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Veröffentlicht am 22.11.2019

Im Haus des Bürgermeisters ...

Blind Sight
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Einen psychologischen Thriller und Polizeiroman zugleich können die Leser erwarten. New York ist der Schauplatz, in welchem Kathy Mallory zusammen mit ihrem Partner Riker ermittelt.

Im Haus des Bürgermeisters ...

Einen psychologischen Thriller und Polizeiroman zugleich können die Leser erwarten. New York ist der Schauplatz, in welchem Kathy Mallory zusammen mit ihrem Partner Riker ermittelt.

Im Haus des Bürgermeisters werden mehrere Leichen gefunden. Dies soll jedoch vertuscht werden. Die Polizei und die CSU brkommt keinen Zugriff für Ermittlungen. Parallel dazu erfährt der Leser die Sichtweise eines kleinen, blinden Jungen, der gefangen gehalten wird. Er ist entführt worden und beginnt gerade ein Verhältnis zu seinem Bewacher aufzubauen. Der Leser erfährt nicht, ob der Bewacher auch der Entführer ist. Aber Mallory erfährt von dem Verschwinden einer Nonne und ihres kleinen Neffen. Da sich die Vermisstenabteilung offenbar nicht der Sache annimmt, wird sie gebeten, die beiden zu suchen. Doch die Nonne findet sie schnell bei den Leichen, ebenfalls tot. Diese Tote passt aber nicht in das Schema der anderen Toten. Mallory hat einen handfesten Zusammenhang bei der Fälle.

Der Schreibstil der Autorin ist eine Besonderheit in diesem Genre. Die Geschichte wird meistens als Erzählung dargeboten, denn in Dialogen präsentiert. Selbst innerhalb von wörtlicher Rede werden Rückblenden und Szenen wieder als Erzählung dargestellt. Ein Wortgefecht mit spritzigen oder gar humorigen Dialogen wird der Leser nicht erwarten können .

Das liegt aber auch – und damit komme ich zum zweiten großen Pluspunkt – an der Figur der Protagonistin Mallory. Sie ist eine ganz besondere Figur und Ermittlerin. Sie ist introvertiert, rechthaberisch und kaum steuerbar von ihren Vorgesetzten. Lediglich Riker hat sich mit ihr arrangiert. Er ist derjenige im Roman, durch den wir Mallory kennenlernen. Seine Gedanken und sein Verhalten gegenüber seiner Partnerin lassen den Leser erkennen, was Mallory für ein Mensch ist. Das zeigt sich in Sätzen wie: „Er sagte nichts. Er war daran gewöhnt, dass seine Partnerin Puzzlestücke manchmal gewaltsam einfügte, weil ihr das Bild, das dabei herauskam, in den Kram passte.“ Weil er Mallory den Dienstwagen fahren lässt, für die die Straße nur eine Rennstrecke ist und er sich grundsätzlich am Amaturenbrett abstützen muss, wird er von den Kollegen gefragt, warum er in ihrem Selbstmord-Dienstwagen-Kommando nicht das Lenkrad in die Hand nimmt. Er antwortet lediglich mit einem Schulterzucken. Mallory hat eine besondere Gabe, Wahrheit und Lüge bei ihren Gesprächspartnern zu unterscheiden. Sie selbst sieht sich als die beste Lügnerin und setzt diese Methode ganz bewusst ein, um Ihre Gesprächspartner in eine Falle zu locken. Sie wird nie akzeptieren, dass ein verdächtiger Gesprächspartner besser lügt als sie. Sie ist davon überzeugt, dass das unmöglich ist. Und Mallory ist paranoid. Natürlich spielt ihre Herkunft eine besondere Rolle dabei. Als sie sich den Rat eines psychologischen Beraters holt, um ihren Verdächtigen analysieren zu lassen, kommt sie zu dem Schluss, dass sich ihr Berater mit dem Verdächtigen gemeinsam gegen sie verschworen hat. Dabei wollte der Berater ihr nur klarmachen, wie der Verdächtige tickt.

Die in New York lebende Autorin hat mit Kathy Mallory eine der originellsten Ermittlerfiguren geschaffen, die das Genre bieten kann. Bereits 1995 hat sie sich mit ihrem Debütroman zum Sterben in die Bestsellerautorenriege hinein katapultiert.

Ein Kritikpunkt habe ich allerdings bezüglich der Übersetzung. Gendersprache hin oder her, aber das Vermengen weiblicher Pronomen mit englischen Begriffen ist ein Unding. Warum wird statt „die Detective“ nicht „die Ermittlerin“ gesagt?


© Detlef Knut, Düsseldorf 2019

Veröffentlicht am 30.08.2019

Thriller-Element verschwunden, dafür mehr Fantasy

Schattendämmerung
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Der zweite Band der Schatten-Trilogie handelt etwas mehr als zehn Jahre nach dem ersten Band. Er kann aber standalone gelesen werden. Da, wo es notwendig ist, werden die fehlenden Infos aus „Schattenmond" ...

Der zweite Band der Schatten-Trilogie handelt etwas mehr als zehn Jahre nach dem ersten Band. Er kann aber standalone gelesen werden. Da, wo es notwendig ist, werden die fehlenden Infos aus „Schattenmond" nachgereicht. Was die Figuren angeht, gibt es natürlich Überschneidungen. Muss ja auch so sein, denn schließlich wird eine komplette Welt erschaffen, wie das in Fantasy-Romanen üblich ist.

Protagonistin dieses Bandes ist Fallon Swift, die Tochter von den Protagonisten Lana und Max aus dem ersten Band. Sie ist im Teenageralter und wurde bereits mit den Kräften geboren, um die Welt von allem Bösen zu befreien. Sie ist die Eine, die Retterin. Doch obwohl sie schon über alle Kräfte verfügt, muss sie erst noch lernen, wie sie sie richtig einsetzen kann. Dafür wird sie für zwei Jahre in die Lehre geschickt. Sie muss ihre Familie allein lassen. Der Abschied fällt ihr schwer und macht ihr zu schaffen. Doch sie lernt auch viele neue Wesen kennen, die ihr sehr gute Freunde werden. Neben Menschen sind es Hexen, Elfen, Feen und andere zauberhafte Wesen. Bedroht wird Fallon's Welt von dunklen Mächten, die auch schon hinter dem Virus steckten, der die Erde wie sie einmal war zerstört und die Menschen fast ausgerottet hat.

Der Roman bleibt meiner Meinung nach weit hinter dem ersten Band zurück. Es fehlen die Action, die Kämpfe und Schlachten, die Intrigen, mit denen die Geschichte im ersten Band beginnt. Die Welt, wie sie jetzt existiert ist mit der düsteren Welt von „The Walking Dead" vergleichbar, nur ohne Zombies. Andererseits erinnert die Ausbildung der jungen Fallon zur vollwertigen Weltretterin sehr stark an Harry Potter und dessen Spiele in Hogwarts. Es geht zu sehr um die Gefühle von Fallon Swift, das Verlassen der Familie, das Kennenlernen neuer Leute, dass Lernen und Sammeln von Erfahrungen. Die vielbeschworene Bedrohung durch die Raider oder Purity Warriors ist eine stete Bedrohung, scheint aber nicht wirklich gefährlich zu sein. Während ich den ersten Band noch als einen Thriller mit Mystery- und Fantasy-Elementen charakterisierte, ist im zweiten Band das Thriller-Element komplett verschwunden.

Es bleibt ein sehr unterhaltsamer Fantasy-Roman, der den Ansprüchen der Fantasy-Leser genüge tun mag, aber dem es an Kraft und Action fehlt. Unterhaltsam und lesbar ist dabei aber allemal.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2019

Veröffentlicht am 23.08.2019

drei Jahre Undercover

Dornenspiel
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Mit diesem Thriller habe ich für mich eine neue Autorin entdeckt und das Universum von ihr kennengelernt. Doch der Reihe nach.

Griffin "Decker" Davenport war drei Jahre in einem Undercover-Einsatz, um ...

Mit diesem Thriller habe ich für mich eine neue Autorin entdeckt und das Universum von ihr kennengelernt. Doch der Reihe nach.

Griffin "Decker" Davenport war drei Jahre in einem Undercover-Einsatz, um an einen Menschenhändler-, Kinderporno- und Drogenring heranzukommen. Bei dieser Aktion wäre er beinahe draufgegangen. Er wurde angeschossen und in der Klinik ins künstliche Koma versetzt, aus dem er zu Beginn dieses Romans aufwacht. Selbst im Koma scheint er zu ahnen, dass etwas schiefgegangen ist und immer noch viele Kinder in Gefahr sind. An seiner Seite wacht Agent Kate Coppola vom FBI. Sie war es, die ihn vor dem Tod gerettet hatte. Sie ist neu in Cincinnati, weil sie einem Freund und Kollegen hierher gefolgt ist. Dies wird offensichtlich ihr erster Fall in dieser Stadt, nicht zuletzt wegen ihres beherzten Eingreifens. Nun fühlt sie sich für Decker verantwortlich. Außerdem bekommt sie immer ein unerwartetes Gefühl, wenn sie an den neuen Kollegen denkt. Als Decker gerade mal auf den Beinen ist, beginnt er, den Verbrecherboss, der jeden tötet der sich ihm in den Weg stellt, zusammen mit Kate zu jagen.

Zunächst haben mir die Story und die Figuren gefallen. Die Geschichte ist in ihren Strängen dermaßen verworren, dass man einfach dranbleiben muss. Die Dialoge der Polizisten untereinander sind teils sehr humorvoll. Sie wirken aus dem Leben gegriffen, die Kollegen nehmen sich gegenseitig auf die Schippe, machen Witze über einander. Das erinnerte mich an TV-Serien wie „The Rookie" oder „Lethal Weapon". Für die Beschreibung der einzelnen Figuren werden nicht selten komplett losgelöste Geschichten erzählt, die einem die Figuren sehr nahe bringen.

In diesem Zusammenhang hat mir eine besondere Gestaltung des Buches sehr gefallen. Sämtliche auf Deutsch erschienenen Romane sind mit Kurzfassung und Protagonisten genannt, dazu gibt es eine Liste aller Protagonisten von Karen Rose mit der Angabe, in welchem Roman welche Figur bereits mitgespielt hat. Deshalb hatte ich oben von Universum der Autorin gesprochen.

Dennoch gibt es einen Wermutstropfen, der mich davon abhält die volle Punktzahl zu vergeben. Für einen Thriller ist dieser Roman zu lang. Mit über 800 Seiten hat er eine Länge, die es zu überwinden gilt. Jede amerikanische TV-Produktion würde aus diesem Roman eine Serie mit mindestens 16 Folgen machen. Aber wie gesagt, er ist dennoch spannend, unterhaltsam, humorig und macht nachdenklich. Eine Empfehlung ist er allemal und die Protagonisten habe ich lieben gelernt.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2019

Veröffentlicht am 14.07.2019

Drei Schwestern mit Omas Ofenfleisch und weichen Karamellbonbons

Drei Schwestern am Meer
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Ihr fahrt demnächst in den Urlaub? Ihr habt Stress im Job und braucht Ausgleich? Vielleicht einen Mini-Urlaub daheim im Sessel? Dann haltet ihr mit „Drei Schwestern am Meer" den richtigen Roman in der ...

Ihr fahrt demnächst in den Urlaub? Ihr habt Stress im Job und braucht Ausgleich? Vielleicht einen Mini-Urlaub daheim im Sessel? Dann haltet ihr mit „Drei Schwestern am Meer" den richtigen Roman in der Hand. Leicht, locker und humorvolle Spannung.

In dem Roman möchte die in Berlin lebende Fachärztin Rina nach langer Zeit mal wieder ihre Oma auf Rügen besuchen. Viel zu selten hat sie das in letzter Zeit gemacht. Sie und ihre Schwestern Pia und Jana sind bei Oma aufgewachsen, nachdem ihre Eltern durch einen Unfall ums Leben gekommen waren. Rina freut sich auf eine entspannte Zeit mit viel Sonne, Strand und dem wunderbaren Karamellbonbons, die Oma immer macht.

Die Spannung zieht die Autorin in verschiedenen Strängen auf. Da ist zunächst die Oma, die kurz nach Rinas Eintreffen ins Krankenhaus eingeliefert werden muss. Die Mädchen sind in heller Aufruhr. Außerdem hat Rina in Berlin mitbekommen, dass ihr Freund sich von ihr trennen will. Der Arzt hatte sich einer blutjungen Assistenzschwester zugewandt. Schließlich lern Rina den erst kürzlich in den Ort gezogenen Hausarzt ihrer Großmutter kennen. Diese Konstellationen ergeben eine Gemengelagen, deren Auflösung man sich nicht entgehen lassen will. Zumal eine der Schwestern demnächst ins Ausland gehen will und sie nicht wieder so schnell zusammenkommen werden. Das Ganze wird in einem lockeren Stil präsentiert, der die Seiten nur so durch die Finger rauschen lässt.

In kleinen Zwischenkapiteln wird aus der Sicht einer anderen Figur eine ganz andere Geschichte erzählt. In dieser Figur streift deren Begegnung mit ihrer großen Liebe vorbei. Als Leser erfährt man ganz langsam von einem Geheimnis in der Familie .

Neben der vielen Sonne und der frischen Brise streicht dem Leser der Duft von Gekochtem und Gebackenen durch die Nase. Wer beim Lesen der entsprechenden Szenen Heißhunger bekommt, hat die Gelegenheit, die am Ende aufgeführten Rezepte auszuprobieren. Omas Ofenfleisch ist genauso dabei wie die weichen Karamellbonbons.

Ich wünsche guten Appetit und beste Unterhaltung. An letzterem wird es garantiert nicht fehlen.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2019

Veröffentlicht am 22.05.2019

Spannender Roman zuu schwerem Thema

Das Haus der Verlassenen
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Die Autorin Emily Gunnis hat sich in diesem Roman eines Themas bedient, welches in den Kreisen der katholischen Kirche auch heute noch nach Möglichkeit totgeschwiegen wird. Es geht um die Mutter-Kind-Häuser ...

Die Autorin Emily Gunnis hat sich in diesem Roman eines Themas bedient, welches in den Kreisen der katholischen Kirche auch heute noch nach Möglichkeit totgeschwiegen wird. Es geht um die Mutter-Kind-Häuser Irlands und Englands, die von den sogenannten „Barmherzigen Schwestern" betreut wurden. In diesen Heimen konnten junge, ledige Mädchen, die ein Kind erwarteten, entbinden. Sie wurden allerdings gezwungen, diese Kinder zur Adoption freizugeben und in den heimeigenen Wäschereien unter unmenschlichen Bedingungen zu arbeiten. Auch der Roman „Auf den zerbrochenen Flügeln der Freiheit" von Rebecca Michéle hat dieses schwere Thema zur Grundlage.

2017 findet die Journalisten Sam bei ihrer Großmutter einen Brief von einer Ivy. Ihre Großmutter sagt, dass der Brief in den Hinterlassenschaften des Großvaters, eines Antiquitätenhändlers, lag. Die alleinerziehende Sam ist stark beeindruckt von seinem Inhalt, in welchem Ivy ihrem Liebsten anfleht, sie aus dem Heim herauszuholen. Sam wittert aber auch eine große Story, die sie in ihrem Job und auf der Karriereleiter weiterbringen könnte. Doch je tiefer sie nachforscht, umso mehr mysteriöse Todesfälle fördert sie an die Oberfläche. Ihre Nachforschungen werden immer gefährlicher, denn ihre eigene Familiengeschichte scheint immer mehr mit dem dunklen Kloster zu tun zu haben, in dem Ivy 1956 eingesperrt war.

Gunnis hat einen feinsinnigen Plot entwickelt, der vor Gräueltaten in diesen Heimen nicht Halt macht. Das letzte dieser Heime wurde erst 1996 geschlossen. Damit wird der Roman zu einem sehr beeindruckenden und beklemmenden Roman, der es aber nicht an Spannung vermissen lässt. Man sitzt manchmal nur mit dem Buch in der Hand und mag nicht glauben, dass es sowas gegeben hat. Doch mit den Todesfällen wird aus der Geschichte noch ein Thriller par excellence. Möchte Sam anfangs nur dem Geheimnis der Briefe auf die Spur kommen, so entwickelt sie sich zu einer ausgesprochenen Ermittlerin, welche die damaligen Missstände und deren Verursacher an die Öffentlichkeit bringen möchte. Wenn man sich als Leser von den bedrückenden Geschehnissen nicht abhalten lässt, wird man in den starken Sog des Romans gezogen und wird von dessen Spannung getrieben.

Dennoch gibt es Wehrmutstropfen die nicht verschwiegen werden sollten. Diese Magdalen-Häuser hat es in dieser grausamen Auswirkung hauptsächlich in Irland gegeben. Gunnis sagt auch im Nachwort, dass sie sich in der Beschreibung der Gräueltaten auf ihre Recherchen in irischen Häusern stützt. Trotzdem hat sie ihre Handlung im britischen Sussex verortet. Obwohl es in England auch ca 200 solcher Heime gab, ist von solch extremer Gewalt ist in England nicht annähernd so viel bekannt wie aus Irland. Der Authentizität wegen hätte die Geschichte besser in Irland spielen sollen. Ein weiteres kleines Manko sind die relativ vielen Figuren aus verschiedenen Generationen. Insgesamt leben noch sieben Generationen gleichzeitig, was ein Ding der Unmöglichkeit ist. Oder was sollte es sonst bedeuten, wenn die Urgroßmutter von ihrer eigenen Großmutter zum Essen eingeladen wird. Etwas besser rechnen zu können, hätte mehr Klarheit gebracht.

Wegen der Spannung, dem Sog und dem schweren Thema, das behandelt wird, gebe ich dennoch vier Sterne. Diese Taten sollten nie vergessen werden, auch wenn die meisten bereits ungesühnt blieben.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2019