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Veröffentlicht am 04.09.2019

Ein wiederentdecktes Juwel der amerikanischen Literatur – wenn auch nicht konstant auf einem Level

Ein anderer Takt
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„Ein anderer Takt“ ist keineswegs eine Neuerscheinung im klassischen Sinne. Das Buch ist in den USA bereits 1962 erschienen, mitten in einer Zeit, in der sich die USA keineswegs durch ihren Umgang mit ...

„Ein anderer Takt“ ist keineswegs eine Neuerscheinung im klassischen Sinne. Das Buch ist in den USA bereits 1962 erschienen, mitten in einer Zeit, in der sich die USA keineswegs durch ihren Umgang mit der farbigen Bevölkerung des Landes hervortaten. Im Gegenteil, genau diese Missstände der damaligen Zeit greift Kelley in seinem Debütroman auf und zeichnet eine kontrafaktische Geschichte, die zum Nachdenken anregt, vor allem da das Thema Rassismus und Diskriminierung heute wieder so aktuell ist, wie schon lange nicht mehr.
Letztlich sorgte die Gewalt gegen die Bürgerrechtsaktivisten dafür, dass der aufstrebende Schriftsteller Kelley mit Frau und Kind das Land verließ.
Dieser Roman, der erst vor kurzem wiederentdeckt wurde, erschien nun, 57 Jahre später auf Deutsch und ist leider in gewissem Sinne sehr aktuell.
Das Buch beginnt mit einem Vorwort, in dem die Zusammenhänge erläutert werden. Wer war William Melvin Kelley? Welchen Hintergrund hatte er? Wie wurde sein Buch damals aufgenommen?


1957, in einer fiktiven Stadt, in einem fiktiven Staat, zwischen Alabama und Mississippi, mitten in den Südstaaten der USA gelegen, verstreut der farbige Farmer Tucker Caliban Salz auf seinen Feldern, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und verlässt den Staat gen Norden. Ihm folgen immer mehr und mehr Farbige, ein richtiger Exodus setzt ein und schließlich ist der Staat der einzige, in dem es keine farbigen Einwohner mehr gibt.
Zunächst bekümmert dies die Weißen nicht sonderlich, immerhin wollten sie sie ja eh nicht in ihren Schulen, in ihren Läden und allgemein nicht in ihrem Staat. Der Gouverneur verkündet: „Es gibt keinen Grund zur Sorge. Wir haben sie nie gewollt, wir haben sie nie gebraucht, und wir werden sehr gut ohne sie zurechtkommen; der Süden wird sehr gut ohne sie zurechtkommen. Auch wenn unsere Bevölkerungszahl um ein Drittel verringert ist, werden wir prima zurechtkommen. Es sind noch immer genug gute Männer da.“ (William Melvin Kelley: Ein anderer Takt (Leseexemplar), S. 36.)
Doch irgendwann wird den Weißen klar, dass nun niemand mehr da ist, der die Läden fegt oder die anderen Arbeiten macht, für die sich die nicht farbige Bevölkerung zu fein war. Was wird nun aus diesem Staat, ohne Farbige?


Die Handlung ist beinahe ausschließlich aus der Sicht der Weißen Bevölkerung erzählt und springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her, je nachdem, welchem Charakter gerade gefolgt wird.
Mich hat das Buch am Anfang total begeistert. Ich muss vorneweg schicken, dass ich eine große Schwäche für kontrafaktische Geschichten habe, also „was wäre, wenn“-Szenarien. Ich liebe es sie selbst im Kopf durchzuspielen aber noch mehr liebe ich es, sie zu lesen.
Der Erzählstil ist sehr durchmischt. Er ist an jeden einzelnen Charakter angepasst. Man merkt teilweise gar nicht, wie die Seiten verfliegen. Teilweise zieht es sich aber auch sehr. Vor allem die Kapitel in der Vergangenheit haben sich für mich manchmal wie Kaugummi gezogen. Natürlich sind sie auch interessant und wichtig, immerhin sucht man ja nach Hinweisen auf das „Warum“. Aus heutiger Sicht fallen besonders bestimmte Sätze auf, in denen der unterschwellige Rassismus deutlich wird, die jeweiligen Protagonisten des Kapitels, sich dessen aber überhaupt nicht bewusst werden.
An dieser Stelle muss ich auch dem Übersetzer, Dirk van Gunsteren, ein großes Kompliment aussprechen! Es war bestimmt nicht einfach, diese vielen Stile so rüberzubringen.


Fazit: Dieses Buch ist ein unglaublich eindringliches Buch, dass einen vor allem am Schluss den Kopf schütteln lässt und für Gänsehaut sorgt.
Ich fand es allerdings sehr schade, dass der Hauptfokus nicht auf der Zeit des Exodus oder kurz danach lag, sondern vorwiegend auf der Vorgeschichte aller Charaktere, die am Schluss anwesend sind. Was da passiert kann ich natürlich nicht verraten.
Besonders die Kapitel über den Exodus und die Zeit kurz danach gefielen mir extrem gut. Wäre das restliche Buch auch so ausgerichtet gewesen, hätte es von mir ganz klare 5 Sterne bekommen. So hat es aber dazwischen sehr viele Längen. Die Kapitel sind wichtig, ganz klar, sonst versteht man die Charaktere und deren Handeln am Ende nicht, aber für mich haben sie sich gezogen wie Kaugummi.
Von mir bekommt das Buch deswegen 3 Sterne.

Veröffentlicht am 02.09.2019

Science-Fiction trifft auf Liebesgeschichte

Herzmalerei: Roman
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Was, wenn zwei Seelen einander so innig und aufrichtig lieben, dass sie einander immer wieder suchen? Ist das ein Segen, oder ein Fluch?

Eine Frau namens Lea ist schwer verletzt und stirbt scheinbar in ...

Was, wenn zwei Seelen einander so innig und aufrichtig lieben, dass sie einander immer wieder suchen? Ist das ein Segen, oder ein Fluch?

Eine Frau namens Lea ist schwer verletzt und stirbt scheinbar in den Armen ihres Geliebten Ben. Was hat es mit den beiden auf sich?

Im 22. Jahrhundert gibt es zwei Arten von Menschen, die System-Menschen, die künstlich erschaffen und auf Perfektion getrimmt sind und die Gott-Menschen, die auf natürlichem Wege entstanden und „fehlerbehaftet“ sind.
Die Psychologin Zenia arbeitet bei der Übergabe der System-Babys. Sie hinterfragt weder ihr Leben noch die Welt, in der sie lebt. Doch ihre Welt bekommt erstmals Risse, als eine Kollegin ihr einen Zettel zusteckt und bei einem persönlichen Treffen einen schrecklichen Verdacht äußert. Zenia weigert sich ihr zu glauben und plötzlich wird Mia vermisst. Ist vielleicht doch etwas an ihrer Theorie dran?
Sie beschließt dort nicht mehr zu arbeiten und wechselt in eine Firma, in der Menschen in ihre früheren Leben zurückgeführt und gleichzeitig therapiert werden. Nicht ahnend, dass dadurch bald ihr gesamtes Leben und ihr Glaubenssystem noch dazu, auf den Kopf gestellt wird.

Nael sitzt im Gefängnis, was in dieser Zeit kein Zuckerschlecken ist. Hilflos muss er mitansehen, wie seine Schwester in einer Abwärtsspirale gefangen ist. Doch dann bekommt er eine zweite Chance.


Ich hatte angesichts des Klappentextes eigentlich mit einem Liebesroman gerechnet, nicht mit einer Mischung aus Liebesroman, Krimi und Science-Fiction. Mir gefiel die Idee sehr gut, allerdings kam für mich das Kernthema, der ewigen Liebe zwischen zwei Seelen, die sich immer wieder suchen zu kurz. Das wurde immer wieder einmal kurz angerissen, aber für mich lag der Fokus eindeutig mehr auf Science-Fiction.
Ich habe mich schwergetan emotional an die Charaktere heran zu kommen. Ich fand sie nicht unsympathisch, aber irgendwie blieben sie für mich unerreichbar. Sie haben mich nicht mitgerissen. Die Wendung am Ende fand ich interessant, aber für mich ist das Buch nicht beendet. Irgendwie erwarte ich da einen zweiten Teil. Für mich ist das Ende so wie es ist zu offen.

Die Science-Fiction Elemente haben mir sehr gut gefallen, diese Zukunftsvision, die nicht so abgedreht ist, dass sie tatsächlich möglich erscheint. Mich hat das Buch sehr stark in der Hinsicht an die klassischen Dystopien der 1980er erinnert, also „1984“, „Brave new world“ und dergleichen. Ich muss sagen, dass ich eine große Schwäche für diese Bücher habe.
Ich fand die Konstruktion dieser Zukunft und des Dystopie Teils sehr interessant, allerdings wurden für mich von der Protagonistin diese disharmonischen Töne, die sie wahrgenommen hat, nicht konsequent genug verfolgt. Sie läuft einfach weg und lässt alles auf sich beruhen, als ihr eine Halb-Antwort präsentiert wird. Warum forscht sie nicht nach? Warum lässt sie das auf sich beruhen? Warum macht sie ihre Erkenntnisse nicht publik?
Den Krimi Anteil zum Schluss fand ich nicht schlecht, er passte sehr gut zum Plot und zur Konstruktion des Buches.


Fazit: Mir hat das Buch ganz gut gefallen, allerdings kam für mich der Teil mit den früheren Leben und der Liebesgeschichte zwischen den Seelen eindeutig zu kurz. Ich hatte erwartet, dass der Hauptfokus darauf liegen würde und das war nicht der Fall. Die Science-Fiction Geschichte stand eindeutig für mich im Vordergrund, anstatt den Rahmen für die einander suchenden Seelen zu bilden.
Zudem kam für mich das Ende zu abrupt und war für meinen Geschmack viel zu offen. Ich würde da einen zweiten Band erwarten.
Ich hatte leider große Probleme emotional an die Charaktere heran zu kommen. Es ist mir bis zum Schluss nicht gelungen.

Für die sehr interessante Idee, die wirklich sehr gut aufgebaute Zukunftsvision und den insgesamt doch stimmigen Plot gibt es von mir 3 Sterne. Mehr war leider aufgrund der Kritikpunkte nicht drin.

Veröffentlicht am 02.09.2019

Es hätte alles so schön sein können...

Saving Love
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Achtung: Dilogie und Cliffhanger!

Lace oder auch Lacey hat ihr bisheriges Leben in Angst verbracht. Angst, vor der Meinung anderer, Angst, vor dem Versagen, Angst, vor ihrem „Erzeuger“. Doch jetzt ist ...

Achtung: Dilogie und Cliffhanger!

Lace oder auch Lacey hat ihr bisheriges Leben in Angst verbracht. Angst, vor der Meinung anderer, Angst, vor dem Versagen, Angst, vor ihrem „Erzeuger“. Doch jetzt ist sie an einem Punkt im Leben angekommen, an dem sie keine Angst mehr haben will, sie will leben! Und um zu leben, muss man Risiken eingehen und Dinge ausprobieren. Sie macht zum Beispiel mit ihrem Freund Luke Schluss – sie versucht es, aber als er ihr Schuldgefühle einredet und weint, nennt sie es Pause, statt Schluss machen –, geht Boxen, um sich gegen ihren „Erzeuger“ wehren zu können, sollte er, sobald er aus dem Gefängnis entlassen wird, das Näherungsverbot verletzen und sie will neue Erfahrungen machen, indem sie zum Beispiel spontaner ist und auch mal auf eine Party geht.
An genau diesem Punkt in ihrem Leben trifft sie auf Nolan. Ein gutaussehender Kerl mit Bad Boy Ausstrahlung, der trotz seiner anfangs blöden Sprüche Lacey irgendwie nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Doch er hat eine Freundin und Lacey will nicht „die andere Frau“ sein. Aber das ist leichter gesagt als getan, denn scheinbar ist das Schicksal anderer Meinung und führt die beiden immer wieder zusammen.


Ich fand Lacey und Nolan von Anfang an sympathisch. Lacey tat mir sehr leid mit ihrer Vergangenheit und ihrem Trauma. Nolan wirkte auf den ersten Blick total lässig und cool, aber in ihm steckt viel mehr, als man erwarten würde.
Jetzt komme ich aber schon zum Aber. Aber leider zieht sich mir das alles zu lange hin. Andauernd kommen sie sich näher und schon stößt der eine wieder den anderen weg. Dieses ewige „sie wollen sich, aber es geht nicht!“ ging mir irgendwann ziemlich auf die Nerven. Ebenso, wie das Ende, dass für mich leider zu klischeehaft und Mainstream war. Leider enden in letzter Zeit fast alle Dilogien so und das nervt. Ich hatte gehofft, dass das Ende etwas überraschender gewesen wäre. Leider hat es mich ziemlich frustriert und wütend zurückgelassen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist für mich die Tatsache, dass Lacey an einer Stelle angetrunken Auto gefahren ist. Das ist für mich ein absolutes No-Go. Wer getrunken hat, fährt nicht mehr! Sie hätte sich meiner Meinung nach genauso gut auch ein Taxi rufen können.


Fazit: Ich war anfangs total begeistert von diesem Buch. Man spürt die Chemie zwischen den Protagonisten, es knistert und man kann sich dem gar nicht entziehen. Aber leider zieht es sich für mich viel zu lang mit dem hin und her und das Ende war für mich zu 08/15, einfach ein Ende, wie bei (fast) jeder Dilogie, die ich im letzten Jahr gelesen habe, einfach schade! Das Buch hätte meiner Meinung nach so viel Potential gehabt!
Der ersten Hälfte des Buches, hätte ich, ohne zu zögern 5 Sterne gegeben. Der zweiten Hälfte, vor allem aber dem letzten Viertel, kann ich nicht mehr als 2 Sterne geben. Das wären 3,5 Sterne, aber für die Alkoholfahrt, ziehe ich noch einen halben Stern hab, denn für mich ist das ein rotes Tuch und geht gar nicht.
Das Buch bekommt von mir 3 Sterne.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Ein ungewöhnliches, aber stellenweise anstrengendes Buch

Find mich da, wo Liebe ist
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8 Jahre lang war Grace mit David zusammen und wartete darauf, dass er für sie seine Frau verlässt. Doch ein Ereignis ändert alles. Eine Frau stürzt auf die U-Bahn Gleise und David rettet ihr das Leben. ...

8 Jahre lang war Grace mit David zusammen und wartete darauf, dass er für sie seine Frau verlässt. Doch ein Ereignis ändert alles. Eine Frau stürzt auf die U-Bahn Gleise und David rettet ihr das Leben. Die Überwachungsbilder gehen durch die Medien und outen die beiden als Paar.

Früher wollte Grace Cellistin werden, aber dazu kam es nicht. In der Musikhochschule hat ein Lehrer sie so lange drangsaliert, bis sie Panikattacken entwickelte. Sie spielt noch immer überragend, aber kann es nicht mehr tun, wenn sie weiß, dass ihr jemand zuhört. Stattdessen restauriert und baut sie jetzt dieses von ihr so sehr geliebte Instrument und andere Streicher.



Mir wurde Grace anfangs von Seite zu Seite sympathischer. Zwar fiel es mir schwer ihre Beziehung mit David nachzuvollziehen, aber wenn sie erzählt, wie es ihr in der Musikhochschule ergangen ist, möchte ich sie nur in den Arm nehmen. Ihr Selbstvertrauen wurde dort komplett zerstört. Allein ihre Wortwahl „Cello-Hochstaplerin“ sagt alles. Sie glaubt, ihr Lehrer hatte recht und sie hatte dort nichts zu suchen, immerhin wurde sie ja auch von der Schule geworfen. Sie sieht nicht, dass es nicht an ihr lag, sondern an ihrem Lehrer. Sie war schon überragend, bevor sie bei ihm Unterricht hatte und sie ist es noch immer. Aber die Angst sitzt so tief, dass sie schon fast einer Phobie gleichkommt. Ich finde es so schrecklich, dass sie nicht mehr das tun kann, wovon sie immer geträumt hat.



Kurz vor der Hälfte des Buches kam bei mir der Tiefpunkt. Ich konnte einfach nicht verstehen, was Grace in David sieht, oder anders, warum sie nicht sieht, was ich sehe. Sie war mir viel zu gutgläubig und naiv. Ich wollte sie schütteln. Für mich stand das in zu krassem Gegensatz zu ihren Selbstzweifeln. Kurz vor Schluss wird es wieder besser, aber der Tiefpunkt war für mich wirklich sehr, sehr tief.



Die Auflösung am Schluss fand ich sehr gut gemacht. Es werden einige Geheimnisse gelüftet, aber es wirkt echt und nicht krampfhaft konstruiert.



Dieses Buch lebt von der Liebe zur Musik und diese Liebe verbindet Grace mit den Nebencharakteren. Anfangs unterschätzt man sie sehr, aber je weiter das Buch voran schreitet, desto deutlicher wird, was für tolle Menschen sie sind und wie bedingungslos sie lieben können.



Fazit: Ich bin was dieses Buch angeht sehr zwiegespalten. Einerseits fand ich die Liebe zur Musik wirklich toll und all das Wissen über Instrumente und Celli im Besonderen. Andererseits hat für mich Grace ziemlich unerwartet plötzlich immer weiter abgebaut, bis ich sie einfach nicht mehr verstehen konnte. Sie tat mir leid, ja, aber ich fühlte mich ihr nicht mehr so verbunden, wie zu Beginn. Dafür beneide ich sie aber um ihre Freunde, die Nebencharaktere. Sie sind so unglaublich nett und bedingungslos unterstützend. Wer wünscht sich nicht solche Freunde?

Die Handlung gefiel mir zum Ende hin wieder besser, konnte mich aber nicht über den Mittelteil hinwegtrösten, der mich Grace dauerhaft entfremdet hat.



Das Buch ist durchaus lesenswert, vor allem, wenn man sich für Musik und Instrumentenbau interessiert. Aber die unfassbar naive Protagonistin macht es einem manchmal sehr, sehr schwer.

Veröffentlicht am 25.08.2019

Ein Roman mit vielen Facetten, aber leider zunehmend unsympathischen Charakteren

Der Verrat
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1998: Renate Soffas beobachtet einen schweren Autounfall. Jemand war die Serpentinen zu schnell heruntergerast. Aber warum? Die Einheimischen wissen doch, wie gefährlich sie sind!


2018: Pia von Manthey ...

1998: Renate Soffas beobachtet einen schweren Autounfall. Jemand war die Serpentinen zu schnell heruntergerast. Aber warum? Die Einheimischen wissen doch, wie gefährlich sie sind!


2018: Pia von Manthey lebt mit Mann und Tochter auf einem Weingut. Alles erscheint nach außen absolut perfekt.

Nane, eine von Pias zwei Schwestern wird nach 20 Jahren Haft wegen Mordes auf Bewährung entlassen. Sie sieht sich einer vollkommen veränderten Welt gegenüber und die Schuld den Tod eines Menschen verursacht zu haben nagt schwer an ihr. Wie soll sie damit leben? Doch sie trägt auch seit 20 Jahren Zweifel mit sich herum: ist sie wirklich eine Mörderin?

Beide Schwestern, so ungleich sie auch sein mögen, sind durch ein Geheimnis verbunden, von dessen Existenz keine von ihnen etwas ahnt.

Was geschah vor 20 Jahren?

 

Wieder erfährt man bei Ellen Sandberg einiges über die Charaktere. Man ist ihnen sehr schnell sehr nah und wenn langsam aber sicher die disharmonischen Töne hörbar werden und die Puzzle Teile nicht mehr zusammenpassen und die in den Schatten lauernden Geheimnisse langsam ans Licht kommen, merkt man, dass man nur eine Seite von Ihnen zu sehen bekommen hat. 

 

Regel Nummer eins bei diesem Buch: nichts und niemand ist wie es scheint! 

 

Wie immer bei Ellen Sandberg bekommt man viele Hinweise, so viele, dass man manchmal das Gefühl hat in Details zu ertrinken, aber diese Details sind wichtig für die Handlung, denn nur dadurch versteht man, was wirklich los ist. Zwischendrin sorgen aber diese scheinbar unwichtigen Details für Längen in denen man aber nicht abdriften darf.

Bleibt man dran wird man mit einem Buch belohnt, dessen Genre sich kaum einordnen lässt. Einerseits ist es ein Krimi, andererseits fast ein Psychothriller, wenn man bedenkt, was für Psychospielchen der eine oder andere Charakter da treibt. Manchmal ist es aber auch mehr ein Roman und manchmal ein Familiendrama. Es steckt vieles in diesem Buch. Wie auch seine Charaktere, hat dieses Buch viele Facetten. 

 

Das Problem ist aber, dass je weiter der Roman fortschreitet, desto weniger sind einem die beiden Protagonistinnen noch sympathisch. Bald hat man das Gefühl, dass es ihnen eigentlich immer nur darum ging, der anderen das Leben zu vermiesen. 

Ganz schrecklich fand ich die Erotikszenen und das darüber nachgrübeln, warum es im Bett nicht gut läuft – gerade dieser Punkt wird für mich zu oft thematisiert.

Die Idee von einem Familienfluch, der auf den Frauen der Familie liegt, finde ich an sich nicht schlecht, nur liegt es hier eindeutig nicht an einem Fluch, sondern an der Ichbezogenheit der betreffenden Frauen, dem Neid, der Eifersucht und der Missgunst. Manchmal fragt man sich: sind die wirklich so doof? Ja, sind sie. Alle drei Schwestern fühlen sich immer im Recht, egal welche Regeln oder Gesetze sie brechen. Wenn es dann schief läuft, wird der Familienfluch bemüht, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass man selber Schuld ist. Gut, manchmal hat auch eine der Schwestern die Hand mit im Spiel, aber die eigentlichen fatalen Entscheidungen, treffen sie selbst.

Die Auflösung lies sich erahnen, aber trotzdem ist sie nicht weniger erschreckend. Mich hat sie fassungslos gemacht. Manchmal fällt es einem echt schwer den Glauben an das Gute im Menschen zu bewahren. 

 

Ein paar Worte noch zum Buch selbst. Das Cover gefällt mir wirklich gut, es passt perfekt zum Buch. Das idyllische, wunderschöne Weingut und die dunklen, bedrohlichen Wolken darüber. Besser hätte man den Kern der Handlung nicht darstellen können.

Die Broschur fühlt sich wertig an, was mit aber besonders gut gefällt, ist das Schriftbild. Die Schriftgröße empfinde ich als sehr angenehm, ebenso, wie den Zeilenabstand. Im Vergleich zu „Die Vergessenen“, dass ich als Taschenbuch gelesen habe, empfand ich das Schriftbild hier als um Längen besser. Ich würde also im Zweifelsfall bei Ellen Sandberg immer zur Broschur raten. Ob der Unterschied beim Penguin Verlag immer so groß ist, weiß ich nicht, aber bei diesen beiden Büchern war er wirklich extrem.

 

Fazit: Mir hat das Buch teilweise sehr gut gefallen, teilweise aber auch weniger. Ich fand es spannend und mysteriös aber manchmal sind mir die Protagonistinnen tierisch auf den Nerv gegangen. 

Die Auflösung lies sich zwar erraten, aber war dennoch in ihrer Tragweite atemberaubend. Was mich gestört hat, waren sie Erotikszenen. Ich fand sie nicht gelungen, daher gibt es von mir einen Stern Abzug. Einen weiteren Stern Abzug gibt es wegen der Entwicklung der Charaktere. Am Ende konnte ich leider keine der Protagonistinnen mehr wirklich leiden. Das Buch selbst ist nicht schlecht, aber leider auch nicht so gut, wie „Die Vergessenen“ oder die Krimi Reihen, die nicht unter dem Pseudonym Ellen Sandberg, sondern als Inge Löhnig veröffentlicht werden. Ich werde in Zukunft denke ich, mehr Inge Löhnig lesen und eher weniger Ellen Sandberg.