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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.01.2017

Schön zum gucken, aber auch gut zum Kochen ;-)

Easy. Überraschend. Low Carb.
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Low Carb ist ja noch immer voll im Trend, den dieses Kochbuch umfassend bedient. Erfreulicherweise ist die Einleitung dazu nur acht Seiten lang, denn es gibt wohl kaum jemanden, die oder der nicht schon ...

Low Carb ist ja noch immer voll im Trend, den dieses Kochbuch umfassend bedient. Erfreulicherweise ist die Einleitung dazu nur acht Seiten lang, denn es gibt wohl kaum jemanden, die oder der nicht schon einen der zahlreichen Berichte zu diesem Thema gesehen, gehört und/oder gelesen hat. So wird hier eher kurz das Wichtigste dazu zusammengefasst, bevor es ans Kochen und Backen geht.
Gottlob (nach meinem Geschmack) findet man in diesem Buch nicht nur Vegetarisches sondern auch Fisch- und Fleischrezepte. Daneben die mittlerweile obligatorischen Brotrezepte mit Vorschlägen für Aufstriche, Desserts und Frühstücksideen (ohne Zucker und Zuckeraustauschstoffe) sowie auch Schnelles für zwischendurch, was sich tatsächlich ratzfatz zubereiten lässt. Bei den Brot- wie auch anderen Teigrezepten bin ich relativ schnell ausgestiegen, wie ich gestehen muss, da mir die Einkaufsliste schlicht zu lang wurde. Da sämtliche Gerichte glutenfrei sind, wird mit jeder Menge Ersatz gearbeitet wie gemahlene Flohsamenschalen, frisch gemahlene Gold-Leinsamen, Mandelmehl weiß und braun, gecutterte (?) Sojakleie, Sojamehl und noch ein paar Dinge mehr, die mir teils wenig bis überhaupt nicht geläufig sind.
Andere Gerichte indes sind ohne großen Aufwand sowohl beim Einkauf wie auch beim Zubereiten herzustellen - und sie schmecken. Zwiebelsteaks mit Tobinambur-'Bratkartoffeln' waren richtig gut ebenso wie der Lachs mit Avocado-Zucchini-Püree. Die schnellen Gerichte benötigen meist nur wenige Zutaten und sind entsprechend schnell auch zubereitet - böse Zungen würden sagen: 'Dafür braucht man auch kein Kochbuch.' Ist vielleicht tatsächlich was Wahres dran, aber 'Eiersalat à la Taboulé' wäre mir nicht ohne weiteres eingefallen (auch der schmeckt ).
Die Aufmachung entspricht der diesem Format üblichen Kochbücher. Eine Seite zeigt das appetitlich angerichtete Gericht, auf der gegenüberliegenden Seite ist das Rezept zu finden, wobei es bei Aufstrichen, Marmeladen und ähnlichem auch zwei oder drei sein können.
Alles in allem ein gutes Kochbuch, das auch NichtvegetarierInnen eine Menge Anregungen bietet - und das ist in diesem Bereich ja nicht selbstverständlich.

Veröffentlicht am 18.12.2016

Zeitlos gut!

Fräulein Else
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Die 19jährige Else führt ein wohlbehütetes Leben und ist gerade mit ihrer wohlhabenden Tante im Urlaub in einem vornehmen Hotel. Dort erreicht sie ein Eilbrief ihrer Mutter, die sie anfleht, sie möge den ...

Die 19jährige Else führt ein wohlbehütetes Leben und ist gerade mit ihrer wohlhabenden Tante im Urlaub in einem vornehmen Hotel. Dort erreicht sie ein Eilbrief ihrer Mutter, die sie anfleht, sie möge den ebenfalls im Hotel weilenden Kunsthändler Dorsdale bitten, ihrer Familie mit 30.000 Gulden auszuhelfen. Elses Vater hat diese Summe veruntreut und soll verhaftet werden. Dorsdale erklärt sich dazu bereit, aber nur unter einer Bedingung...
Arthur Schnitzler hat diese kleine, aber sehr feine Novelle ausschließlich aus Elses Sicht geschrieben, was zu der Zeit ihres Erscheinens (1924) wohl recht ungewöhnlich war. Umso mehr erstaunt es mich, wie unglaublich glaubwürdig er die Gedanken und Empfindungen der jungen Else dargestellt hat: ihre jugendliche Lebensfreude, ihr Ungestüm ebenso wie ihre Furcht, Scham, aber auch den Ärger auf die Menschen, die sie in diese Situation gebracht haben. Man lebt und leidet mit der jungen Frau und versteht voll und ganz das Wechselbad der Gefühle, durch das sie geht. Die Liebe zu ihren Eltern und das daraus resultierende Verantwortungsgefühl wie auch die Wut darüber, dass sie deren Fehler ausbaden soll. Wer befürchtet, eine vielleicht etwas altertümliche Sprache würde den Lesegenuss verringern, kann beruhigt sein: Elses Monolog wirkt so authentisch, dass er mit ein paar kleinen Änderungen ebenso in unserer Zeit gesprochen worden sein könnte.
Aber auch Senta Bergers Anteil an dieser Lesung ist nicht zu gering zu schätzen. Sie ist derart überzeugend, dass ich das Gefühl hatte, Else unmittelbar vor mir zu sehen. Wie sie Else vergnügt ins Hotel spazieren lässt, die sich am Leben freut um kurz darauf zwischen Angst, Scham, Ärger und Trotz hin und her gerissen zu werden - das ist einfach große Klasse.
Ein Ärgernis ist jedoch, dass dieses Hörbuch mit 85 Minuten Laufzeit auf zwei CDs aufgebläht wurde. Was soll das? Lässt es sich damit teurer verkaufen?

Veröffentlicht am 12.12.2016

Schöne Familiengeschichte

Das Nest
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Die Plumbs sind eine Familie wie viele andere auch: Ausser der zufälligen Verwandtschaft hat man nur wenig gemeinsam und so beschränken sich die Zusammentreffen auf die eher seltenen Familienfeiern. Doch ...

Die Plumbs sind eine Familie wie viele andere auch: Ausser der zufälligen Verwandtschaft hat man nur wenig gemeinsam und so beschränken sich die Zusammentreffen auf die eher seltenen Familienfeiern. Doch was die vier Geschwister verbindet, ist die Vorfreude auf das in Bälde auszuzahlende Erbe (das das Nest genannt wird): An Melodys 40. Geburtstag sollen alle 500.000 $ erhalten, die jede/r von ihnen teils schon seit Jahren fest verplant hat. Doch kurz vor diesem Termin verschuldet Leo, der Lebemann unter den Geschwistern, einen entsetzlichen Unfall und die Mutter der vier verwendet den Großteil des Geldes, um die Schäden so gering wie möglich zu halten. In dieser aussergewöhnlichen Situation finden sich die drei restlichen Geschwister zusammen, um einen Weg zu finden, doch noch an das Erbe zu gelangen. Denn Leo, der für sein verantwortungsloses Verhalten berühmt-berüchtigt ist, soll nicht ungeschoren davon kommen.
'Das Nest' ist eine wirklich schöne und unterhaltsame Familiengeschichte mit überaus differenziert und liebevoll beschriebenen Charakteren. Schwarz-Weiß-Schemata gibt es praktisch nicht (sieht man von der Mutter ab, die aber nur eine Randfigur darstellt) und sämtliche Personen haben ihre guten wie auch schlechten Seiten, selbst der egoistisch-narzisstische Leo. Die Autorin schildert überzeugend und nachvollziehbar, wie Menschen ihr ganzes Dasein darauf ausrichten, in einer bestimmten Zeit einen bestimmten Geldbetrag in Händen zu halten. Aber als dieses scheinbar bald erreichte Ziel sich buchstäblich in Nichts auflöst, brechen ganze Lebensentwürfe zusammen. Doch statt dass die Welt 'untergeht', kommt sich die Familie näher; es entstehen neue Möglichkeiten und manche/r muss feststellen: Es sind nicht die Schlechtesten
Ein ebenso lesenswertes, amüsantes wie mutmachendes Buch, das jedoch mal wieder mit einem Klappentext versehen ist, den man auch weglassen könnte. Ja, die Geschwister müssen Geld auftreiben, aber diesen Antrieb empfand ich während des Lesen eher nebensächlich. Und auch das Bild der Autorin hat ein derart historisches Alter, dass die Aussagekraft gegen Null geht. Doch wer liest schon Klappentexte (ausser mir) ?

Veröffentlicht am 30.11.2016

Ein ungewöhnlicher 'Held'

I.Q.
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I.Q., ein junger Schwarzer mit einer außergewöhnlichen Intelligenz, hat sich einer etwas ungewöhnlichen Nachbarschaftshilfe verschrieben: Um etwas aus seiner Vergangenheit wieder gutzumachen, nutzt er ...

I.Q., ein junger Schwarzer mit einer außergewöhnlichen Intelligenz, hat sich einer etwas ungewöhnlichen Nachbarschaftshilfe verschrieben: Um etwas aus seiner Vergangenheit wieder gutzumachen, nutzt er seine Fähigkeiten, um auf Anfrage den 'kleinen Leuten' zu ihrem Recht zu verhelfen oder aber zumindest etwas Gerechtigkeit zu verschaffen. Gegen seinen Willen steht er jedoch plötzlich in Diensten eines berühmten und sehr erfolgreichen Rappers, den jemand umbringen möchte. Nur widerstrebend nimmt er die Ermittlungen auf und sieht sich selbst plötzlich im Visier eines Killers...
Die Buch erzählt zwei Geschichten: die eine ist die oben beschriebene, die andere erklärt, wie I.Q. zu dem Mann wurde, der er heute ist. Wie er vom erfolgreichen Collegeschüler mit erfolgversprechender Zukunft unverschuldet plötzlich einen Totalabsturz hinlegte, aus dem er sich nur mühsam wieder hochrappelte. Immer wieder wechseln die beiden Erzählstränge ab, sodass zumindest zu Beginn des Buches etwas Konzentration gefordert ist. Denn Joe Ide, der Autor, bezieht jede Menge für mich ungewohnten Slang mit ein, der das beschriebene Rapper-Milieu (vermutlich, ich kenne mich dort nicht so aus ) recht realistisch beschreibt. Ansonsten ist seine Sprache hart, vulgär und teilweise auch brutal, sodass ich beim Lesen gelegentlich schon zu schlucken hatte. Doch es gibt auch andere, durchaus komische und ironische Seiten: wie der Top-Rapper durch einen Ratgeber erkennt, dass er offenbar ein Burn-out-Syndrom hat und wie er versucht, dagegen anzugehen. Oder der Scheidungskrieg mit seiner Ex. Überaus bildhaft beschrieben und durchaus für mehr als einen Lacher gut.
Wäre es ein französischer Roman, würde ich ihn als einen guten Vertreter in der Art des Roman noir bezeichnen. Auf jeden Fall ist es ein gelungener Auftakt für eine neue Reihe, die sich glücklicherweise vom sonst so üblichen Krimiallerlei abhebt.

Veröffentlicht am 09.11.2016

Bayern 1920 - ein einziger Sumpf

Wintergewitter
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Es sind keine guten Zeiten, die in München (und auch dem Rest Deutschlands) im Jahre 1920 herrschen. Zwar ist der Krieg vorüber, doch Vielen fehlt das Notwendigste zum Leben: Essen, Kleidung, Heizmaterial, ...

Es sind keine guten Zeiten, die in München (und auch dem Rest Deutschlands) im Jahre 1920 herrschen. Zwar ist der Krieg vorüber, doch Vielen fehlt das Notwendigste zum Leben: Essen, Kleidung, Heizmaterial, ein Dach über dem Kopf. Und während die Einen versuchen, mit den Folgen des Krieges klarzukommen, sind Andere schon wieder dabei, Waffen zu horden und zu Mord und Totschlag aufzurufen. Inmitten dieser verworrenen Zustände muss Kommissär Reitmeyer den Mörder zweier Frauen finden, die beide kurz nacheinander ermordet aufgefunden wurden. Nicht ganz einfach für den angeschlagenen Polizeibeamten, dem Panikattacken immer wieder zu schaffen machen und der von seinen Vorgesetzten keine Hilfe erwarten kann - im Gegenteil.
Die Geschichte selbst teilt sich im Gegensatz zum ersten Band in zwei Erzählstränge: Während Kommissär Reitmeyer versucht den Mörder zu finden, ist die junge Doktorandin Gerti aus Berlin auf der Suche nach ihrer jüngeren Schwester. Dabei freundet sie sich mit einem der Mordopfer an und gerät offenbar ins Visier des Täters. Leider finde ich diese Entscheidung eines zweiten Erzählstranges nicht so gelungen, denn für meinen Geschmack beginnt das Ganze damit ziemlich auseinanderzudriften. Da gibt es Missbrauch von Minderjährigen in einem Bordell, Waffenschmuggel, Produktion von Pornos (oder auch nicht ), Überfälle mit schwerer Körperverletzung - doch aufgeklärt wird am Ende nur ein kleiner Teil. Wobei diese Lösung so knapp und nebenbei vermittelt wird, dass ich mir noch immer nicht ganz sicher bin, ob ich sie richtig verstanden habe. Trotzdem, es ist ein gut erzählter historischer Krimi, mit dessen Hilfe ich einiges Neues über Münchens Vergangenheit erfahren habe.
Denn wie bereits im ersten Teil 'Der eiserne Sommer: Reitmeyers erster Fall' ist der historische Hintergrund nicht nur schmückendes Beiwerk eines Kriminalfalles, sondern spielt eine wesentliche Rolle bei der Aufklärung der Morde. Die Autorin, die unter anderem auch Geschichte studiert hat, vermittelt sehr anschaulich und überzeugend die Stimmung, die in der bayrischen Landeshauptstadt damals vermutlich herrschte. Die bittere Armut in weiten Teilen der Bevölkerung ist ebenso erschreckend wie die Darstellung der erstarkenden Einwohnerwehren, die zunehmend ein Sammelbecken von völkischen und rechtsnationalen Extremisten wurden und ihnen missliebige Personen brutal zusammenschlugen, wenn nicht gar umbrachten.