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Veröffentlicht am 08.09.2020

Original oder Kopie?

Jigsaw Man - Im Zeichen des Killers
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Ein Sommermorgen in Süd-London: an mehreren Orten werden Leichenteile gefunden, das SCU, die Spezialeinheit für Serienmorde, ermittelt. Das Problem bei der Sache: es gab vor einigen Jahren bereits ähnliche ...

Ein Sommermorgen in Süd-London: an mehreren Orten werden Leichenteile gefunden, das SCU, die Spezialeinheit für Serienmorde, ermittelt. Das Problem bei der Sache: es gab vor einigen Jahren bereits ähnliche Fälle, der Mörder sitzt allerdings hinter Schloss und Riegel. Handelt es sich um einen Nachahmungstäter? Oder gibt es einen Komplizen? Wer könnte hinter den neuen Anschlägen stecken und vor allem, warum?

DI Anjelica Henley und der ihr zur Ausbildung zugeteilte Salim Ramouter stellen die Hauptpersonen dar bei den Ermittlungen, unterstützt werden sie aber noch von etlichen anderen Personen (Kriminalisten, Tatortermittlern, Pathologen, Schreibkräften,…) deren Fülle an Namen zugleich mit der Vorstellung von Zeugen und privaten Familienmitgliedern anfangs fast ein wenig für Verwirrung sorgen.

Alle wichtigen Figuren werden gut beschrieben, wobei allerdings Details zu früheren Ereignissen immer wieder angedeutet, jedoch lange nicht konkret beleuchtet werden. Auch persönliche und familiäre Einzelheiten fließen ins Geschehen mit ein, sollen die Figuren lebendig und authentisch gestalten. Leider handelt es sich dabei um mehrfache Wiederholungen ähnlicher Szenen, die eher vom echten Fall ablenken und die Handlung unnötig in die Länge ziehen. Die Spannung, die – für einen Thriller – ohnehin nicht allzu hoch ist, wird dadurch immer wieder unterbrochen.

Die Idee zum Jigsaw Man und den neuen Mordfällen ist grundsätzlich eine interessante und der Aufbau, beginnend mitten im Geschehen, mit langsamem Herantasten an Motive und Verdächtige, ist gut gewählt. Nadine Mathesons Thriller liest sich vom Schreibstil her angenehm und flüssig, logische Erkenntnisse führen die Fäden zusammen und zu einem fulminanten Schluss. Dennoch ist einiges an unnötigen und abschweifenden Elementen mit hineingepackt, sodass der durchgehende Spannungsbogen leider fehlt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.01.2020

Verbindungen?

Cold Case - Das verschwundene Mädchen
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Er lauert den Frauen in den frühen Morgenstunden auf, er vergewaltigt sie, etliche ermordet er. Wer ist dieser Unhold, dieses Monster? Aufgrund von Spuren an einem Tatort könnten diese Gräueltaten mit ...

Er lauert den Frauen in den frühen Morgenstunden auf, er vergewaltigt sie, etliche ermordet er. Wer ist dieser Unhold, dieses Monster? Aufgrund von Spuren an einem Tatort könnten diese Gräueltaten mit einem alten Vermisstenfall zusammenhängen – Cold Case-Expertin Tess Hjalmarsson übernimmt die Ermittlungen. Allerdings muss sie sich beeilen. Alles deutet darauf hin, dass der Täter bald wieder zuschlagen wird.

Ebenso spannend, wie es der Klappentext verspricht, beginnt dieser Thriller mit Orkantief Rut und der jungen Mutter Linnea Hakansson, die allein zu Hause ist. Von der ersten Seite weg packt die Autorin den Leser mit ihrem Schreibstil, ihrer zur Stimmung passenden Sprachmelodie und fesselt einen an die Handlung. Spürbar knistert die Atmosphäre, Linneas Unruhe greift über.

Doch kaum ist dieser erste Abschnitt vorüber, wandelt sich das Bild, verliert die Sprache an Lebendigkeit, zu viel ablenkendes Privatleben der Kommissare fließt in die Geschichte mit ein. In unzähligen Details verzettelt sich die Autorin, weder fördern sie das Verständnis für den Verlauf der Erhebungen, noch steigern sie die Spannung. Im Gegenteil flachen die dramatischeren Szenen immer wieder ab, kleine Unstimmigkeiten stören mitunter das Lesevergnügen.
Leider bringt auch die Verbindung der Kriminalfälle nicht wirklich Pfiff ins Geschehen, sodass das Ganze immer wieder seitenweise so dahinplätschert und eher langatmigen Krimi als spannungsgeladenen Thriller darstellt. Viele Personen befinden sich im Team der Polizei, wobei nur wenige klare Konturen bekommen, aber das ist vielleicht Thema vom Folgeband? Leider bleiben auch andere Figuren in diesem Buch farblos und distanziert, sodass man ihre Handlungen teilweise nicht nachvollziehen kann.
Zum Schluss werden zwar die Verbrechen gelöst und etliche Fragen beantwortet, warum dazu jedoch so viele Jahre nötig waren, erschließt sich mir nicht, wo doch plötzlich alles so klar und einfach war.

Auf einer recht soliden Grundidee ist diese Geschichte aufgebaut, jedoch fehlt es an prickelnden Thrillerelementen, die Gänsehaut verursachen. Es bleibt aber noch die Hoffnung auf Steigerung beim nächsten Fall von Tess.

  • Einzelne Kategorien
  • Spannung
  • Cover
  • Charaktere
  • Handlung
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 26.08.2019

Ein Psychogramm

An Tagen im Juli
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Hinter einem schlichten Titelbild verbirgt sich die unglaubliche Geschichte der Schriftstellerin Sibylle Uhlen.


Nach dem Verschwinden zweier Grundschulmädchen und dem Auftauchen eines unnahbaren Feriengastes ...

Hinter einem schlichten Titelbild verbirgt sich die unglaubliche Geschichte der Schriftstellerin Sibylle Uhlen.


Nach dem Verschwinden zweier Grundschulmädchen und dem Auftauchen eines unnahbaren Feriengastes beginnt sie nach und nach, sich mit ihrer eigenen Vergangenheit zu befassen, wobei ungeahnte Wahrheiten ans Licht kommen.

Autorin Paula Bersdorf zeichnet in ihrer Beschreibung ein idyllisches Dorf. Die Wolken inspirieren zum Träumen und Fantasieren, nichts scheint das Glück trüben zu können. Über der ganzen Geschichte liegt so eine Trägheit, eine Verborgenheit, Verdrängung. Der Schreibstil im Präsens passt da sehr gut dazu. Der Leser wartet förmlich darauf, wann die reglos auf der Stromleitung sitzenden Vögel aufflattern, die ölglatte Oberfläche des Sees sich zu kräuseln beginnt.

Der Roman ist in einzelne Tage gegliedert anstelle von Kapiteln, Sibylles Notizblock dient als Vorlage. So wird das Geschehen auch direkt aus ihrer Sicht in der Ich-Form erzählt. Während die Natur in aller Ausführlichkeit mit vielen winzigen Details beschrieben wird, nehmen sich manche Dialoge fast wie im Telegrammstil notiert aus.

Ähnlich verhält es sich mit Sibylle: einerseits erleben wir ihre tiefe und innige Beziehung zum Großvater und einigen sehr engen Freunden, andererseits nimmt sie manchem Dorfnachbarn gegenüber eine recht distanzierte, ja beinahe feindselige Haltung ein. Lange spürt der Leser, dass sie irgendwie in sich selbst gefangen ist, sich mit ihrem teils ruppigen Ton vor irgendetwas schützen möchte, aber es braucht etliche Tage im Juli, bis sich alles klar herauskristallisiert, die Vergangenheit an die Oberfläche sickert, (Tag)Träume Vernetzungen schaffen.

Dazwischen eingestreut finden sich Passagen, die ich persönlich als unnötige Länge empfinde: Filmausschnitte, deren Inhalte und Schauspieler ich nicht kenne und wodurch ich auch Sibylles momentane Gefühle nicht besser einordnen kann, Abschweifungen und Einzelheiten, die weit weg führen vom tatsächlichen Geschehen und den Fluss der Handlung immer wieder unterbrechen. Womöglich braucht es aber genau diese Pausen, damit das Erlebte verarbeitet werden kann? Ich bevorzuge die Kürze und Prägnanz, andere Leser mögen das anders sehen und mit diesen Informationen näher in den Lauf der Dinge eintauchen können.

Je weiter der Juli voranschreitet, umso unglaubwürdiger finde ich so manches Ereignis, die Handlung wirkt auf mich immer wieder dubios und konstruiert. Zuletzt gipfelt die Geschichte in einem unerwarteten, jedoch passenden Ende.

Zweifelsohne handelt es sich bei diesem Kriminalroman um eine sehr ungewöhnliche, aber besondere Geschichte, die durchaus in etlichen Abschnitten durch ihren Sprachstil besticht. Die Art, wie aktuelle Handlung, Vergangenheit und Bilder aus Sibylles Gedankenwelt ineinander fließen, ist wirklich interessant gelöst. Den Inhalt und die Entwicklungen rund um die Hauptfigur Sibylle jedoch finde ich eher eigenwillig. Aber genau das ist ja auch das Schöne an einem Buch – jeder Leser entwickelt wohl einen ganz persönlichen Blickwinkel und so wird bestimmt der eine oder andere Leser neugierig geworden sein…

Veröffentlicht am 05.07.2019

Lange Jahre im Hause Meyer

Jahre aus Seide
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"Jahre aus Seide“ spielt im deutschen Krefeld in der Zeit von 1926 bis 1938. Familie Meyer lebt in wohlverdienten guten Verhältnissen, Mutter Martha kümmert sich mit Kindermädchen und Köchin um ihre beiden ...

"Jahre aus Seide“ spielt im deutschen Krefeld in der Zeit von 1926 bis 1938. Familie Meyer lebt in wohlverdienten guten Verhältnissen, Mutter Martha kümmert sich mit Kindermädchen und Köchin um ihre beiden Töchter Ruth und Ilse, während Vater Karl als Handelsreisender erfolgreich ist.
Doch die Idylle muss nach und nach weichen, das Leben für Juden in Nazizeiten wird immer schwieriger.


Die Erzählung beruht auf einer wahren Begebenheit, Ulrike Renk hat Ruth Meyers Tagebücher aufgearbeitet und sorgfältig recherchiert. So erfährt der Leser viele Details aus dem Alltagsleben der sympathischen Familie, jüdische Gewohnheiten werden erläutert, Familienfeste zelebriert. Die Meyers sehen sich in erster Linie als Deutsche und stufen ihr Judentum eher als Tradition ein, die Familie ist gerne gesehen und auch Christen zählen zum Freundeskreis. Leider wird dieser Darstellung ausschweifend und langatmig Raum geboten, wohl um die „heile Welt“ der jüdischen Gemeinde aufzuzeigen, bevor die „Braunen“ an die Macht kommen. Dabei bleiben die Figuren trotz vielfacher Wiederholung der Alltagsszenen farblos und distanziert, alles scheint zu perfekt. Erst im letzten Drittel kommt mehr Spannung auf, Ruth wird (zu) schnell erwachsen und muss Selbständigkeit und Verantwortung ihrer Familie gegenüber unter Beweis stellen.

Neben einem recht einfachen Schreibstil mit vielen immer wiederkehrenden Sequenzen (selbst im Nachwort, das inhaltlich durchaus interessant ist) führen auch etliche Fehler zu einem stockenden Lesefluss.

Insgesamt ist die Geschichte der Familie Meyer durchaus bewegend und lesenswert, allerdings viel zu langatmig und ausschweifend geschildert. Eine deutliche Straffung könnte hier Abhilfe schaffen. Dennoch bin ich neugierig, wie es Ruth in den folgenden Jahren ergehen wird – ich kann mir trotz aller störenden Mängel vorstellen, irgendwann den zweiten Band zu lesen.

Veröffentlicht am 02.09.2024

Paranoia

Aus dem Haus
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Eine Immobilien-Paranoia begleitet die Mutter der nicht näher benannten Ich-Erzählerin. Das selbst gebaute Haus sei Ursache allen Pechs und Unglücks, welches über sie hereinstürzt. Miriam Böttger zeigt ...

Eine Immobilien-Paranoia begleitet die Mutter der nicht näher benannten Ich-Erzählerin. Das selbst gebaute Haus sei Ursache allen Pechs und Unglücks, welches über sie hereinstürzt. Miriam Böttger zeigt uns Betrachtungen einer sonderbaren Familienkonstellation.

Das Buch beginnt mit dem Ende, was ich sehr spannend finde, sodass ich freudig und neugierig weiterlese. Aber schon bald kommt auch eine gewisse Ernüchterung, denn der angekündigte tragikomische Roman entpuppt sich als Aneinanderreihung verschiedener Episoden und Szenen, welche aus meiner Sicht keine stimmige Handlung im herkömmlichen Sinne aufkommen lassen. Da geht es beispielsweise um Großeltern und Tanten, sonderbare Familienkonstellationen, einen Kirchenchor oder einen Besuch, bei dem man nicht weiß, welches Essen man auf den Tisch bringen soll. Während ich auf witzige Ereignisse und humorvolle, selbstironische Darstellungen warte, die in einem Eigenheim passieren können, lese ich eher nichtssagende Kapitel, die sich eins ans andere reihen. Obwohl Mutter und Vater von „Ich“ – hat sie überhaupt einen Namen? – sehr detailliert und gut vorstellbar beschrieben werden, stellt sich keine Nähe zu diesen Personen ein, kann ich nicht mitfühlen und verstehen, wie es ihnen tatsächlich geht.

Leider kann mich dieses Buch nicht überzeugen, vielleicht bin ich einfach von falschen Erwartungen ausgegangen.