‘Someone New‘
Autor / in: Laura Kneidl
Titel: Someone New
Verlag: LYX in Bastei Lübbe
Preis: 12,99€; 19,90€
Klappentext:
Ich mache mir ständig Gedanken darum, was andere Menschen von mir denken. Wen sie in mir sehen. Aber nicht bei dir. Bei dir kann ich ganz ich selbst sein.
Als Micah auf ihren neuen Nachbarn trifft, kann sie es nicht glauben: Es ist ausgerechnet Julian, der wenige Wochen zuvor ihretwegen seinen Job verloren hat. Micah fühlt sich schrecklich, vor allem, weil Julian kühl und abweisend zu ihr ist und ihr nicht mal die Gelegenheit gibt, sich zu entschuldigen. Doch gleichzeitig fasziniert Micah seine undurchdringliche Art, und sie will ihn unbedingt näher kennenlernen. Dabei findet sie heraus, dass Julian nicht nur sie, sondern alle Menschen auf Abstand hält. Denn er hat ein Geheimnis, das die Art, wie sie ihn sieht, für immer verändern könnte …
"Ein absolutes Must-Read, das ich am liebsten in jedes Regal der Welt stellen möchte. Someone New ist romantisch, ehrlich, authentisch – und so wichtig!" Leselurch.de
Meine Meinung:
Der Roman selbst hat genial gestartet!
Die Charaktere waren schön beschrieben, auch die Persönlichkeiten von Micah und Julian haben mir unglaublich gut gefallen.
Micah hat mich in einigen Aspekten an Allie aus Begin Again erinnert, was mich gefreut hat, aber andererseits den Charakter etwas die Interesse genommen hat.
Der Schreibstil war super, wie man es aus Berühre mich. Nicht. und Verliere mich. Nicht. kennt, was es einfach macht, den Roman in einem Rutsch durch zu lesen.
Zum Inhalt:
Ab der Hälfte war ich mit dem Roman fertig.
Micahs Charakter hat mich total enttäuscht. Man hätte ihren Charakter so viel besser schreiben können, was aber zum beginn gut gelungen ist.
Micah ist witzig, Charmant, sehr Serien und Comic / Manga / Graphic Novel orientiert, was sie perfekt in das Zeitgeschehen heute einordnet.
Was jedoch ein Punkt in ihrem Charakter ist, der mich so unglaublich enttäuscht und frustriert hat, ist, dass sie sich teils Kindisch verhält.
Sie drängt Julien dazu, ihr zu erzählen, was in seiner Vergangenheit passiert ist, was bei ihm Bindungsängste verursacht, sowie Vertrauensängste.
Ebenfalls verhält sie sich im Bezug auf ihren Bruder Adrian sehr unreif und unmöglich.
Was zwischen Adrian und seinen Eltern passiert ist, ist für Adrian nicht leicht gewesen und es ist natürlich dann verständlich, dass man sich dann von seiner Familie abgrenzt, weil man Angst hat. Adrian hat sein Verhalten seiner Schwester gegenüber begründet und trotzdem bleibt sie stur und verlangt dafür eine Entschuldigung.
Für mich ist dies ein Verhalten, welches absolut nicht nachvollziehbar ist und das hat für mich das Bild von Micah in einen sehr negativen Bereich gezogen.
Man kann wütend sein, das ist das eine, jedoch nicht verstehen wollen, wieso das passiert ist, ist etwas anderes und es ist nicht positiv.
Was Julians Vergangenheit betrifft, ist es anders und ich sage es so: lediglich eine Recherche in einem so wichtigen Thema genügt nicht.
Um über das Thema Geschlechtsanpassung, was für mich total untergegangen ist, und Transsexualität reicht es nicht, sich nur grob zu informieren.
Man muss sich mit dem Thema auseinandersetzen, mit Transsexuellen reden, mit Non-Binary und Homosexuellen Menschen reden.
Man muss wissen, über was man schreibt und das hat mir in Someone New komplett gefehlt.
Was die Geschlechtsanpassung von Julian angeht, finde ich es total unzureichende Kenntnis, welche die Autorin eingebracht hat.
Ich habe mich mit einem guten Freund von mir, welcher Transgender ist, zusammengesetzt und darüber geredet und im folgenden Text kommen Informationen, die im Roman gefehlt haben:
Man kann Testosteron, eine Hormonbehandlung, mit 16 Jahren starten. Laut dem Roman ist Julian mit Achzehn Jahren von Zuhause weg und hat die Geschlechtsanpassung begonnen.
Zur Testosteronbehandlung gehört folgendes:
Um überhaupt Testosteron nehmen zu können, gehören Untersuchungen und Papierkram dazu, was mindestens zwei Jahre andauern kann, da dazu Arztbesuche gehören, einen Antrag zur Namensänderung, einen Nachweis und Vorlegung einer Möglichkeit diese Behandlung bezahlen zu können.
Da Julian dies erst mit Achzehn konnte, so wie man es dem Roman entnehmen kann, dauert dieser Vorgang mindestens zwei bis vier Jahre, da Julian nicht über eine Ausreichende Geldsumme verfügt und für diese Beiträge erst arbeiten muss.
Um schliesslich eine körperliche Anpassung, Entfernung der Brust und Operation im Intimbereich überhaupt machen zu können, muss man mindestens zwölf bis Achzehn Monate nachweisen, dass eine Testosteronbehandlung überhaupt stattfindet.
Sobald all dies nachgewiesen ist, kommen Arztbesuche und Untersuchungen für die erste der drei Operationen hinzu, die wieder ein bis zwei Jahre dauern können, da eine ausreichende Aufklärung von der Operation bis hin zu Nebenwirkungen und Gefahren erfolgt. Hinzukommt die Genesungszeit.
Zum kompletten Geschehen des Romans zitiere ich Luke, meinen Freund:
„Das ist alles sehr unrealistisch. Eine Transperson outet sich spätestens sobald es intim wird. Ihr Verhalten gegenüber Julian ist außerdem inakzeptabel, da sie ihn unbewusst ihr gegenüber Zwangsoutet. Ein Outing, so wie es Julian gemacht hat kommt nicht selten vor, also zwischen Tür und Angel. Mache ich auch. Machen viele. Aber es ist so unrealistisch von ihrer Reaktion und, dass sie es davor nicht wusste und von der ganzen Situation her... Es ist unrealistisch. Selbst wenn der ganze Aufbau untenrum Abgeschlossen ist, dann müsste er nicht 24 Jahre alt sein, sondern Ende Zwanzig Anfang Dreißig. Und es ist in Deutschland der Fall, wie es in Amerika ist, weiß ich es nicht, aber du kannst Testosteron frühestens mit 16 Anfangen. Dann erfolgt die erste Operation, wenn du gut dran bist, mit siebzehn oder Achzehn, das ist der Schritt, in dem die Gebärmutter entfernt wird. Der richtige Aufbau dauert lange, das sind so ein, zwei Jahre, weil das bis zu drei Operationen sind. Und bis das Verheilt dauert das bestimmt ein bis zwei Jahre.
Richtig ist, dass Julian eine Narbe am Arm hat, da meistens für den Aufbau Haut vom Arm genommen wird, oder am Oberschenkel.
An sich dauert das mit den Vorgesprächen und der eingetragenen Namens- und Geschlechtsänderung, man bekommt meistens die Operationen nicht, wenn diese Kriterien nicht erfüllt sind, das dauert mit dem kompletten Weg, mit annehmen, dass man Trans ist, Outing, Papierkram und so weiter, das dauert, wenn deine Eltern dich Supporten bis zu vier oder fünf Jahre gedauert.
Er ist vierundzwanzig, kommt ungefähr hin, jedoch sind bis zu dem Punkt die Narben frisch.
Fakt ist, es ist super unrealistisch, dass er all das in einer Zeitspanne von 18 Jahren bis 24 Jahren vollständig geschafft hat, mit Verheilung der Narben und, dass alles klappt.
Und dass das Nachwort nicht einmal von der Autorin kommt, in welchem über Gender, Transsexualität etc. Gesprochen wird und wie es für den einzelnen ist, macht mich wirklich traurig.“
Mein Fazit:
Gute Idee, miserable Umsetzung.
Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass Laura Kneidl unbedingt noch Drama in der Geschichte gebraucht hat und somit den Charakter von Micah vermiest hat.
Der Roman war bis zur ersten Hälfte gut, danach hat Laura Kneidl es ziemlich in den Sand gesetzt.
3 / 5 Sterne, aber nur, weil ich den ersten Teil gerne mochte.
Liebe Grüße, Nynke