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Veröffentlicht am 15.09.2016

Taucht ein ins faszinierende Rio de Janeiro der Gegenwart und Vergangenheit!

Die sieben Schwestern
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Maia ist zwar die älteste von sechs Schwestern, lebt aber als einzige noch immer in ihrer Heimat „Atlantis“, einem Anwesen am Genfer See. Sie besucht gerade eine Freundin in London, da meldet sich ihre ...

Maia ist zwar die älteste von sechs Schwestern, lebt aber als einzige noch immer in ihrer Heimat „Atlantis“, einem Anwesen am Genfer See. Sie besucht gerade eine Freundin in London, da meldet sich ihre Ersatzmutter Marina mit der schrecklichen Nachricht bei ihr, dass ihr Adoptivvater Pa Salt plötzlich verstorben ist. Wie auch ihre Schwestern reist sie schnellstmöglich nach Atlantis, um dort seinen letzten Willen zu erfahren. Jeder Adoptivtochter hat Pa Salt Hinweise auf ihre Herkunft hinterlassen, denen sie folgen können, wenn sie dies möchten. Maia zögert kurz, folgt dann aber den Hinweisen nach Rio de Janeiro. Dort findet sie eine heruntergekommene Villa, in der man nicht mit ihr reden möchte. Doch so schnell gibt Maia nicht auf. Gemeinsam mit ihren Bekannten Floriano recherchiert sie und taucht schon bald in die 1920er Jahre und die berührende Geschichte ihrer Vorfahrin Izabela ein…

Als ich hörte, dass „Die sieben Schwestern“ der Auftakt einer Reihe ist, die sieben Bände umfassen soll, war ich zunächst skeptisch. Möchte ich so eine lange Reihe wirklich beginnen? Als ich dann aber hörte, dass sich dieser erste Band nur um eine der Schwestern dreht, siegte meine Neugier auf Lucinda Rileys neuestes Werk.

Zu Beginn der Geschichte lernt man die sechs Schwestern kennen, die aufgrund des Todes ihres Adoptivvaters nach Atlantis zurückkehren. Warum es sich entgegen des Buchtitels nur um sechs und nicht um sieben Schwestern handelt wird früh angedeutet und legt die Vermutung nahe, dass den Leser hier wohl ein bänderübergreifendes Geheimnis erwartet. Die sechs Schwestern verbringen nur eine kurze Zeit auf Atlantis, doch in dieser Zeit wird schnell klar, dass sie nicht nur aus ganz unterschiedlichen Teilen der Erde stammen, sondern auch völlig verschiedene Persönlichkeiten besitzen. Ich freute mich daher, jede einzelne von ihnen im Laufe der Reihe genauer kennenlernen zu dürfen.

Nach einigen Auftaktkapiteln verlassen die Schwestern Atlantis wieder und zurück bleibt nur Maia, auf die sich dieser erste Band fokussiert. Lucinda Riley nimmt sich zunächst Zeit, den Leser mit Maia vertraut zu machen und es nachvollziehbar zu machen, wie sie denkt und fühlt. Schnell fühlte ich mich der Protagonistin nahe und machte mich an ihrer Seite auf nach Rio de Janeiro. Hier beginnt Maia mit ihrer Recherche und findet bald spannende Dinge über ihre Familie heraus. Um den Leser auch an dieser Geschichte hautnah teilhaben zu lassen, springt die Erzählung für lange Zeit in die Vergangenheit und lässt das Rio der 1920er Jahre lebendig werden. Besonders interessant fand ich, dass der Bau der Christo-Statue eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Izabelas Geschichte konnte mich fesseln und berühren, und als ich auftauchte und mich wieder in Maias Handlungsstrang des Jahres 2007 wiederfand konnte ich kaum glauben, dass Dutzende von Seiten verflogen waren.

Auch an Maia gehen die Reise und die Ergebnisse ihrer Recherche nicht spurlos vorbei. Was sie erfährt und erlebt bringt sie dazu, ihr eigenes Leben auf Herz und Nieren zu prüfen und sich selbst zu fragen, welchen Weg sie in Zukunft einschlagen möchte. Bislang nicht hundertprozentig nachvollziehbar fand ich allerdings, warum Pa Salts Hinweise Maia ausgerechnet zu der über achtzig Jahre alten Geschichte von Izabela und nicht zu der eines anderen Familienmitglieds führen. War er der Überzeugung, dass Maia aus dieser Geschichte am meisten für sich selbst mitnehmen kann? Ich hatte vor allem den Eindruck, dass Maias Sprung ins Ungewisse und die Tatsache, dass sie in diversen Situationen ihre Angst überwinden musste, sie am meisten voran gebracht haben. Es machte Spaß, die große Entwicklung, die sich im Laufe des Buches durchmacht, zu verfolgen.

Auch wenn Maias Recherchen am Ende des Buches abgeschlossen sind, ist ihre Geschichte noch nicht ganz vorbei, und die ihrer Schwestern erst recht nicht. Anfangs skeptisch freue ich mich jetzt sehr, Maia noch nicht ganz loslassen zu müssen, denn sie wird hoffentlich in den Folgebänden weiterhin eine Nebenrolle spielen. Die letzten Seiten machten zudem große Lust darauf, als nächstes in Allys Leben einzutauchen.

„Die sieben Schwestern“ ist ein berührender Reihenauftakt, dessen interessante Grundidee gelungen umgesetzt wurde. Die zurückhaltende Maia muss bei der Suche nach ihrer Vergangenheit endlich lernen, ihre Ängste zu überwinden. Dabei taucht sie ein in die Geschichte ihrer Vorfahrin Izabela, die sich zwischen Liebe und Familie, zwischen Loyalität und Leidenschaft entscheiden muss. Auch wenn die übergreifenden Geheimnisse in diesem Auftaktband noch gänzlich unangetastet blieben und ich kleine Kritikpunkte hatte, hat mich die Geschichte insgesamt so sehr fesseln können, dass ich fünf Sterne vergebe. Wer Familiensagen mag, wird in diesem Frühjahr nicht an „Die sieben Schwestern“ vorbeikommen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Pikays Lebensweg vom Dschungel Indiens bis nach Schweden

Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr...
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Als Pikay als kastenloses Kind im Dschungel Indiens geboren wird, scheint ein Regenbogen über seinem Dorf, und ihm wird prophezeit, dass er als Erwachsener mit Farben arbeitet wird. Außerdem würde er sich ...

Als Pikay als kastenloses Kind im Dschungel Indiens geboren wird, scheint ein Regenbogen über seinem Dorf, und ihm wird prophezeit, dass er als Erwachsener mit Farben arbeitet wird. Außerdem würde er sich mit einem Mädchen verheiraten, dass nicht aus dem eigenen Land kommt. Die Prophezeiung wird sich einmal als erstaunlich zutreffend beweisen, doch zu seiner Geburt ahnte wohl noch keiner, was Pikay auf dem Weg dorthin erlebt. In der Schule wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt verliert er doch nie seinen Durchhaltewillen. Schließlich schafft er es als Künstler nach Neu-Delhi. Doch auch hier erwartet ihn ein Leben der Extreme zwischen Anerkennung und Armut. Dieses wird völlig auf den Kopf gestellt, als er eines Tages der Schwedin Lotta begegnet. Um mit ihr zusammen zu sein, begibt er sich auf eine waghalsige Reise.

Der Titel des Buches legt nahe, dass sich zwischen den Buchdeckeln eine Liebesgeschichte mit einem langen Reisebericht verbirgt. Das ist nicht ganz falsch, jedoch erwartet den Leser noch sehr viel mehr. In diesem Buch wird die Lebensgeschichte Pikays erzählt, und deshalb beginnt die Geschichte auch mit dem Tag seiner Geburt im Dschungel Indiens.

Wenn ich an Indien denke, habe ich zunächst Bilder von Millionenstädten im Kopf. In den Dschungel Indiens einzutauchen war daher eine interessante Erfahrung, die mich das Land von einer neuen Seite hat kennen lernen lassen. Die Atmosphäre wurde vom Autor gut eingefangen. Weitab von den Millionenstädten wird dem Leser durch diverse Erlebnisse Pikays schnell ins Bewusstsein gerufen, dass hier das Kastensystem noch tief im Denken verwurzelt ist. Pikay wird als „Unberührbarer“ daher ständig als Mensch zweiter Klasse behandelt, was für ihn alles andere als einfach ist. Beeindruckend fand ich es, wie er sich trotz allen Schikanen nicht unterkriegen lässt.

Pikays außergewöhnliche künstlerische Begabung ist sicherlich nicht ganz unschuldig an dem Weg, den er einschlagen kann. Ohne diese hätte er es vermutlich nie bis nach Neu-Delhi geschafft, wo ihn eine gänzlich andere Welt erwartet. Die Millionenstadt steht in absolutem Kontrast zum Leben im Dschungel, und Pikays Status als „Unberührbarer“ interessiert hier nur eine Minderheit. Doch das schafft noch lange nicht alle Probleme aus der Welt. Der Leser begleitet Pikay bei einem Leben der Hochs und Tiefs, denn trotz der Aufmerksamkeit, die er sogar von hochrangigen Persönlichkeiten erhält, hat er immer wieder mit Armut und Obdachlosigkeit zu kämpfen. Auch emotional durchlebt Pikay daher Höhen und Tiefen und berichtet offen davon, mehrfach sogar kurz vor dem Selbstmord gestanden zu haben. Als sein Leben sich endlich auf einem stetigen Weg nach oben befindet, wirbelt sein Aufeinandertreffen mit Lotta alles einmal mehr durcheinander.

Das Buch ist vom Autor Per J. Andersson geschrieben und daher aus der dritten Perspektive verfasst. Dadurch hatte ich nicht das Gefühl, hautnah an Pikays Leben teilzuhaben. Dem Autor ist es aber gelungen, Pikay eine Stimme zu geben und mir den Eindruck zu vermitteln, als würde Pikay selbst mir seine Lebensgeschichte erzählen. In kurzen Zwischenkapiteln lernt man auch Lotta vor ihrer Begegnung mit Pikay kennen und es wird berichtet, wie sich ihre Faszination für das Land Indien entwickelt hat.

Die lang erwartete Fahrradtour nimmt schließlich das letzte Buchdrittel ein. Hier ist der Titel des Buches ein wenig irreführend, denn Pikay legt weite Strecken mit dem Fahrzeug zurück, nutzt aber auch Flugzeug, Bus und Bahn. Nichtsdestotrotz hat mich der Bericht über seine Reise beeindruckt, denn er hat auf dem Weg viel erlebt. Besonders interessant fand ich es, dass der Fokus nicht nur auf den Strapazen der Reise lag, sondern auch über die deutlichen Unterschiede in der Gastfreundlichkeit der Länder, durch die er reist. Nach Pikays Ankunft in Schweden wird seine Geschichte zügig zu Ende erzählt und konzentriert sich vor allem auf seine Gewöhnung an das fremde Land, während man zum Beispiel nur durch die Fotos am Ende des Buches erfährt, dass Pikay und Lotta in Schweden geheiratet haben.

„Vom Inder, der mit dem Fahrrad nach Schweden fuhr, um dort seine große Liebe wiederzufinden“ erzählt die ungewöhnliche Lebensgeschichte des Inders Pikay. Als „Unberührbarer“ im indischen Dschungel aufgewachsen, lässt er sich trotz Schikanen nicht unterkriegen und schafft es als Künstler bis nach Neu-Delhi, wo die Begegnung mit der Schwedin Lotta ihn zu einer einzigartigen Reise bewegt. Mich hat Pikays Lebensweg beeindruckt und mir interessante Einblicke in das Leben in Indien geboten, sodass ich es sehr gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine ganz besondere Reise in die Vergangenheit

Ewig und eins
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Nach sieben Jahren kehrt Ella zum Klassentreffen in ihre Heimatstadt Stuttgart zurück. Richtig wohl fühlt sie sich dabei nicht, denn sie weiß, dass auch Ben mit einer Begleitung da sein wird. Ben, mit ...

Nach sieben Jahren kehrt Ella zum Klassentreffen in ihre Heimatstadt Stuttgart zurück. Richtig wohl fühlt sie sich dabei nicht, denn sie weiß, dass auch Ben mit einer Begleitung da sein wird. Ben, mit dem sie sieben Jahre zuvor am Flughafen in New York zuletzt geredet hat, als sie sich für ihren Traum vom Tanzen und gegen ihn entschieden hat – das Ende des Dreiergespanns Ella, Ben und Jasper und einer Freundschaft, die doch ewig sein sollte. Ella ahnt nicht, dass dieser Abend ganz anders verlaufen wird als geplant. Auf der Reise in die Vergangenheit kommen bald schon alte und neue Gefühle ins Spiel…

Der Protagonistin Ella begegnet der Leser zum ersten Mal in Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn nach Stuttgart, der Mitfahrzentrale sei Dank. Mit ihrer Fahrerin Kerstin unterhält sie sich über das Klassentreffen, dass sie in Stuttgart erwartet. Schnell wird klar, warum Ella der Veranstaltung eher kritisch gegenübersteht. Mit großen Träumen hat sie Stuttgart damals in Richtung New York verlassen, jetzt ist sie Touristenführerin in Hamburg. Nicht gerade das, was man den ehemaligen Mitschülern unbedingt erzählen will. Viel größer aber sind ihre Zweifel angesichts der anstehenden Begegnung mit ihrem Ex-Freund Ben. Wie wird das erste Gespräch nach sieben Jahren Funkstille verlaufen?


In Ellas Lage habe ich mich schnell hineinversetzen können. Gemeinsam mit ihr und einer Wagenladung voller Zweifel und Fragen, die ich sehr gut nachvollziehen konnte, erreichte ich schließlich das Ziel: Das Klassentreffen. Obwohl erst wenige Seiten vergangen waren fieberte ich bereits mit Ella mit, wie sie sich wohl schlagen wird. Der Anfang läuft ganz wie befürchtet: Die Ziege von damals checkt Ella, das ehemalige Sternchen mit den geplatzen Träumen ab, um Stoff zum Lästern zu sammeln. Doch dann wendet sich das Blatt.

Was folgt, ist ein unvergesslicher Abend mit einer Reise in die Vergangenheit. Denn nicht nur Ben ist da, er hat sogar Jasper mitgebracht. Nach sieben Jahren Funkstille sind die drei wieder vereint. Auf Jaspers Initiative hin kehren die drei zu den Orten zurück, an die sie gemeinsame Erinnerungen teilen. Die Stimmung ist ausgelassen, doch sieben Jahre lang aufgehobene Worte und Gefühle drängen sich allmählich an die Oberfläche, und so wird das Buch mit jeder Seite emotionaler. Die Reise der drei hat mich völlig in ihren Bann gezogen, sodass ich gar nicht mehr aufhören wollte zu lesen. Gemeinsam mit Ella, Ben und Jasper habe ich mich in die Erinnerung fallen lassen.

Das Buch spielt fast komplett an einem einzigen Abend, und obwohl so viele Seiten einen so kurzen Zeitraum umfassen hat das Buch seinen Sog nie verloren. Während die drei von einem Ort zum nächsten ziehen, brannte ich immer mehr darauf, dass die drei endlich Klartext miteinander reden. Doch wer ist mutig genug für die Wahrheit? Für mich war die Geschichte eine rundum gelungene Sache, von der ersten bis zur letzten Seite.

In „Ewig und eins“ trifft Ella nach sieben Jahren Funkstille auf Ben und Jasper, deren Freundschaft doch eigentlich für die Ewigkeit gedacht war. Die Reise zu den Orten ihrer Vergangenheit wird für die drei in vielerlei Hinsicht zu einem unvergesslichen Erlebnis. Das Buch ist witzig und charmant, schlägt aber auch melancholische Töne an und ist voller Emotionen. Für mich ein absolutes Highlight, weshalb ich jedem nur empfehlen kann: Lest dieses Buch!

Veröffentlicht am 15.09.2016

EIn spannendes psychologisches Kräftemessen

Tiefer Fall
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Gemeinsam mit Sherlock Holmes ist es der Bakteriologin Anna Kronberg gelungen, eine ganze Bande von verbrecherischen Medizinern auszuheben, die tödliche Bakterien an Armenhäuslern getestet haben. Der Kopf ...

Gemeinsam mit Sherlock Holmes ist es der Bakteriologin Anna Kronberg gelungen, eine ganze Bande von verbrecherischen Medizinern auszuheben, die tödliche Bakterien an Armenhäuslern getestet haben. Der Kopf hinter der Organisation, Professor James Moriarty, reagiert auf diesen Erfolg mit seiner ganz eigenen Form der Rache. Er findet Anna in ihrem Versteck und entführt sie in sein eigenes Haus in London. Mit ihrem Vater als Druckmittel zwingt er sie, mit der Entwicklung eines biologischen Kampfstoffes zu beginnen. Anna befindet sich in einem Dilemma, aus dem nur ein Weg herausführt: Sie muss Moriartys Vertrauen gewinnen. Doch wie sie selbst ist er Meister auf dem Gebiet der Manipulation…

Das Buch ist von der ersten Seite an hochspannend, denn Anna erwacht mit einer Pistole an der Schläfe. Sie wird von James Moriarty und einem seiner Handlanger entführt, um für ihn einen biologischen Kampfstoff zu entwickeln. Mit Hochdruck analysiert Anna, wie ausweglos ihre Situation wirklich ist, und als Leser kommt man nicht umhin, gemeinsam mit ihr nach Schlupflöchern in Moriartys perfidem Plan zu suchen. Doch allmählich wird klar, dass sich dieser gleich mehrfach abgesichert hat.

Bleibt Anna eine Möglichkeit, sich auch nur im Geringsten gegen Moriartys Anweisungen und Vorstellungen zu werden? Während die Tage in Gefangenschaft unaufhörlich voranschreiten und Anna zwingen, die gefährlichen Forschungen voranzutreiben, stellte ich mir diese Frage immer wieder und sollte bald Antworten bekommen. Anna wird bei ihren Versuchen, sich trotz ihrer Gefangenschaft möglichst viele Freiheiten zu erkämpfen, höchst kreativ. Moriarty und Anna verhalten sich wie Katz und Maus in ihrem Bestreben, einander zu manipulieren, was zu interessanten Wortgefechten führt. Aber wie weit ist Anna wirklich bereit zu gehen, um ihr Ziel zu erreichen?

In diesem zweiten Teil stehen psychologische Aspekte klar im Vordergrund der Handlung. Anna muss sich in ihrer Gefangenschaft arrangieren, darf in ihrer verzwickten Beziehung zu Moriarty keinen Fehler begehen und befindet sich durch ihre Forschungen in einem Dilemma. Einen zu klärenden Kriminalfall, den ich erwartet habe, gibt es hingegen nicht. Auch Sherlock Holmes tritt nur vereinzelt auf. Ich würde mich freuen, wenn er im nächsten Teil wieder stärker eingebunden wird.

Annas Forschungen auf dem Gebiet der biologischen Kampfstoffe werden für Laien verständlich erklärt. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen wird man in ihre Überlegungen mit einbezogen und lernt zu begreifen, wie gefährlich ihr Tun ist. Dieses Buch ließ mich in menschliche Abgründe blicken. Anna balanciert auf einem schmalen Grat zwischen notwendigem und verwerflichen Tun, während man sich bei Moriarty fragt, wie viel Mensch und wie viel Monster in ihm steckt. Zum Ende hin steigt die Dramatik der Situation noch einmal stark an. Das Buch endet in einem ruhigen Moment, der wie die Ruhe vor dem Sturm wirkt und mir schon jetzt große Lust auf den dritten Band, „Die lange Reise“ macht, der im Oktober 2015 erscheint.

In „Tiefer Fall“ erwartet den Leser ein psychologisches Duell zwischen der Bakteriologin Anna Kronberg und ihrem Entführer James Moriarty. Während Anna Schlupflöcher aus ihrer scheinbar ausweglosen Situation sucht, haben mich ihre Forschungen mit gefährlichen Bakterien gleichzeitig fasziniert und erschreckt. Die Geschichte wird in ruhigem Tempo erzählt und hat bei mir vor allem durch die bedrohliche Atmosphäre einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Begebt euch in die Höhle des Löwen – ein spannendes psychologisches Kräftemessen erwartet euch!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Berührende Geschichte voller emotionaler Höhen und Tiefen

Ein Bild von dir
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St. Péronne, 1916: Die Künstlergattin Sophie hat sich im zweiten Weltkrieg aus Paris in ihr Heimatdorf und das Hotel ihrer Familie zurückgezogen. Doch das Dorf steht inzwischen unter deutscher Besatzung. ...

St. Péronne, 1916: Die Künstlergattin Sophie hat sich im zweiten Weltkrieg aus Paris in ihr Heimatdorf und das Hotel ihrer Familie zurückgezogen. Doch das Dorf steht inzwischen unter deutscher Besatzung. Während ihr Mann Édouard im Krieg ist, muss sich Sophie mit Bruder, Schwester, Nichte und Neffe durchschlagen und gegen den Hunger kämpfen. Als ein neuer Kommandant in den Ort kommt und beschließt, dass im Hotel ab sofort für die deutsche Besatzung gekocht werden soll, bringt das Sophie in eine heikle Lage.

Sophie kann nicht ahnen, dass ausgerechnet ein Porträt von ihr neunzig Jahre später einer anderen Frau alles bedeuten wird. Liv erhielt das Porträt von ihrem Mann David, der nun schon seit vier Jahren tot ist. Doch nun soll es ihr weggenommen werden, da es sich angeblich um Raubkunst handelt. Trotz ihrer hohen Schulden beschließt Liv, um das Bild zu kämpfen.

Im ersten Teil des Buches dreht sich alles um die mir schon aus der Vorgeschichte bekannte Sophie. Ihr Leben hat sich inzwischen völlig verändert, denn sie befindet sich in einem von den Deutschen besetzten Dorf. Schnell konnte ich mich in ihre schwierige Lage hineinversetzen, bangte um Édouard und die Sicherheit der Familie.

Sophie ist mir dabei unglaublich schnell ans Herz gewachsen, weshalb ich mich kaum von der Erzählung ihres Schicksals lösen konnte. Welche Konsequenzen hat es für sie, dass sie nun für die deutschen Besatzer kochen muss? Was für ein Mensch ist der neue Kommandant wirklich? Die Situation ist höchst angespannt, jeder Fehltritt könnte schwerwiegende Folgen haben. Doch Sophie lässt sich nicht unterkriegen, wofür ich sie sehr bewundert habe. Die Faszination des Kommandanten für ein Porträt, das ihr Mann von ihr angefertigt hat, lässt sie schließlich alles so wagemutig auf eine Karte setzen, dass ich mich um sie fürchten musste.

Nach 184 Seiten endet Sophies Geschichte für den Moment mit einem fiesen Cliffhanger. Das Buch springt ins Jahr 2006 zu Liv. Wie Sophie hat auch diese ihren Mann verloren – allerdings ohne Hoffnung auf Rückkehr, denn er ist verstorben. Seitdem hat sie ihr Leben nur noch mäßig im Griff, vor allem die stetig steigenden Schulden werden allmählich zum Problem. Umso mehr konnte ich verstehen, wie sehr ihr Herz an dem Porträt hängt, dass ihr Mann ihr geschenkt hat. Sophies Abbildung ist eine der wenigen Quellen, die ihr Kraft geben. Auch ihr fühlte ich mich in Windeseile nahe.

Liv lernt bald einen Mann kennen, der genau der Richtige für einen Neuanfang zu sein scheint. Leider müssen die beiden schnell feststellen, dass ein riesiges Hindernis eine Beziehung undenkbar macht. Die Geschichte bietet romantische Szenen ebenso wie dramatische, denn der Vorwurf, dass es sich bei Livs geliebtem Bild um Raubkunst handelt, wirft bald ungeahnte Wellen. Ich konnte Livs Entscheidung, um das Bild zu kämpfen, sehr gut nachvollziehen. Gemeinsam mit Liv macht man sich daran, mehr Informationen zur Rechtslage in solchen Fällen zu sammeln, wodurch ich einen guten Überblick über das Thema erhielt. Die ganze Situation war so spannend und dramatisch, dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte. Livs Geschichte wird schließlich immer wieder von kurzen Rückblenden zu Sophie unterbrochen, sodass man auch erfährt, wie es für sie weiterging. Beide Schicksale konnten mich sehr berühren und am Ende hatte ich einen dicken Kloß im Hals.

„Ein Bild von dir“ ist ein ganz großartiges Buch, das mich gefesselt und bis zur letzten Seite nicht mehr losgelassen hat. Der Autorin ist es gelungen, mich den Protagonistinnen ganz nahe fühlen zu lassen. Gemeinsam mit ihnen bin ich durch Höhen und Tiefen gegangen, wobei die Hoffnung nie ganz verloren ging. Dieses Buch ist voller Emotion und Gefühl, es hat mich nicht mehr losgelassen. Lest es, unbedingt!