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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.08.2019

Fördert Verständnis und baut Brücken

Autismus. Eine Bedienungsanleitung
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Die Autorin Eva Baumann ist selbst diagnostizierte Asperger Autistin. Was erst mal komisch klingt (Selbstdiagnose) hat ihr sehr geholfen. Endlich versteht sie, warum sie sich auch Jahre nach dem Teenageralter ...

Die Autorin Eva Baumann ist selbst diagnostizierte Asperger Autistin. Was erst mal komisch klingt (Selbstdiagnose) hat ihr sehr geholfen. Endlich versteht sie, warum sie sich auch Jahre nach dem Teenageralter oft nicht zugehörig fühlt. Viele der Symptome von Autismus treffen auf sie zu. Laut eigener Aussage befindet sie sich jedoch am Rand des Spektrums, was ihr erlaubt ein relativ normales Leben zu führen.

In „Autismus. Eine Bedienungsanleitung“ klärt sie unter anderem über wichtige Begrifflichkeiten auf, stellt Unterschiede zwischen verschiedenen Autismus-Formen heraus und räumt mit Vorurteilen sowie Klischees auf. Das Buch soll das Verständnis verbessern und Türen öffnen zwischen der Welt der Autisten und der Welt der „Normalen Menschen“. Dazu gibt sie Vorschläge und Hinweise wie man das Verstehen und den Umgang mit Autisten erleichtern kann.

Meiner Meinung nach ist ihr das sehr gut gelungen. Für mich hatte das Buch einige „Ah ha“-Momente und hat mich dementsprechend sehr bereichert. Was ich aber, neben den wichtigen Informationen noch lobend erwähnen möchte, ist die absolut tolle Aufmachung, denn auch optisch ist dieses Buch ein Hingucker! Zeichnungen, Illustrationen, verschiedene Schriftarten, in liebevoller Kleinarbeit wurde jede Seite anders gestaltet und macht die Lektüre damit zu etwas ganz besonderem!

Veröffentlicht am 21.08.2019

Wird Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistern

Agatha Merkwürdens Racheblumen
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Melissa lebt in einer betongrauen Stadt, in der es für alles Regeln gibt. Nichts kann sie besser als diese zu befolgen. Sie trägt sogar den Titel „Folgsamstes Kind der Schule“, ist Schülersprecherin und ...

Melissa lebt in einer betongrauen Stadt, in der es für alles Regeln gibt. Nichts kann sie besser als diese zu befolgen. Sie trägt sogar den Titel „Folgsamstes Kind der Schule“, ist Schülersprecherin und mächtig stolz darauf. Anfang des Schuljahres beginnt ein Wettbewerb: wer die meisten Gehorsamkeits-Punkte einheimst, gewinnt eine Reise mit der ganzen Familie. Die 12-jährige will unbedingt gewinnen und ihre Mutter damit glücklich machen, denn diese scheint immerzu betrübt zu sein und kann die Auszeit bestimmt gut gebrauchen. Doch dann findet Melissa unter den Platten der Terrasse ein Päckchen mit Blumensamen. Plötzlich hört sie Stimmen und verspürt den übermächtigen Drang, diese Samen auszusäen. Das Unglück nimmt seinen Lauf...

Dieses Kinderbuch ab 10 Jahren ist herrlich phantasievoll und kommt mit einer völlig neuen Idee daher. In unserer heutigen Welt, wo Städte sich immer weiter ausbreiten, immer mehr Grünflächen zubetoniert, Wälder abgeholzt werden und die Natur immer mehr verdrängt und/ oder zerstört wird, ist dies ein wichtiges Buch. Es führt Kinder sanft an das Thema Umwelt heran. Denn auch hier soll das letzte Fleckchen Gras einer Prüfungshalle weichen. Melissas beste Freundin startet eine Petition gegen diese Baumaßnahmen, stößt damit aber auf taube Ohren, schließlich will niemand seinen Gewinn der Reise gefährden und sogenannte Schandflecken seiner Schulakte hinzufügen. Sie alle sind irgendwie Mitläufer, die sich davor fürchten unangenehm aufzufallen und aus der Masse herauszustechen. Eine eigene, nicht regelkonforme Denkweise ist nicht gewünscht.

Als die Samen zu keimen beginnen, stellt dies nicht nur Melissas Leben völlig auf den Kopf. Eine Katastrophe jagt die nächste und ihr wird langsam klar, dass es wichtigeres gibt als das Einhalten von Regeln. Freiheit sowohl körperlich als auch die der Gedanken und der Meinung ist viel bedeutsamer. Sich frei und nach den eigenen Wünschen zu entfalten und das zu tun, was einen glücklich macht, gibt einem viel mehr als der Masse zu folgen und einen tristen Alltag zu fristen. Man braucht dafür Mut, muss über den eigenen Schatten springen, sich vielleicht auch dem Gegenwind stellen, doch letztendlich ist es einfach befreiend, man selbst zu sein. Menschen im Allgemeinen und Kinder im Besonderen brauchen nicht nur Regeln, sondern eben auch Freiheit. In einer Welt, in der jeder bestimmten Normen oder Erwartungen entsprechen muss, ist das eine schöne Botschaft.

Das Buch spricht auch über Toleranz, Akzeptanz und der Angst vor dem Unbekannten. Dinge, die fremd sind, von denen man nicht weiß wo sie herkommen oder entstanden sind, stoßen oft auf Ablehnung. Dies kann zu Ausgrenzung und Außenseitertum führen.

Wie schon erwähnt spielt auch die Thema Umwelt eine Rolle, ebenso wie Achtsamkeit gegenüber der Natur und Nachhaltigkeit. Die Reichen regieren die Welt, zerstören für Profit Wälder und Land, vertreiben Tiere oder rotten sie gar aus, vergiften Flüsse und auch die Luft. Es muss ein Umdenken stattfinden, denn die Umwelt ist unser Lebensraum, der Stück für Stück betoniert und zerstört wird.

"Agatha Merkwürdens Racheblumen" ist ein wunderbar phantasievolles Kinderbuch, das viele wichtige Themen aufgreift. Ich finde es gut und wichtig, dass auch Kinder sich schon damit beschäftigen, denn sie sind unsere Zukunft. Gerne kann dies auf spielerische Art und Weise oder eben anhand dieser tollen Geschichte geschehen. Aber das Buch wird nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene gleichermaßen begeistern.

Veröffentlicht am 12.04.2019

Einziger Kritikpunkt: Leider wieder viel zu kurz!

Der Bücherdrache
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In einem Traum im Traum trifft Hildegunst von Mythenmetz auf seinen Namensvetter der Buchlinge. Diese kleinen Wesen, die in den Katakomben von Buchhaim leben, nehmen sich jeweils der Werke eines Autoren ...

In einem Traum im Traum trifft Hildegunst von Mythenmetz auf seinen Namensvetter der Buchlinge. Diese kleinen Wesen, die in den Katakomben von Buchhaim leben, nehmen sich jeweils der Werke eines Autoren an und lernen diese auswendig. Der Buchling erzählt dem Lindwurm eine Geschichte vom Bücherdrachen Nathaviel, den er vor einiger Zeit persönlich treffen durfte.

Das Buch ist so großartig, weil es wieder in dem Stil von "Die Stadt der träumenden Bücher" und "Das Labyrinth der träumenden Bücher" geschrieben wurde. Das sind Geschichten, die ich sehr liebe, weil sie einfach anders sind. Auch hier findet sich wieder der typische Schreibstil von Walter Moers. Dieser ist verrückt, kurios, metaphorisch und besonders. Ich mochte die Idee, das Szenario des Ormsumpfes, die Umsetzung und natürlich die Charaktere.

Protagonist ist der Buchling Hildegunst von Mythenmetz, aber es spielen noch eine Reihe weiterer Buchlinge mit, was für mich generell ein Grund zur Freude ist. Diese kleinen Geschöpfe sind sowas von putzig und liebenswert! Sie wachsen im Verlauf der Geschichte über sich hinaus, wirklich schön du beobachten.

Extra zu erwähnen sind die tolle Aufmachung des Buches. Abgesehen vom traumhaft schönen Cover, findet man auch im Buch zahlreiche Illustrationen, welche die Atmosphäre perfekt wieder geben. Sie sind detailverliebt und einfach toll!

Lesens- und liebenswert für Fans des Autoren, aber eben auch für jeden, der Bücher liebt! Einziger Kritikpunkt: Leider wieder viel zu kurz!

Veröffentlicht am 24.03.2018

Schräg, gefühlsvoll und voller Gefühle

Mein Sommer auf dem Mond
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Fritzi soll den Sommer in einem Therapiezentrum für psychisch erkrankte Jugendliche auf Rügen verbringen. Das stinkt ihr erstmal gewaltig. Würde sie ihre Ferien doch lieber mit ihrer besten Freundin dort ...

Fritzi soll den Sommer in einem Therapiezentrum für psychisch erkrankte Jugendliche auf Rügen verbringen. Das stinkt ihr erstmal gewaltig. Würde sie ihre Ferien doch lieber mit ihrer besten Freundin dort verbringen, das war schließlich schon immer der Traum der beiden.

Sie kommt zusammen mit Bastian, Tim und Sarah in die Wohngruppe “die Astronauten”. Jetzt müssen sie lernen, sich aufeinander einzulassen, zu vertrauen und sich gegenseitig zu helfen. Doch das ist gar nicht so einfach bei so vielen unterschiedlichen Charakteren, die auch noch zusätzlich verschiedene Dämonen mit sich herum tragen. Im normalen Alltag hätten sie sich wahrscheinlich niemals angefreundet oder vielleicht noch nicht mal miteinander gesprochen. Umso toller ist das, was über den Sommer zwischen den Jugendlichen passiert.

Nach und nach erfahren wir, welche Probleme sie haben. Es stecken verschiedene Geschichten und Ängste dahinter. Es ist sehr aufregend hinter diese Schicksale zu blicken. Die Charaktere sind großartig und sehr liebenswert. Besonders sympathisch sind Fritzis ständige Bezüge auf Harry Potter. Als Potterhead habe ich diese natürlich mit Herzchen in den Augen bemerkt.

Underdog und Sprücheklopfer Bastian ist schon zum zweiten Mal im Sonnenhof, weiß also wie es läuft. Er führt Fritzi am ersten Tag herum und ist direkt fasziniert von ihren Marsriegel-Augen. Cool sind seine ständigen Anspielungen zu den Bösewichten der Comic-Welt.

Das Thema psychische Erkrankung, deren Entstehung und Ursprung, Auswirkungen und was sie mit den Menschen macht, finde ich super interessant. Man erhält hier einen spannenden und authentischen Einblick.

Das Buch ist unglaublich emotional und reißt von der ersten Seite mit. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Fritzi und Bastian. Der Schreibstil ist locker, leicht und wird niemals langweilig. Dem Leser wird ein wahrer Gefühls-Cocktail geboten: man schwankt zwischen Freude, Trauer, Schock und Verzweiflung. Gespickt wird das Ganze mit spritzigem Humor.

Neben psychischen Erkrankungen werden aber auch noch andere wichtige und aktuelle Themen aufgegriffen: die erste Verliebtheit, Mobbing und das Entdecken der eigenen Sexualität.

Es ist eine besondere Geschichte um Vertrauen, Freundschaft, Liebe und den Weg zu sich selbst. Schräg, gefühlsvoll und voller Gefühle. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 11.02.2018

Große Gefühle, tolle Story!

Der Himmel in deinen Worten
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Juliet hat ihre Mutter verloren. Sie hinterlässt regelmäßig Briefe an deren Grab. Ihre Mutter war gefeierte Photographin in Krisengebieten. Weil sie so selten zuhause war, haben die beiden schon zu Lebzeiten ...

Juliet hat ihre Mutter verloren. Sie hinterlässt regelmäßig Briefe an deren Grab. Ihre Mutter war gefeierte Photographin in Krisengebieten. Weil sie so selten zuhause war, haben die beiden schon zu Lebzeiten über Briefe und Mails Kontakt gehalten. Eines Tages erhält sie eine Antwort auf ihre Briefe. Diese stammt von Declan, der auf dem Friedhof Sozialstunden ableistet. Zuerst reagiert Juliet sauer, doch dann entsteht etwas ganz besonderes zwischen den beiden.

Geschrieben wird aus zwei Perspektiven, nämlich aus der Sicht von Juliet und der von Declan. Dies lässt einen tiefen Einblick in beider Gefühlswelten zu. Sämtliche Emotionen sind vertreten: Trauer, Schmerz, Verzweiflung und Wut, aber auch Liebe und Hoffnung. Diese Gefühle werden im Buch einfach großartig transportiert. Sie kommen einem, ebenso wie auch die beiden Protagonisten sehr nah. Ich hatte beim Lesen das ganze Buch über einen dicken Kloß im Hals, so sehr hat mich die Geschichte abgeholt und mitgenommen.

Ich liebe diese beiden Charaktere. Juliet, die von Trauer zerfressen ist, niemanden an sich heran lassen will und sich ein Leben ohne ihre Mutter einfach nicht vorstellen kann. Declan, der völlig missverstanden wird. Alle sehen in ihm nur den Vorbestraften ohne zu wissen was genau passiert ist und vor allem warum. Ich konnte mich sehr gut in beide hinein versetzen und ich konnte vor allem Declan verstehen, der oft kurz davor war alles kurz und klein zu schlagen.

Aber auch die anderen Personen wie zum Beispiel Rev, Declans bester Freund waren richtig gut beschrieben. Vor allem seine Hintergründe interessieren mich sehr. Zum Glück wird im August der nächste Roman der Autorin veröffentlicht, in dem es um diesen liebenswürdigen jungen Mann gehen wird. Ich habe ihn schon jetzt in mein Herz geschlossen.

Dieses Buch beinhaltet eine absolut fesselnde Geschichte über den Tod, Trauer, Trauerbewältigung, Freundschaft, Liebe, Selbstfindung und Neubeginn. Von der ersten bis zur letzten Seite einfach nur toll!