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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.09.2019

Poetisch und tiefsinnig, ein absoluter Hörgenuss

Wie man die Zeit anhält
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Tom Hazard ist ein Geschichtslehrer der für seine Schüler Geschichte lebendig werden lässt. Wenn er erzählt, fühlt es sich für sie so an, als wäre er dabei gewesen, und das ist er tatsächlich. Er hat nämlich ...

Tom Hazard ist ein Geschichtslehrer der für seine Schüler Geschichte lebendig werden lässt. Wenn er erzählt, fühlt es sich für sie so an, als wäre er dabei gewesen, und das ist er tatsächlich. Er hat nämlich einen Gendefekt, der sich Anagerie nennt. Dieser lässt ihn nur sehr langsam altern, und so sieht er zwar aus, als wäre er etwa 40 Jahre alt, ist aber tatsächlich vor über 400 Jahren geboren worden im Jahre 1581. Gegenüber anderen Menschen hat er zudem ein stabileres Immunsystem, welches ihn vor Krankheiten schützt. Somit ist er einfach langlebiger, aber nicht unsterblich. Die Menschen in seinem Umfeld macht sein Anderssein natürlich mißtrauisch, und so hat sich Tom vor langer Zeit, als er entdeckt hat nicht der Einzige zu sein, sich einer Gesellschaft angeschlossen, die es sich zum Ziel gemacht hat Ihresgleichen zu schützen. Diese Albatrosgesellschaft sorgt etwa alle 8 Jahre, denn dann wird das "Nichtalternkönnen" offensichtlich, für eine neue Identität und erteilt dem Schützling kleine Aufträge, denn man möchte Menschen, die ebenfalls diesen Gendefekt haben, finden und sie dazu bringen in die Gesellschaft einzutreten.

Es macht großen Spaß mit Tom durch die Jahrhunderte zu reisen. Es gibt immer wieder Rückblicke in seine Kindheit und Jugend.Er hat Berümtheiten wie Shakespeare und Captain Cook kennengelernt. Die Zeiten und Orte wechseln ständig, und Christoph Maria Herbst versteht es als Sprecher, wie kein anderer den Charakteren in diesem Buch eine Stimme zu geben.

Tom ist kein glücklicher Mensch. Er trauert der Liebe seines Lebens seit Jahrhunderten nach, ist seine geliebte Rose doch schon so lange an der Pest gestorben. Der einzige Grund, für den es sich seiner Meinung nach noch zu leben lohnt, ist die Suche nach seiner Tochter, die seinen Gendefekt geerbt hat. Doch dann begegnet er der bezaubernden Camille in der Jetztzeit, in der er Geschichtslehrer in London ist und sie behauptet ihn von irgendwoher zu kennen.

Ich bin total begeistert von dem Buch, dass auch viele philosophische Elemente enthält, tolle Zitate und Weisheiten. Es ist ein wirklich klug gemachter Roman der leisen Töne, der einen über das Leben nachdenken lässt und der als Hörbuch unbedingt zu empfehlen ist.

"Die Menschen, die Du liebst sterben nie."

Veröffentlicht am 22.08.2019

Be my eyes

Blind
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Nathaniel ist blind, kommt aber dank verschiedener Hilfsmittel gut zurecht mit seiner Einschränkung. Sehr dankbar ist er für die Erfindung der App "Be my eyes", bei der ihm ein Sehender zugeschaltet wird, ...

Nathaniel ist blind, kommt aber dank verschiedener Hilfsmittel gut zurecht mit seiner Einschränkung. Sehr dankbar ist er für die Erfindung der App "Be my eyes", bei der ihm ein Sehender zugeschaltet wird, der für ihn das Sehen übernimmt. Möchte er z.B ein bestimmtes Hemd anziehen,kann ihm der Mensch, den er zur Hilfe kontaktiert bei der Farbauswahl helfen. In einer dieser banalen Alltagssituationen hat er plötzlich das Gefühl, dass der Frau, mit der er gerade noch telefoniert hat etwas Schreckliches passiert ist. Er hat einen Schrei gehört, bevor die Verbindung abgebrochen ist. So sehr er selbst seinen Instinkten vertraut, so schwierig ist es für ihn nach außen Gehör zu finden. Nur eine ältere Dame , die im selben Haus wohnt und seine Journalistenfreundin Milla glauben ihm, während er für die Polizei nach und nach selbst als Verdächtiger in den Fokus rückt.

Christine Brand hat sich sehr gut in den blinden jungen Mann hineingedacht. Da Nathaniel fest davon überzeugt ist, der fremden Frau helfen zu müssen, stellt er im Rahmen seiner Möglichkeiten selber Ermittlungen an und fordert dafür von Milla, der er vor nicht allzu langer Zeit eine Reportage über sein Leben ermöglicht hat den ein oder anderen Gefallen ein. Neben seiner Perspektive gibt es noch eine völlig andere Sicht auf den Fall von Seiten der Polizei, deren führender Ermittler der Lebensgefährte der Journalistin Milla ist. Das ist spannend gemacht ,und als Leser wird man auch immer unsicherer, ob Nathaniel wirklich so unschuldig ist, wie es zunächst den Anschein hat. Außerdem muss sich die Polizei noch mit einem 2. Fall, in dem es um mysteriöse Aidsinfizierte geht beschäftigen und man fragt sich natürlich die ganze Zeit, ob es einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen gibt.

Ich habe diesen Thriller sehr gerne gelesen. Die Geschichte war wirklich spannend gemacht, die Charaktere wirkten authentisch und der Schreibstil der Autorin flüssig und angenehm. Außerdem waren die einzelnen Kapitel recht kurz gehalten, die Perspektiven wechselten sich ab, es gab Rückblenden, die weitere Puzzleteilchen offenbarten, so dass es stets spannend blieb.

Ich habe Nichts zu meckern und wünsche diesem tollen Thriller einfach nur viele Leser!

Veröffentlicht am 17.07.2019

Bezaubernde e-mail Korrespondenz

An Nachteule von Sternhai
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Bett Devlin ist eine pfiffige 12Jährige aus Kalifornien, die sich Sorgen macht, dass ihr alleinerziehender, schwuler Vater eine Familienzusammenführung plant, nachdem er sich offensichtlich bei einer Baumesse ...

Bett Devlin ist eine pfiffige 12Jährige aus Kalifornien, die sich Sorgen macht, dass ihr alleinerziehender, schwuler Vater eine Familienzusammenführung plant, nachdem er sich offensichtlich bei einer Baumesse in den ebenfalls alleinerziehenden Vater der 12jährigen Avery Bloom aus New York verliebt hat. Was liegt näher als sich mit Avery zu verbünden, um das Schlimmste zu verhindern. Natürlich ist keinesfalls geplant, dass sie Freundinnen werden. Selbst als die sich ständig per e-mail austauschenden Fast-Teenager nicht mehr verhindern können, dass ihre turtelnden Väter sie im selben Sommercamp anmelden, beschließen sie dort nicht miteinander zu sprechen. Nur schriftliche Kommunikation halten sie für eine gute Idee.

Die beiden 12Jährigen sind grundverschieden, und gerade dadurch ergänzen sie sich eigentlich optimal. Während Bett (Sternhai) sportlich, wagemutig und eine große Tierfreundin ist, ist Avery (Nachteule) sehr ängstlich, und eher zurückhaltend aber auch schlau und belesen. Alle Charaktere sind von den beiden Autorinnen sehr liebevoll ausgearbeitet. Ich habe beim Lesen oft geschmunzelt und mich wunderbar unterhalten gefühlt.

Die Geschichte entwickelt sich trotz der vielen Interaktionen der jungen Damen überhaupt nicht nach Plan, nimmt aber für den Leser auch überraschende Wendungen. Auf jeden Fall kommt man nicht umhin eigentlich alle Figuren ins Herz zu schließen. Das Buch ist zwar für Leser ab 10 Jahren gedacht, aber auch als Erwachsener macht es ungeheuren Spaß in die Köpfe dieser tollen Mädchen zu schauen.

Auch optisch ist das Buch mit viel Liebe gestaltet. Die Motive Nachteule und Sternhai vom Titel wiederholen sich im Buch. Sie sind vor jede e-mail gesetzt, so dass man sofort den Verfasser der jeweiligen e-mail erkennen kann.

Ich gebe eine 100%tige Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 13.07.2019

Ein liebenswerter Roman ,voll mit Weisheiten über das Leben

Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel
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Mr. Doubler ist mit Herz und Seele Kartoffelbauer und das schon sein Leben lang. Er hat sich der Kartoffel verschrieben, mit ihr experimentiert, akribische Studien durchgeführt, bestehende Sorten weiterentwickelt ...

Mr. Doubler ist mit Herz und Seele Kartoffelbauer und das schon sein Leben lang. Er hat sich der Kartoffel verschrieben, mit ihr experimentiert, akribische Studien durchgeführt, bestehende Sorten weiterentwickelt und auch für die Wissenschaft bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen. Seine Leidenschaft hat dazu geführt, dass er jetzt im Alter ziemlich abgeschottet und alleine auf seinem Hof sitzt und quasi nur noch über seine Haushälterin Mrs Millwood etwas von der Außenwelt mitbekommt und vielleicht durch die sonntäglichen Pflichtbesuche seiner erwachsenen Kinder, die jedoch ein gewisses Unwohlsein auf beiden Seiten verursachen.

Erst als Mrs Millwood ernsthaft erkrankt und nicht mehr täglich zum Reinigen und dem gewohnten Mittagsplausch kommen kann, wird Mr. Doubler klar, dass Mrs Millwood viel mehr als eine Haushaltshilfe für ihn war. Zum Glück ist Mrs Millwood nicht nur liebenswert sondern auch kug und weise und sorgt vom Krankenhausbett aus dafür , dass sich Mr. Doubler wieder mehr den Menschen zuwendet. Stück für Stück beginnt dieser über seinen Schatten zu springen und Verantwortung auch für Andere zu übernehmen und gewinnt dadurch nicht nur Freunde sondern auch eine innere Zufriedenheit.

Seni Glaister ist mit dem Buch "Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel" ein rührender, philosophischer und humorvoller Roman gelungen, dessen Sprache ich einfach wunderbar fand. Er ist gespickt voller Lebensweisheiten und ich war besonders begeistert von den liebevoll gezeichneten Charkteren, der willenstarken Mrs Millwood, dem schrulligen Mr Doubler und auch die Mitglieder des Tierschutzvereins, bei dem Mr. Doubler auf Drängen seiner kranken Haushälterin deren Vertretung übernimmt, fand ich sehr gelungen. Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen. Es hat mich wirklich begeistert.

Für Mr. Doubler sind die Erkenntnisse, die er mit seiner Kartoffelneuzüchtung gewonnen hat sein Vermächtnis, dass er liebenswerterweise mit seiner treuen Haushälterin teilen möchte. "Oh es ist sicher unsere Kartoffel. Ohne ihre Hilfe hätte ich sie schlicht nicht züchten können.Kartoffeln brauchen reichhaltige, dunkle Erde, das stimmt. Das ist mein Anteil. Aber sie brauchen auch Licht, Mrs Millwood. Sie haben für das Licht gesorgt. Ohne Sie wäre ich in diesem tiefen Tal verendet, und unsere Kartoffel wäre ebenfalls gestorben." Bei diesen Zeilen musste ich schon mal ein Tränchen wegdrücken!

Veröffentlicht am 03.07.2019

Dieses Buch macht Lust auf Italien

Marina, Marina
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Marina, der italienische Hit von Rocco Granata aus den 60erJahren ist ein Ohrwurm, den ich seit Tagen nicht mehr loswerde. Herrlich schmalzig dachte ich wird sicher auch das Buch von Grit Landau, doch ...

Marina, der italienische Hit von Rocco Granata aus den 60erJahren ist ein Ohrwurm, den ich seit Tagen nicht mehr loswerde. Herrlich schmalzig dachte ich wird sicher auch das Buch von Grit Landau, doch da irrte ich gewaltig. Dieses Buch, dass mich von Anfang an gepackt hat und eine beispielhafte, fiktive Geschichte in einem typisch italienischen Dorf, das ebenfalls der Feder der Autorin entsprungen ist, erzählt , hat Tiefgang und hinterlässt ein Stück Italienflair bei mir.

Um nicht den Überblick zu verlieren bei dem Roman, der seinen Anfang in den 60er Jahren, just zu dem Zeitpunkt als jener Rocco Granata seinen Hit landete, im malerischen Küstenort Sant'Amato nimmt, hat die Autorin ein Familienregister vorangestellt, was mir gut gefallen hat und von mir eifrig genutzt wurde. Dort sind die wichtigsten Personen, die in dem Roman vorkommen aufgeführt, zusätzlich zu ihrer Verwandtschaftsbeziehung. Dreh und Angelpunkt ist dieses kleine Dorf und seine Bewohner, ihre Leidenschaften und Lieben und ihr Werdegang von 1960 - 1980 mit einem Rückblick ins Jahr 1944, das Jahr, in dem der Dorfbewohner Leonida Lanteri zum Kriegshelden wurde.

Grit Landau, die schon als Kultur und Musikjournalistin gearbeitet hat, überschreibt ihre Kapitel mit den Hits ihrer Zeit und verstärkte dadurch ein gewisses Nostalgiegefühl bei mir, denn viele dieser canzoni aus den italienischen Charts sind auch hierzulande bekannt geworden.

Die Zeit schreitet voran und aus dem eben noch heranwachsenden Nino Lanteri, der der Mutter eines Freundes hinterherschmachtet, ist ein junger Mann geworden, der ganz andere Pläne hat, als die, die sich seine Eltern erhofft hatten. Die Figuren, die sich die Autorin so liebevoll erdacht hat, trifft man nach einem ersten Kennenlernen erst viele Kapitel später wieder, und da sind schon wieder viele Jahre ins Land gegangen. Das fand ich sehr interessant und durchaus spannend gemacht.

Für Leser, die dem Italienischen nicht mächtig sind, gibt es übrigens am Ende für all die italienischen Begriffe eine Übersetzung und als zusätzliches Goody sind auch noch die Rezepte von den Speisen, die im Buch erwähnt werden mit abgedruckt.

Für mich war dieser Roman von Grit Landau ein absolut überraschendes Highlight, ein Buch bei dem ich wirklich traurig war, als ich es viel zu schnell ausgelesen hatte.