen, was nicht nur ein ungutes Gefühl vermittelt sondern auch einen Anstoß zu einer Patientenverfügung gibt. Die Reise nach Juist ist ebenso farbenfroh beschrieben wie die Insel Juist selbst. Ebenso lässt die Autorin bereits liebgewonnene Protagonisten aus ihren Vorgängerbänden wiederaufleben, so dass man sich mit der Lektüre rundum wohl und wie daheim fühlt. Geschickte Wendungen und einige Überraschungen sowie jede Menge wunderbarer Leckereien machen das Buch nicht nur zu einem Pageturner, man hat auch ständig Magenknurren aufgrund der Köstlichkeiten, die dort ununterbrochen auf dem Programm stehen. Seien es Käsekuchen im Glas, Bratäpfel mit Crumble oder auch leckere Apfelrosentorte und selbstgebackenes Brot mit fantasievollen Belägen, man möchte unbedingt kosten. Einige Rezepte sind am Ende des Buches aufgeführt und sehr zum Nachmachen zu empfehlen! Das offene Ende lässt auf eine Fortsetzung hoffen.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert in Szene gesetzt. Sie sind ein bunter Strauß von Individualisten, die sehr realitätsnah und authentisch wirken und den Leser in ihrer Mitte willkommen heißen. Caro hat einen harten Job, ihr Traum war es immer, Medizin zu studieren. Mit ihrem Ehemann hatte sie kein glückliches Händchen. Caro ist offen, freundlich, hilfsbereit und schlagfertig. Sie haut so manchen Spruch raus, da bleibt kein Auge trocken. Jana ist Caros beste Freundin, die beiden wirken fast wie Schwestern und vertrauen sich blind. Max ist ein ausgezeichneter Koch, der auch Songs schreiben und mit seiner Gitarre zum Besten geben kann. Er lebt noch zu sehr in der Vergangenheit, dabei hat die Zukunft längst begonnen. Aber auch Enna, Jella, Teeske, Merle, Jannes, Ole, Paul, Conny, Agata und Anton spielen eine große Rolle in diesem Buch und gerade das erneute Wiedersehen der alten Clique macht dieses Buch besonders unterhaltsam, denn sie haben überall ihre Finger drin. Der heimliche Star ist allerdings Einstein, der für zusätzliche Unterhaltung sorgt.
„Bratapfel am Meer“ ist ein Wohlfühlroman der Extraklasse. Hier geht es um eine geheimnisvolle alte Liebe, um Menschen, die sich finden oder bereits gefunden haben, um Freundschaft und Zusammenhalt und um Entscheidungen, die endlich getroffen werden wollen. Toll miteinander gemixt und wunderbar erzählt. Ab nach Juist, die Clique muss man einfach lieben! Absolut verdiente Leseempfehlung für den neuen Pageturner von Anne Barns!!!

Veröffentlicht am 17.08.2019

"Das Gedächtnis ist der Spiegel, in dem wir die Abwesenden erblicken." (Joseph Joubert)

Was für immer bleibt
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Gracie wacht nach einem Unfall auf und hat keinerlei Erinnerung an ihr Leben und die Zeit, bevor das Unglück passiert ist. Wer ist sie selbst überhaupt und wer war ihr wichtig? Natürlich gibt es Menschen, ...

Gracie wacht nach einem Unfall auf und hat keinerlei Erinnerung an ihr Leben und die Zeit, bevor das Unglück passiert ist. Wer ist sie selbst überhaupt und wer war ihr wichtig? Natürlich gibt es Menschen, die ihr vieles erzählen können, dazu gehört ihr Verlobter Blake. Doch irgendwie fühlt sich das alles nicht richtig, sondern völlig fremd an. Nur eine ferne Erinnerung an vergangene Zeiten, als sie auf der alten Blumenfarm ihrer Eltern gelebt hat, lässt sie hoffen und dorthin reisen, um sich vielleicht selbst wiederzufinden, wieder Vertrauen in sich selbst zu entwickeln. Doch kaum beginnt sie sich ein wenig entspannter auf das Leben einzulassen, begegnet sie Flynn, der sie völlig durcheinander bringt….

Vanessa Carnevale hat mit “Was für immer bleibt” einen sehr berührenden Roman vorgelegt, dessen Geschichte dem Leser in Teilen unter die Haut geht und auch nachdenklich stimmt ob der Tatsache, wie man selbst bei solch einem Schicksal reagieren würde. Der Erzählstil ist locker-flüssig und einfühlsam, schnell taucht der Leser zwischen den Seiten unter und kann das Buch kaum aus der Hand legen, denn die Autorin versteht es sehr geschickt, das Gefühlsbarometer ihrer Protagonistin genauestens mitzuteilen. Schon die Vorstellung, in einem Krankenhaus zu erwachen und nichts mehr über sich selbst und die Menschen um einen herum zu wissen, ist beängstigend. Wer ist man selbst eigentlich, wer war einem eng vertraut, wer kennt einen wirklich gut? Diese Fragen stellt die Autorin sehr gut heraus und lässt ihre Protagonistin Gracie all diese beängstigenden Momente erleben, während der Leser diese hautnah miterlebt. Würde man sich bei solch einem Schicksalsschlag an die wenden, die einen gut kennen, oder macht man einen Schnitt und versucht es auf eigene Faust, sich neu kennenzulernen? Eine schwere Entscheidung, die einem nicht abgenommen werden kann. Noch beängstigender sind dann Gefühle, die neu dazukommen und man sich selbst nicht sicher ist, ob sie echt oder nur eingebildet sind. Die Autorin hat dies alles sehr schön herausgestellt und nebenbei noch eine wunderschöne Liebesgeschichte entstehen lassen.

Die Charaktere sind lebhaft gezeichnet und überzeugen mit ihren individuellen Ecken und Kanten, so dass der Leser mit ihnen fühlen, leiden und hoffen kann. Als unsichtbarer Zuschauer sitzt er in der ersten Reihe, während die Protagonisten ihrem Schicksal entgegen gehen und sich entscheiden müssen. Gracie ist eine sympathische Frau, die sich selbst in Frage stellt, da sie keinerlei Erinnerung an sich, ihre Gefühle und vor allem an diejenigen hat, die sie lieben. Ihr Leben ist für sie nun eine unbeschriebene Seite, die Ängste hervorruft und für jede Menge Unsicherheit sorgt. Ihr Erinnerungsverlust lässt sie unbeabsichtigt andere verletzen. Aber sie muss erst sich selbst wiederfinden, bevor sie sich anderen zuwenden kann. Blake ist ein feiner Kerl, der sich um Gracie sorgt und es nicht ertragen kann, sie zu verlieren. Doch er weiß auch, dass er ihr keine Ketten anlegen darf in ihrer momentanen Situation. Flynn ist ein Mann, der Gracies neues Leben durcheinander wirbelt. Aber er lernt sie kennen in einer Situation, als sie selbst sich nicht traut.

“Was für immer bleibt” ist ein berührender und gleichzeitig romantischer Roman, der den Leser nicht kalt lässt. Absolute Leseempfehlung, wirklich wunderschön!

Veröffentlicht am 10.08.2019

Nur wer riskiert zu fallen, kann wirklich fliegen lernen!

Mit dem Wind
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1884 Frankfurt. Die Näherin Mathilde, genannt Tille, war schon als Kind ein Wildfang und eine Abenteurerin, der sich ausprobieren musste. Sie lebt mit ihrer Mutter Magda zusammen und Fritz ist ihr bester ...

1884 Frankfurt. Die Näherin Mathilde, genannt Tille, war schon als Kind ein Wildfang und eine Abenteurerin, der sich ausprobieren musste. Sie lebt mit ihrer Mutter Magda zusammen und Fritz ist ihr bester Freund in allen Lebenslagen. Nicht nur das Balancieren auf einem Seil im Haushof hat Tille ausprobiert, ihre Sehnsucht zu fliegen ist riesig. Als sie bei einer Flugveranstaltung den Ballonfahrer Paul Naumann kennenlernt, ergreift Tille die Chance und arbeitet bald für ihn als Näherin, um die Fallschirme und den Ballon in Schuss zu halten. Dabei lernt sie eine Menge über das Ballonfahren und es dauert nicht lange, da bittet sie Paul, der ihr Herz im Sturm erobert hat, sie im Ballon mitzunehmen. So werden Tille und Paul nicht nur ein Liebespaar, sondern auch Ballonpartner. Ihre Beziehung krönt die Geburt der gemeinsamen Tochter Rosa, doch Paul ist ein unsteter Mann, der bisher nie eine dauerhafte Beziehung hatte, wohl aber gewillt ist, Tille das Eheversprechen zu geben. Aber bevor es dazu kommt, verunglückt Paul bei einer gemeinsamen Ballonfahrt und stirbt. Tille, die sich nun allein um Rosa kümmern muss, hadert mit der Ballonfahrerei, doch es liegt ihr einfach im Blut…
Paula Leonhardt hat mit „Mit dem Wind“ einen sehr unterhaltsamen historisch-angehauchten (Liebes-)Roman vorgelegt, der Fiktion und Tatsachen auf gekonnte Weise miteinander verbindet. Der Erzählstil ist locker-flüssig und gefühlvoll, der Leser wird mit der ersten Seite in die Geschichte hineingesogen, wo er sich an Tilles Seite niederlassen darf, um für eine Weile Teil ihres Lebens und ihrer Abenteuer zu sein. Die Autorin hat sich von der Ballonfahrerin und Fallschirmspringerin Käthe Paulus inspirieren lassen, wie sie im Anhang beschreibt. Der Leser erfährt innerhalb der Handlung einiges über die Faszination des Ballonfahrens und worauf bei dem damals doch noch recht abenteuerlichen Unterfangen alles zu achten war. Die Verflechtung von Fiktion und Wahrheit ist in diesem Roman sehr schön gelungen. Auch die Rolle der Frau zur damaligen Zeit ist ein Thema, das gut herausgestellt wurde, denn Tille fällt mit ihrer gewählten Lebensform völlig aus dem Rahmen und entspricht so gar nicht den gesellschaftlichen Konventionen. Pionierinnen wie ihr ist es zu verdanken, dass die Frauen von heute selbstbestimmt leben können.
Die Charaktere haben glaubwürdige Ecken und Kanten und wirken gerade deshalb sehr authentisch und voller Leben. Der Leser fühlt sich schnell als Teil von ihnen, so fällt das Mitfiebern, -trauern, -hoffen und –bangen leicht. Tille ist eine Abenteurerin, die jede Minute ihres Lebens nutzt, um sich auszuprobieren und ihre Träume wahr werden zu lassen. Sie ist eine offene und ehrliche Frau, deren Herz auf der Zunge sitzt. Sie ist hilfsbereit und liebevoll, kann aber manchmal auch unnachgiebig und hart sein. Tilles Mutter Magda ist eine wunderbare Frau, die ihre Tochter immer unterstützt und alles dafür tut, dass diese ihr Leben frei gestalten kann. Paul ist ein Luftikus, seine Leidenschaft ist die Ballonfahrerei mit Akrobatik. Er will sich nicht festlegen und Fesseln anlegen schon gar nicht. Fritz ist ein treuer und lieber Freund, der heimlich leidet, aber immer da ist, wenn man ihn braucht. Emma ist eine von Neid zerfressene Frau, die nicht gönnen kann und alles für sich beansprucht. Aber auch Nebendarsteller wie Schütz, Rosa und Hans geben der Handlung immer wieder ein neues Gesicht und machen die Geschichte rund.
„Mit dem Wind“ ist ein sehr schöner Liebesroman mit historischer Kulisse, der dem Leser nicht nur die Faszination für die Ballonfahrerei nahe bringt, sondern auch eine starke Frau mit Herz begleiten lässt. Einfach zwischen die Seiten tauchen und sich verzaubern lassen. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.08.2019

Gott vertrauen

Ufer der Erinnerung
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1897 Chicago. Anna Nicholson ist mit dem Bankierssohn William Wilkinson verlobt, dessen Familie nicht nur wohlhabend ist, sondern zur oberen Gesellschaftsschicht von Chicago gehört. Mit der Hochzeit möchte ...

1897 Chicago. Anna Nicholson ist mit dem Bankierssohn William Wilkinson verlobt, dessen Familie nicht nur wohlhabend ist, sondern zur oberen Gesellschaftsschicht von Chicago gehört. Mit der Hochzeit möchte Anna ihren Adoptivvater vor dem Bankrott retten, denn er hat finanzielle Schwierigkeiten und hat Schulden bei der Bank. Anna sieht einem Leben in Reichtum entgegen, doch insgeheim wünscht sie sich, sich mehr sozial zu engagieren und vor allem eine Zukunft mit dem zukünftigen Pastor Derk, den Nachbarn ihrer Großmutter Geesje, die in Michigan lebt. Außerdem möchte Anna unbedingt mehr über ihre leiblichen Eltern herausfinden, was allerdings von der Chicagoer Gesellschaft und vor allem von William nicht begrüßt wird und ihrem Ruf schaden könnte. Doch Anna lässt sich nicht beirren und findet mit viel Glück das alte Tagebuch ihrer Mutter, das ihr endlich die Wahrheit ihrer Herkunft offenbart. Gleichzeitig wird sie von einer alten Flamme Williams unter Druck gesetzt die Verlobung zu lösen, sonst würde es einen Skandal in Bezug auf ihre Abstammung geben. Wird Anna tatsächlich Williams Frau oder folgt sie ihrem Herzen?
Lynn Austin hat mit „Ufer der Erinnerung“ einen wunderschönen und gefühlvollen historischen Roman vorgelegt. Der flüssige und einfühlsame Schreibstil überzeugt schon mit den ersten Zeilen und öffnet dem Leser die Tür zur Vergangenheit, wo er sich unsichtbar an Annas Seite heftet, um sie bei ihren Nachforschungen und ihren persönlichen Kämpfen beobachten kann, während ihre Gedanken- und Gefühlswelt für ihn offen liegen. Durch wechselnde Handlungsstränge erhält der Leser gleichzeitig die Möglichkeit, auf Oma Geesjes Spuren zu wandeln, die ebenso einige Aufregungen und schwierige Situationen im kleinen Ort Holland zu meistern hat. Außerdem gönnt die Autorin dem Leser durch die Tagebucheinträge von Annas Mutter auch noch einen Blick in die Vergangenheit, wodurch sich manche Dinge endlich erklären. Die sich abwechselnden Perspektiven geben der Handlung einiges an Spannung und lassen den Leser miträtseln, wie die einzelnen Dinge wohl ausgehen werden, wer sich als Spion betätigt und welche Schicksalsschläge so mancher durchmachen musste, dass er keine Freude mehr am Leben hat. Die Autorin hat ein besonderes Händchen dafür, christliche Botschaften in ihrer Geschichte zu verpacken, so geht es hier nicht nur um Vertrauen in Gott, sondern auch um Mitgefühl, Barmherzigkeit und vor allem um Vergebung, was wunderbar in dem Roman umgesetzt wurde.
Die einzelnen Charaktere sprühen vor Leben, wirken glaubwürdig und sehr authentisch, so dass es dem Leser sehr leicht fällt, ihnen zu folgen, mit ihnen zu fühlen, zu leiden und vor allem zu hoffen. Anna ist eine liebenswerte junge Frau, die es allen recht machen möchte. Sie ist vielleicht manchmal etwas naiv, aber ihr Herz sitzt am rechten Fleck und sie würde alles für diejenigen tun, die sie liebt, auch wenn sie dafür Opfer bringen müsste. Geesje ist eine alte Dame, die ihren Glauben lebt und ein mitfühlendes Herz besitzt. Sie kümmert sich um die Gestrauchelten, ist geduldig und gibt Mut. Derk ist eine ehrliche und liebevolle Seele, immer hilfsbereit und vor allem lebt er mit Gottvertrauen. Der Dominee ist ein harter Mann, der sich von den Menschen entfernt hat und auch von Gott. Er ist oft ungerecht und will anderen seinen Willen aufzwingen. Clarice ist eine falsche Schlange in Engelsgestalt. William ist ein Mann ohne Charakter, er ist oberflächlich und lässt sein Leben von gesellschaftlichen Vorstellungen beherrschen. Aber auch die übrigen Nebendarsteller wissen zu überzeugen und geben der Handlung immer wieder ein neues Gesicht.
„Ufer der Erinnerung“ ist ein wunderschöner historischer Roman über alte Familiengeheimnisse, Glaubensfragen, Hoffnungen, Liebe und vor allem Entscheidungen, die das Leben fordert. Toll zu lesen und langanhaltend im Gedächtnis verbleibend. Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 03.08.2019

Svevas Reise zu ihren Wurzeln

Das Ginsterhaus
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Sveva wächst zusammen mit ihrer Schwester Sasha bei bei ihrer unsteten Mutter Lubja im kalabrischen Tropea in einem alten Bauernhaus auf, erzogen wird sie jedoch von der herzensguten Nachbarin Malvina, ...

Sveva wächst zusammen mit ihrer Schwester Sasha bei bei ihrer unsteten Mutter Lubja im kalabrischen Tropea in einem alten Bauernhaus auf, erzogen wird sie jedoch von der herzensguten Nachbarin Malvina, denn Lubja ist ständig unterwegs und kümmert sich nicht um ihre Töchter. Viele Jahre später arbeitet Sveva in Rom in einer Werbeagentur, während ihre Schwester als Ärztin in Indien lebt. Als Lubja stirbt, sind ihre letzten Worte an Sveva „Indigo“. Sveva kündigt ihren Job und kehrt nach Tropea zurück, wo sie das ehemals elterliche Bauernhaus kauft und von dort aus ihre Suche nach ihrem Vater beginnt, den sie nie kennengelernt hat. Dabei bekommt sie Hilfe von ihrem neuen Nachbarn, dem norwegischen Schriftsteller Rurik, und von der alten Malvina. Gerade Rurik versteht Sveva auf eine Weise, die sie innerlich sehr berührt…
Elisabetta Bricca hat mit „Das Ginsterhaus“ einen atmosphärisch-dichten und bildgewaltigen Roman vorgelegt, der den Leser mitnimmt nach Italien ins tiefste Kalabrien, wo die Menschen noch im Einklang mit der Natur leben und sich ihr eng verbunden fühlen. Der Schreibstil ist flüssig, farbenfroh und sehr intensiv, der Leser wird regelrecht in die Seiten gesogen und kann sich der wunderschönen Geschichte gar nicht entziehen. Hautnah an Svevas Seite gestellt, darf der Leser eine Protagonistin erleben, die schon einiges in ihrem Leben durchmachen musste und deren Gedanken- und Gefühlswelt wie ein offenes Buch vor einem liegt. Die Landschaftsbeschreibungen sind so malerisch und mit viel Liebe zum Detail dargestellt, so dass der Leser während der Lektüre einen herrlichen Streifzug durch die kalabrische Natur macht, der nur noch durch die italienischen Kochkünste von Malvina übertroffen wird, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Allein die Torta wäre es wert, sofort die Koffer zu packen.
Die Charaktere sind mit viel Leben erfüllt, sie besitzen individuelle Eigenschaften, die sie sehr greifbar und vor allem glaubwürdig erscheinen lassen. Der Leser fühlt sich sofort mit ihnen wohl und verbunden, als wäre er ein Teil ihrer Mitte. Sveva ist eine Frau, die jahrelang nicht nur darunter gelitten hat, dass ihre Mutter so unstet war, sie hat auch immer ihren Vater vermisst, von dem sie nicht einmal den Namen kennt. Zu ihrer Schwester Sasha hat sie ein gutes Verhältnis, jedoch trennen die beiden ganze Kontinente. Sveva ist eine sehr realistisch und pragmatisch denkende Frau, die sich verloren und unvollständig fühlt. Malvina hat ein liebendes Herz, ist offen und ehrlich, spricht oftmals in Bildern, glaubt an die Magie der Natur und ist eine wunderbare Köchin. Sie ist hilfsbereit und ihre Tür steht allen immer offen. Auch ihr Ehemann Zefferino ist ein Urgestein, der das einfache Leben liebt und sich gern in der Natur aufhält. Rurik ist ein Mann, der selbst ein Geheimnis hütet und auf der Suche ist. Aber er ist auch eine Schulter zum Anlehnen. Ebenso tragen die übrigen Protagonisten dazu bei, dass die Geschichte einen Zauber entfaltet, dem man sich nur schwer entziehen kann.
„Das Ginsterhaus“ ist ein wunderschöner und bildgewaltiger Roman über alte Geheimnisse, Familienbande, Trauer und die Suche nach sich selbst. Einfach das Buch aufschlagen und für Stunden in Kalabrien und die Herzen seiner Bewohner abtauchen. Absolute Leseempfehlung!