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Veröffentlicht am 28.09.2019

"Ein Urteil lässt sich widerlegen, aber niemals ein Vorurteil." (Marie von Ebner-Eschenbach)

Die Zeit der Töchter
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1950er Jahre München. Die Töchter von Maria und Vivien, Antonia und Anna, die gleichzeitig auch Cousinen sind, wuchsen zusammen auf und teilen sich inzwischen sogar eine Wohnung. Obwohl Deutschland ein ...

1950er Jahre München. Die Töchter von Maria und Vivien, Antonia und Anna, die gleichzeitig auch Cousinen sind, wuchsen zusammen auf und teilen sich inzwischen sogar eine Wohnung. Obwohl Deutschland ein Wirtschaftswunder erlebt, steckt der Krieg noch allen sehr präsent in den Knochen, doch sie wollen ihren Müttern eine Überraschung bereiten und planen ein Treffen mit den Frauen, die ihr Leben Vivien und Maria zu verdanken haben. Sowohl Vivien als auch Maria engagieren sich stark in der Flüchtlingshilfe und sehen sich aufgrund dessen großen Vorbehalten und Anfeindungen gegenüber, die an den Zweiten Weltkrieg erinnern und anscheinend innerhalb der Bevölkerung überlebt haben. Als der kleine Daniel mit seiner Mutter auftaucht, entwickelt sich aufgrund des andersartigen Aussehens des Jungen eine sehr explosive Stimmung…
Katja Maybach knüpft mit „Die Zeit der Töchter“ an ihren Roman „Die Stunden der Mütter“ an und erzählt auch diesmal wieder eine sehr berührende und nachdenklich stimmende Geschichte, die wie die Faust aufs Auge in die heutige Zeit passt, obwohl der historische Rahmen der Handlung im vergangenen Jahrhundert verortet ist. Der Erzählstil ist flüssig, intensiv und gefühlvoll, der Leser folgt gebannt Anna und Antonia bei ihren Unternehmungen und trifft auch immer wieder auf deren Mütter Maria und Vivien. Die Autorin hat ein Händchen für explosive Geschichten, auch hier scheut sie sich nicht, dem Leser die deutsche Vergangenheit und die Gegenwart ins Gedächtnis zu rufen. Die Parallelen sind erschreckend, wenn man sich die momentan Fremdenfeindlichkeit und die braunen Parolen von vor 50 Jahren ins Gedächtnis ruft, die im heutigen Alltag wieder allgegenwärtig sind. Jeder von uns sollte sich glücklich schätzen, in einem freien Land zu leben und nicht getrieben von Verfolgung, Folter und Todesangst zur Flucht gezwungen sein. Maybach hat den historischen Hintergrund wieder sehr gut recherchiert und mit ihrer Geschichte verwoben, wobei sie besonders geschickt die feindliche Stimmung und die Problematik an sich zeitlos erscheinen lässt.
Die Charaktere sind sehr nuanciert ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Individuelle Eigenschaften machen sie glaubwürdig und authentisch, der Leser kann sich gut mit ihnen identifizieren und fühlt sich ihnen während der Lektüre sehr nah. Sowohl Anna als auch Antonia sind nicht nur Freundinnen und Cousinen, sie eifern auch ihren Müttern Maria und Vivien nach, zeigen Selbstbewusstsein und Courage. Mit großer Stärke lehnen sie sich auf gegen die Missstände und Anfeindungen, setzen sich für Schwache und Bedürftige ein. Veronika ist eine Frau, die unter der Intoleranz ihrer Mitmenschen zu leiden hat, denn sie ist die Mutter eines Besatzungskindes mit dunkler Hautfarbe. Daniel ist ein kleiner Junge, der die Anfeindungen in voller Härte abbekommt, sie nicht versteht und sich nur nach seinem Vater sehnt. Aber auch andere Protagonisten wie Marie-Luise machen mit ihren Auftritten Eindruck auf den Leser und geben der Handlung zusätzliche Spannungsmomente.
"Die Zeit der Töchter" ist ein fesselnder und berührender Roman, der nicht nur die jüngste Vergangenheit deutscher Geschichte sehr schön wieder präsent werden lässt, die Handlung selbst ist aktueller denn je und entlässt den Leser nach der Lektüre lange Zeit nachdenklich. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.09.2019

Eine Arztfamilie in Hamburg

Große Elbstraße 7 - Das Schicksal einer Familie
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1892 Hamburg. Viktoria zur Heiden stammt aus wohlhabendem Elternhaus, denn ihr Vater Carl Heinrich ist ein angesehener Professor an einer Hamburger Klinik. Ohne dass es ihre Eltern ahnen, verlässt Viktoria ...

1892 Hamburg. Viktoria zur Heiden stammt aus wohlhabendem Elternhaus, denn ihr Vater Carl Heinrich ist ein angesehener Professor an einer Hamburger Klinik. Ohne dass es ihre Eltern ahnen, verlässt Viktoria klammheimlich das Lehrerinnenseminar in Lübeck, um nach Hamburg zurückzukehren, denn eigentlich möchte sie lieber Medizin studieren, was ihr die Eltern aber vehement verbieten. Bereits wenige Stunden nach ihrer Rückkehr in die Heimatstadt trifft Viktoria auf den jungen Arzt Hannes, der seine Stelle im Klinikum ihres Vaters verloren hat und sich nun meist unentgeltlich um diejenigen im Hamburger Gängeviertel kümmert, die an der sich ausbreitenden Cholera erkrankt sind und sich keinen Arzt leisten können. Hannes und Viktoria mögen sich von Beginn an, so dass Viktoria ihn bei seinen Rundgängen begleitet, bis sie leider auf ihren Vater trifft, der sie sofort nach Hause schickt und den Kontakt zu Hannes unterbindet. Es soll Jahre dauern, bis Viktoria wieder auf Hannes trifft, aber inzwischen nutzt sie ihre Zeit sinnvoll, ihre eigenen Lebenspläne zu verwirklichen…
Wolf Serno legt mit „Große Elbstraße 7“ nicht nur einen Roman über das historische Hamburg zur Zeit der Cholera-Epidemie vor, sondern lässt seine Leser auch am Leben eine Arztfamilie sowie an den damaligen Arbeiterstreiks teilhaben. Dabei verknüpft der Autor sehr geschickt wahre Begebenheiten mit fiktiven und lässt den Leser zum Ende des 19. Jahrhundert eintauchen in eine alte Zeit, wo Frauen noch die Rolle der Hausfrau und Mutter ausfüllten, während Männer in ihrem Beruf aufgingen und der Familie vorstanden. Der Schreibstil ist flüssig-leicht und bildhaft, schnell versinkt man in der damaligen Epoche und darf die einzelnen Protagonisten bei ihrem täglichen Leben begleiten. Die Einblicke in die politische und gesellschaftliche Lage in Hamburg stellt der Autor sehr gut heraus, lässt den Leser den Unterschied zwischen arm und reich sehr deutlich erkennen und ihn die verschiedenen Behandlungsmethoden erfahren, mit denen damals die Kranken kuriert wurden. Die Erfindung der Röntgenstrahlen sowie auch die Verbindung der Erika-Schwestern ist sehr gut in die Handlung integriert, aber auch das Leben auf dem Kiez ist bildhaft geschildert, wo die Arbeiter nicht nur ihre Zerstreuung finden, sondern sich auch zur Planung von Arbeitskämpfen treffen.
Die Protagonisten sind alle sehr unterschiedlich ausgestaltet und mit Leben versehen. Sie besitzen individuelle Charaktereigenschaften, die glaubhaft und authentisch wirken, so dass der Leser sich gut mit ihnen identifizieren kann. Viktoria ist für ihr Alter schon eine recht selbstbewusste und offene Frau, die genau weiß, was sie will. Sie ist stark und mutig, fleißig und mitfühlend, was ihr die Herzen der Menschen zufliegen lässt. Ihr Bruder Benno ist ein Filou, der nichts weiter will als malen. Ein Studium interessiert ihn nicht, er lebt in den Tag hinein und verdient sich sein Geld im Kiez mit Aktmalerei und den Entwürfen von Streikplakaten. Aber Bennos Herz sitzt am rechten Fleck, auch wenn er immer einen frechen Spruch auf den Lippen hat. Viktorias Vater ist ein Mann von Stand und Ansehen, der keine Widerworte gelten lässt. Als Arzt allerdings befolgt er nicht mal sein eigenes Wissen, was ihn am Ende das Leben kostet. Erika-Oberin Schlichting ist eine starke Persönlichkeit, die sich durchsetzen kann und sich auch von den Ärzten nichts vormachen lässt. Gleichzeitig lebt sie streng nach dem Motto der Schwesternvereinigung. Hannes ist ein junger Arzt, der sich den ärmsten der Armen annimmt und versucht ihre Leiden zu lindern, nachdem er seine Stellung im Klinikum verloren hat. Auch die weiteren Protagonisten wie Finn oder auch Schäbeda machen die Handlung mit ihren Auftritten spannend und kurzweilig.
„Große Elbstraße 7“ ist ein Roman, der sowohl mit seiner Familiengeschichte als auch mit dem historischen Hintergrund Hamburgs überzeugen kann. Bildgewaltig erzählt und mit Tiefgang kann es hier nur eine Leseempfehlung geben. Auf die Fortsetzung darf man gespannt sein!

Veröffentlicht am 22.09.2019

"Man soll vor allem Mensch sein und dann erst Arzt." (Voltaire)

Tage in Weiß
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Schon die Ausbildung zum Arzt ist nicht nur abwechslungsreich, sondern auch nur etwas für starke Nerven und Menschen mit Durchhaltevermögen gepaart mit Idealismus. Das Sezieren von Toten zum Studium der ...

Schon die Ausbildung zum Arzt ist nicht nur abwechslungsreich, sondern auch nur etwas für starke Nerven und Menschen mit Durchhaltevermögen gepaart mit Idealismus. Das Sezieren von Toten zum Studium der Anatomie und der Bestimmung von Krankheiten ist nichts für schwache Nerven, aber auch die Assistenzzeit und die Arbeit auf der Intensivstation sowie der Notaufnahme bedeutet viele lange Dienstzeiten mit schlaflosen Nächten, immer in Bereitschaft, dem nächsten Notfall gerecht zu werden und helfen zu können. Dabei sieht man so viele verschiedene Schicksale und muss auch noch die Kraft haben, den Kranken Mut zuzusprechen oder den Angehörigen eine Todesnachricht zu überbringen, wobei man das gesamte Gefühlsbarometer miterlebt und doch genügend Abstand haben muss, um dies nicht an sich herankommen zu lassen.
Rainer Jund hat mit „Tage in Weiß“ einen interessanten Roman vorgelegt, der eigentlich eher eine Ansammlung von Erfahrungen aus dem Alltag eines HNO-Arztes wiedergibt und die Erlebnisse des Autors wiederspiegelt. Der Erzählstil ist eher pragmatisch und sachlich zu nennen, kurze und prägnante Sätze leiten den Leser durch die unterschiedlichsten Patientenbegegnungen, die meist zu Herzen gehen, aber auch manchmal Kopfschütteln hinterlassen angesichts der Tatsache, dass mancher Kranke schon im Vorfeld mit eigener Diagnose oder eigenen Vorstellungen einer Behandlung beim Arzt erscheint, unbelehrbar ist und dem Arzt nicht zuhören will. Einzelne Schicksale gehen dem Leser dagegen regelrecht ans Herz, wobei auch der Autor bei seiner Schilderung einen Anflug von Gefühlen erkennen lässt. Die immer wieder auftauchende norwegische Ärztin, die das Herz des Autors zum Vibrieren bringt und nach vielen Jahren in einer glücklichen Familie endet, bildet den Gegenpart zum Klinik- und Behandlungsalltag. Die Beschreibungen mancher Behandlungs- und Operationsmethoden ist nicht unbedingt etwas für schwache Nerven, wenn man im Hinterkopf hat, dass es sich dabei um Menschen wie Du und ich handelt und uns allen so etwas zu Teil werden könnte.
„Tage in Weiß“ ist ein Buch, das nicht nur die Gefühle und das Verhalten von Patienten und Ärzten aufzeigt, sondern auch einen guten Einblick in den Klinikalltag gibt und beim Leser mehr Verständnis weckt für diesen harten Beruf, der dem Ausübenden einiges abverlangt und uns allen im besten Wissen und Gewissen oftmals das Leben rettet. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 08.09.2019

Eine Frau kämpft sich durch

Der Himmel über dem Outback
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1886 Melbourne. Als die 21-jährige Maggie während ihrer Ferien auf Patrick Shanahan trifft, ist es Liebe auf den ersten Blick für beide. Dass sie aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen, ist ...

1886 Melbourne. Als die 21-jährige Maggie während ihrer Ferien auf Patrick Shanahan trifft, ist es Liebe auf den ersten Blick für beide. Dass sie aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen, ist ihnen egal, sie heiraten schnell, ohne ihre Eltern darüber zu informieren. Als Patricks wohlhabende Eltern Maggie kennenlernen, lehnen sie diese als nicht standesgemäß ab, doch Patrick steht zu Maggie. Das treibt seinen Vater Jethro dazu, Maggie das Leben zur Hölle zu machen und mit Geld loszuwerden, doch sie nimmt es nicht an und flüchtet vor der Familie und ohne ein Wort zu Patrick. Nun ist sie ohne ihre große Liebe auf sich gestellt und muss sich allein durchs Leben schlagen, doch dann stellt sie fest, dass sie ein Kind von Patrick erwartet…
Elizabeth Haran hat mit „Der Himmel über dem Outback“ einen fesselnden und gefühlvollen historisch angehauchten Australienroman vorgelegt, der mit einem flüssigen und bildhaften Schreibstil den Leser sofort in den Bann zu ziehen vermag. Unsichtbar an Maggies Seite erfährt der Leser nicht nur von den einzelnen Schicksalsschlägen, denen sich die junge Frau stellen muss. Die Autorin hat die damaligen gesellschaftlichen Strukturen sowie die Rolle der Frau gut mit ihrer Handlung verwebt, um dem Leser einen Eindruck zu vermitteln, welchen Vorurteilen gerade ledigen Müttern entgegen gebracht wurde und wie schwer es für sie war, sich und ihre Kinder durchs Leben zu bringen. Oftmals haben sie ihren Ausweg in der Prostitution gesehen, um sich ein Einkommen zu sichern. Wechselnde Erzählperspektiven geben dem Leser aber nicht nur die Möglichkeit, Maggie sehr gut kennenzulernen, sondern auch die Gedanken- und Gefühlswelt weiterer relevanter Personen. Zudem wird dadurch die Spannung immer weiter gesteigert.
Die Charaktere sind mit individuellen Ecken und Kanten ausgestattet und wirken sowohl glaubwürdig als auch lebendig. Der Leser kann sich gut in einzelne von ihnen hineinversetzen und mit ihnen fiebern, hoffen und bangen. Maggie wächst einem sofort ans Herz, sie ist nicht nur eine sympathische Frau, sondern vor allem bewundernswert mit ihrem Mut und ihrer Stärke. Schon in jungen Jahren schlägt sie sich allein durch, gewinnt mit ihrer offenen und ehrlichen Art schnell die Herzen der Menschen und erhält so einiges an Unterstützung sowie enge Freunde. Ihre Entwicklung und Veränderung innerhalb der Geschichte ist erstaunlich, denn am Ende ist sie eine selbstbewusste Frau, die selbst über ihr Leben bestimmt. Patricks Eltern sind unangenehme Menschen, die nur um ihren Ruf und ihren Wohlstand bedacht sind und ein Misstrauen entwickelt haben, das andere Menschen verletzt. Ihre Art gegenüber weniger betuchten Mitmenschen ist erniedrigend und widerlich. Patrick ist ein netter Mann, der für seinen gesellschaftlichen Stand nichts kann. Er hat das Herz am rechten Fleck und kommt lange nicht darüber hinweg, dass Maggie ohne ein Wort gegangen ist. Ebenso können Caroline Vivian und Lori mit ihren Auftritten überzeugen und treiben die Spannung weiter in die Höhe.
„Der Himmel über dem Outback“ ist ein wunderbarer historisch angehauchter Schmöker vor der exotischen Kulisse Australiens, der mit Liebe und Verrat eine tolle Story liefert, die vom ersten Moment an fesselt und zum Mitfiebern einlädt. Für sehr kurzweilige und gefühlvolle Lesestunden gibt es eine verdiente Empfehlung!

Veröffentlicht am 03.09.2019

Aufregende Flitterwochen für Victoria

Das verborgene Cottage
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1908 Irland. Nachdem Jeremy und Victoria bereits in Indien geheiratet haben, soll es in den Flitterwochen nach Galway in Irland gehen, wo Victorias Freundin ihnen Unterschlupf auf ihrem Landsitz gewährt. ...

1908 Irland. Nachdem Jeremy und Victoria bereits in Indien geheiratet haben, soll es in den Flitterwochen nach Galway in Irland gehen, wo Victorias Freundin ihnen Unterschlupf auf ihrem Landsitz gewährt. Kurz vor der Abreise erkrankt Jeremys Vater schwer und benötigt dessen Unterstützung, so dass nur Victoria in Begleitung des Butlers Hopkins antreten kann. Kaum in Irland angekommen, gerät Victoria schon bei ihrem ersten Ausflug ins Moor in Schwierigkeiten und wird von dem jungen Ióseph aus ihrer misslichen Lage befreit. Als einige Tage später eine Frauenleiche im Moor gefunden wird, steht Ióseph schnell als Verdächtiger fest, was Victoria allerdings nicht glauben und akzeptieren will. Sie besorgt Ióseph einen Anwalt und gemeinsam mit Hopkins macht sie sich daran, den Mörder selbst zu finden. Schon bald kommt sie einigen Dingen auf die Spur, die andere lieber verborgen wissen und bringt nicht nur sich selbst in gefährliche Schwierigkeiten…
Pauline Peters hat mit „Das verborgene Cottage“ den vierten Band ihrer Victoria Bredan-Reihe vorgelegt, der wieder gute Unterhaltung und einiges an Spannung verspricht. Der Schreibstil ist flüssig-leicht mit einer unterschwelligen und sich immer weiter steigenden Spannung, der den Leser mit seiner Eingängigkeit schnell einfängt, um ihn nicht nur an den Anfang des letzten Jahrhunderts zu beamen, sondern auch als unsichtbarer Geleitschutz von Victoria abzustellen, die mit ihren Aktionen und ihrer Schnüffelei immer wieder in höchst gefährliche Aktionen rutscht. Die Autorin verwendet dabei nicht nur eine etwas altmodische Sprache, sondern hat mit ihrer Protagonistin eine Frau erschaffen, die zur damaligen Zeit schon recht selbständig war und auf von der Gesellschaft vorgegebene Konventionen pfiff. Sehr gut abgebildet sind auch die unterschiedlichsten Gesellschaftsformen. Die Beschreibung der Örtlichkeiten sind so bildhaft, dass der Leser während der Lektüre alles regelrecht vor dem inneren Auge an sich vorbeiziehen sieht. Der Spannungsbogen wird zu Beginn gemächlich aufgebaut, steigert sich dann aber im weiteren Handlungsverlauf immer weiter bis zum finalen Schluss. So kann der Leser wunderbar miträtseln und mit Victoria nach und nach sämtliche Schandtaten aufdecken, wobei er auch noch das eine oder andere Mal überrascht wird.
Die Charaktere wirken lebendig und vor allem glaubwürdig, besitzen sie doch Ecken und Kanten, mit denen sich der Leser identifizieren kann und sich ihnen nahe fühlen lässt. Victoria ist eine selbstbewusste Frau, die immer für ihre Ansichten einsteht und einen gewissen Vorwitz nicht verbergen kann. Zudem ist sie sehr neugierig und bringt sich dadurch immer wieder in eine teilweise recht gefährliche Lage, wobei es ihr an Mut und Stärke nicht mangelt. Hopkins ist Butler, aber auch ein väterlicher Freund für Victoria. Er kümmert sich um ihr Wohlergehen, kann jedoch nicht leugnen, dass er ihre detektivischen Ambitionen nicht teilt. Jeremy ist ein ehrlicher und aufrichtiger Mann, der in diese Band leider etwas zu kurz kommt. Ióseph ist ein einfacher Mann, der recht abgeschieden lebt und einigen wohl ein Dorn im Auge ist. Ebenso stützen weitere Protagonisten die Handlung mit ihren kleinen Episoden und steigern so die Spannung zusätzlich.
„Das verborgene Cottage“ ist ein historischer Kriminalroman, der mit einer wohldurchdachten und spannenden Geschichte gute Unterhaltung bietet. Eine Leseempfehlung für alle, die Krimis lieben nach guter alter Sherlock-Manier.