Ein meisterhaft erzählter Roman
Beschreibung
1830. Der Sklavenjunge Washington Black lebt und arbeitet unter schlechten Bedingungen auf einer Zuckerrohrplantage auf Barbados und fürchtet sich wie jeder Sklave vor den gewalttätigen ...
Beschreibung
1830. Der Sklavenjunge Washington Black lebt und arbeitet unter schlechten Bedingungen auf einer Zuckerrohrplantage auf Barbados und fürchtet sich wie jeder Sklave vor den gewalttätigen Ausbrüchen ihres erbamungslosen Masters. Als Christopher, der jüngere Bruder des Plantagenbesitzers, zu Gast ist, bietet sich Washington eine einmalige Gelegenheit. Der Wissenschaftler und Erfinder macht keinen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber der Sklaverei und wählt zufällig Washington aus, um ihm bei seiner Arbeit zur Hand zu gehen. Gemeinsam arbeiten sie an Christophers Wolkenkutter, welchen Sie schließlich zur Flucht von der Plantage nutzen. Eine gefährliche Reise nimmt ihren Lauf…
Meine Meinung
Als ich zum ersten Mal von dem Roman »Washington Black« von Esi Edugyan hörte, war ich gleich Feuer und Flamme für diese abenteuerliche Geschichte über einen Sklavenjungen, der Ende des 19. Jahrhunderts den Fängen seines Masters in eine ungewisse Zukunft entflieht. Passenderweise ist auf dem wunderschön gelbgold-glänzenden Buchcover ein Luftschiff abgebildet, welches überhaupt erst die Flucht ermöglicht. Da für ein gutes Leseabenteuer eine angenehme Begleitung unabdingbar ist, habe ich mich mit der lieben Gabriela von Buchperlenblog zusammengeschlossen und das Werk gemeinsam durchschmökert.
»Washington Black« ist bereits der dritte Roman der kanadischen Schriftstellerin Esi Edugyan, die bereits einige rennomierte Literaturpreise einheimsen konnte. Für mich ist es zwar das erste Buch aus ihrer Feder, aber sicherlich wird es nicht das Letzte gewesen sein! (Ihr preisgekrönter Roman »Half-Blood-Blues« (dt. »Spiel’s noch einmal«) ist gleich auf meiner Wunschliste gelandet.)
Die Autorin erzählt ihre rein fiktive Geschichte über den Sklavenjungen Washington Black (kurz: Wash) in einem leicht verständlichen Schreibstil und stellt ihr Können mit einem wahrhaft meisterhaften Storytelling unter Beweis.
Cliffhanger zieren die Kapitelabschlüsse, so dass sich eine unglaubliche Spannung aufbaut und man wie gebannt Seite um Seite umblättert und regelrecht durch die Story zu fliegen beginnt. Nüchtern und erschreckend zugleich zeichnet Edugyan das Leben der Sklaven auf einer Zuckerrohrplantage und man wird Zeuge der schrecklichen Gewalt, die Plantagenbesitzer nutzen um ihre Machtposition zu untermauern.
Kontrastreicher Gegensatz zu dem äußerst brutalen Master der Faith Plantage, dem es an Empathie und emotionaler Kompetenz fehlt, ist sein jüngerer Bruder Christopher Wilde, der von allen nur Titch genannt wird und sich durch seine wissenschaftliche Offenheit sowie seine gegensätzliche Meinung zur Sklaverei auszeichnet. Nachdem Titch den jungen Wash als seinen Assistenten auserkoren hat entspinnt sich eine besondere Beziehung zwischen diesen höchst unterschiedlichen Protagonisten. Schnell wächst Titch in die Rolle des Mentors hinein und wird für den Sklavenjungen fast zu einer Art Vaterfigur, die nun sein weiteres Leben bestimmen wird.
Der Roman ist in drei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil wird das Leben auf der Faith Plantage und die isolierte Kindheit des Hauptprotagonisten Washington Black herausgearbeitet, während im zweiten Teil die abenteuerliche Flucht von Titch und Wash im Mittelpunkt stehen und mündet schließlich in einen dritten Teil, der sich mit Washs Leben als freier Mann und seiner Selbstfindung befasst.
Die Hauptprotagonisten sind mit wunderbar feinen Pinselstrichen gezeichnet, so dass ein äußerst reales Bild der Charaktere vor dem geistigen Auge entsteht. Außerdem fühlt sich die Geschichte durch und durch authentisch an, obwohl es sich hierbei um einen erdachten Lebensweg geht. Die lebhaften Hintergrundkulissen der Handlung (von der Zuckerrohrplantage auf Barbados über eine waghalsige Reise über den Ozean) sorgen für eine perfekte Untermalung des Kopfkinos, so dass ich mir eine Verfilmung der Geschichte nur zu gut vorstellen könnte.
»Washington Black« hat mich fasziniert, berührt und von der ersten Seite an einfach total umgehauen. Während des Lesens hat sich meine Begeisterung zu einem richtigen Höhenflug entwickelt, doch am Ende stand eine recht harte Landung an, die mich auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Der Abschluss von Washington Blacks Geschichte ist recht offen gehalten und fühlt sich für mich, die über so viele Seiten mit dem Jungen mitgefiebert und um ihn gebangt hat, viel zu harsch an. Dieses Ende mag zwar für viele passend erscheinen, ich persönlich fühle mich allerdings um ein “wegweisendes” Happy End betrogen. Deshalb gibt es von mir für dieses meisterhafte literarische Kunstwerk einen minimalen Abzug in der B-Note.
Fazit
Ein meisterhaft erzählter Roman über Freiheit und Selbstfindung, der tief berührt und Wurzeln in den eigenen Gedanken schlägt.