Extrem auf den Inhalt der Filme ausgerichtet. Ich habe wenig über den Menschen erfahren.
Die Verwegene. Jeanne MoreauJeanne Moreau wurde 1928 in Paris geboren. Die französische Schauspielerin, Filmregisseurin und Sängerin wurde “hässliche Schöne” genannt, denn sie überzeugte in ihren Rollen nicht durch körperliche Reize, ...
Jeanne Moreau wurde 1928 in Paris geboren. Die französische Schauspielerin, Filmregisseurin und Sängerin wurde “hässliche Schöne” genannt, denn sie überzeugte in ihren Rollen nicht durch körperliche Reize, sondern durch Charakter und Tiefe.
Jens Rosteck schildert in der vorliegenden Biografie hauptsächlich die filmischen Stationen in Jeanne Moreaus Leben.
Einige Kapitelüberschriften lauten zum Beispiel:
Die Ehrgeizige - Eine Ohrfeige von Jean Gabin
Die Begehrte - Auge in Auge mit Orson Welles
Die Königin - Zweihundert weiße Rosen von Rainer Werner Fassbinder
Man spürt den Respekt und die Verehrung des Autors für die große Schauspielerin, seine Begeisterung für die Filme.
Detailliert erzählt Rosteck nach, analysiert, erklärt. Leider zeigt er sehr wenig.
Das erste Kapitel bestand für mich aus Lobeshymnen auf Moreau. Da ich vor der Lektüre kaum etwas über Moreaus Filme oder ihr Leben wusste, konnte ich mit den abstrakten Beschreibungen wenig anfangen. Einiges machte mich jedoch neugierig - so der Hinweis, dass sie ihren Zukünftigen im Standesamt versetzte oder die Bemerkung, dass sie keinen Wert auf Nettigkeit legte.
Im zweiten Kapitel erzählt der Autor detailliert die Handlung des Films “Fahrstuhl zum Schafott” nach. Eine ausgezeichnete Filmbesprechung. Da ich den Film jedoch noch nicht kenne, nahm mir die ausführliche Schilderung des Inhalts jegliche Spannung und damit die Lust, den Film anzusehen.
Im dritten Kapitel erfuhr ich endlich etwas über ihre Kindheit und ihre Eltern.
In den darauf folgenden Kapiteln wird Moreau meist in Verbindung mit einem Mann dargestellt: Jean Gabin, Marcello Mastroianni, Belmondo, Orson Welles, Fassbinder. Rosteck geht ausführlich auf das Genie der verschiedenen Regisseure und der Liedermacher (bei ihren Chansons) ein.
Immer wenn ich das eBook mal zur Seite gelegt hatte, musste ich danach scrollen, um zu sehen, ob das “sie” sich gerade auf eine Filmrolle bezog oder auf die Person von Moreau. Meist wurde eine Filmrolle geschildert.
Die Melodien und Texte der Chansons wurden ebenso detailliert beschrieben wie die Filme.
Ein gutes Viertel des Buches macht der Anhang aus - mit einer umfangreichen Filmografie, Verzeichnissen von Zeitungsartikeln und Interviews, einer Diskografie, einer Zeittafel mit Auftritten und Auszeichnungen und einem Fototeil.
Vor der Lektüre wusste ich wenig über die Frau Jeanne Moreau.
Angezogen an dem vorliegenden Buch hat mich der Zusatz “Biografie” im Titel sowie der Klappentext, in dem sie als “emanzipiert, weise, abgründig, aufmüpfig, majestätisch” bezeichnet wird.
Auch nach der Lektüre weiß ich nicht viel mehr über die Französin.
Das Buch enthält wenig Zitate von Jeanne Moreau. Wenig über ihr Privatleben.
Bei den Kapiteln vorangestellten Zitaten konnte ich nicht erkennen, ob es Zitate von ihr waren oder Filmzitate.
Dem Buch entnommen habe ich:
Jeanne Moreau war eine eigenwillige Frau. Sie unterzeichnete das „Manifest der 343“. Darin hatten sich 343 berühmte Französinnen zur Abtreibung bekannt. Als sie älter wurde, wohnte sie wieder zur Miete, um flexibel zu bleiben und lebte ohne Partner. Moreau sang gerne; vor ihren Auftritten hatte sie Angstattacken. Sie wollte nie allzu ernst werden, und es kam vor, dass sie im Fernsehen ihren Gesprächspartner unwirsch abfertigte. Obwohl sie einen Sohn hatte, fühlte sie sich nicht sehr mütterlich und sah ihre Filme und Rollen als ihre Kinder an. Sie war mit Anais Nin befreundet.
Ich hätte gern mehr über diesen Menschen erfahren.
Leider wurden diese “Stationen” jeweils nur beiläufig in einem Satz erwähnt und nicht weiter ausgeführt.
Ich habe sehr wenig über den Menschen “Jeanne Moreau” erfahren.
Dafür aber sehr viel über ihre Rollen, berühmte Regisseure, Kameraeinstellungen, Drehbücher und Melodien.
Für mich erfüllt dieses Buch leider nicht meine Erwartungen an eine Biografie.
Sehr schade.
Ein sehr spezielles Buch für Moreau-Fans, Film-Enthusiasten und Liebhaber des französischen Kinos.