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Veröffentlicht am 30.08.2019

Jahre des Krieges

Und ich war da
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Martin Beyer hat mit „Und ich war da“ ein ambitioniertes und bewegendes Buch geschrieben. Mit Themen, über die es sich lohnt, nachzudenken.
 
Die Hauptfigur August Unterseher ist ein Junge, später junger ...

Martin Beyer hat mit „Und ich war da“ ein ambitioniertes und bewegendes Buch geschrieben. Mit Themen, über die es sich lohnt, nachzudenken.
 
Die Hauptfigur August Unterseher ist ein Junge, später junger Mann in den schlimmen Jahren 1936 bis 1943 in Deutschland. Sein tyrannischer Vater hat einen Bauernhof und behandelt seine beiden Söhne streng. Nicht selten geht es gewalttätig zu. Die Kindheit ist sowohl von der Gewalt des Vaters als auch das der Umgebung und der Gesellschaft geprägt. August Schicksal scheint vorbestimmt. Und nur zweimal glaubt August, auch andere Möglichkeiten zu haben. Zuerst durch seinen intellektuellen Freund Paul, der immerhin Widerstand leistet. August schafft das nicht. Und später durch die Widerständlerin Isabella, in die er sich verliebt, der er aber am Ende doch nicht helfen kann.
 
Später werden die Söhne in den Krieg ziehen und nur August wird versehrt zurückkehren. Aus einer Perspektive aus dem Jahr 1988 versucht der alte August sich durch Traumtherapie an die Kriegsjahre zu erinnern und es folgen grausame Kriegsszenen, in der August immer wieder an die extreme stößt. Er tötet viel und es gibt auch Erschießungsszenen, wo er blind gehorcht. Auch nach dem Krieg wird der traumatisierte August beim Töten helfen.
 
Die Frage ist nun, warum August zum Mitläufer wurde und man kann sich die Frage stellen, wie man selbst reagiert hätte.
Die Fragestellung löst sich durch den Roman meiner Meinung nach nicht auf. Die Beschreibungen der einzelnen Szenen zeigen, dass August Möglichkeiten zu begrenzt waren. Dass er sich innerlich nicht befreien konnte, kann ich verstehen. Aber ein Roman muss die Lösung nicht unbedingt in sich tragen, um zu überzeugen.
 
Man kann sich der Intensität des Romans nur schwer entziehen.
Ich halte den Roman daher für lesenswert.

Veröffentlicht am 29.08.2019

Gesellschaftsportrait mit kriminalistischem Touch

Drei
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Der Roman Drei aus Israel in ein ungewöhnliches Buch, das in 3 Episoden aus der Perspektive von Frauen erzählt. Die 3 Frauen verbindet nur ihre Beziehung zu einem Mann, dem Rechtsanwalt Gil.
Während man ...

Der Roman Drei aus Israel in ein ungewöhnliches Buch, das in 3 Episoden aus der Perspektive von Frauen erzählt. Die 3 Frauen verbindet nur ihre Beziehung zu einem Mann, dem Rechtsanwalt Gil.
Während man die Frauen ganz gut kennen lernt, bleibt Gil distanziert und undurchschaubar. Das ist die Absicht des Autors, weshalb er nie aus der männlichen Perspektive erzählt.

Die 3 Abschnitte des Buches sind verschieden gestaltet und bilden am Ende doch ein stimmiges Ganzes.
Die Umgebung Israel prägt den Roman, man spürt eine Stimmung des Alltags.

Mehr Gesellschaftsportrait als Krimi ist die Handlung doch enorm spannend. Dror Mishani bringt im Nachwort selbst den Namen Patricia Highsmith ins Spiel und dieser Einfluss ist meiner Meinung nach stark spürbar.

Veröffentlicht am 22.09.2019

Gut durchkomponiert

Cherubino
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Cherubino erzählt von einer Frau in schwieriger Situation. Die Wienerin Iris ist Mezzossopran, eine engagierte Sängerin, die jetzt endlich davorsteht, beruflichen Erfolg zu haben. Sie kann Cherubino aus ...

Cherubino erzählt von einer Frau in schwieriger Situation. Die Wienerin Iris ist Mezzossopran, eine engagierte Sängerin, die jetzt endlich davorsteht, beruflichen Erfolg zu haben. Sie kann Cherubino aus Mozarts Die Hochzeit des Figaro an der Met in New York singen und außerdem Sophies Choice. 2 wichtige Rollen, die ihr den großen Durchbruch bringen könnten.
Da merkt sie, dass sie schwanger ist. Aber ob das Kind von ihrem Freund Sergio ist oder von ihrem heimlichen Geliebten, Ludwig, der außerdem schon verheiratet ist, weiß sie nicht.
Die österreichische Schriftstellerin Andrea Grill lässt die Emotionen von Iris lebendig werden. Iris muss berufliche Anforderungen und den Zustand der Schwangerschaft in Einklang bringen, außerdem erzählt sie unabhängig voneinander gleich beiden Männern, sie wären der Vater.
Die Autorin strukturiert den zeitlichen Verlauf über die ganzen 9 Monate, die den Roman umfassen. Damit hat sie den Roman gut durchkomponiert.
Es ist ein stimmungsvolles Buch, durchaus ein Genuss, es zu lesen.

Veröffentlicht am 14.08.2019

Leben in einem sterbenden Land

Nacht in Caracas
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Karina Sainz Borgo erzählt in ihrem Debütroman Nacht in Caracas vom Leben in Venezuela. Es ist die gefährlichste Stadt der Welt, gemessen an Tötungsdelikten. Außerdem herrscht Armut. Selbst alltägliches ...

Karina Sainz Borgo erzählt in ihrem Debütroman Nacht in Caracas vom Leben in Venezuela. Es ist die gefährlichste Stadt der Welt, gemessen an Tötungsdelikten. Außerdem herrscht Armut. Selbst alltägliches ist oft nur schwer zu bekommen und stets fehlt das Gefühl der Sicherheit. Entsprechend zerrüttet ist die Gesellschaft.
Dieses negative Lebensgefühl wird exemplarisch durch die Hauptfigur und Icherzählerin Adelaida ausgedrückt, die zu Beginn des Romans gerade ihre Mutter, eine gebildete Frau und Lehrerin, zu Grabe tragen muss.
Der Tod der Mutter ist ein schwerer Verlust für Adelaida, sie verliert dann auch noch ihre Wohnung und sie droht sich selbst zu verlieren.
Adelaide steht stellvertretend für viele junge Menschen. Sie ist intelligent und gebildet, aber sie bekommt keine Chance. Sie kann nur hoffen zu überleben und vielleicht irgendwie das Land zu verlassen. Auch darum ist dieses Land, das sich auch momentan in einer schweren Krise befindet ein sterbendes Land.
Es ist also recht bedrückend zu lesen, aber wie die Autorin die Sprache einsetzt und einen eigenständigen Ton erzeugt, überzeugt sehr. Die in Caracas geborene, jetzt aber in Spanien lebende Autorin, ist zwar Journalistin, aber der Text wirkt nicht direkt dokumentarisch. Ihre Form ist wirklich Literatur und vermittelt ein Bild von Lateinamerika, wie es die meisten deutschen Leser, die davon weit entfernt sind, nicht kennen. Das erzeugt Verstehen und Empathie. Man versteht auch, dass man in Deutschland privilegiert ist.

Veröffentlicht am 04.07.2019

Beschreibungen voller Atmosphäre

Das Haus am Kanal
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Ein interessantes Buch des Maigret-Autors, ganz ohne Maigret und ohne direkte Krimielemente. Die psychologische Figurenführung ist im Vordergrund.
Nach dem Tod des Vaters muss die 16jährige Edmée von Brüssel ...

Ein interessantes Buch des Maigret-Autors, ganz ohne Maigret und ohne direkte Krimielemente. Die psychologische Figurenführung ist im Vordergrund.
Nach dem Tod des Vaters muss die 16jährige Edmée von Brüssel zur ihrer Tante und ihrer Familie ziehen. Es ist ein ländlicher Raum, die Menschen dort bäurisch geprägt. Das Stadtmädchen wirkt wie ein Fremdkörper in dieser Umgebung.
Zu ihren Verwandten hat sie kaum Bezug und sie will sich ihre Eigenschaften bewahren. Anstatt zu nähen und Hausarbeit interessiert sie sich für medizinische Bücher und hat den Wunsch Medizin zu studieren, was sich wohl kaum realisieren lässt.
Mit ihrer Tante kann sie sich nicht verständigen. Die spricht nur Flämisch und sie nur Französisch. Bezugspunkt werden daher ihre Cousins. Eine unterschwellige Anspannung und latente Bedrohung stehen im Raum.
Es gibt von Georges Simenon unglaublich starke Beschreibungen der Umgebung. Eine starke Atmosphäre entsteht.

Der Roman ist von 1933, hat aber nichts Altmodisches an sich. Der Text hat in seiner Gesamtheit Gültigkeit.
Ich persönlich bin bisher kein Simenon-Fan gewesen und war daher erstaunt, was für eine mächtige Wirkung das Buch auf mich hatte.