Cover-Bild Ein anderer Takt
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hoffmann und Campe
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 304
  • Ersterscheinung: 04.09.2019
  • ISBN: 9783455006261
William Melvin Kelley

Ein anderer Takt

Roman
Dirk van Gunsteren (Übersetzer)

"Der vergessene Gigant der amerikanischen Literatur" The New Yorker

Die kleine Stadt Sutton im Nirgendwo der Südstaaten. An einem Nachmittag im Juni 1957 streut der schwarze Farmer Tucker Caliban Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und macht sich auf den Weg in Richtung Norden. Ihm folgt die gesamte schwarze Bevölkerung des Ortes. William Melvin Kelleys wiederentdecktes Meisterwerk Ein anderer Takt ist eines der scharfsinnigsten Zeugnisse des bis heute andauernden Kampfs der Afroamerikaner für Gleichheit und Gerechtigkeit.

Fassungslos verfolgen die weißen Bewohner den Exodus. Was bringt Caliban dazu, Sutton von einem Tag auf den anderen zu verlassen? Wer wird jetzt die Felder bestellen? Wie sollen die Weißen reagieren? Aus ihrer Perspektive beschreibt Kelley die Auswirkungen des kollektiven Auszugs. Liberale Stimmen treffen auf rassistische Traditionalisten. Es scheint eine Frage der Zeit, bis sich das toxische Gemisch aus Wut, Verzweiflung und Hilflosigkeit entlädt. Mal mit beißendem Sarkasmus, mal mit überraschendem Mitgefühl erzählt hier ein schwarzer Autor vom weißen Amerika. Ein Roman von beunruhigender Aktualität.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.09.2019

Rassismus der nicht endet

0


Der Autor William Melvin Kelly Lebte von 1937 bis 2017. Sein Roman „Ein andere Takt“
spielt um 1957. Er wird ungewöhnlich von dem dunkelhäutige Autor aus der Sicht der Weißen geschrieben. Ein Lob an ...


Der Autor William Melvin Kelly Lebte von 1937 bis 2017. Sein Roman „Ein andere Takt“
spielt um 1957. Er wird ungewöhnlich von dem dunkelhäutige Autor aus der Sicht der Weißen geschrieben. Ein Lob an der Hoffmann &Campe Verlag, das er dieses brillante Werk herausgegeben hat.
Er ist ein Zeugnis der amerikanischen Minderheitenpolitik, die immer noch aktiv ist.

Man erfährt, wie der Vorfahre des 1957 lebenden Tucker Calibans mit seinem Sohn als Sklave nach Sutton im Süden der USA eintrifft. Die Geschichte ist wie üblich grausam und brutal. Da wird schnell gemordet, es kommt auf ein Menschenlehnen nicht an.
Als um 1962 die farbige Bevölkerung plötzlich aus dem Ort verschwinden sind die Weisen aufgebracht und suchen bis zum Ende Schuldige. Das Ende wird nicht direkt beschrieben aber doch angedeutet.
Ein anderer Takt ist eine bewegendes Stück Zeitgeschichte, eine gute Literatur.

Veröffentlicht am 31.08.2019

Damals wie heute lesenswert

0

1962 erschien „A different Drummer“, des mittlerweile verstorbenen Autors, welches hier nun neu aufgelegt wurde. Da gerade in den Südstaaten die Rassentrennung rigide war und ich mich für das Thema interessiere ...

1962 erschien „A different Drummer“, des mittlerweile verstorbenen Autors, welches hier nun neu aufgelegt wurde. Da gerade in den Südstaaten die Rassentrennung rigide war und ich mich für das Thema interessiere musste ich das Buch einfach lesen.

Vom einen auf den anderen Tag ändert sich in einer fiktiven Kleinstadt alles. Der dunkelhäutige Tucker Caliban beginnt sein Hab und Gut zu vernichten und zieht mit seiner Familie von dannen. Alle anderen Schwarzen folgen seinem Beispiel und verlassen den Staat. Welche Auswirkungen hat das auf die weiße Bevölkerung? Wer soll nun die Arbeiten erledigen, die die Weißen nicht machen wollten? Wichtiger als jene Fragen sind in diesem Roman jedoch die Beweggründe für Tuckers Weggang.

Mich hat die Geschichte sehr überrascht, denn es war nicht unbedingt, was ich erwartet hatte, aber der Autor hat einen Weg eingeschlagen, welchen ich sehr gelungen finde. Er schildert weniger als erwartet die Folgen und statt aus der Sicht der Dunkelhäutigen, schildert er das Geschehen aus der Sicht der weißen Bevölkerung und legt damit deren Probleme nach und nach offen. Liberale und traditionelle Stimmen aus den verschiedensten Altersstufen kommen zu Wort und geben damit ein rundes Bild ab. So zeigt sich beispielsweise, dass auch jene, die liberal scheinen, einen gewissen Rassismus an den Tag legen, wenn sie sich auch nicht direkt gegen die Dunkelhäutigen richten. Für mich war diese Herangehensweise neu oder zumindest anders als alles was ich bisher gelesen habe.

Ein Buch, das an Aktualität nichts eingebüßt hat. Begeistert haben mich die Herangehensweise des Autors und seine gleichermaßen simple wie eingängige Sprache. Ein wenig bin ich aber der häufigen Verwendung von „Neger“ oder gar Schlimmeren zusammengezuckt, aber hier muss man schon die Zeit berücksichtigen aus der das Buch stammt und auch, dass der Autor selbst dunkelhäutig war, also das Gefühl hatte kein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen. Themen sind natürlich ganz allgemein Rassismus, aber auch der Kampf um Gleichberechtigung, Mut, Zusammenhalt und Selbstbestimmung. Das Ende ist nicht ganz wie ich mir das gewünscht hätte, aber in sich stimmig.

Mein größter Kritikpunkt betrifft nicht die Geschichte (fließt daher nicht ein in meine Bewertung ein), sondern das Vorwort. Es ist alles andere als uninteressant, aber es verrät einfach viel zu viel von der Geschichte. Ich hatte sowas schon befürchtet und das Vorwort erst im Anschluss an die Lektüre gelesen – zum Glück, denn es wird alles verraten. Wer also strikt alles chronologisch durchliest, spoilert sich und das gewaltig.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Ein beeindruckendes, aber auch verstörendes Buch!

0

Im Juni 1957 verlassen in einem fiktiven Bundesstaat im Süden der USA, von heute auf morgen, sämtliche Neger den Staat. Die eigentliche Geschichte spielt in der ebenfalls fiktiven Südstaaten-Stadt ‚Sutton‘, ...

Im Juni 1957 verlassen in einem fiktiven Bundesstaat im Süden der USA, von heute auf morgen, sämtliche Neger den Staat. Die eigentliche Geschichte spielt in der ebenfalls fiktiven Südstaaten-Stadt ‚Sutton‘, in welcher die weißen Bewohner den Exodus der Neger, ihrer Neger, ungläubig verfolgen.
So sitzen die auf der Veranda vor Thomasons Geschäft und wollen glauben, dass alles gut geht. „…Sie hatten noch nicht lange genug in einer Welt ohne schwarze Gesichter gelebt, … [sie] versuchten sich einzureden, es sei jetzt wirklich vorbei, ahnten aber, dass es für sie jetzt gerade anfing.“ – Dies ist fast eine Kernaussage für mich, und in den einzelnen Kapiteln, in denen die Sicht verschiedener Personen auf das Geschehen erzählt wird, kommt genau das immer wieder zum Ausdruck. Der eigentliche ‚Ingangsetzer‘, Tucker Caliban, hat für jeden eine anderer Bedeutung -, als Freund, als Ehemann, als Nachfahre eines Sklaven, als Nigger und vielleicht auch als Vertrauter – und obwohl er nicht viel sagt, ist er durch sein Handeln so gradlinig und in einer Vorbildfunktion, dass es fast schon schmerzhaft ist.
Die Sprache ist ebenfalls ohne Schnörkel und kommt auf den Punkt, was allerdings gut zu der Geschichte passt, die einen in ihren Bann zieht, was man erst bemerkt, wenn man das Buch durchgelesen zur Seite legt. Ich mußte danach erst einmal kräftig durchatmen. Es regt sehr zum Nachdenken an und das Ende ist anders, als ich es erwartet hätte.

Fazit:
Es ist eine sehr, sehr lesenswerte Geschichte mit viel Tiefgang und es wird eins meiner Highlights für 2019 sein. Ein Buch, dass ich mir immer mal wieder hernehmen werde, da sehr viel Wahrheit drin steckt.

Veröffentlicht am 26.08.2019

Massenexodus

0

Bereits vor fast 60 Jahren, genauer im Jahr 1962, erschien William Melvin Kelleys Debütroman „A Different Drummer“. Vor Kurzem wiederentdeckt, brachte der Verlag Hoffmann und Campe die deutsche, 304 Seiten ...

Bereits vor fast 60 Jahren, genauer im Jahr 1962, erschien William Melvin Kelleys Debütroman „A Different Drummer“. Vor Kurzem wiederentdeckt, brachte der Verlag Hoffmann und Campe die deutsche, 304 Seiten umfassende Übersetzung unter dem Titel „Ein anderer Takt“ im September 2019 heraus.
Im fiktiven Südstaatenstädchen Sutton streut ohne ersichtlichen Grund der junge, afroamerikanische Farmer Tucker Caliban, Nachkomme der Sklaven des Willson-Clans, an einem Tag im Juni 1957 Salz auf seine Felder, erschießt sein Vieh und verbrennt sein Haus. Anschließend macht er sich mit Frau und Kind auf den Weg, den Bundesstaat zu verlassen und gen Norden zu ziehen. Damit löst er einen wahren Exodus aus: Alle Schwarzen verlassen den Staat, der nun der einzige ist, „unter dessen Einwohnern sich kein einziger Neger befindet.“ (S. 34)
Die Reaktionen auf diesen Auszug sind durchaus unterschiedlich. Sie reichen von Freude, „Es gibt keinen Grund zur Sorge. Wir haben sie nie gewollt, wir haben sie nie gebraucht.“ (S. 36), über Irritation bis hin zu Wut, als den Weißen klar wird, dass sie „noch nie einen Weißen gesehen [haben], der einen Laden ausfegt.“ (S. 272) und enden schließlich in einem Akt der Gewalt.
Das Interessante an dem Roman besteht darin, dass das Geschehen fast ausschließlich aus der Perspektive der weißen Bevölkerung, vor allem der der Familie Willson, betrachtet wird; allen ist gemeinsam, dass sie versuchen, den Sinn hinter diesem Geschehen zu sehen. Dabei ist das Bild, das sich die Menschen von den Afroamerikanern machen, durchaus differenziert. Während der Gründer des Willson-Clans den Afrikaner noch als sein Eigentum betrachtete, das er sogar jagen und töten durfte, versuchen seine Nachkommen durchaus, eher geschwisterliche (Dymphna) oder freundschaftliche (Dewey) Verbindungen zu knüpfen, was ihnen aber nicht vollends gelingt. Besonders deutlich wird dieses m.E. an dem kleinen Mister Leland, der Tucker zwar als „Freund“ betrachtet, dem aber entgegen dem Gebot seiner Eltern doch das Wort „Nigger“ recht leicht über die Lippen geht. Doch auch über den Tellerrand dieses verschlafenen Nestes hinaus wird ein Blick ins vermeintlich menschlichere Nordamerika geworfen, das eben aber auch nur „vermeintlich“ fortschrittlich ist. Und auch auf Organisationen zu Wahrung der Rechte der Afroamerikaner oder Linke wird hier nicht allzu sehr vertraut. So wundert es nicht, dass Tucker am Ende seine eigenen Konsequenzen zieht und die Geschichte ihren weiteren Verlauf nimmt.
Sehr gut gefallen hat mir die Komposition des Romans: Die unterschiedlichen Perspektiven sind durch die acht Personen, die nach und nach zu Worte kommen, klar voneinander abgetrennt, wobei der Autor auch auf unterschiedliche Textsorten zurückgreift, Zusammenhänge werden sukzessiv ersichtlich, und gerahmt wird das Ganze von der Bevölkerung Suttons, die m.E. hier noch aus ersichtlichen Gründen am schlechtesten wegkommt. Die Sprache ist eher einfach gehalten und verzichtet auch nicht auf rassistische Formulierungen, was dem Milieu entspricht und dem Geschriebenen Authentizität verleiht.
Eingeleitet wird die deutsche Ausgabe mit Informationen zur Wiederentdeckung des Romans, abgeschlossen mit Informationen zum Autor aus der Feder dessen ältester Tochter.
Nicht so sehr gelungen ist meiner Meinung nach die Übersetzung des Titels. Hier hätte ich es beim englischen Original, „A Different Drummer“, belassen, wird dieses doch eher dem Protagonisten gerecht.
Sicher stellt Kelley in seinem Roman in erster Linie das Wesen der südamerikanischen Bevölkerung in seiner Zeit dar. Auch mögen der Staat, die Stadt und der Massenexodus fiktiv sein. Aber dennoch lohnt es sich auf jeden Fall, das Buch zu lesen, und zwar nicht nur im Hinblick auf den wieder erstarkenden Rassismus. Denn Einstellungen, die in diesem Werk kommuniziert werden, Lösungsalternativen, die ins Nichts führen, und nicht zuletzt der Pöbel, der das letzte Wort hat, waren und sind auch bei uns in vielen Bereichen allgegenwärtig und sollten reflektiert werden. Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 18.10.2019

Ein fast vergessener Schatz der amerikanischen Literatur

0

Dieser Roman erschien erstmal 1960 und wurde jetzt neu aufgelegt. Und das ist richtig und wichtig. Einerseits aufgrund der literarischen Qualität des Romans. Andererseits aufgrund der Thematik ...

Dieser Roman erschien erstmal 1960 und wurde jetzt neu aufgelegt. Und das ist richtig und wichtig. Einerseits aufgrund der literarischen Qualität des Romans. Andererseits aufgrund der Thematik des Romans - von Gleichberechtigung sind Afroamerikaner nämlich weiterhin weit entfernt.

Der Roman spielt in einem fiktiven Südstaaten-Staat, der im Jahre 1957 von allen Afroamerikanern (im Buch noch Neger genannt) verlassen wird. Dies geschieht alles innerhalb von wenigen Tagen. Und die (weiße) Bevölkerung ist ratlos. Beim täglichen Plausch auf der Veranda des kleinen Ladens wird gemunkelt und jeder hat so seine eigenen Anmerkungen. Außerdem kommen in verschiedenen Kapiteln verschiedene Personen zu Wort, die alle irgendwie mit der (vermeintlich) zentralen Figur dieses "Auszugs" zusammenhängen.

Und so wird ein Panorama einer Kleinstadt im Süden der USA entworfen, das vielleicht typisch ist. Einige Bewohner sind liberal und hoffen auf eine Zukunft ohne Rassenprobleme. Einige hängen noch an den alten Ideen der Südstaaten. Einige verfolgen kommunistische Gesellschaftsvisionen. Einige möchten die Gesellschaft von oben verändern. Und alle stehen einigermaßen fassungslos vor der Tatsache, dass quasi "mit den Füßen" abgestimmt wurde - die Afroamerikaner sind einfach gegangen. In den Norden, keiner weiß genau wohin.

Die möglichen Gründe für den "Auszug" werden eher subtil vermittelt und angedeutet in den Erzählungen der einzeln Personen in den einzelnen Abschnitten. Ebenso subtil wird ein Portrait der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in dieser Zeit dargestellt. Sehr gut hat mir die Stimmung gefallen, die im Roman vermittelt wird. So ein wenig wie bei Carson McCullers, die ich sehr schätze.

Erzählt wird vom Autor konsequent aus Sicht der "weißen" Bevölkerung. Was einerseits verwundert - denn der Autor war Afroamerikaner - andererseits ein interessanter literarischer Schachzug ist. Eine Rolle gespielt haben mag auch, dass der Autor in einem weitgehend "weißen" Umfeld aufgewachsen ist, was Wohnort und Schule betrifft - das steht in der Einführung.

Die ausgiebige Einführung in des Werk des Autors steht am Anfang des Romans. Vielleicht ist diese zu ausgiebig geraten - und vieles wird im Nachwort noch einmal erzählt. Daher diese Einführung besser erst am Ende lesen.
Immerhin weiß ich dadurch jetzt, dass ich die späteren Werke des Autors nicht mehr lesen möchte (sie erscheinen mir zu abgedriftet) aber dieses frühe Werk empfehle ich uneingeschränkt!