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Veröffentlicht am 25.02.2020

Aber er hat doch gar nichts an!

Milchmann
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Zum Inhalt:
18 Jahre, weiblich, im Nordirland zur Zeit der größten Unruhen, der Troubles. Das Leben der Ich-Erzählerin ist schon schwer genug, als auch noch Er sich darin breit macht: Er, der ältere Mann, ...

Zum Inhalt:
18 Jahre, weiblich, im Nordirland zur Zeit der größten Unruhen, der Troubles. Das Leben der Ich-Erzählerin ist schon schwer genug, als auch noch Er sich darin breit macht: Er, der ältere Mann, Milchmann, wichtig, allgegenwärtig und leider überhaupt nicht das, was Sie sich vorgestellt hat.
Milchmann lässt nicht locker und webt sein Netz um seine Beute immer enger, bis Sie zappelt, hilflos, denn keiner glaubt ihr.

Mein Eindruck:
Anna Burns hat für diesen Roman jede Menge Preise eingeheimst und das Feuilleton überschlägt sich schier vor lauter Lobeshymnen. Doch tief in einem drin sagt das kleine Kind aus dem Märchen zu des Kaisers neuen Kleidern „aber er hat ja gar keine an!“.
Dieses Buch ist ein einziger Bandwurmsatz zwischen zwei Buchdeckeln, sehr oft bekommt man den Eindruck, dass eine Quasselstrippe erster Güte einen unter Metaphern, Rückblicken, Erklärungen, Reflektionen und tiefsinnigen Gedanken zu erdrücken versucht. Milchmann hat nur wenige Kapitel, fast keine Absätze aber eine Unmenge an Wörtern, die schlimmer stalken als der titelgebende Antagonist des Buches.
Man kann es als künstlerisch wertvoll erachten, dass die Personen keine Namen haben, sondern nur als Beziehung oder Beruf genannt werden, Man kann es aber auch ermüdend finden. Möglicherweise hat sich die Autorin etwas dabei gedacht, dass die drei kleinen Schwestern im Grundschulalter eloquenter über wissenschaftliche Probleme parlieren als so mancher altgedienter Forscher, - die Geschichte voranbringen tut es nicht.

Burns ist die erste nordirische Autorin, die den Man Booker Prize bekommen hat, zu einer Zeit, als der Brexit im Raum stand und die Einigkeit Großbritanniens beschworen werden musste. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Zwei Sterne, einen für die wenigen humorvollen Momente, einen für das Cover

Mein Fazit:
Langeweile im Gewand von hoher Kunst, ein echtes Schaf im Wolfspelz und damit ein bisschen so wie Milchmann, - nur umgekehrt

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.12.2019

Typisch amerikanisch

Freefall – Die Wahrheit ist dein Tod
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Zum Inhalt:
Maggie erfährt durch einen befreundeten Polizisten, dass ihre Tochter Ally bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Da Allys Leiche fehlt, gibt sich Maggie der Hoffnung hin, dass ihr ...

Zum Inhalt:
Maggie erfährt durch einen befreundeten Polizisten, dass ihre Tochter Ally bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Da Allys Leiche fehlt, gibt sich Maggie der Hoffnung hin, dass ihr Kind aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz überlebt hat. Und sie hat recht: Ally kämpft sich durch die Wildnis. Verfolgt von ihrer Vergangenheit, in der nicht alles so goldig war, wie es glänzte.

Mein Eindruck:
Jessica Barrys Thriller ist typisch amerikanische Kost: Alle sind schön oder streben diese Schönheit an, alle können schießen und Väter bringen ihren Kindern bei, wie man in der Wildnis überlebt, so dass selbst ein Flugzeugabsturz mit angeknacksten Knochen eine Kleinigkeit ist. Und daran krankt für einen mitteleuropäischen Leser das ganze Konstrukt: Viel zu unwahrscheinlich ist die Rettung. Immer, wenn es wirklich unmöglich erscheint, dass Ally überlebt, kommt von irgendwo eine Quelle, eine Hütte mit Verpflegung oder ein rettender Engel her. Niemand stellt Fragen, als eine verwahrloste Frau mit einem Riesenbrilli auftaucht, natürlich wird ein Beweisstück gerettet und erst dann als solches erkannt, als es für einen Showdown unersetzlich ist. Das zweite, was nervt, ist die Oberflächlichkeit: Einerseits rettet ein wahrer Märchenprinz Ally vor einem Leben in Prostitution, andererseits schenkt er ihr Kleider, die zwei Nummern zu klein sind. Da stellt man sich doch die Frage, warum er Ally überhaupt ausgesucht hat, wenn sie nicht seinem Schönheitsideal entspricht – ihre inneren Werte hat er bei Besäufnissen in der Bar garantiert nicht kennengelernt. Und so sind sämtliche Personen holzschnittartig dargestellt, Spannung kommt so gut wie nie auf.
Letztendlich bleibt also nur eine Enttäuschung über einen gewollten Tiefgang (Pharmaskandal, tote Kinder! Tote Mütter!! Krebstoter Vater!!!) und sehr viele Logiklöcher in einer wenig fesselnden Geschichte.

Mein Fazit:
Verschenkte Zeit durch eine absurde Geschichte

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.10.2019

Nicht nur einen Ticken zu viel

Rapunzel, mein (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 2)
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Zum Inhalt:
Rabea hat nach ihrem ersten Fall den Job beim LKA in Rheinland-Pfalz von ihrem Vorgänger Jan übernommen, der wegen eigenmächtigen Verhaltens suspendiert wurde. Als sie von einer Frauenleiche ...

Zum Inhalt:
Rabea hat nach ihrem ersten Fall den Job beim LKA in Rheinland-Pfalz von ihrem Vorgänger Jan übernommen, der wegen eigenmächtigen Verhaltens suspendiert wurde. Als sie von einer Frauenleiche mit abgeschnittenen Händen hört, wird sie an das Schicksal ihrer Schwester Marie erinnert, die vor 20 Jahren aus dem Kindergarten verschwand. Das Einzige, was von Marie bis jetzt gefunden wurde, war eine abgeschnittene Hand…

Mein Eindruck:
Gut gewollt ist nicht immer gut gemacht. Beim Lesen von „Rapunzel“ fühlt man sich oft an James Bond oder Mission Impossible erinnert, - leider ist die Geschichte noch nicht einmal halb so gut wie ihre Vorbilder, und das, was an Witz fehlt, wird durch Alkohol und Rauschgift wettgemacht.
Logikloch (die Protagonistin lässt die ganze Zeit ihr Handy an, aber keiner auf der Dienststelle kommt auf die Idee, sie dadurch zu orten?) reiht sich an Zufall (wundersame Rettungen, immer das Richtige im Gepäck in einem Notfall) und die Polizei glänzt durch Desinteresse und/oder Kompetenzüberschreitung. Ja, kriminelle Unterhaltung lebt von Verbrechen, aber muss es so viele unterschiedliche böse Buben (Sadisten, Clan- und Rockerchefs, Racheengel) in einem Buch geben? Protagonist – Antagonist, auf der zweiten Seite verliert man komplett den Überblick.
Lars Schütz nutzt als Kunstgriff seiner zumeist sehr kurzen Kapitel (immer aus unterschiedlicher Sicht geschrieben) Dauercliffhanger… und nutzt sie damit ab. Denn die Situationen sind irgendwann viel zu absurd, als dass man an echte Gefahr für die Hauptpersonen glaubt. Zusätzlich stört der nicht nur dauernde, sondern vor allen Dingen beiläufige Konsum von Marihuana und Haschisch; für jemanden, der als besonders empfindsam beschrieben wird, finde ich das doppelt seltsam und bedenklich.
Das Einzige, was aus meiner Sicht wirklich gelungen ist, ist das Ende. Denn das ist folgerichtig, ohne Schmus, die Konsequenzen sind nachvollziehbar und damit „echt“, - etwas, das in diesem Thriller oft fehlt.

Mein Fazit:
Überfrachtet und unglaubwürdig

Veröffentlicht am 07.09.2019

Schwierig

Fünf Lieben lang
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Zum Inhalt:
Paul liebt. Und das sein Leben lang. Mit voller Inbrunst, manchmal gleichzeitig, mal Mann, mal Frau, aber nicht immer unbedingt körperlich. Diesem Aspekt seines Seins ordnet er den Rest seiner ...

Zum Inhalt:
Paul liebt. Und das sein Leben lang. Mit voller Inbrunst, manchmal gleichzeitig, mal Mann, mal Frau, aber nicht immer unbedingt körperlich. Diesem Aspekt seines Seins ordnet er den Rest seiner Aktivitäten unter, - bis auf das Tennisspielen, welches eine weitere Konstante in seinem Dasein ist.

Mein Eindruck:
Aciman hat einen wundervollen Schreibstil und so bleiben seine Leser bei der Stange, - egal wie absurd einem selbst die Art des Lebens vorkommt, welches der Autor seinem Protagonisten auf den Leib geschrieben hat. Denn egal wie hoch gebildet, kosmopolitisch, eloquent und charmant sich sämtliche Figuren darstellen, sind sie doch irgendwie nur Opfer ihrer Triebe. Aber da darüber in den Beziehungen Konsens herrscht, scheint es überhaupt nicht tragisch zu sein, der einen das Herz zu Füßen zu legen, während man kurz zuvor mit dem anderen Geschlechtsverkehr hatte. Darüber wird ausführlich mit einem oder einer dritten gesprochen, der/die entweder schon abgelegt oder noch nicht fällig war. Und alle leben weiterhin unglücklich und nicht in Freuden, weil ja irgendetwas fehlt, während man seine Familie zu Hause hat oder mit irgendjemandem liiert ist. Und so fehlen der Rezensentin irgendwann die Worte ob des Treibens, das ihr da zwischen den Buchdeckeln serviert wird und sie fragt sich, ob sie einem wirklichen Poeten lauscht oder nur einem lüsternen, alten Mann, der unter einem furchtbaren „Was wäre gewesen, wenn?“ leidet und dessen Ehefrau man ganz bestimmt nicht sein möchte.
Denn bei aller Schönheit, die den Beschreibungen der Orte und vor allen der Gedanken innewohnt, bleibt zum Schluss nur eine hohle Nuss übrig, die jeder Grundlage einer akzeptablen Gemengelage von Persönlichkeiten und Beziehungen entbehrt.


Mein Fazit:
Ein Geschenk aus dem Ein-Euro-Shop, in einer perfekt geschnürten und wunderbar verzierten Verpackung

Veröffentlicht am 15.06.2019

Kein Glanzlicht der Serie

Hamish Macbeth ist reif für die Insel
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Zum Inhalt:
Hamish ist krank und fühlt sich schlecht und ungeliebt. Da kommt ihm das Angebot einer Bekannten seiner Freundin Priscilla sehr recht: Jane führt ein Wellness-Hotel auf einer schottischen Insel ...

Zum Inhalt:
Hamish ist krank und fühlt sich schlecht und ungeliebt. Da kommt ihm das Angebot einer Bekannten seiner Freundin Priscilla sehr recht: Jane führt ein Wellness-Hotel auf einer schottischen Insel und fürchtet einen Mordanschlag. Und so reist Hamish nach Eileencraig und sieht sich einer Schar seltsamer Hotelgäste und noch seltsamerer Einheimischer gegenüber. Doch dann geschieht tatsächlich ein Mord - wenn auch nicht an Jane – und Hamish kann endlich wieder das tun, was er am besten kann: Ermitteln.

Mein Eindruck:
Cosy Crime hat Saison und um die Leser zufrieden zu stellen, werden Bücher (neu) verlegt, die schon im letzten Jahrhundert (hier 1992) im Original auf den Markt kamen. Aber Morde sind Morde und die Probleme im zwischenmenschlichen Bereich haben sich nicht großartig geändert. Einzig über den Umgang mit Technik lässt sich trefflich schmunzeln.
Das ist leider in diesem sechsten Buch zum schottischen Constable – sieht man von dem berüchtigten Männerschnupfen ab, der Hamish ereilt – das Einzige, was zum Lächeln bringt. Denn im Gegensatz zu den Vorgängerbänden sind die Charaktere nicht kauzig und amüsant entwickelt, sondern agieren – und das fast ausschließlich - höchst unangenehm. Schlimm dabei ist, dass dieses Agieren (insbesondere die plötzlich auftretende Feindseligkeit der Einheimischen) keinerlei Erklärung findet. Liebgewordene Figuren aus den Vorgängern haben nur kurze Gastauftritte, in denen sie einmal über die Bühne huschen dürfen und dabei gnadenlos knallchargieren (wie zum Beispiel Hamishs sonst kongenialer Widerpart Sergeant Blair). Das Allerschlimmste ist jedoch: Fall und Täter fallen zusammenhanglos vom Himmel und die Auflösung ist dermaßen hanebüchen, dass man überlegt, ob man in einem Zeitparadoxon gefangen war und irgendeinen Teil des Buches überlesen hat. Gut, 200 Seiten sind nicht gerade viel, aber so lieblos abgespult, so wenig Charaktertiefe und so wenig Humor war noch nie in den schottischen Highlands.

Mein Fazit:
Bitte Frau Beaton, Sie haben bewiesen, dass Sie das besser können!