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Veröffentlicht am 16.09.2019

Ausgefeilter Thriller

Der Kastanienmann
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Ich war beim Erhalt des Buches kurz mal sprachlos und fühlte mich etwas erschlagen von dessen Umfang, aber das legte sich sofort wieder nach den ersten gelesenen Seiten. Die Story beginnt im Herbst 1989 ...

Ich war beim Erhalt des Buches kurz mal sprachlos und fühlte mich etwas erschlagen von dessen Umfang, aber das legte sich sofort wieder nach den ersten gelesenen Seiten. Die Story beginnt im Herbst 1989 auf einem entlegenen Bauernhof. Marius Larsen, ein Polizist aus der Gegend, findet ein blutiges Horrorszenario vor: tote und schwerverletzte Menschen.

Der nächste Erzählstrang katapultiert den Leser in eine andere Zeit: 30 Jahre später. Eine junge Frau kämpft gegen einen unsichtbaren Angreifer, dessen Stimme sie leise wahrnimmt. Kurz darauf wird ihre bestialisch verstümmelte Leiche auf einem Spielplatz gefunden. Über ihr baumelt ein Kastanienmännchen.

Kommissarin Naia Thulin und ihr Partner Mark Hess von Europol nehmen die Ermittlungen auf. Kein leichtes Unterfangen, denn der Täter scheint ihnen ständig einen Schritt voraus zu sein und sie zum Narren zu halten. Er führt sie auf falsche Fährten, hinterlässt Spuren, mit denen sie nichts anfangen können. So ist beispielsweise auf einer Bastelfigur der Fingerabdruck eines Mädchens, das seit einem Jahr als vermisst gilt.

Die privaten Angelegenheiten der Protagonisten rückt meiner Meinung nach zu sehr in den Vorgrund. Dadurch zieht sich der Plot stellenweise. Allerdings werden sie authentisch und interessant dargestellt, haben Ecken und Kanten. Es war mal schön, zu lesen, dass nicht immer alles auf Anhieb funktioniert. Auch nicht bei der Polizei.

Der Täter bzw. die Auflösung war für mich eine gelungene Überraschung. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet.

Persönliches Fazit: Eine neue Entdeckung aus Skandinavien und ein Tipp an Freunde des Genres. Ich kann diesen spannenden Thriller wärmstens empfehlen.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Herrlich verwirrend

Bis ihr sie findet
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Mit „Bis ihr sie findet“ ist Gytha Lodge meiner Meinung nach ein absolut großartiges Debüt gelungen. Ich habe schon lange nicht mehr solch einen spannenden Pageturner gelesen, der mich derart gefesselt ...

Mit „Bis ihr sie findet“ ist Gytha Lodge meiner Meinung nach ein absolut großartiges Debüt gelungen. Ich habe schon lange nicht mehr solch einen spannenden Pageturner gelesen, der mich derart gefesselt und in Schach gehalten hat.

Die Geschichte um die sechs Freunde könnte interessanter nicht sein. Noch nie habe ich in einem Buch die Zeitrückblicke mit solchem Hibbeln erwartet wie in diesem Krimi, denn das Erleben von Auroras Geschichte hat mir teilweise den Atem geraubt. Das Buch hält die Spannung konstant von Seite 1 bis zum Ende, und der Leser wird ständig auf neue Irrwege gelockt, die sich jedes Mal völlig anders gestalten als anfangs gedacht.

Die Ermittlungsarbeit der Polizei, die vor dreißig Jahren einfach nicht weiterkam, nimmt nun erneut Fahrt auf. DCI Jonah Sheens, der Aurora damals persönlich kannte, ist mittlerweile Chef Inspektor und setzt alles daran, Auroras Mörder endlich zu finden. Sein Fleiß ist vorbildlich, er selbst ein absolut liebenswerter Kerl, sodass er mir direkt sympathisch war. Die sechs Freunde, um die es inhaltlich geht, sind völlig verschieden.

Topaz, Auroras ältere Schwester, hat damals am meisten gelitten, als ihre Schwester plötzlich verschwunden war. Dann waren da noch Jojo und Coralie, Freundinnen von Topaz, sowie die Jungs Connor, Daniel und Brett.

Dreißig Jahre nach dem Verschwinden von Aurora hat sich jeder von ihnen enorm weiterentwickelt. Aber einer von ihnen muss ein Geheimnis mit sich herumtragen. Unter den Freunden befindet sich der Mörder von Aurora. DCI Sheens will dies herausfinden und gräbt tief in der Vergangenheit jedes Einzelnen. Dabei stößt er auf eine schreckliche Wahrheit …

Die Autorin hat zum Ende hin mit noch mal allerhand Spannungselementen aufgefahren. Wer denkt, dass es mit der Auflösung des Mörders getan ist, der irrt und darf sich auf einen finalen Bonus-Höhepunkt freuen.

Persönliches Fazit: Ein genialer Krimi mit einem herrlich verwirrenden Plot. Die Geschichte um die Clique hat mich sehr fasziniert und ich war bis zum Ende hin immer wieder auf falsch gelegten Fährten unterwegs. Absolute Leseempfehlung für Liebhaber des Genres.

Veröffentlicht am 11.08.2019

Solider Thriller

Schwarzer See
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Obwohl Emma seit Jahren nur ein Motiv zeichnet, hat sie als Künstlerin den Durchbruch geschafft. Mit ihrem Sujet - drei Mädchen, die im Wald verschwinden - verarbeitet sie ein Erlebnis, das sie als Jugendliche ...

Obwohl Emma seit Jahren nur ein Motiv zeichnet, hat sie als Künstlerin den Durchbruch geschafft. Mit ihrem Sujet - drei Mädchen, die im Wald verschwinden - verarbeitet sie ein Erlebnis, das sie als Jugendliche geprägt hat. Während eines Sommercamps verschwanden die Mädchen, mit denen sie eine Hütte geteilt hat, spurlos. Die Ereignisse von damals wiederholen sich jetzt, fünfzehn Jahre später. Und sie machen Emma sehr zu schaffen. Je mehr sie in den Strudel hineingezogen wird, desto weniger kann sie zwischen Realität und Albtraum differenzieren.

Der Leser erlebt die Suche nach der Wahrheit gleichermaßen verzweifelt wie die Hauptprotagonistin selbst. Geschickt zeigt der Autor von den Charakteren nur so viel, wie man als Leser wissen muss, um sich erst einmal sicher zu fühlen. Man fragt sich schon das ein oder andere Mal, für wen dieser oder jener Charakter letztendlich wirklich das Beste will. Riley Sager zeichnet seine Figuren sehr realitätsnah, ohne Ausnahme. An manchen Stellen war das Lesen eben deshalb etwas anstrengend – Teenie-Mädchen sind nicht für ihre Sprachgewandtheit bekannt –, aber das hat die Geschichte für mich authentisch gemacht.

Auch Emmas Entwicklung, beeinflusst von den damaligen Ereignissen, ist gut ausgearbeitet, ihre Wesenszüge fein gezeichnet. Aus einem Mädchen, das in ein gutsituiertes Camp geschickt wurde, ist eine verständige junge Frau geworden.

Der überwiegende Teil der Geschichte wird aus Emmas Perspektive erzählt. Der Autor konzentriert sich hier auf das Wesentliche: Zeitsprünge in die Vergangenheit, die mit der Gegenwart verflochten werden. Die Spannung wurde kontinuierlich aufgebaut. Durch die vielen falschen Fährten, die der Autor legt, sind einige der Wendungen wirklich überraschend und tragen so zum Spannungsaufbau bei. Auch der direkte Schreibstil, ohne Schnörkel und langatmige Beschreibungen, hat mich ständig zum Weiterlesen animiert. Dadurch wurde die ohnehin schon beklemmende Atmosphäre noch ein wenig düsterer.

Hörbuchsprecherin Christiane Marx schafft es, mit ihrer angenehmen und klangvollen Stimme eben diese Atmosphäre zu unterstreichen und lebendig zu machen. Gekonnt setzt sie Betonungen und Pausen, sodass Monotonie hier keinen Platz findet. Jedes Wort sitzt. Dabei verzichtet sie auf Übertreibungen und Zwischentöne wie Seufzer.

Persönliches Fazit: Das Konzept ist nicht neu – Protagonistin mit Geheimnis, welches sie nun einholt. Die Umsetzung überzeugt jedoch auf voller Linie und macht dieses Buch zu einem komplexen und spannenden Thriller!

Veröffentlicht am 05.08.2019

Solide Fortsetzung

Die letzte Witwe
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Das Buch ist bereits der 7. Teil der Reihe. Man sollte die vorherigen Bände gelesen haben, um die Entwicklung der Charaktere und ihre Beziehungen zu verstehen. Ohne diese Vorkenntnisse fehlen einem doch ...

Das Buch ist bereits der 7. Teil der Reihe. Man sollte die vorherigen Bände gelesen haben, um die Entwicklung der Charaktere und ihre Beziehungen zu verstehen. Ohne diese Vorkenntnisse fehlen einem doch erhebliche Zusammenhänge.

So fängt die Geschichte auch bereits ohne große Einleitung an und behandelt die schwierige Beziehung zwischen Sara und Will. Gleiche Situationen sind abwechselnd aus beider Perspektiven erzählt, sodass man als Leser gut verstehen kann, wo die Problematik und Missverständnisse liegen. Und auch Wills Kollegin Faith ist wieder mit von der Partie.

Die Charaktere werden aber nicht zu sehr thematisiert, denn der Spannungsbogen schnellt bereits nach wenigen Seiten nach oben, als plötzlich die Erde zittert und die Situation in kürzester Zeit aus dem Ruder läuft. In der Annahme, Menschenleben zu retten, versuchen Sara und Will zum Ort des Geschehens zu gelangen. Sie treffen auf mehrere Personen, die beim Versuch, sich in Sicherheit zu bringen, einen Autounfall verursacht haben. Sara will nach den Verletzten sehen, die berichten, dass an der Universität eine Bombe hochgegangen ist. Doch augenscheinlich stimmt etwas mit diesen Männern nicht. Als Will und Sara das begreifen, ist es aber bereits zu spät.

Er blickte hinter sich und rechnete damit, Saras Leiche zu entdecken. »Wo …?« »Sie ist fort.« Ein Schluchzen kam aus Cathys Mund. »Will, sie haben sie mitgenommen.« Zitat Position 803

Sara wurde entführt und Will ist körperlich stark angeschlagen. Das GBI (Georgia Bureau of Investigation) versucht verzweifelt, Saras Entführern auf die Spur zu kommen und kreuzt damit FBI Ermittlungen. Die Entführer sind eine rechtsradikale Gruppe, die mit grausamsten Mitteln auf sich aufmerksam machen wollen und dafür das Blut zahlreicher Unschuldiger vergießen. Die behördlichen Ermittlungen gestalten sich meiner Meinung nach dann jedoch viele Seiten lang etwas zäh und es fiel mir schwer, Zusammenhänge der Gruppierung um die es geht sowie Zuständigkeiten des FBI und GBI zu verstehen und nachzuvollziehen.

Weiterhin lässt die Autorin aus verschiedenen Perspektiven erzählen, was der jeweilige Protagonist erlebt. Hier fand ich Saras Erlebnisse teils sehr schockierend. Und endlich begreift man auch, um was es geht. Der Hintergrund der Neonazi-Gruppierung ist äußerst aktuell, interessant und könnte kaltblütiger kaum sein. Die Vorstellung, dass solch ein Szenario Realität würde, lässt einen bedrückt zurück.

Persönliches Fazit: Eine solide Fortsetzung der Reihe und Entwicklung der Hauptfiguren, abgerundet mit einem spannenden und mitreißenden Thema. Ein Muss für eingefleischte Fans, aber auch eine Empfehlung an Liebhaber des Genres, die anspruchsvollere Themen mögen.

© Recensio Online, 2019, Daniela

Veröffentlicht am 31.07.2019

Ausgefeilter Thriller

Silent Victim
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Das Buch beginnt recht harmlos, und beinahe schleichend erfährt man etwas über die schreckliche Kindheit und Jugend von Emma. Prompt wird man in den Strudel ihrer Erlebnisse hineingezogen. Ein wenig britisch ...

Das Buch beginnt recht harmlos, und beinahe schleichend erfährt man etwas über die schreckliche Kindheit und Jugend von Emma. Prompt wird man in den Strudel ihrer Erlebnisse hineingezogen. Ein wenig britisch unterkühlt, aber schon mit Nachdruck versteht es Caroline Mitchell, einem die Gefühlswelt der Figuren näherzubringen.

Erzählt wird die Story aus unterschiedlichen Perspektiven: mal ist es Emma, mal ihr Mann Alex und dann kommt auch der Lehrer Luke zu Wort. Letzterer hat sich an Emma, seiner Schülerin, herangemacht und sie missbraucht. Gerade als Frau leidet man schon sehr mit und möchte ihr helfen. An bestimmten Stellen entfleucht einem doch mal ein „Oh, nein!“ und das Herz schlägt etwas schneller.

Ab diesem Zeitpunkt kann man sich der Geschichte nicht mehr entziehen. Manchmal habe ich mich dabei ertappt, dass ich geflucht habe, wenn wieder ein Perspektivwechsel anstand. Beispielsweise wollte ich aus Emmas Sicht wissen, wie es weitergeht und hätte mir da dann gewünscht, dass ihr Mann mal den Mund hält. Aber es ist klar, dass das von der Autorin so gewollt war. Letztendlich treibt das die Spannungskurve nach oben und hält den Leser im Sog gefangen.

Allein durch die Beschreibung der Location fühlt man sich auf diese einsame Insel versetzt. Man spürt fast körperlich auch den Verfall des elterlichen Häuschens, in dem die junge Familie nun lebt und Emma weiterhin in den trüben Untiefen ihrer Vergangenheit verstrickt ist.

Ich bin ehrlich: Wenn ich nur das Cover gesehen hätte, wäre das Buch nie in meine Finger geraten. So bin ich aber froh, dass ich es lesen und dadurch wieder eine Autorin kennenlernen durfte, die mich mit ihrem Thriller sehr überzeugt hat. Trotz oder gerade aufgrund der britischen Unterkühltheit zu Beginn. Übrigens spielt Caroline Mitchell die Tatsache gut in die Karten, dass sie jahrelang als Polizistin gearbeitet hat und auf Fälle von häuslicher Gewalt und schweren sexuellen Verbrechen spezialisiert war.

Persönliches Fazit: Ausgefeilter Thriller mit dem ganz eigenen britischen Charme, der den Leser nach einem seichten Start schnell in einen Strudel aus Fragen zieht. Empfehlenswert für jeden, der gern miträtselt und -fiebert.


© Recensio Online, 2019, Sabine