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Veröffentlicht am 21.09.2019

Die Charité - Aufbruch und Entscheidung

Die Charité: Aufbruch und Entscheidung
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Handlung:
Berlin 1903
Für Rahel Hirsch beginnt eine aufregende, aber auch schwierige Zeit: Sie wird als erste Ärztin an der Charité angestellt. Für die junge Frau ist das eine große Ehre und sie freut ...

Handlung:
Berlin 1903
Für Rahel Hirsch beginnt eine aufregende, aber auch schwierige Zeit: Sie wird als erste Ärztin an der Charité angestellt. Für die junge Frau ist das eine große Ehre und sie freut sich auf eine spannende Zeit. Doch schon bevor Rahel die Stelle antritt ist ihr klar, dass nicht alle Kollegen, die durchweg männlich sind, sie gleichberechtigt und mit Respekt behandeln werden. Rahel beißt die Zähne zusammen und hofft, sich durch Fleiß und Wissen Anerkennung zu erarbeiten.
Ebenfalls auf dem Gelände der Charité arbeitet Barbara. Sie ist in der Wäscherei angestellt, wo harte Arbeit der Alltag ist. Dabei wird ihr immer wieder bewusst, wie wenig Rechte die Frauen haben und sie schließt sich der Frauenbewegung an.
Rahel und Barbara sind zwei unterschiedliche Frauen, doch schon nach kurzer Zeit entsteht eine Freundschaft zwischen ihnen. Sie unterstützen sich und helfen einander.
Wird sich Rahel jemals eine angesehen Stellung an der Charité erarbeiten können? Und erfüllt sich Barbaras großer Wunsch nach mehr Rechten für Arbeiterinnen und das Frauenwahlrecht? Schließlich schwebt auch eine große dunkle Wolke über Europa, die stark auf einen Krieg hindeutet...

Meinung:
Das Cover ist schlicht und in wenigen Farben gehalten. Zu sehen ist eine Dame in Arbeitskleidung, entweder eine Krankenschwester oder eine Ärztin. Beherrscht wird das Bild von der weißen Schürze, sowie den weißen Armstulpen. Als farbliche Akzente gelten hier natürlich die Schriftfarben, sowie die blauen Ärmel und die Hand, welche Schlüssel hält. Insgesamt finde ich, dass das gesamte Bild recht streng wirkt, gleichzeitig wird aber auch Achtung ausgestrahlt.

Ich habe gerade mal nachgeschaut, wann ich den ersten Teil der Charité-Reihe gelesen habe. Dies war im Juli 2018, mir kommt es schon viel länger vor. Auf jeden Fall habe ich mich riesig über diesen Teil gefreut, Ulrike Schweikert ist für mich ein Name, der interessante Geschichten und gut recherchierte Bücher bedeutet. Ich glaube, lediglich ein Buch, was ich von ihr gelesen habe, hat mir absolut nicht gefallen, die anderen konnten auf voller Linie überzeugen. Dementsprechend war ich wirklich gespannt, als ich mit dem Lesen begonnen habe.

Als ich vor dem Lesen durch das Buch geblättert habe, fiel mir auf, dass es keine Liste der handelnden Personen gibt. Ich hatte mir schon gedacht, dass mir dies Probleme bereiten könnte und es war leider auch so. Die Hauptprotagonisten waren für mich immer leicht zu erkennen und sie konnte man einfach nicht vergessen. Mir hat eine solche Auflistung vor allem bei den Ärzten gefehlt. Von ihnen tauchten allerhand Namen mit den dazu gehöigen Forschungs- und Arbeitsgebieten auf, die nicht so leicht zu merken waren.

Auch hier gibt es wieder eine wunderbare Innengestaltung der Umschlagseiten. Einmal findet man ein schwarz-weiß Bild von Gebäuden, die wahrscheinlich die Charité darstellen soll. Zum anderen gibt es einen Ausschnitt einer Karte von Berlin, in der die wichtigsten Orte hervorgehoben werden und so gibt es auch eine räumliche Einteilung für den Leser. Es ist möglich, einige Wege nachzuverfolgen und sich Distanzen teilweise vorstellen zu können.
Für wissbegierige Leser, die sich gerne über einige Details weiterinformieren wollen, gibt es am Ende eine Liste der genutzten Lektüre. Durch dieses kleine Extra zeigt sich, wie viel Recherche in dem Buch steckt.

Der Roman startet mit einem Prolog, welcher einige Jahre vor der eigentlichen Handlung stattfindet und welcher einige Ereignisse wiedergibt. Ich war überrascht und begeistert, was es für eine gelungene Überleitung zu dem Roman gibt, diese ist fließend und läutet eine neue Zeit ein.
Jedes neue Kapitel erhielt nicht nur eine Überschrift, die einen kleinen Hinweis auf die Handlung gibt oder das Kapitel präzise zusammenfasst, sondern auch die dazugehörige Jahreszahl. Somit gibt es eine zeitliche Orientierung für den Leser, die gerade bei Zeitsprüngen ganz hilfreich ist.
Insgesamt vergehen (hier habe ich den Prolog und den Epilog ausgelassen) 16 Jahre vom ersten bis zum letzten Kapitel. Es ist klar, dass nicht jedes Jahr ausführlich und bis ins kleinste Detail erzählt werden kann, das würde eindeutig den Rahmen sprengen. Somit fand ich das stilistische Mittel der Auslassung wirklich angebracht. Mir haben auch nie Erklärungen gefehlt, was in der ausgelassenen Zeit passiert ist, zu den wichtigsten Ereignissen gab es immer eine kurze Beschreibung.

Mir hat durchweg die Schreibweise wirklich gut gefallen. Sie war einfach, gemischt mit einigen Fachbegriffen, die auch Laien bekannt sind. Dazu gibt es an ausgewählten Stellen einen berlinerischen Dialekt, der natürlich gut zu dem Handlungsort, aber auch zu einigen Protagonisten gepasst hat. Bevorzugt die einfacheren Bürger der Stadt haben mit Dialekt gesprochen und erhielten so viel Lebendigkeit und Authentizität.

In den Handlungsverlauf wurden viele historische Ereignisse eingebunden, die in präzisen und passenden Worten beschrieben sind. Zu einigen Vorfällen hatte ich bereits Vorkenntnisse, anderes war mir tatsächlich neu. Doch man wurde von der Politik nicht überschwemmt, es gibt immer mal wieder ruhigere Kapitel, in denen das normale Leben der Bürger beschrieben wurde.

In vielen Kapiteln wurden medizinische Aspekte geklärt, was ich schon erwartet hatte. Leider war ich manchmal mit der Menge an Informationen überfordert und konnte einige Sachverhalte und Erklärungen nicht wirklich nachvollziehen. Zum einen fehlten mir natürlich die Kenntnisse und ich bin leider in der Biologie eine Niete. Die Abschnitte, in denen es solche Informationen gab, lasen sich für mich zäh und ich bin nie ganz dahinter gestiegen, was genau erklärt wurde. So wurde leider mein Lesefluss getrübt und ich war froh, dass diese medizinische Erläuterungen irgendwann weniger wurden.

Eine ganz wichtige Rolle nimmt die Frauenbewegung ein, in der sie um mehr Rechte und Freiheiten kämpfen. Dies war unglaublich spannend zu lesen und ich fand es wirklich toll, dass das Thema in den Roman aufgenommen wurde. Es hat gut in die ganze Handlung hereingepasst und gleichzeitig hat die Thematik den Roman nicht überschwemmt. Die Charité stand immer im Vordergrund, dahinter haben sich die restlichen Themen eingegliedert. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, dass die Frauenbewegung etwas zu kurz kommt, weil es keine ständigen Erwähnungen davon gibt oder man einige Seiten nichts zu dem Thema liest.

Als Setting dient, bis auf zwei-drei kleine Ausnahmen, durchweg Berlin. Hierbei steht natürlich die Charité im Vordergrund, sie ist der Ort, wo die meiste Handlung stattfindet. Obwohl ich schon einiges über das berühmte Krankenhaus gelesen und gesehen habe, fand ich es etwas schwierig, mir die Gebäudeanordnung vorzustellen. Einige Räume, seien es Büros, Krankenzimmer oder die privaten Zimmer der Ärzte konnte ich mir dagegen wirklich gut vorstellen, auch wenn sie nicht bis ins kleinste Detail beschrieben wurden.
Sehr lebendig und authentisch wurden die Gängeviertel dargestellt, die sofort ein Bild entstehen lassen haben und von deren Darstellung ich beeindruckt bin. Mit wenigen Worten wurde ein so klares Bild erschaffen und so makaber es klingt, fand ich viele Kapitel, die dort gespielt haben, am besten. Die ganze Stimmung der Bewohner, aber auch der ärmlichen Behausungen wurde so fassbar beschrieben, dass ich mich selbst beim Lesen nicht gut gefühlt habe.

Wie immer wird sich mein letzter Punkt um die Protagonisten drehen. Im Grunde gibt es eine recht überschaubare Anzahl an Hauptcharakteren, diese beschränken sich eigentlich auf recht wenige, die mir auch stets im Gedächtnis geblieben sind. Dazu kamen noch einige Nebenprotagonisten, mit denen ich ein paar mehr Probleme hatte. Dazu zählen eigentlich fast nur die Ärzte, die irgendwann in der Handlung aufgetreten sind oder von denen es ab und an eine Erwähnung gab. All die Namen, mit den Fachbezeichnungen konnte ich mir partout nicht merken, das waren für mich wirklich zu viele.
Die Nebencharaktere, seien es die Verwandten oder Freunde von Rahel und Barbara waren ziemlich herzlich und lebendig gezeichnet. Mit ihnen hatte ich keine Probleme und ich fand es interessant, wie unterschiedlich die ganzen Charaktere waren und welchen Interessen sie nachgingen. So wurde ein breites Bild an verschiedenen Persönlichkeiten geboten.
Stets im Vordergrund stehen Barbara und Rahel. Beides sind emanzipierte junge Frauen, die für ihre Anerkennung kämpfen, wenn auch etwas unterschiedlicherer Art. Rahel möchte von den durchweg männlichen Kollegen anerkannt werden, Barabara möchte mehr Freiheiten und Rechte für alle Frauen.
Beide waren mir nach kurzer Zeit sympathisch und fand es toll, wie unterschiedlich die Charaktere dargestellt wurden. Während Rahel zum Beispiel zurückhaltend dargestellt wurde, ist Barbara das genaue Gegenteil. So ergänzen sich die beiden Frauen vollkommen und ich fand es schön, dass sie sich angefreundet haben und in der anderen eine aufrichtige Freundin gefunden haben. Leider fand ich die Freundschaft manchmal nicht wirklich herzlich dargestellt, dann schienen sie eher steif und distanziert miteinander umzugehen.

Fazit:
Zwar konnte ich von dem Buch nicht so viel am Stück lesen, weil ich immer wieder Zeit brauchte, um alles zu verarbeiten und darüber nachzudenken, doch am Ende habe ich das Gefühl, ein ganzes Stück schlauer geworden zu sein. Mir hat die Geschichte richtig gut gefallen, ich fand es unglaublich, wie viele historische Aspekte eingebunden wurden und das diese schnell einprägsam waren.
Zwei kleine Kritikpunkte muss ich leider anbringen. Zum einen hat mir ein Personenverzeichnis gefehlt, was aber das kleinere Übel ist. Ich hatte ab und zu arge Probleme beim Lesen, wenn medizinische Sachverhalte und Forschungsergebnisse dargestellt wurden. Vielleicht habe ich auch nur Wissenslücken und eigemtlich sind diese Dinge leicht nachvollziehbar, mir haben sie etwas meine Lesefreude getrübt.

Veröffentlicht am 22.08.2019

Die Schwestern vom Ku'damm - Jahre des Aufbaus

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
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Handlung:
Berlin 1945
Der Krieg ist vorbei und die Menschen Berlins schöpfen langsam etwas Hoffnung für die Zukunft. Doch dafür müssen Sie erst die Stadt wieder aufbauen und von den Ruinen und Schutt befreien. ...

Handlung:
Berlin 1945
Der Krieg ist vorbei und die Menschen Berlins schöpfen langsam etwas Hoffnung für die Zukunft. Doch dafür müssen Sie erst die Stadt wieder aufbauen und von den Ruinen und Schutt befreien. Dabei helfen auch die Frauen der Familie Thalheim mit. Während des Krieges wurde ihr Kaufhaus am Ku'damm zerbombt, der Bruder ist im Krieg vermisst und die Villa wird von den Besatzern eingezogen.
Rike, die älteste Schwester, träumt heimlich davon, das Kaufhaus wieder aufzubauen, es noch schöner und prächtiger zu gestalten und Farbe in das triste und graue Berlin zu bringen. Dafür gibt es zwar haufenweise Ideen, doch es ist nicht ausreichend Geld vorhanden, um noch mehr Stoffe zu bezahlen.
Mit der Einführung der neuen Währungsreform scheint es zwar aufwärts zu gehen, doch an jeder Ecke lauern Probleme. Sowohl geschäftlicher, als auch privater Natur. Und eines Tages wird der Ruf des Kaufhauses, vor allem jedoch der Familie Thalheim angezweifelt und die Schwestern erkennen, dass man die Vergangenheit nicht einfach hinter sich lassen kann.

Meinung:
Das Cover ist sehr schlicht und einfach gehalten. Dazu trägt schon der weiß-beige Farbton im Hintergrund bei, auch die Dame wurde recht schlicht dargestellt und zeichnet sich durch eine blasse Haut aus. So zeigt sich, dass die Person selbst nicht so wichtig ist, sondern ihre Kleidung im Mittelpunkt steht, eines der Hauptthemen des Buches. Zusammen mit dem blau unterlegten Titel stellt die Dame die Dinge dar, die als erstes ins Auge fallen. Erst danach habe ich das Café Kranzler wahrgenommen. Insgesamt finde ich es wunderbar schlicht und einfach gehalten.

Von der Autorin habe ich bereits Bücher gelesen, wenn auch unter einem anderen Pseudonym. Sie haben mir wirklich gut gefallen, die Schreibweise war immer wunderbar und die Handlung wurde spannend gehalten. Dadurch, aber auch durch viel positives Feedback, dass ich zu dem Buch gelesen und gehört habe, war ich wirklich gespannt auf den Roman. Ich habe mich sehr auf das Lesen gefreut und nachdem ich das Buch schon lange lesen wollte, bin ich mit voller Vorfreude gestartet.

Der Prolog hat mir gefallen. Er spielt einige Jahre vor dem Beginn der eigentlichen Handlung, gibt ein erstes Bild auf die Protagonisten, die Stadt und liefert Zusammenhänge. Die Szenen waren lebendig und ich war sehr angetan davon. Leider lief es nicht ganz so gut weiter. Es gibt einen Zeitsprung von 13 Jahren, die Zeit ist eine andere und ich hatte Probleme, alles wahrzunehmen und tatsächlich fand ich die Schreibweise nicht perfekt. Insgesamt fand ich die folgenden Kapitel schwer, auch wenn die Handlung an sich spannend geschildert wurde. Insgesamt brauchte ich etwas Zeit um in das Buch zu finden, was ungefähr auf der 70 bis 80 Seite geschehen ist.
Danach hatte ich absolut keine Probleme mehr und habe voller Interesse weitergelesen. Die Schreibweise wurde entspannter und ich fand die beschriebenen Situationen lebhafter und klarer. Ich hatte das Gefühl, dass nun endlich die Haupthandlung beginnt und die Vorgeschichte vorbei ist.

Nachdem ich meine Startschwierigkeiten überwunden hatte, fand ich die Schreibweise viel angenehmer und diese war so, wie ich sie bereits kannte. Gleichzeitig vereint sie einen einfachen Charakter mit anspruchsvollen Details, die sich besonders anhand der politischen Details, sowie den Beschreibungen der Stadt auszeichnet. Diese waren unglaublich eingängig und schufen ein schonungsloses Bild.

Das Buch zeichnet sich zum einen durch die spannende Geschichte der Familie Thalheim aus, zum anderen durch die wunderbare, anschauliche Erklärung und Einbindung der politischen Lage in Deutschland. In die Handlung werden viele Ereignisse eingebunden, die der Geschichte einen großen Wahrheitsgehalt geben und auf offene Weise, ohne Schnörkel oder Verschönerungen die Situation wiedergeben. An vielen Stellen konnte ich noch etwas dazulernen und ich fand es richtig gut, dass es am Ende noch eine Aufstellung mit einigen Ereignissen in Berlin gibt, die das politische Geschehen von 1945 bis 1951 wiedergibt. So wurde das Wichtigste kurz zusammengefasst und man kann sich das Gelesene nochmals vor Augen rufen.
An vielen Stellen war ich erstaunt darüber, wie gekonnt die Autorin die historischen Ereignisse in die Handlung eingebunden hat, sodass es einen nahtlosen Übergang von Wahrheit und Fiktion gibt. Fast schien es so, als würde hier eine komplett wahre Geschichte erzählt werden.

Es findet eine Untergliederung in Kapitel statt, die meist recht umfassend sind und stets einen begrenzten Zeitraum beschreiben. Als Erzählinstanz dient hierbei ein allwissender Erzähler, der sowohl Einblicke in die Politik und die Lage der Stadt nach dem Krieg gibt, als auch in das Leben der Charaktere. So lernen wir als Leser eine überschaubare Anzahl an stetig wiederkehrenden Protagonisten kennen, die unterschiedlichen Alters, mit verschiedenen Ambitionen und politischen Interessen sind. Es gibt leider kein Personenverzeichnis, was mir anfangs geholfen hätte, jedoch ist es auch so einfach, die Personen wiederzuerkennen und sich zu merken.
Vor allem in die Gefühls- und Gedankenwelt von Rike gibt es einige Einblicke, sie agiert als Hauptprotagonistin und auf ihrem Charakter liegt das Hauptaugenmerk, auch in der Darstellung. Auf jeden Fall gibt es einige nachdenkliche Momente von ihr, in denen auch Gewissenskonflikte dargestellt werden, sowie politische Gedanken und Überlegungen rund um das Leben und die Liebe.

Als Setting dient fast durchweg die Stadt Berlin. Nur wenige Szenen spielen an anderen Orten, hierbei sind eigentlich nur zwei Fahrten von Rike wichtig, einmal in die Schweiz, wo sie eine große Überraschung erwartet und einmal nach Italien, wo sie nicht nur Erfahrungen sammelt...
Es mag makaber klingen, aber es war einfach fantastisch, wie genau und bildhaft die zertrümmerte Stadt dargestellt wurde. Es war schockierend ehrlich und unverblümt. Gerade die Szenen, in denen die Damen der Familie mit dabei helfen, den Schutt wegzutragen sind besonders eingängig gewesen und gehören zu meinen Lieblingsszenen.

Wie ich schon erwähnt hatte, gibt es eine recht überschaubare Anzahl an Protagonisten. Vor allem dreht sich die Handlung um die Familie Thalheim und ihnen nahe stehende Personen. Dazu gibt es nur wenige Nebencharaktere, die ab und an auftreten aber einen einprägenden Charakter haben, sodass man sie schnell wiedererkennt.
Besonders im Mittelpunkt stehen die drei Schwestern, wobei sich dieser erste Teil der Reihe vor allem um Rike, die Älteste dreht. Sie durchlebt in den sechs Jahren einiges, wandelt sich stark, was natürlich ist und auch der Zeit geschuldet ist. Man merkt, dass sie früh Verwantwortung übernehmen musste oder wollte und sie das Erlebte schneller erwachsen gemacht hat. Von den drei Schwestern ist sie mir bisher am sympathischsten, mit ihrem Charakter kann ich mich am besten identifizieren.
Im Gegensatz zu ihr sind ihre Schwestern nicht ganz so stark gezeichnet, wobei sie auch ihren eigenen Kopf haben und für ihre Prinzipien eintreten. Flori und Silvie sind auch interessante Charaktere, aber man erfährt noch zu wenig, was in ihren Köpfen vorgeht. Deshalb bin ich sehr gespannt, wie sie in den weiteren Teilen auftreten werden.
Aber auch bei ihnen war schon eine Entwicklung sichtbar. Flori ist erwachsener geworden, lebt nicht mehr in ihrer Traumwelt und stellt sich den Ereignissen. Silvie macht beruflich einen starken Weg, wird selbstbewusster und wirkt am Ende nicht mehr wie ein Püppchen, sondern wie eine gestandene Frau, die weiß, was sie will.
Nicht so sympathisch fand ich den Vater der Schwestern, Friedrich. Er wirkte fast ein wenig gruselig und ich vermute bei ihm wahrscheinlich mehr schlechtes, als wirklich vorhanden ist. Friedrich wirkt auf mich nicht sonderlich vertrauensvoll und ich glaube nicht, dass es ihm gefällt, welche Pläne Rike hat und welche Rolle sie selbst dabei einnimmt.

Fazit:
Nachdem ich einige Seiten brauchte, um in die Handlung zu finden, die Charaktere kennenzulernen und mit der ganzen Zeit klarzukommen, habe ich das Buch richtig gerne in die Hand genommen. Ich konnte in die Handlung eintauchen, mir vieles bildlich vorstellen und die wunderbare Recherchearbeit der Autorin hat das Buch zu einem Genuss werden lassen. Am Ende war wirklich alles stimmig und ich bin mehr als gespannt auf die folgenden Teile.

Veröffentlicht am 16.08.2019

Die Ärztin - Die Wege der Liebe

Die Ärztin: Die Wege der Liebe
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Handlung:
Berlin 1915
Der Krieg dauert noch immer an, auch wenn verkündet wurde, dass dieser am Ende des vorigen Jahres beendet sein sollte. Die Zivilbevölkerung wird immer mehr von den Kriegsgeschehnissen ...

Handlung:
Berlin 1915
Der Krieg dauert noch immer an, auch wenn verkündet wurde, dass dieser am Ende des vorigen Jahres beendet sein sollte. Die Zivilbevölkerung wird immer mehr von den Kriegsgeschehnissen gezeichnet. Nahrung fehlt, Frauen übernehmen die Berufe ihrer Männer und die Stimmung in der Stadt wird immer angespannter.
Auch für Ricarda bedeutet der Krieg einen Neubeginn. Sie schließt ihre Privatpraxis und nimmt eine Stellung an der Charité an, wo sie nicht nur zahlreichen Kindern auf die Welt hilft, sondern auch Frauen hilft, die bei ihrer Arbeit in den Munitionsfabriken verletzt wurden. Während sie beruflich ausgelastet ist, denkt sie in ihren freien Momenten nur an ihre Kinder. Der Sohn Georg wird an der Front vermisst, mit der Tochter Henni ist sie im Streit auseinandergegangen, bevor diese mit ihrem Mann nach Amerika gezogen ist. Und auch die jüngste Tochter macht Ricarda einige Gedanken. Sie testet ihre Grenzen aus und wird immer erwachsener und selbstständiger.
Ricarda gibt nie die Hoffnung auf, dass der Krieg hoffentlich bald enden wird und sie ihre Kinder unbeschädigt in die Arme nehmen kann. Doch nicht immer meint es das Schicksal gut mit ihr...

Meinung:
Von der Gestaltung gibt es starke Gemeinsamkeiten zu den bisher erschienenen Teilen. So ist auch diesmal die Schrift mittig, welche einen Farbverlauf besitzt und die Hauptfarbe des Covers, ein angenehmes, nicht zu grelles Orange, aufgreift. Darüber befindet sich eine junge Dame, der damaligen Mode entsprechend gekleidet, die etwas starr an dem Leser vorbeiblickt. Hier kann man auch hineininterpretieren, dass sie ein Ziel vor Augen hat und dieses unbedingt verfolgen will.
Unterhalb des Titels gibt es eine kleine Stadtszene, in denen auch der technische Fortschritt sichtbar ist. So gibt es sowohl Kutschen, als auch Automobile, Busse und Fahrräder. Insgesamt gefällt mir das gesamte Bild richtig gut. Es wirkt fröhlich, fällt durch die Farben ins Auge und ergibt ein rundes Gesamtbild.

Wie schon in den anderen Teilen gibt es auch hier wieder auf der Umschlaginnenseite eine kleine Karte von Berlin aus dem Jahre 1919. Dort wurden wichtige Orte, wie Wohnhäuser, die Charité oder bauliche Besonderheiten hervorgehoben und man kann die Wege der Protagonisten nachverfolgen. Mir hat das weitergeholfen, ich kenne mich in Berlin nicht sonderlich aus und ich fand es hilfreich, mir die Entfernungen anschauen zu können.

Weiterhin gibt es vor dem Beginn der Handlung eine kleine, feine Auflistung der Protagonisten. Nur die allerwichtigsten wurden aufgelistet, fast alle sind alte Bekannte aus den anderen Büchern. Es treten zwar einige mehr in der Handlung auf, aber insgesamt finde ich die Anzahl doch überschaubar und nicht zu umfassend. Mir gefällt es, dass ein jeder dort erwähnte Charakter auch ein Geburtsjahr bekommen hat. Das ist nur ein kleines Detail, für manche vielleicht nicht wichtig, aber so wurde ein jeder für mich gleich lebendig.

Nachdem der zweite Teil mit einem krassen Cliffhanger geendet hat, habe ich mir schon einige Gedanken zu dem Weitergang der Geschichte gemacht. Ein ganzes Stück weit habe ich auch den finalen Teil der Trilogie gewartet, um endlich von der Spannung erlöst zu werden. Dementsprechend war ich unglaublich glücklich, dass mir das Buch freundlicherweise vom Verlag zugeschickt wurde und ich schon vor dem offiziellen Erscheinungstermin lesen konnte, wie die Geschichte von Ricarda Thomasius weitergeht.

Ich glaube, so zwei-drei Seiten wurden aus dem zweiten Teil noch einmal aufgegriffen, in denen das Ende mit dem Cliffhanger nochmal geschildert wird. So wird man nicht zu abrupt in die Handlung hineingeworfen, sondern kann sich nochmal vor Augen rufen, was alles passiert ist und für den Moment wichtig ist.
Es gibt einen nahtlosen Übergang von dieser Szene zu den neuen Ereignissen, man kommt nicht ins Stocken, sondern kann bequem weiterlesen. Was ich auch direkt gemacht habe. Auch hier ist mir sofort wieder positiv aufgefallen, dass es am Anfang der neuen Kapitel immer eine Monats- und Jahresangabe gibt, die bei den zeitlichen Sprüngen eine große Hilfe sind. Diese finden ab und an statt, die Handlung beginnt 1914 und endet 1920. In den Jahren finden nicht nur auf der privaten Ebene der Familie Thomasius einige Ereignisse statt, sondern auch die Situation in der Welt ändert sich. Der Erste Weltkrieg beginnt und endet, am Ende gibt es kein Kaiserreich mehr. Daher war es wichtig und gut, dass stets eine Zeitangabe vorhanden war.
Außerdem hat es mir gut gefallen, dass die Abschnitte nicht zu lang gehalten wurden, höchstens vier-fünf Seiten. Dadurch kann man schnell mal nebenbei ein paar Seiten lesen und ich habe auch immer das Gefühl, dadurch schneller in der Handlung voranzukommen.
Mir hat es gut gefallen, dass die Kapitel nicht nur einen Handlungsstrang verfolgt haben, sondern die Beschreibungen zwischen mehreren gewechselt haben. So gab es eine bunte Mischung von Ricardas, Antonias und Hennis Erlebnissen, die vollkommen unterschiedlich waren und an verschiedenen Orten gespielt haben.

Lange wird die Spannung aufgebaut und auf einem guten Niveau gehalten. Dabei gibt es immer wieder ruhigere Abschnitte, in denen das tägliche Leben der Protagonisten dargestellt wird. Leider war für mich ab ungefähr der Hälfte der Handlung etwas die Luft raus. Ich habe immer noch mit Freude und Interesse gelesen, habe mich aber oft gefragt, was noch alles passieren wird und darauf gehofft, dass nicht noch unnötige Dramen eingebunden werden. Was leider am Ende etwas passiert ist. Die Geschichte ist zwar vollkommen glaubwürdig, mir aber zu viel. Mit den letzten ungefähr 30 Seiten war ich nicht ganz glücklich, deas letzte Kapitel fand ich wieder gut und bin mit dem Ende zufrieden.

Zu dem schnellen Lesen hat aber auch die äußerst angenehme und gute Schreibweise beigetragen. Sie erinnerte mich sofort an die anderen beiden Bände, ich erinnere mich, dass ich sie auch in meinen Rezensionen positiv herausgehoben habe. Ärztliche Sachverhalte wurden auch für Laien verständlich erklärt und sind nicht mehr so viel vorgekommen, wie in den anderen beiden Büchern. Hier hatte ich mehr das Gefühl, dass sich die Autoren auf die politische und private Situation der Protagonisten fokusiert haben.

Auch hier finden viele Handlungen an schon bekannten Orten statt. Haupthandlungsort ist auch hier wieder Berlin, dazu kommt Freystetten und Amerika mit New York und Los Angeles. Besonders idyllisch wurde das Gut Freystetten dargestellt, es wirkt gemütlich und wurde von den Kriegsgeschehen nicht so stark getroffen. Auf dem Gut scheint ein wenig die Zeit stehen geblieben zu sein und bildet somit einen ruhigen Ausgleich zum hektischen Berlin, wo an jeder Ecke Armut herrscht und das Leben allgemein nicht so friedlich ist.
Etwas geschwächelt hat die Beschreibung von Amerika. Ich konnte mir die Orte zwar grob vorstellen, es wirkte aber nicht einladend, sondern trüb und zu gut um wahr zu sein. Gleichzeitig fand ich aber, dass das Leben dort interessant dargestellt wurde. Viele Charaktere sind scheinbar ohne Sorgen durchs Leben gegangen. Außerdem wurde das schöne Leben mit Partys, Glamour und schönen Menschen gut dargestellt. Ein kompletter Gegensatz zu dem Leben in Deutschland, wo Krieg herrscht, die Nahrung knapp ist und alle um ihre Lieben bangen.

Wie immer widmet sich der letzte Punkt meiner Rezension den Protagonisten. Wie schon erwähnt, treten wieder viele altbekannte Gesichter auf und nur wenige Personen kommen hinzu. Viele von ihnen fand ich positiv und lebendig dargestellt. Sie waren recht sympathisch und freundliche Wesen.
Diesmal hatte ich leider ein paar Probleme mit Ricarda. Sie hatte immer noch einige Züge an sich, die sie schon in den vorherigen Büchern auszeichnen. Doch sie, und auch ihr Mann Siegfried, altern schnell und oft habe ich ein Bild vor ihnen, dass sie um die zwanzig Jahre älter macht und als Greise darstellt. Klar, die Beiden haben viel erlebt und auch der Krieg hinterlässt bei einem Menschen Spuren. Bei ihnen ist es mir stark aufgefallen. Dazu fand ich Ricarda hier nicht ganz so sympathisch. Die neuen Sympathieträger sind eher die Töchter Ricardas, welche auch stark in den Vordergrund gerückt sind. Sie nehmen nicht mehr nur eine Nebenrolle ein, sondern sind stark präsent. Ich fand es gut, dass die Handlung mehr auf andere Charaktere übertragen wurde. So gibt es nicht nur abwechslungsreiche Schilderungen, sondern ich fand es vor allem bei Antonia interessant, wie sie mit der politischen Situation umgeht und oft habe ich in ihr ein Abbild der jungen Ricarda gesehen. Auch Antonia kämpft für ihre Wünsche und hat großes im Leben vor.

Fazit:
Es gibt wirklich nur kleine Dinge, die mir an dem Buch nicht so gefallen haben und für die ich gesamt einen halben Stern abziehe. Dazu zählt die nicht perfekte Darstellung von Ricarda, aber auch die nicht dauerhaft anhaltende Spannung, die mittendrin etwas nachließ.
Ein Highlight war auch hier wieder die Schreibweise, die offen, leicht und atmosphärisch war. Die Kriegserlebnisse und Folgen wurden anschaulich an den Einwohnern der Stadt gezeigt und ließ ein schonungsloses Bild entstehen. Es gibt gelungene Settings, die sich alle voneinander unterscheiden und Gegenpole bilden.
Auf jeden Fall bildet der dritte Teil dieser Reihe ein würdiges Ende, es bleiben keine offenen Fragen zurück und ich konnte das Buch mit einem Lächeln schließen. So gehört sich das:)

Veröffentlicht am 08.08.2019

Königsberg - Bewegte Jahre

Königsberg. Bewegte Jahre
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Handlung:
Ostpreußen, Anfang des 20. Jahrhunderts
Die Zwistigkeiten zwischen den Familien von Reichenbach und von Schletter halten noch immer an. Mittlerweile hat sich die Feindseligkeit von Carl und Johannes ...

Handlung:
Ostpreußen, Anfang des 20. Jahrhunderts
Die Zwistigkeiten zwischen den Familien von Reichenbach und von Schletter halten noch immer an. Mittlerweile hat sich die Feindseligkeit von Carl und Johannes vor allem auf die beiden Söhne, Constantin und Maximilian, übertragen. Bei jeder Begegnung der Cousins müssen sie sich zusammenreißen und sie versuchen alles mögliche, um einander aus dem Weg zu gehen.
Nicht nur um die Söhne müssen sich die Väter sorgen, sondern auch die Töchter haben keinen leichten Weg vor sich. Victoria, Carls einzige Tochter, verliebt sich unglücklich und genau dieser Mann bringt ihr Unheil und stürzt sie in eine Krise.
Währenddessen hofft Johannes Tochter Helene, sich als Pferdezüchterin einen Namen zu machen, dem Gut so finanziell zu helfen und es zu modernisieren. Doch ihr Großvater rebelliert gegen die Pläne der Enkelin und es kommt immer wieder zu Streitigkeiten.
Werden die Kinder der Häuser von Schletter und von Reichenbach alle ihr Glück finden? Und ist es möglich, dass die Feindseligkeiten eines Tages enden?

Meinung:
Wie schon bei dem ersten Teil der Reihe gibt es auch hier recht viele leichte Farben, die ein wunderschönes Bild abgeben. Die verschiedenen Faktoren ergeben ein stimmiges Bild, welches mir richtig gut gefällt. Die Dame im Vordergrund trägt die Mode der damaligen Zeit, wirkt würdevoll und vollendet. Sie weiß genau, wie sie sich in Szene setzen kann und auf den ersten Blick stellt sie für mich Victoria dar, die in der Kurzbeschreibung als „mondän“ beschrieben wird.
Im Hintergrund ist ein hübsches Haus erkennbar, es wirkt einladend und prachtvoll. Insgesamt gefallen mir die Ähnlichkeiten der Cover, es scheint eine Geschichte mit Stil zu versprechen, die man auch geliefert bekommt!

Nachdem ich vor nicht allzulanger Zeit den ersten Teil gelesen hatte, war ich natürlich richtig froh, dass dieser Band so schnell darauf gefolgt ist. So gab es für mich keine lange Wartezeit, die Handlung des Vorgängers ist mir noch präsent und dementsprechend hatte ich keine Probleme damit, in das Buch zu finden.
Meine Erwartungen waren schon recht hoch, ich kenne schon Bücher der Autorin und bisher hat mich noch keines enttäuscht. Also habe ich darauf gehofft, dass mir auch dieses Buch gut gefallen wird und ich habe voller Freude mit dem Lesen angefangen.

Der Roman wurde in zwei Teile geteilt, dazu gibt es noch einen Epilog, indem alle offenen Fragen beantwortet wurden. Innerhalb der Teile gibt es eine Untergliederung in Kapitel, wobei es am Anfang eines jeden Kapitels eine zeitliche Einordnung gibt. Das war wirklich wichtig. Es vergehen 16 Jahre auf 416 Seiten und natürlich gibt es Zeitsprünge, sonst wäre es gar nicht möglich, so viele Jahre auf so wenigen Seiten unterzubringen. Ich fand, dass die zeitlichen Sprünge immer gezielt eingesetzt wurden, nie zu viele Monate oder gar Jahre übergangen wurden. Es wurde in den folgenden Kapiteln immer kurz erwähnt, wenn in der Zwischenzeit etwas wichtiges passiert ist und ich hatte nie das Gefühl, etwas zu verpassen. Außerdem entstanden durch die sprunghafte Erzählung erst gar keine Längen, sondern es wurden sich wirklich nur auf Ereignisse beschränkt, die für die weitere Handlung wichtig sein könnten.
Besonders im zweiten Teil gibt es viele kurze Beschreibungen, in denen das Kriegsgeschehen knapp und präzise zusammengefasst wurde. Hier wurde man nicht seitenlang damit gequält, sondern es wurde kurz rekapituliert. Und auch wenn ich die Abschnitte informativ fand, haben sie mir nicht hundertprozent gefallen. Ich lese allgemein nicht gerne davon, wenn Abschnitte oder gar Kapitel hautnah an den Kriegserlebnissen dran sind. Hier kam es zwar nur vereinzelt vor, das waren für mich die Abschnitte, die ich nicht so gerne gelesen habe.

Genau wie im Vorgängerroman gibt es auch hier einen allwissenden Erzähler, der Einblicke in die verschiedenen Leben der Protagonisten gibt. Zwar gab es nur wenige Einblicke in die Gefühle und Gedanken der Charaktere, trotzdem wurden sie schnell lebendig und vertraut.
Richtig gut gefallen hat mir die Schreibweise, die einfach und locker war, mir ein schnelles Lesen ermöglicht hat. Besonders ansprechend fand ich in diesem Teil die Beschreibung von Kleinigkeiten. Seien es Gebäude, Orte oder Situationen, oft entstand innerhalb von Sekunden ein Bild vor Augen. Bei den Protagonisten war dies nicht so ausgeprägt, obwohl ich sie sympathisch und menschlich empfand, konnte ich sie mir nicht recht vorstellen.

Im Roman gibt es zwei Haupthandlungsorte, die Landgute der Familien von Schletter und von Reichenbach. Beide sind schon aus dem ersten Teil bekannt, sie scheinen sich kaum verändert zu haben und weckten den Wunsch, sie mit eigenen Augen zu sehen. Obwohl die Anwesen sehr unterschiedlich beschrieben werden, scheinen sie magisch und einen Besuch wert zu sein.
Dazu gibt es noch einige Nebenhandlungsorte, u.a. Johannisburg und Kriegsschauplätze. Auch diese wurden mit wenigen Worten genau umrissen und verströmten Wärme, wenn etwas positives geschah, aber auch viel Kälte, u.a. bei den Beschreibungen der Kriegsereignisse.

Im Grunde gibt es eine recht überschaubare Anzahl an Charaktere. Mir kam es zugute, dass ich sie alle noch im Gedächtnis hatte und so gar nicht erst ins Überlegen kam, wer zu wem gehört. An solchen Stellen zeigte sich deutlich, dass es wichtig ist, Kenntnisse aus dem ersten Teil zu haben. Die Handlung wird nicht noch einmal zusammengefasst, viel mehr gab es ab und an Erwähnungen auf Vergangenes, die nicht näher erklärt wurden.
Diesmal stehen die vier erwachsenen Kinder von Carl und Johannes im Vordergrund, die ältere Generation spielte eher eine Nebenrolle. Sie tauchten regelmäßig auf, haben sich charakterlich nur wenig verändert und es war schön, viele wiederzusehen.
Während die Kinder am Ende des ersten Teils noch nicht so entschlossen und stark wirkten, gab es zu diesem Teil eine deutliche Änderung. Sie sind plötzlich erwachsen geworden, gehen verschiedenen Vergnügen nach und sind in einem Alter, wo sie über eine Hochzeit nachdenken. Dabei haben alle ihren eigenen Kopf, lassen sich nicht so schnell etwas vorschreiben und rebellieren auch mal gegen die Eltern und Großeltern.
Besonders Helene fand ich interessant. An sich war sie eher ein stiller Charakter, der etwas blass wirkte. Aber in einigen Momenten ging durch ihren Körper und ihr Auftreten ein Ruck und sie war plötzlich selbstbewusst. Helene war für mich die Einzige der vier jungen Erwachsenen, die einen genauen Plan für ihre Zukunft hatte und an diesem festgehalten hat.
Richtig gut gefallen hat mir das Verhältnis der Geschwister zueinander. Besonders bei Victoria und Constantin kam dies stark heraus. Sie wirkten wie eine Einheit, haben sich gut verstanden und einander bei Problemen geholfen.

Fazit:
Mal wieder hat die Autorin einen richtig schönen Roman geschaffen, der mich bis auf ein kleines Detail überzeugt hat. Ich werde einen halben Punkt in meiner Bewertung abziehen, weil ich die Kapitel mitten im Kriegsgeschehen nicht so toll fand und auf diese gerne verzichtet hätte.
Ansonsten war die Schreibweise gewohnt wundervoll, die Protagonisten haben mir gefallen, die Handlung blieb stets spannend, ohne, dass unnötiges Drama eingebunden wurde. Dazu noch gezielt eingesetzte historische Fakten und das Lesevergnügen ist komplett!

Veröffentlicht am 28.07.2019

Aufbruch in ein neues Leben - Die Hebammen-Saga

Aufbruch in ein neues Leben
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Handlung:
Berlin 1917
Edith, Margot und Luise kommen aus unterschiedlichen Verhältnissen und Orten. Eines haben sie gemeinsam: den Wunsch, Hebamme zu werden. Erstmals treffen sich die drei Frauen in der ...

Handlung:
Berlin 1917
Edith, Margot und Luise kommen aus unterschiedlichen Verhältnissen und Orten. Eines haben sie gemeinsam: den Wunsch, Hebamme zu werden. Erstmals treffen sich die drei Frauen in der neueröffneten Frauenklinik in Neukölln, wo sie ihre Ausbildung absolvieren werden. Mit der Ausbildung erfüllen sie sich einen großen Wunsch und hoffen, dass die Babys in eine friedliche Zukunft blicken können. Doch noch immer herrschen Krieg und Elend, auch die Armut greift immer weiter um sich.

Meinung:
Das Cover wird von hellen, leichten Farben dominiert, wirkt nicht zu überladen oder zu bunt. Es wurde zurückhaltend gestaltet, fällt aber trotzdem ins Auge. Am unteren Rand befindet sich ein traumhaft schönes Haus, anfangs stellte ich mir vor, dass hier die Hebammenschule dargestellt wird. Nach dem Lesen habe ich meine Meinung etwas geändert und assoziere das Gebäude mit einer anderen Person und ihrer Familie.
Drei Damen werden am oberen, rechten Rand abgebildet, hierbei könnte es sich um die drei angehenden Hebammen Edith, Margot und Luise handeln. Ich finde es sieht interessant aus, dass ausgewählte Stellen der Kleidungsstücke mit Farben ausgefüllt wurden. So kommt Schwung in das schwarz-weiß Bild und die Farben passen gut in das Gesamtbild.

Durchweg gut gefallen hat mir die Schreibweise. Sie war einfach gehalten, stellte die Charaktere in einem interessanten Licht dar und lud dazu ein, das Buch in die Hand zu nehmen und weiterzulesen. Ich bin mit dem Lesen schnell vorangekommen, gefühlt bin ich teilweise durch die Seiten geflogen, was auch an der spannenden Handlung lag.

Fast jedes Kapitel wurde mit ungefähr zehn Seiten recht kurz gehalten. Dadurch werde ich oft dazu verleitet, das Buch mal kurz in die Hand zu nehmen und ein Kapitel zu lesen, wenn ich nicht so viel Zeit habe. Natürlich habe ich die Geschichte dadurch noch schneller ausgelesen.

Am Anfang vieler Kapitel gibt es eine kurze Notiz zu dem Monat und der Jahreszahl, wodurch man nicht das zeitliche Gefühl verliert. Immerhin werden im Verlauf der 400 Seiten anderthalb Jahre erzählt und ab und an werden ein paar Monate ausgelassen.

Auf den ersten Seiten lernt man erstmal die drei Hauptcharaktere Edith, Margot und Luise kennen. Es wurde viel Wert darauf gelegt, sie vorzustellen und zu beschrieben, um sie dem Leser näherzubringen und lebendig werden zu lassen. Ich fand es interessant, wie unterschiedlich sich alle drei waren. Nicht nur von ihrer Herkunft, sondern auch dem damit verbundenen Denken und weshalb sie sich dazu entschieden haben, Hebammen werden zu wollen.
Schnell wurden mir alle drei sympathisch, sie sind liebenswerte Geschöpfe, die in der Tätigkeit als angehende Hebamme Erfüllung finden. Sie werden mit der Zeit immer selbstsicherer und selbstbewusster, kämpfen für ihre Hoffnungen und es macht einfach Spaß, sie auf ihrem Weg zu begleiten.
Es war schön zu lesen, wie liebevoll die drei Mädchen mit den Schwangeren umgegangen sind. Jegliche Vorurteile wurden verbannt und sie waren für eine jede da. Besonders toll fand ich das Detail, dass ab und sogar kleine Freundschaften entstanden sind.
Vor allem Margots Familienmitglieder haben einige Auftritte in dem Buch und ab und an mit Krankheiten zu kämpfen, bei denen sie Margot um Rat fragen. Ich fand es schade, dass diese zum Ende hin kaum noch auftauchten und man nur noch wenig über sie erfahren hat. Sie waren zwar nur Nebencharaktere, waren mir aber meist sympathisch und ich fand es bewundernswert, mit wie wenig sie überlebt haben und welcher Kampfgeist in ihnen steckt.

Anhand der Beschreibung hatte ich erwartet, dass man nicht nur etwas über die drei Damen Margot, Edith und Luise erfährt, sondern sie auch auf ihrem Ausbildungsweg begleitet und mehr über die damalige Ausbildung zur Hebamme erfährt. Es werden einige Geburten dargestellt, die nicht alle reibungslos ablaufen und ab und an gibt es Informationen über die Dienste, doch ich hatte mit mehr Informationen gerechnet. Über Arbeitsabläufe, Seminare oder Vorlesungen, den Inhalt von Hebammentaschen...

Es werden verschiedene Schicksale dargestellt. Auf der einen Seite stehen die Armen, mit viel zu wenig Geld, das meist gerades für die Miete reicht. Auf der anderen Seite gibt es die Reichen, die trotz des Krieges noch recht pompös leben und sich keine Sorgen um Nahrungsmittel machen müssen. Diese Unterschiede werden krass und eingängig geschildert, oftmals treffen Welten aufeinander. Und genau an solchen Stellen war erkennbar, wie viel Recherche in dem Buch steckt.

Fazit:
Von der ersten Seite an war die Handlung spannend und detailreich geschildert, was bis zum Ende angehalten hat. Viele Szenen kamen überraschend und mit einigen Geschehnissen hatte ich nicht gerechnet, was für mich den Reiz des Buches ausgemacht hat. Immer wieder wurde man überrascht, nicht nur im positiven Sinne. Dadurch fiel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen und die Geschichte mal einen Tag ruhen zu lassen.
Ich ziehe einen halben Punkt ab, zum einen war ich etwas traurig, dass Margots Familie irgendwann eine immer kleinere Rolle einnahm, zum anderen hatte ich erwartet, mehr über die Hebammenausbildung zu erfahren.
Frau Winterberg hat einen spannenden Start einer Saga geschrieben, der großes Interesse auf die Fortsetzungen hinterlassen hat. Ich bin sehr gespannt, wie sich Margot, Edith und Luise entwickeln werden und wie ihre Geschichten weitergehen.