Profilbild von Viv29

Viv29

Lesejury Star
offline

Viv29 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Viv29 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.09.2019

Die sind nun also die letzten Zeilen

Die Zuneigung ist etwas Rätselvolles
0

Dieses Buch enthält 123 der insgesamt 750 erhaltenen Briefe, die Theodor und Emilie Fontane sich zwischen 1844 und 1898 geschrieben haben. Sie sind chronologisch in zehn Abschnitte aufgeteilt, die sich ...

Dieses Buch enthält 123 der insgesamt 750 erhaltenen Briefe, die Theodor und Emilie Fontane sich zwischen 1844 und 1898 geschrieben haben. Sie sind chronologisch in zehn Abschnitte aufgeteilt, die sich jeweils einem bestimmten Lebensabschnitt der Fontanes widmen. Jedem Abschnitt ist ein erklärender Text vorangestellt. Diese Texte sind ganz ausgezeichnet. In gutem Stil geben sie einen Überblick über die jeweiligen Lebensabschnitte, erläutern einige Aspekte der Briefe, geben wichtige Hintergrundinformationen. Die Texte dienen bereits als eine recht gute Kurzbiographie Theodor Fontanes ab der Zeit seiner Eheschließung. Sie sind ausgezeichnet lesbar und erleuchten auch das Verhältnis zwischen Theodor und Emilie Fontane gelungen.

Die Briefe selbst lesen sich ebenfalls sehr erfreulich. Beide Eheleute schreiben intelligent und unterhaltsam, bei Theodor Fontane blitzt der trockene Humor immer wieder herrlich durch. Gerade seine Beobachtungen anderer Menschen und der verschiedenen Orte seiner Reisen sind scharfsinnig und oft amüsant. An anderen Stellen zuckt man angesichts seiner ruppigen Art zusammen - seine Frau Emilie hat sich einiges von ihm anhören und vorwerfen lassen müssen. Und doch ist eine Zuneigung zu ihr evident und er schreibt auch herrliche Überlegung über die Natur der Zuneigung.

Emilie Fontane, von der leider weniger Briefe vorliegen, schreibt freundlich-resolut, hat keine Scheu, ihre Meinung kundzutun. Wenn sie ihrem Mann Rückmeldung zu seinem literarischen Werken gibt (sie schrieb alles sauber ab, arbeitete sich durch seine teils verirrenden Annotationen, gab auch wertvolle inhaltliche Meinungen), tut sie dies behutsam, aber ehrlich. Sie weiß, daß ihr Mann hier durchaus eitel ist und kann damit gut umgehen.

Insgesamt begleiten uns diese Briefe durch fast fünf Jahrzehnte einer partnerschaftlichen, liebevollen Ehe, die durchaus ihre schweren Phasen hat. Die Auswahl der Briefe bietet eine schöne Bandbreite all dieser Themen und Emotionen und bringt uns die Fontanes sehr nahe. Auch über das Alltagsleben der zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts erfahren wir hier aus erster Hand viel. Ein Personenverzeichnis am Ende (das ich leider zu spät entdeckte, es hätte mir doch einige Verwirrung erspart) gibt kurze biographische Informationen zu in den Briefen oft erwähnten Personen. Ab und an wäre eine Fußnote zu in den Briefen erwähnten Themen hilfreich gewesen, aber im Großen und Ganzen liefern die Einführungstexte und das Personenverzeichnis die notwendigen Hintergrundformationen.

So erhält man hier einen sehr direkten Blick auf die Menschen Theodor und Emilie Fontane mit ihren Stärken, Schwächen, Problemen und Freuden, zugleich einen Eindruck von einer trotz aller Schwierigkeiten von tiefer Zuneigung geprägten Ehe.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Intensives Thema, hervorragend umgesetzt

Im Lautlosen
0

Ich habe dieses spannende Buch in weniger als drei Tagen durchgelesen, die Lektüre sehr genossen. Ich hatte aus Versehen zuerst den zweiten Band ("Die Stimmlosen") gelesen, wußte deshalb vorher schon, ...

Ich habe dieses spannende Buch in weniger als drei Tagen durchgelesen, die Lektüre sehr genossen. Ich hatte aus Versehen zuerst den zweiten Band ("Die Stimmlosen") gelesen, wußte deshalb vorher schon, wie viele Handlungsstränge ausgehen würden, aber dies hat der Spannung keinerlei Abbruch getan.

Die Geschichte beginnt recht idyllisch im Jahre 1926 mit den Medizinstudenten Paula und Richard, die sich ineinander verlieben, heiraten und uns durch das Buch begleiten. Die sich anbahnende Liebesbeziehung zwischen den beiden ist erfreulich geschildert - kein Kitsch, keine albernen Bettszenen - und gerade dadurch echt und berührend. Ich kann mit Liebesgeschichten eigentlich wenig anfangen, aber hier habe ich richtig mitgefiebert und fand den Umgang der beiden miteinander ganz wundervoll. Durch das ganze Buch hindurch bleibt diese Beziehung von Paula und Richard berührend - eine partnerschaftliche und ausgesprochen liebevolle Ehe, über die ich gerne las.

Ebenso erfreulich ist die Freundschaft zwischen Richard und seinem Kollegen Fritz. Ich freute mich immer auf Szenen mit den beiden, weil man auch hier ohne großes Drumrum die tiefe Verbundenheit der beiden Freunde merkte. Ihr regelmäßiges gemeinsames Biertrinken war ein nettes Leitmotiv und auch ihre trocken-humorvollen Unterhaltungen lasen sich vergnüglich. Überhaupt findet sich hier auch das, was ich im zweiten Buch sehr geschätzt habe: der herrliche Humor, eingestreut in kleinen Bemerkungen, der in den schönen Zeiten die Leichtigkeit unterstützt und in den schweren Zeiten für kleine Momente der inneren Erholung sorgt. Die beiden Charaktere Fritz und Richard sind gut geschildert - der etwas bissige Fritz, der den Großteil des Buches halbwegs optimistischen Pragmatismus zeigt und zB in den 30ern "die Sonnenseiten unseres neuen Deutschlands genoss, weil er gegen die Schattenseiten nichts unternehmen konnte." Dagegen Richard, rigoros in seiner Ablehnung der Dikatur, elegant-schlagfertig, aber auch melancholischer. Eine gute Kombination.

Der Schreibstil liest sich gut und farbig, das Erzähltempo gefiel mir überwiegend, auch wenn mir ein paar Phasen etwas zu kurz kamen (die 30er und die letzten Kriegsmonate werden mir etwas zu schnell abgehandelt), dafür ein paar andere Stellen für meinen Geschmack zu ausführlich waren. Einige wenige Punkte wurden mir für meinen Geschmack zu oft wiederholt. So ist die furchtbare Einsicht, daß man in jenen entsetzlichen Jahren der Dikatur manchmal einige opfern muß, um andere zu retten, bei der ersten Erwähnung sehr eindringlich und wichtig, zeigt eines der moralischen Dilemmas jener dunklen Jahre. Dann aber wird dieser Punkt in einem kurzen Abschnitt noch vier- oder fünfmal erwähnt und das schadet der Eindringlichkeit und wäre, wie einige der anderen Wiederholungen, nicht notwendig gewesen. Das sind aber Kleinigkeiten, die das Lesevergnügen nicht beeinträchtigt haben. Bemerkenswert ist die historische Recherche (nur an einer Stelle war ich irritiert, da ein deutscher Soldat 1940 "irgendwo zwischen Belgien und Frankreich" fällt, dies allerdings fast zwei Monate vor Beginn des Westfeldzuges). Die historischen Informationen werden nicht ganz so elegant in die Handlung eingeflochten wie im zweiten Buch, es gibt ziemlich viele erklärende Passagen, aber sie halten sich im Rahmen. Hervorragend ist natürlich der medizinische und psychiatrische Hintergrund - die Autorin ist vom Fach und das merkt man angenehm. Hier war viel Interessantes zu lesen und zu lernen.

Ebenfalls wie im zweiten Buch erfreute mich hier die differenzierte Erzählweise. Niemals malt Melanie Metzenthin schwarz und weiß, stets zeigt sie uns, daß es so einfach nicht geht, berücksichtigt viele Standpunkte, verleiht Charakteren und Geschehnissen dadurch Vielschichtigkeit und Glaubwürdigkeit.

Das Hauptthema der Buches ist der Umgang der Nazis mit dem, was sie so abscheulich als "lebensunwertes Leben" bezeichneten. Die sich anbahnende Bedrohung wird uns schon im Jahre 1926 klar und es wird gut beschrieben, wie sich dieses Thema immer weiter verschärft und welche Gefahren dadurch drohten. An manchen Stellen stockte mir der Atem, an anderen Stellen mußte ich beim Lesen pausieren, weil das Thema so intensiv ist. Sehr schön fand ich, daß hier nie bequeme Zufälle zur Hilfe kamen. Viele gefährliche Situationen werden durch wohlüberlegtes nachvollziehbares Handeln umschifft und nicht immer geht alles glatt. Hier merkt man, wie sorgfältig die Handlung konzipiert wurde.

Ein sehr persönliches Nachwort informiert über den historischen Hintergrund und einige im Buch vorkommende historische Personen. Dieses Nachwort war ebenfalls interessant und gerade durch die persönliche Note auch sympathisch. Dies wird unterstützt durch das ebenfalls gelungene Titelbild, das aus dem Privatarchiv der Autorin stammt.

So ist "Im Lautlosen" eine gut geschilderte Geschichte zu einem wichtigen Thema, mit Charakteren, die berühren. Absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Der eindringliche Blick auf eine andere Kultur

Alles zerfällt
0

In Chinua Achebes "Alles zerfällt" bekommen wir einen wohl einzigartigen Blick auf das vor- und frühkoloniale Nigeria aus Sicht der dort lebenden Igbo. Wir begleiten Okonkwo durch sein Leben in den 1890er, ...

In Chinua Achebes "Alles zerfällt" bekommen wir einen wohl einzigartigen Blick auf das vor- und frühkoloniale Nigeria aus Sicht der dort lebenden Igbo. Wir begleiten Okonkwo durch sein Leben in den 1890er, die, wie der Titel des Romanes schon zeigt, schreckliche Umwälzungen für die Igbo brachten.

Der erste Teil des Romanes ist eher ein Sittengemälde, es findet wenig Handlung statt, Achebe schildert die Gebräuche, den Glauben, den jährlichen Zeitlauf im Dorf Okonkwos. Dies tut er in klarer, teils recht einfacher, teils sehr poetischer Sprache. Das Buch läßt sich durchweg gut und leicht lesen. Anmerkungen hinten im Buch erklären einige Gebräuche oder Begriffe, teils auch die etymologische Bedeutung von Namen. Diese Anmerkungen waren teilweise informativ, zu manchen Aspekten fehlten mir Erläuterungen, dafür fand ich persönlich die etymologischen Erklärung nicht so interessant. Schade ist, daß einige Dinge, gerade was Rituale betrifft, nicht erklärt wurden, es gab hier mehrere Stellen, die einer Anmerkung oder einer Erklärung in einem Nachwort bedurft hätten. Aber insgesamt sind in diesem Buch so viele interessante Informationen und Einblicke enthalten, die eine mir bis dahin völlig fremde Kultur wundervoll erleuchteten und erklärten.

Okonkwo ist ein interessanter Protagonist. Er hat aus eigener Kraft viel erreicht, ist klug und ehrgeizig. Allerdings ist er kein unbedingter Sympathieträger - er ist jähzörnig, oft gewaltätig und in seiner Kultur so verhaftet, daß er einige kaum zu begreifende Dinge tut, um nicht als unmännlich zu gelten. Auf der andere Seite gibt es Momente, in denen positive Seiten durchscheinen, so eine gewisse Fürsorglichkeit und auch Dankbarkeit. Diese differenzierte Zeichnung Okonkwos ist gut gelungen. Anhand seiner Person können wir auch gut verstehen, wie stark die Kultur eine Gruppe Druck auf ihre Mitglieder ausüben kann.

Die Gesellschaft der Igbo rief ähnlich wie Okonkwo selbst sehr zwiespältige Gefühle in mir hervor. Einerseits gefiel mir der starke Gerechtigkeitssinn; die Methoden, Frieden zu bewahren. Andererseits gibt es viele mir grausam erscheinende Ausprägungen, gerade dann, wenn Religion und Aberglaube eine Rolle spielen. Es gibt zahlreiche Stellen in dem Buch, die für uns aus mitteleuropäischer und heutiger Sicht schwer zu verkraften sind, aber auch bei einigen Igbo jener Zeit Unbehagen hervorriefen. Auch hier ist die differenzierte Erzählweise Achebes wieder erfreulich, durch den Charakter Obierika, einem Freund Okonkwos, erfahren wir auch Standpunkte, die denen von Okonkwo wiedersprechen. Neben diesen beiden gibt es noch einige weitere Charaktere, die hier eine größere Rolle bekommen und dem Leser eine Facette der verschiedenen Schicksale und Positionen innerhalb des Dorfes schildern.

Nach dem auf die Schilderung des allgemeinen Dorflebens fokussierten ersten Teils nimmt dann auch die Handlung stärkeren Raum ein, die von Okonkwos ganz privater Tragödie allmählich zur Kolonisierung der Gegend führt. Missionare halten Einzug und auch hier erfreut wieder die Schilderung verschiedener Standpunkte. Die unausweichliche Entwicklung wird uns knapp und eindringlich berichtet und läßt mich nach Ende des Buches betroffen zurück. Okonkwo steht hier symbolisch für so viele Menschen und Völker, die von der Kolonialisierung überrannt und zerstört wurden.

Veröffentlicht am 29.08.2019

Dunkler, intensiver Blick auf unsere schlimmste Zeit

Zeit zu leben und Zeit zu sterben
0

Remarque entwickelt sich immer mehr zu meinem Lieblingsschriftsteller. Auf unnachahmliche Weise berichtet er in seinen Romanen über das Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Stil ...

Remarque entwickelt sich immer mehr zu meinem Lieblingsschriftsteller. Auf unnachahmliche Weise berichtet er in seinen Romanen über das Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Stil ist schnörkellos, ohne Pathos und dadurch besonders eindringlich. "Zeit zu leben und Zeit zu sterben" befasst sich mit der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte. 1944 ist der Krieg so gut wie verloren, was die fanatische menschenverachtende Diktatur nicht davon abhält, weiterhin Millionen zu opfern.

Von allen Büchern Remarques, die ich bisher gelesen habe, inklusive des bereits sehr beklemmenden "Im Westen nichts Neues" ist dies hier das Dunkelste. Remarques zielsicherer trockener Humor, der in den anderen Büchern manchmal eine Atempause vom Geschehen gibt, oder die Inflation in "Der schwarze Obelisk" teilweise fast sarkastisch-heiter darstellt, fehlt hier ganz. Es gibt keine Atempausen vom Schrecken, keinen Ausweg und genau das paßt zu der Zeit, zum Erzählten. Wir begleiten den 23jährigen Ernst Graeber, bereits in jungen Jahren ein Kriegsveteran, der den Feldzug auf Frankreich mitmachte, in Afrika verwundet wurde und nun in der Hölle auf Erden festsitzt: an der Ostfront, die sich gerade im Rückzug befindet. Sehr gut gelingt es Remarque bei den Szenen des Frontlebens zu zeigen, wie vielfältig die Soldaten der Wehrmacht waren. Da ist der überzeugte Nazi, gerade 20, stolz darauf, wie viele Menschen er bei der SS schon brutal ermordet hat, mit gieriger Freude am Töten und einem genau durchdachten arischen Fortpflanzungsprogramm mit der so perfekt arisch-blütigen Verlobten. Es gibt den Kommunisten, der von einem Strafbatallion kam und im Gegensatz zu den anderen kein Blatt vor den Mund nimmt. Zum Ende des Buches eine treffende Bemerkung von Graeber, daß der Kommunismus genau so menschenverachtend ist. "Alles, was ich im Leben einmal möchte, ist denken, was ich will, sagen, was ich will, und tun, was ich will. Aber seit wir Messiasse von rechts und links haben, ist das ein weit größeres Verbrechen als jeder Mord.".
Der Großteil der Soldaten sind aber ganz normale Männer, die einfach nach Hause zu ihren Familien wollen, die hoffe, irgendwie zu überleben, und die immer mehr merken, daß sie für nichts verheizt werden.

Der dreiwöchige Heimaturlaub, den Graeber dann erhält, bringt ihm auch nicht die erhoffte Atempause und hier merkt man den Unterschied zu "Im Westen nichts Neues". In beiden Fällen können die Soldaten ihren Gedanken zwar nicht entkommen, aber Graeber bemerkt zudem schnell, daß er sich in seiner Heimatstadt immer noch im Feindesland befindet - die Diktatur verfolgt ihre eigenen Bürger, alle haben Angst, denunziert wird rasch. Dazu kommen ständige Bombenangriffe, alle paar Tage wird die Stadt angegriffen, Sicherheit gibt es nirgendwo. "Drohend und hoffnungslos stand die Dunkelheit um ihn herum, und es schien kein Entkommen zu geben." Man spürt diese Ausweglosigkeit auf jeder Seite, in jedem Satz, ganz hervorragend kann Remarque diese Atmosphäre darstellen. Graeber erkennt auch allmählich die Schuld, die fast jeder auf sich geladen hat, die Monumentalität des Bösen, der Grausamkeit, die hier stattfindet. So gerne möchte er anders sein, aber er ist letztlich auch Gefangener des Systems. Der Gedanke an Desertion kommt öfter auf, bei seiner Rückkehr nach dem Urlaub wird er von anderen Soldaten sogar ganz offen gefragt, warum er überhaupt zurückgekommen ist. Graeber weiß aber, daß Desertion nicht erfolgreich wäre, in einem Land eifriger Denunzianten würde er gefunden werden und selbst, wenn er es in die Schweiz schaffen würde, würde die ihn gleich zurückschicken oder ausliefern. Selbstverstümmelung wird ebenfalls schnell entdeckt...auch hier gibt es keinen Ausweg, er muß wieder an die Front, muß für eine Diktatur kämpfen, deren Grausamkeiten ihn erschrecken und anwidern.

Die Thematik und diese allumfassende Dunkelheit machen das Buch an manchen Stellen schwer zu lesen, weil man ein fast zu gutes Gefühl für die Ausweglosigkeit und die allenthalben vorhandene Grausamkeit bekommt und auch weiß - das ist nicht ausgedacht, das ist tatsächlich so passiert. Das Buch ist ein eindringlicher, schonungsloser Blick in diese Zeit und unbedingt lesenswert.

Veröffentlicht am 28.08.2019

Spannend und gut konzipiert

Bis ihr sie findet
0

"Bis ihr sie findet" hat mich von Anfang an angesprochen. Man kommt ausgezeichnet in die Geschichte hinein, die gleich spannend mit dem Fund einer Leiche beginnt und die Ermittlungen in einem über 30 Jahre ...

"Bis ihr sie findet" hat mich von Anfang an angesprochen. Man kommt ausgezeichnet in die Geschichte hinein, die gleich spannend mit dem Fund einer Leiche beginnt und die Ermittlungen in einem über 30 Jahre zurückliegenden Todesfall wieder aktiviert.

Über den Großteil des Buches wechseln sich die in der Gegenwart spielenden Kapitel mit Rückblicken in jene Nacht vor über 30 Jahren ab. Wir erleben eine Gruppe junger Leute, deren Campingausflug sehr anders endet als geplant, und lernen diese Leute nun als Erwachsene mittleren Alters kennen, die sich erneut mit den Geschehnissen aus ihrer Jugend auseinandersetzen müssen. Diese Charaktere sind gut gezeichnet, sowohl als Jugendliche wie auch als Menschen mittleren Alters, wenn auch ein, zwei von ihnen leider nur sehr am Rande vorkommen. Es war interessant zu lesen, wie sich ihre Lebenswege entwickelt haben. Die Gegenüberstellung von Gegenwart und damaligen Geschehnissen ist ausgezeichnet gelungen. Wir erfahren so Schritt für Schritt neue Informationen auf beiden Zeitebenen, die gut synchronisiert sind. Für mich war es bis zum Ende hin offen, wer der Täter war und auch die Umstände der Tat waren für mich überraschend, aber durchaus stimmig.

Der Schreibstil ist angenehm und liest sich gut. Die Spannungskurve ist überwiegend gelungen. Die Ermittler sind erfreulich zu lesen, wenn auch zwei von ihnen sehr blaß bleiben und ich sie manchmal nicht auseinanderhalten konnte. Völlig überflüssig fand ich lediglich den jeweiligen Privatkram der beiden Ermittler Johah und Juliette, der überhaupt nichts zur Handlung beitrug, sondern sie eher unerfreulich unterbrach. Zum Glück hielten sich diese Szenen in Grenzen.

Es werden ziemlich viele Spuren verfolgt, einige davon, die auf den ersten Blick gar nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, finden sich recht originell zusammen. Zeitweise war mir die Handlung allerdings aufgrund der vielen Fährten ein wenig zu zerfasert.

Im Gesamten aber bot "Bis ihr sie findet" eine gut geschriebene, angenehm zu lesende Geschichte mit originellen Wendungen und Hintergründen und interessanten Charakteren.