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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.08.2019

Neue Freiheiten anno 1918

Amalientöchter
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„...Klara seufzte, warum waren Männer bloß so schrecklich kompliziert? Warum durfte man als Frau nicht einfach direkt fragen, Du, was ist das zwischen uns denn jetzt?...“

Wir befinden uns in Weimar anno ...

„...Klara seufzte, warum waren Männer bloß so schrecklich kompliziert? Warum durfte man als Frau nicht einfach direkt fragen, Du, was ist das zwischen uns denn jetzt?...“

Wir befinden uns in Weimar anno 1918. Die 19jährige Klara wartet auf eine Nachricht ihres Verlobten Fritz. Der arbeitet als Arzt in einem Lazarett und sollte eigentlich zurück in Weimar sein. Bald fährt er allerdings wieder nach Berlin. Klara setzt durch, dass sie ihn dorthin folgen darf.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen und gut recherchierten historischen Roman geschrieben. Er spielt in der Zeit des Umbruchs vom Kaiserreich zur Demokratie. Nach dem Einstieg in Weimar wechselt die Handlung nach Berlin, um im dritten Kapitel nach Weimar zurückzukehren.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Es wird von Anfang an ein latente Spannung aufgebaut. Im eher konservativen Weimar wird von Klara erwartet, das sie sich nach den Normen einer sogenannten höheren Tochter verhält. Nicht immer fällt das Klara leicht.

„...Frauen dürfen Männer niemals Vorhaltungen machen, das steht ihnen erstens nicht zu, und zweitens mögen Männer es nicht, auf etwaige Verfehlungen hingewiesen zu werden...“

Glücklicherweise kann Fritz mit Klaras offener Art umgehen. Er nimmt es mit Humor.
Sehr anschaulich werden die Örtlichkeiten in Weimar beschrieben, wenn ich als Leser Klara auf ihren Wegen durch die Stadt begleite.

„...Sie entschied, den langen, schönen Weg durch den Ilmpark zu nehmen, vorbei an der künstlichen Ruine und der Shakespeare-Statue...“

In Berlin trifft Klara bei Fritz` Onkel auf ein viel aufgeschlossenere Gesellschaft. Sie passt sich schnell an. Alles scheint möglich. Nach dem Wahlrecht hoffen die Frauen auf weitere Chancen.
Doch die Situation ist gefährlich. Es gibt nicht nur friedliche Demonstranten. Die Gewalt auf der Straße nimmt von Seiten verschiedener politischen Strömungen zu. In gut ausgearbeiteten Gesprächen wird zum Beispiel die Einstellung zu Rosa Luxemburg deutlich. Klara bewundert die Frau, während anderer ihr jegliches politisches Verständnis absprechen. Das klingt dann so:

„...Was diese Luxemburg sich überhaupt einbildet! […] Frauen verstehe nichts von Politik. Sie sind doch viel zu emotional! Sie können einfach nicht logisch denken...“

Nach einem einschneidenden Erlebnis kehrt Fritz kurz entschlossen nach Weimar zurück. Dort wird sich am Rande der politischen Umwälzungen auch die Zukunft von Klara und ihm entscheiden. Sehr ausführlich werden Klaras innere Zerrissenheit und ihre Kämpfe um den richtigen Weg dargestellt.
Währenddessen hat sich die Weimarer Bevölkerung um die Abgeordneten der Nationalversammlung und das zu ihrem Schutz mitgeschickte Militär zu kümmern. An der einen oder anderen Tagung lässt mich die Autorin teilnehmen. Hart prallen dort die Meinungen aufeinander, als es um die Verfassung der Weimarer Republik geht. Geschluckt habe ich allerdings, als einer der Abgeordneten, der gerade die Seite gewechselt hat, zu Klara sagt.

„...Links hat ausgedient. Die Zukunft gehört den Rechten...“

In einem ausführlichen Nachwort trennt die Autorin Realität und Fiktion.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Eingebettet in sehr persönliche Schicksale wird gezeigt, was der ersten demokratischen Verfassung voraus ging.

Veröffentlicht am 24.08.2019

Nun Schlossbesitzerin

Waldstettener G`schichten
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„...Freu dich nicht zu früh. Du erbst einen alten Kasten, der eine Menge Geld verschlingt. Ob der Besitz dich glücklich machen wird, weiß ich nicht – es hängt von dir ab...“

Gloria hat Kunstgeschichte ...

„...Freu dich nicht zu früh. Du erbst einen alten Kasten, der eine Menge Geld verschlingt. Ob der Besitz dich glücklich machen wird, weiß ich nicht – es hängt von dir ab...“

Gloria hat Kunstgeschichte studiert. Sie sucht seit längerem einen Job. Ihre vorhergehende Stelle war befristet. Da wird sie von der Nachricht überrascht, dass sie Tante Adelheids Schloss erbt. Die Tante hat sie allerdings nicht im Unklaren darüber gelassen, was sie erwartet. Obiges Zitat stammt aus deren Abschiedsbrief.
Gloria reist mit Daniel, ihren Freund, ins Waldviertel. Beim ersten Anblick stellen sie fest.
„...Imposant, ein bisserl verwittert, aber die Lage sicher idyllisch...“

Gloria spielt mit den Gedanken, das Schloss zu behalten. Das Für und Wider wird gut dargestellt. Auch ihre Freunde sind nicht einer Meinung. Gloria hofft, im Schloss Informationen über ihre Ahnen zu finden. Der Kontakt zu Tante Adelheid war lange Jahre abgebrochen.
Ludwig, der Bürgermeister, lässt sie erst einmal auflaufen. Ohne ordentliche Papiere geht gar nichts. Da er aber auch eine Baufirma hat, wird er mit der Zeit zugänglicher.
Natürlich blüht auch der Dorfklatsch. Von allem und jeden werden die neuen Besitzer skeptisch beäugt.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Das beginnt schon damit, das die Personen ausreichend charakterisiert werden. Gloria hat eine schwierige Kindheit hinter sich. Erst als sie zu Tante Emma und Onkel Konrad gekommen ist, stellt sich ein Gefühl von Heimat ein.
Mittlerweile ist Konrad Witwer. Er ist der ruhende Pol in der Geschichte, der immer mit Rat und Tat da ist, wenn Hilfe gebraucht wird. Wenn es bei Gloria finanziell eng wird, greift er ihr hilfreich unter die Arme. Doch seine Fabrik läuft nicht mehr gut. Er verkauft sie und muss nun anders rechnen.
Der neue Wohnort bietet einen weiteren Anreiz. Die Gegend wurde als Modellregion für das bedingungslose Grundeinkommen ausgewählt. Wer bis zu einem bestimmten Stichtag seinen Wohnung hierher verlegt, bekommt jeden Monat das Geld.
Sehr kontrovers wird das Thema diskutiert. Daniel findet es positiv. Ihm würde es für ein Jahr sehr entgegenkommen. Er ist Lehrer, und er möchte Lehrbücher überarbeiten. Onkel Konrad ist skeptisch. Das klingt so:

„...Ich glaube nämlich auch, dass von dem Schwachsinn die Falschen Profitieren werden, die Initiativen und Gesellschaftstüchtigen, die anderen werden unter die Räder kommen...“

Die ersten negativen Folgen spürt Gloria, als sie sich auf der Suche nach einer Putzfrau macht.
Die Geschichte ist durchsetzt von feinen Humor. Natürlich kommt es auch zu Missverständnissen und Eifersüchteleien, bevor Gloria und Daniel ihren Platz im Ort gefunden haben. Gleichzeitig erfahre ich als Leser eine Menge über die Befindlichkeiten im Ort. Jeder hat seine eigene Geschichte, die Einfluss auf sein Denken und Handeln hat. Auch in Glorias Freundeskreis gibt es einige Baustellen, die zu klären sind.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es verbindet einen Neubeginn mit gesellschaftlich relevanten Themen.

Veröffentlicht am 24.08.2019

Beeindruckend

Mein Versprechen
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„...Wenn Gott einen wie mich gebrauchen kann, dann zeigt das nur, dass er völlig andere Maßstäbe hat. Er kann auf krummen Zeilen eines Lebens eine gerade Geschichte schreiben...“

Roy Gerber ist ein gut ...

„...Wenn Gott einen wie mich gebrauchen kann, dann zeigt das nur, dass er völlig andere Maßstäbe hat. Er kann auf krummen Zeilen eines Lebens eine gerade Geschichte schreiben...“

Roy Gerber ist ein gut verdienender Unternehmer, als er an einem Ferienlager für traumatisierte Kinder teilnimmt. Er war eingeladen worden, weil sein Hund Ziba als Therapiehund ausgebildet war. Dort trifft er auf Faith, ein kleines Mädchen. Sie nimmt ihm ein Versprechen ab.

Im Buch erzählt der Autor seine ungewöhnliche Lebensgeschichte. Sie liest sich spannend, gerade auch, weil sich der Autor authentisch und ehrlich mit den Brüchen in seinem Leben auseinandersetzt.

Geboren wurde er in der Schweiz. Sein Großvater war ein erfolgreicher Unternehmer. Dessen Tod verändert das Leben des Jungen gründlich. Ihm fehlt der Mensch, der ihn ermuntert, aufgebaut und gefördert hat. Das aber begreift er erst später.

In seinem Ringen um Anerkennung wächst sein Ehrgeiz. Erfolg wird zu einer Ersatzdroge, einer von vielen. Von seiner Firma nach Amerika geschickt, macht er sich dort später selbstständig. Er gründet drei erfolgreiche Firmen. Er schätzt die damalige Situation so ein:


„...Mit Vollgas bretterte ich die Überholspur des Lebens entlang. Das Gaspedal durchgedrückt, das Lederlenkrad fest in der Hand...“


Zurück aus dem Ferienlager setzt sich der Autor mit dem Thema sexueller Missbrauch von Kindern auseinander. Sein soziales Engagement und seine beruflichen Anforderungen lassen sich immer schlechter miteinander vereinbaren. Außerdem hat er zurück zu einem lebendigen Glauben gefunden. Der war zwischenzeitlich durch sein Leben im Hamsterrad nicht mehr präsent. Auch seine privaten Beziehungen litten darunter. Er erkennt:


„...Mehr, als Worte zu sagen mögen, sagen wir mit dem, was wir tun...“


Er entschließt sich, seine Firmen abzugeben und Theologie zu studieren. Er ahnt nicht, dass das seinen finanziellen Ruin bedeutet.

Danach arbeitet er als Seelsorger für Obdachlose, Drogensüchtige und traumatisierte Kinder. Auch in dieser Funktion bringt er sich voll ein. Er glaubt, seine Berufung in Amerika gefunden zu haben.

Dann aber ereilt ihn der Ruf zurück in die Schweiz. Glaubwürdig schildert er, wie er im Gebet um den richtigen Weg gerungen hat.

Die letzten Kapitel des Buches widmet er vor allem seinen Erfahrungen mit sexuell missbrauchten Kindern. Hier beschreibt er nicht nur, welche neue Wege er in der Schweiz gegangen ist. Er geht auch darauf ein, welche Voraussetzungen es für diese Arbeit braucht. Wichtig finde ich dabei eine Feststellung, dass der gute Wille allein nicht genügt, sondern dass man sich entsprechendes Fachwissen aneignen muss.

Kritisch setzt er sich mit den Mythen zum Thema sexueller Missbrauch auseinander. Gleichzeitig zeigt er an konkreten Beispielen, wie durch feinfühlige Gespräche Kinder plötzlich über ihre sorgen und ihren Kummer reden. Wenn der Autor anmerkt, dass heute in vielen Familien viel zu wenig miteinander gesprochen wird, dann ist das leider Realität.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es bringt mir ein außergewöhnliches Lebensbild dar und entlässt mich mit einer Reihe von Themen zum Nachdenken.

Veröffentlicht am 23.08.2019

Ein harter Weg zur Wahrheit

Hurentochter - Die Distel von Glasgow
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„...Du bist wie eine Perle. Eine Rose im finsteren Wald. Aber Rosen muss man hegen und pflegen. Es wäre eine Schande, sie einfach auszureißen...“

Wir schreiben das Jahr 1859. Margery und Higgins, ihr ...

„...Du bist wie eine Perle. Eine Rose im finsteren Wald. Aber Rosen muss man hegen und pflegen. Es wäre eine Schande, sie einfach auszureißen...“

Wir schreiben das Jahr 1859. Margery und Higgins, ihr Gönner, sind in Glasgow unterwegs. Plötzlich entdecken sie eine verletzte junge Frau. Margery nimmt sie mit. Sie leitet ein Bordell. Dort ruft sie den Henker, der die junge Frau behandelt. Dafür gibt diese ihm das einzige, was sie hat – eine Kette.
Die Fremde weiß nicht, wie sie heißt und woher sie kommt. Sie ist allerdings schwanger.
Dann sind einige Jahre vergangen. Die Fremde nennt sich Ines. Ihre Tochter Emiliy lebt im Bordell, arbeitet aber nicht als Hure. Als Margery stirbt und das Bordell in fremde Hände kommt, soll sich das ändern. Die neue Besitzerin erwartet, dass Emily ebenfalls ihren Körper verkauft. Deshalb will Ines mit ihrer Freundin Christine und Emily sowie Liam, einen jungen Mann, der mit Emily im Bordell aufgewachsen ist, ein neues Leben beginnen. Doch in der Nacht vor der Flucht kommt es zu einem Brand. Ines stirbt.
Die Autorin hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen.
Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Sehr gut werden die Verhältnisse im Bordell wiedergegeben. Dabei ist zu beachten, dass Margery ihr Geschäft mit leichter Hand regiert hat. Ihr war es wichtig, dass sich die Frauen wohlfühlen und nichts tun, was sie nicht selbst wollen. Nicht jeder hatte zutritt. Nur deshalb kann eine der Bewohnerinnen zu Emily sagen:

„...Du brauchst nicht heiraten, hast trotzdem immer einen Mann um dich und gutes Geld gibt es obendrauf...“

Bei der neuen Besitzerin sitzt dann die Hand mit der Peitsche sehr locker. Auch das Klientel hat sich zum Negativen verändert. Plötzlich fällt dieser Satz:

„...Ein Herr, der seine Hunde mit Schlägen abrichtet, muss sich nicht wundern, wenn er gebissen wird...“

Von einem Tag auf den anderen sind Liam und Emily auf sich allein gestellt. Sie waren zur Zeit des Brandes nicht im Haus. Es ist nicht einfach, sich ein neues Leben aufzubauen. Das Auf und Ab darf ich als Leser hautnah miterleben. Emily möchte außerdem, dass derjenige bestraft wird, der für den Tod der Mutter verantwortlich ist. Dabei ahnt sie, dass sie selbst in Lebensgefahr ist.
Durch bestimmte Umstände fällt ihr die Kette ihrer Mutter in die Hände. Dadurch erfährt sie von ihrer Herkunft.
Neben spannenden Abschnitten gibt es sehr romantische Szenen. Liebe, Eifersucht, Zuneigung und Trennung spielen eine nicht unwesentliche Rolle. Wie gekonnt die Autorin das Spiel mit Metaphern beherrscht, beweist das Eingangszitat. Es ist eine Liebeserklärung an Emily. Sie selbst allerdings sieht sich so:

„...Sie waren Disteln. Widerstandsfähige, unabhängige und trotzige Disteln...“

Gut integriert in die Handlung werden die gesellschaftlichen Verhältnisse, vor allem in den Highlands. Die Niederlage gegen England hatte für die Bewohner bittere Folgen.
Emily und Liam reifen mit jeder Niederlage. Sie stehen wieder auf und werden stärker. Immer wieder finden sie Menschen, die ihnen ein Stück auf ihrem Lebensweg weiterhelfen. Beide erkennen nach und nach, was ihnen wirklich wichtig ist.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeugt von guter Ortskenntnis der Autorin und exakter historischer Recherche. Mit einem Zitat möchte ich meine Rezension beenden.

„...Gräber werden wieder ausgehoben, Gedenktafeln verwittern, Monumente zerbröckeln. Doch wer einmal einen Platz im Herzen seiner Liebsten findet, der bleibt dort für immer...“

Veröffentlicht am 22.08.2019

Eine Frau allein gegen die Mafia

Die Geschichte der Sina Brodersen / Nur eine Petitesse
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„...Als ihr Anwalt allerdings zaghaft andeutete, dass Geld Macht bedeutete und geschickt angewandt Wunder bewirken könne, erkannte sie ihre Chance...“

Sina ist seit dem Tod ihres Geliebten in Schwermut ...

„...Als ihr Anwalt allerdings zaghaft andeutete, dass Geld Macht bedeutete und geschickt angewandt Wunder bewirken könne, erkannte sie ihre Chance...“

Sina ist seit dem Tod ihres Geliebten in Schwermut versunken. Selbst das Erbe will sie ausschlagen. Dann aber fällt das obige Zitat und Sina sieht plötzlich die Möglichkeit, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen. Die Justiz hat den Fall zu den Akten gelegt.
Sie reist ins Engadin und mietet sich in St. Moritz in einem mondänen Hotel ein. Teure Kleider und ein teures Auto kennzeichnen ihr neues Image. Ihr Ziel ist es, den Baron zur Rede zu stellen. Dafür braucht sie Zugang zu seinen Mafiakreisen.
Die Autorin hat einen fesselnden Thriller geschrieben. Es ist der zweite Teil mit Sina. Empfehlenswert ist es, mit dem ersten Teil zu beginnen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er ist abwechslungsreich und passt sich jeweils dem aktuellen Geschehen an.
Die Autorin hat ein paar interessante Charaktere kreiert. Da wäre zum einen Eddi, der von der Hand in den Mund lebt und im Casino gutgläubigen Frauen weiß macht, er hätte eine geniale Gewinnstrategie. Sina aber durchschaut ihn. Sie beobachtet, dass er ganz andere Ziele verfolgt.
Als Chauffeur engagiert Sina Maurice. Warum aber trägt der einen wertvollen Siegelring?
Schon die Charakterisierung der Personen ist vom Schriftstil her gesehen etwas Besonderes. Für Maurice klingt das so:

„...Kurzum, er wirkte wie ein Edelweiß, das die Bergziegen fürchtete. Fest verankert und doch ungeschützt...“

Und so wird der Baron beschrieben:

„...Er hat das Gemüt einer Mamba. Erst vergiften, dann fressen...“

Lange kann Sina ihr Inkognito nicht aufrecht erhalten. Dazu gibt es in St. Moritz zu viele Leute, die im Dienste des Barons stehen. Für sie wird es dadurch gefährlich, denn sie weiß nicht, wem sie trauen kann und wem nicht.
Ab und an gleitet die Autorin in Nebenschauplätze ab. Das ermöglicht ihr, mir als Leser mehr als ein paar Worte über die Personen, aber auch über komplizierte private und geschäftliche Beziehungen zukommen zu lassen. Manch Schicksal findet im Verlaufe der Handlung ein Ende. Und die Verlockungen der Welt der Reichen und Schönen lassen sich schwer mit strenger Moral vereinbaren.
Für ruhige Szenen sorgen romantische Landschaftsbeschreibungen, wenn Sina in der Bergwelt unterwegs ist. Schnell geht es dann aber wieder zurück zu harten Tatsachen. Maurices Vater ist Bergbauer. Das will Maurice auf keinen Fall werden.

„...Sicherlich, das Leben in den Bergen war nicht so einfach. Auf die Fliegen des Sommers folgen die Eisblumen des Winters...“

Das war`s dann mit Romantik!
Sehr gut ausgearbeitete Dialoge ermöglichen mir einen Einblick in die Gedankenwelt der Protagonisten. Der Herr Baron ist ein Schwätzer, der sich am liebsten selbst reden hört und sich ein Weltbild nach seiner Fasson zurecht bastelt. Menschen sind für ihn Schachfiguren, die er nach Belieben verschieben kann. Das hört sich bei ihm so an:

„...Wahre Macht darf man nicht teilen, ansonsten kann sie einem schnell entgleiten...“

Ein Sternekoch konstatiert im Gespräch:

„...Weißt du, man muss nicht unbedingt gut sein. Es genügt, wenn man für gut gehalten wird...“

Das Gespräch zwischen Sina und Maurice dagegen hat philosophische Tiefe. Dabei geht es um Leben und Tod, aber auch um Schönheit.
Die Geschichte wechselt zwischen rasanten Abschnitten und eher ruhigen Teilen. Das ist so gestaltet, dass der hohe Spannungsbogen erhalten bleibt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Gerade die moralische Gegensätzlichkeit zwischen Sina und dem Baron gibt der Geschichte ein ganz eigenes Gepräge.