Dieser Schreibstil. Dieses Ende. Ich brauche Band 2!
Gods of Ivy Hall, Band 1: Cursed KissGriechische Mythologie. Rachegöttinnen. Ein verbotener Kuss. Der Klappentext von »Cursed Kiss« hat mich auf Anhieb angesprochen, trotzdem habe ich versucht, meine Erwartungen angesichts einiger mittelmäßiger ...
Griechische Mythologie. Rachegöttinnen. Ein verbotener Kuss. Der Klappentext von »Cursed Kiss« hat mich auf Anhieb angesprochen, trotzdem habe ich versucht, meine Erwartungen angesichts einiger mittelmäßiger Bewertungen etwas zu drosseln. Was soll ich sagen? Das Buch hat mich in mehr als einer Hinsicht positiv überrascht, gleichzeitig kann ich aber auch die bescheideneren Bewertungen verstehen – oder zumindest leuchtet mir ein, warum gewisse Dinge manchen nicht so gefallen könnten.
Zunächst einmal zu meiner Überraschung Nummer 1. Ich hatte bisher noch nichts von Alana Falk gelesen und kannte ihren Schreibstil daher noch nicht. Ich habe mich schon innerhalb weniger Seiten in ihn verliebt. Sie schreibt unglaublich atmosphärisch, findet träumerische, fast poetische Beschreibungen für die simpelsten Dinge und zieht den Leser durch ihre bildhafte Sprache gnadenlos ins Geschehen. Vor allem die Gegenwart Hades‘, diese kalte, alles verschlingende Finsternis, kleidet sie so gekonnt in Worte, dass ich gebannt an den Seiten klebte. Ich habe mir auch die eine oder andere Textstelle markiert, weil sie so schön klang.
"Sie schweigt, ich auch. Ich weiß, dass der Moment vorbei ist. Was ich nicht weiß, ist, ob wir noch einmal die Gelegenheit bekommen werden, uns einen winzigen Splitter aus der Ewigkeit zu brechen." (S. 202)
Der Schreibstil hat es mir wirklich angetan – dazu kam die Tatsache, dass wir nicht nur aus Erins, sondern auch aus Ardens Sicht lesen und somit auch in seinen Kopf hineinschauen können. Er lässt uns zwar nicht so tief einblicken, wie es Erin tut, weil es schließlich auch noch ein paar Spannung schürende Geheimnisse geben muss, aber ich habe sehr gerne aus seiner Sicht gelesen, weil mich vor allem seine Gedanken über Erin nicht selten zum Lächeln gebracht haben. Mit ihm haben wir einen männlichen Gegenpart, wie wir ihn immer seltener in Büchern zu lesen bekommen, denn er ist ein Good Guy durch und durch. Das hat mich zu keinem Zeitpunkt gestört, im Gegenteil, ich mochte ihn sofort und habe seine hilfsbereite, verständnisvolle, aber auch frech-charmante Art sehr genossen.
Neben ihm hatte es Erin wirklich schwer, zu meinem Buchliebling zu werden, aber sie hat sich gut geschlagen. Es mag ein paar Momente geben, die sie egoistisch oder kindisch erscheinen lassen (das habe ich jedenfalls einigen Rezensionen entnommen), ich persönlich konnte ihr Handeln jedoch immer nachvollziehen. Ich habe ihre tiefe Liebe zu ihren Schwestern gefühlt, verstanden, dass sie alles für sie tun würde, und fand es klasse, wie oft sie ihr Handeln reflektiert und ihre Möglichkeiten durchdenkt. Es fiel mir nicht schwer, sie zu mögen.
Das Beste in diesem ersten Band war für mich tatsächlich die Liebesgeschichte zwischen Erin und Arden. Sie stand eindeutig im Mittelpunkt, aber ohne alles andere unwichtig werden zu lassen – sie fügt sich wahnsinnig gut in den Fantasy-Aspekt ein. Der Autorin gelingt es außerdem, die Gefühle zwischen den beiden, die tiefe Bindung, die sie nach und nach zueinander aufbauen, beim Leser glaubwürdig ankommen zu lassen. Und dann ist da noch diese knisternde Spannung zwischen ihnen, weil ihre Gefühle füreinander so offensichtlich sind, sie gleichzeitig aber keine wirkliche Zukunft haben, denn ein Kuss würde Arden zu einem Leben als seelenloser Zombie verurteilen. Diese Spannung ist so intensiv dargestellt, dass es mich teilweise echt frustriert hat – in einem durchweg positiven Sinne.
Der Fantasy-Aspekt ist durchgehend präsent und wird von der Liebesgeschichte zu keinem Zeitpunkt verdrängt, trotzdem habe ich nach dem Ende – diesem wahnsinnigen Ende – das Gefühl, dass da noch so viel mehr auf uns zukommen könnte, weil wir in Band 1 einfach noch nicht so tief drin sind.
Nach einem sehr interessanten, spannenden Start gibt es in der Mitte ein paar Längen, aber ich habe mich trotzdem zu keinem Zeitpunkt gelangweilt. Manchmal kam es mir nur so vor, als würde Erin unnötige Umwege gehen, anstatt sich dem Problem direkt anzunehmen, aber mit dem Ende ergeben auch diese Umwege einen Sinn. Was man dem Buch auf keinen Fall vorwerfen kann, ist die Tatsache, dass es nicht viel Handlung gäbe, denn es passiert ständig etwas – und manche Ereignisse sind so spannend, dass man immerzu weiterlesen möchte.
Meine zweite große Überraschung war das Ende. Ich habe mir von Anfang an so meine Gedanken gemacht, was am Ende herauskommen und wie sich alles auflösen könnte, aber zu keinem Zeitpunkt bin ich der wirklichen Auflösung auch nur nahegekommen. Ich glaube, das kann man auch gar nicht vorhersehen, weil es einfach zu komplex ist – und noch dazu gut durchdacht. Aber das Beste: Es ist so vielversprechend für den zweiten Band, der noch viel viel besser werden könnte als der Auftakt. Das ist jedenfalls mein Gefühl nach diesen krassen Enthüllungen. Schon während des Lesens der letzten Seiten habe ich die Spannung und meine Vorfreude auf den zweiten Band gespürt und das, obwohl es nicht einmal einen richtigen Cliffhanger gibt. Klar, es bleibt einiges offen, aber man könnte es so auch enden lassen (zugegeben: wenn man fies wäre). Glücklicherweise geht es noch weiter, denn ich glaube, das kann richtig richtig gut werden. Ich bin jetzt so gespannt auf Band 2 und würde ihn am liebsten sofort lesen.
Fazit
Ein wirklich guter Auftakt, der für den zweiten Band so viel verspricht und eine riesige Vorfreude schürt. Gäbe es das Ende nicht, würde ich wegen der paar Längen zu vier Sternen tendieren, so aber muss ich diese geniale Idee mit einem weiteren halben Stern belohnen (der Schreibstil hat das auch verdient!). Für mich sind es also 4,5 Sterne.