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Veröffentlicht am 26.02.2020

Ein Palast der Geborgenheit

Das Haus der Frauen
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Manchmal kann ein Moment wegweisend sein. Als die Anwältin Solène die Diagnose Burn-Out bekommt, muss sie ihr Leben neu sortieren. Eine neue Aufgabe findet sie als öffentliche Schreiberin im Palast der ...

Manchmal kann ein Moment wegweisend sein. Als die Anwältin Solène die Diagnose Burn-Out bekommt, muss sie ihr Leben neu sortieren. Eine neue Aufgabe findet sie als öffentliche Schreiberin im Palast der Frauen, einem Frauenhaus mitten in Paris. Was für sie zunächst nur ein Weg ist, um zu sich selbst zu finden, entwickelt sich bald zu deutlich mehr, denn Solène stellt fest, dass sie nicht nur Schreiberin sein kann. Und während sie die Schicksale, Träume und Wünsche der Bewohnerinnen immer näher an sich heranlässt, lernt sie auch einiges über sich und über die Frau, die allen Widerständen zum Trotz den Palast zum Schutzort werden ließ.

Auf den ersten Blick hat „Das Haus der Frauen“ zwei Erzählstränge. Zum einen ist da Solène, die ihren Platz im Leben neu finden muss. Anfangs erscheint sie wie die typische Karrierefrau, dann aber lenkt Laetitia Colombani den Blick auf die unerfüllten Träume und Sehnsüchte ihrer Protagonistin, sodass man sich gut in diese hineinfühlen kann. Auf der anderen Seite steht Blanche, eine moderne Frau in alten Zeiten, die beharrlich für ihre Ziele kämpft. Allerdings merkt man beim Lesen schnell, dass sich hinter den beiden Erzählsträngen deutlich mehr verbirgt. In Solènes Geschichte geht es genauso um die Frauen, die im Haus der Frauen leben, in Blanches Geschichte geht es ebenso um die Heilsarmee und die Armen in Paris in den 1920er Jahren.Wenn man etwas sucht, dass Solène, Blanche und die Bewohnerinnen des Hauses der Frauen verbindet, dann sind das ihre Wünsche. Jede der erwähnten Frauen wünscht sich etwas und versucht sich diese Wünsche auf die eine oder andere Art und Weise zu erfüllen.

Laetitia Colombani erzählt eine Geschichte, die einem nah geht und die einen mitfiebern lässt. Wie ein Kind an Weihnachten wartet man Seite für Seite geduldig auf eine Antwort auf die von Solène verfassten Briefe. Nicht nur die Geschichten selbst tragen dazu bei, dass man das Buch nicht beiseite legen kann, auch der sensible und unaufdringliche Schreibstil der Autorin fängt die Leser ein. So berührend die Handlung auch ist, steckt doch auch einiges an Gesellschaftskritik darin. Solène erfährt Heilung dadurch, dass sie sich den Problemen anderer öffnet. Nicht, weil es ihr Beruf ist, sondern, weil sie es von sich aus will. Und vielleicht ist das Buch dadurch auch ein Plädoyer für mehr Miteinander.

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Veröffentlicht am 22.01.2020

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Unter den hundertjährigen Linden
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Violette Toussaint ist mit Leib und Seele Friedhofsgärtnerin. Allerdings nicht, weil sie den Umgang mit lebenden Menschen scheut. Ganz im Gegenteil. Für die Trauernden und Friedhofsbesucher ist sie oft ...

Violette Toussaint ist mit Leib und Seele Friedhofsgärtnerin. Allerdings nicht, weil sie den Umgang mit lebenden Menschen scheut. Ganz im Gegenteil. Für die Trauernden und Friedhofsbesucher ist sie oft eine Vertraute, der man Geschichten der Verstorbenen erzählt. Was kaum jemand weiß: Auch Violette ist eine Trauernde. Als Julien Seul auftaucht, um die Asche seiner Mutter neben deren, ihm unbekannten, Liebhaber beisetzen zu lassen, verweben sich die Geschichten.

Für einige ist sie nur die Frau, die auf dem Friedhof wohnt, bei der man Blumen kaufen kann und und die die Hunde und Katzen ihrer verstorbenen Besitzer füttert. Viele Friedhofsbesucher sind in ihrer Trauer überfordert damit, sich Gedanken über Violette Toussaint zu machen. Dabei hat die Friedhofswärterin eine sehr bewegte Lebensgeschichte, die Valérie Perrin immer wieder in Rückblenden und Erinnerungen ihrer Protagonistin aufgreift. Über allem steht dabei die Frage, was genau in der Nacht passiert ist, als Violettes Tochter offenbar in den Flammen in einem Ferienheim starb. Auf der anderen Seite gibt es das Tagebuch der Verstorbenen Irène Fayolle, dass ihr Sohn Julien Violette zu lesen gibt und das Zeugnis einer großen Liebe ist.

Violettes Lieblingsbuch „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ passt rückblickend perfekt zur Handlung und zu Violettes Leben. Die Figuren in der Geschichte sind lange nicht perfekt und auf gewisse Weise alle eine Mischung aus Gut und Böse. Aber genau das zeichnet sie aus. Valérie Perrin erzählt einfühlsam und berührend davon, wie die Geschichten der Menschen auch nach ihrem Tod noch in den Lebenden nachwirken. Oft offenbart sich erst dann das ganze Bild eines Menschen mit all seinen Geheimnissen, die vielleicht nicht immer schön sind, aber jeden Einzelnen auszeichnen.

  • Einzelne Kategorien
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.10.2019

Für alle, die von Freiheit träumen

Palace of Blood - Die Königin
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Es begann mit dem ersten Schuss. Der englische König hat das Feuer auf die Rebellion der Magdalenen eröffnet. Auch auf seine Kinder, die sich unter den Rebellen befinden und für die Berührungsfreiheit ...

Es begann mit dem ersten Schuss. Der englische König hat das Feuer auf die Rebellion der Magdalenen eröffnet. Auch auf seine Kinder, die sich unter den Rebellen befinden und für die Berührungsfreiheit kämpfen. Der radikale Entschluss ihres Mannes bringt die Königin zum Handeln: Sie lässt den König ermorden und setzt sich selbst als Regentin ein. Kronprinz Robin dagegen träumt von einer ganz anderen Zukunft. Einer, die er mit Rea an seiner Seite in Frieden und Freiheit verbringen kann. Als am Tag der Hochzeit von Rea und Robin ein Anschlag auf die beiden verübt wird, wird deutlich, dass es bis zur Freiheit noch ein langer und blutiger Weg ist.

Nachdem das Ende vom Vorgängerband „Palace of Fire. Die Kämpferin“ alles offenließ, liefert „Palace of Blood. Die Königin“ nun Antworten auf viele Fragen. Dabei knüpft die Handlung unmittelbar an die vorangegangenen Ereignisse an und man hat keinerlei Probleme wieder in die Geschichte zu finden. Trotzdem ist der vierte Band der Palace-Saga anders. Auch, wenn Rea nach wie vor die Hauptfigur ist, rückt sie ein wenig zur Seite – nicht in den Hintergrund – und macht Platz für die Akteure um sie herum. Vor allem Olivier und Madame Hiver bekommen innerhalb der Erzählung mehr Raum, was der Handlung guttut. Denn auch, wenn sich die Ereignisse nach wie vor um die Protagonistin drehen, ist es nicht ausschließlich sie, die die Geschichte formt. Und während die politische Ebene in den Vorgängerbänden zwar keine ganz unwichtige Rolle gespielt hat, rückt sie jetzt stärker in den Fokus.

Beim Lesen kommen unweigerlich die Fragen auf, was Freiheit bedeutet und was sie einem wert ist. Die Art und Weise mit der im Roman über Politik gesprochen wird, sorgt dafür, dass man sich Gedanken über politische Systeme macht und das Gefühl nicht loswird, dass die Geschichte der Gesellschaft vor dem Buch den Spiegel vorhält. Dazu kommen ganz menschliche Themen wie Vertrauen, Liebe, Freundschaft, Angst, Stärken und Schwächen. Und ein Buch, das den Menschen und die Gesellschaft als Ganzes erfasst kann nur ein guter Abschluss der Reihe sein.

Veröffentlicht am 08.10.2019

Was Magie bewirkt

Die Krone der Dunkelheit
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Nachdem Freya herausgefunden hat, welches Geheimnis hinter dem Verschwinden ihres Bruders steckt, kehrt sie in ihre Heimat zurück. Allerdings fühlt sie sich am Hof wie eine Gefangene und beginnt nach und ...

Nachdem Freya herausgefunden hat, welches Geheimnis hinter dem Verschwinden ihres Bruders steckt, kehrt sie in ihre Heimat zurück. Allerdings fühlt sie sich am Hof wie eine Gefangene und beginnt nach und nach daran zu zweifeln, ob ihr Vater, der König, wirklich nur das Beste für sie will. Der ehemalige Wächter Larkin wird seit Freyas Rückkehr als Verbrecher gesucht und ist deshalb auf der Flucht.
Währenddessen sitzen der Halbling Weylin und die Wächter-Novizin Ceylan im Kerker in Nihalos. Sie werden beschuldigt, das Attentat auf die Königin verübt zu haben. Obwohl die Lage für beide aussichtslos scheint, setzt der Wächter Leigh alles daran, die Wahrheit herauszufinden.
Und der Pirat Elroy verfolgt ganz eigene Interessen und ist auch nicht der, der er zu sein scheint.

Eines muss man Laura Kneidl lassen. Spannend machen kann sie eine Geschichte. Dazu gehören auch die ziemlich fiesen Cliffhanger, von denen es am Ende von „Die Krone der Dunkelheit – Magieflimmern“ gleich fünf Stück gibt. Aber auch innerhalb der Erzählung werden mehrere spannende Handlungsbögen gespannt. Dabei knüpft die Geschichte nahtlos an den Vorgängerband an, was es leicht macht wieder in die Welt zurückzufinden. Im Laufe der Handlung wird schnell deutlich, dass alle Protagonisten ihre eigene Agenda haben und mit ihren Interessen auch die Entwicklung der Geschichte vorantreiben. Im Zuge dessen ergeben sich auch unvorhergesehene Wendungen.

Dass in „Die Krone der Dunkelheit – Magieflimmern“ neun Charaktere zu Wort kommen, merkt man der Geschichte beim Lesen nicht an, auch wenn die wechselnden Perspektiven durch Kapitelüberschriften gekennzeichnet sind. Zusätzlich lernt man bei Lesen die erzählte Welt noch besser kennen. Die Karte am Ende des Buches hilft zwar, die Ereignisse auch räumlich zu verorten, allerdings halten sich die Protagonisten teilweise in anderen Städten und Dörfern aus, die leider (noch) nicht in der Karte verzeichnet sind. Laura Kneidl führt im zweiten Band ihrer Reihe konsequent das fort, was sie im ersten Band begonnen hat, schafft es aber dennoch, dem Buch einen eigenständigen Bogen zu geben, was bei zweiten Teilen nicht selbstverständlich ist.

Veröffentlicht am 08.09.2019

Bücher sind nichts für Feiglinge

Südlichter
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Monsieur Perdus literarische Reiseapotheke beinhaltet so einige vielseitige Heilmittel. Unter anderem auch „Südlichter“ von Sanary. Der Roman, der Monsieur Perdu besonders am Herzen liegt. Jetzt lässt ...

Monsieur Perdus literarische Reiseapotheke beinhaltet so einige vielseitige Heilmittel. Unter anderem auch „Südlichter“ von Sanary. Der Roman, der Monsieur Perdu besonders am Herzen liegt. Jetzt lässt Nina George den erfundenen Roman Wirklichkeit werden. Der Roman im Roman beginnt dabei mit einer unvorhergesehenen und nicht geplanten Begebenheit. Die Liebe wird für das kleine Mädchen Marie-Jeanne sichtbar. Warum gerade Marie-Jeanne? Vielleicht hat es mit einer besonderen Konstellation von Begebenheiten zu tun, jedenfalls kann sie von da auch erkennen, welche Menschen füreinander bestimmt sind.

Markus Zusak hat uns beigebracht, dass auch der Tod erzählen kann, Nina George lässt die Liebe oder besser der Liebe erzählen. Darüber hinaus ist der Tod bei ihr weiblich – eine Todin also. So, wie es in der französischen Sprache eben üblich ist. Die Geschichte, die Nina George Sanary in die Feder legt, hat einen unglaublich poetischen Ton und liest sich dadurch umso intensiver. Dabei war bereits die Wahl des Pseudonyms Sanary für „Das Lavendelzimmer“ ein sprechender Autorenname. Schließlich nimmt Nina George damit auf den Ort Sanary-sur-Mer in der Provence Bezug, der vielen Schriftstellern im Zweiten Weltkrieg als Exil diente. Dadurch kommt Sanary in „Südlichter“ eine doppelte Bedeutung zu. Einmal als Ort der Zuflucht und einmal als Autor, der das Buch geschrieben hat, das Monsieur Perdu Zuflucht und Inspiration, eine literarische Reiseapotheke einzurichten, bietet.

Während Nordlichter vorrangig mit Kälte und Dunkelheit verbunden werden, denkt man bei Südlichtern eher an das gelb-goldene Licht der untergehenden Sonne, etwa über einem Lavendelfeld in der Provence. Diese Wärme, die das Licht verströmt, findet sich auch im Text wieder und man versteht beim Lesen, warum Monsieur Perdu diese Geschichte so sehr schätzt. Zwischendurch gibt es immer wieder Einschübe, die durch Fingerzeige gekennzeichnet sind und die Erläuterungen und Hintergrundinformationen zum gerade Erzählten enthalten. Obwohl auf diese Weise die eigentliche Geschichte unterbrochen wird, wird der Lesefluss allerdings trotzdem nicht gestört. Im Gegenteil: Dadurch, dass der Erzählton so ruhig und poetisch ist, entsteht somit eher eine lebendige Erzählsituation, bei der die Liebe dem Leser genau gegenüber sitzt und „Südlichter“ erzählt.