Die sind nun also die letzten Zeilen
Die Zuneigung ist etwas RätselvollesDieses Buch enthält 123 der insgesamt 750 erhaltenen Briefe, die Theodor und Emilie Fontane sich zwischen 1844 und 1898 geschrieben haben. Sie sind chronologisch in zehn Abschnitte aufgeteilt, die sich ...
Dieses Buch enthält 123 der insgesamt 750 erhaltenen Briefe, die Theodor und Emilie Fontane sich zwischen 1844 und 1898 geschrieben haben. Sie sind chronologisch in zehn Abschnitte aufgeteilt, die sich jeweils einem bestimmten Lebensabschnitt der Fontanes widmen. Jedem Abschnitt ist ein erklärender Text vorangestellt. Diese Texte sind ganz ausgezeichnet. In gutem Stil geben sie einen Überblick über die jeweiligen Lebensabschnitte, erläutern einige Aspekte der Briefe, geben wichtige Hintergrundinformationen. Die Texte dienen bereits als eine recht gute Kurzbiographie Theodor Fontanes ab der Zeit seiner Eheschließung. Sie sind ausgezeichnet lesbar und erleuchten auch das Verhältnis zwischen Theodor und Emilie Fontane gelungen.
Die Briefe selbst lesen sich ebenfalls sehr erfreulich. Beide Eheleute schreiben intelligent und unterhaltsam, bei Theodor Fontane blitzt der trockene Humor immer wieder herrlich durch. Gerade seine Beobachtungen anderer Menschen und der verschiedenen Orte seiner Reisen sind scharfsinnig und oft amüsant. An anderen Stellen zuckt man angesichts seiner ruppigen Art zusammen - seine Frau Emilie hat sich einiges von ihm anhören und vorwerfen lassen müssen. Und doch ist eine Zuneigung zu ihr evident und er schreibt auch herrliche Überlegung über die Natur der Zuneigung.
Emilie Fontane, von der leider weniger Briefe vorliegen, schreibt freundlich-resolut, hat keine Scheu, ihre Meinung kundzutun. Wenn sie ihrem Mann Rückmeldung zu seinem literarischen Werken gibt (sie schrieb alles sauber ab, arbeitete sich durch seine teils verirrenden Annotationen, gab auch wertvolle inhaltliche Meinungen), tut sie dies behutsam, aber ehrlich. Sie weiß, daß ihr Mann hier durchaus eitel ist und kann damit gut umgehen.
Insgesamt begleiten uns diese Briefe durch fast fünf Jahrzehnte einer partnerschaftlichen, liebevollen Ehe, die durchaus ihre schweren Phasen hat. Die Auswahl der Briefe bietet eine schöne Bandbreite all dieser Themen und Emotionen und bringt uns die Fontanes sehr nahe. Auch über das Alltagsleben der zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts erfahren wir hier aus erster Hand viel. Ein Personenverzeichnis am Ende (das ich leider zu spät entdeckte, es hätte mir doch einige Verwirrung erspart) gibt kurze biographische Informationen zu in den Briefen oft erwähnten Personen. Ab und an wäre eine Fußnote zu in den Briefen erwähnten Themen hilfreich gewesen, aber im Großen und Ganzen liefern die Einführungstexte und das Personenverzeichnis die notwendigen Hintergrundformationen.
So erhält man hier einen sehr direkten Blick auf die Menschen Theodor und Emilie Fontane mit ihren Stärken, Schwächen, Problemen und Freuden, zugleich einen Eindruck von einer trotz aller Schwierigkeiten von tiefer Zuneigung geprägten Ehe.