Anders & speziell, aber auch gut
KreuzfahrtInhalt
Meret trifft in ihrem Urlaub auf Jan. Ihren Nachbarn, den sie kaum kennt. In einem winzigen Augenblick scheint sich etwas zu verändern, die Perspektive verschiebt sich, alles scheint auf einmal ...
Inhalt
Meret trifft in ihrem Urlaub auf Jan. Ihren Nachbarn, den sie kaum kennt. In einem winzigen Augenblick scheint sich etwas zu verändern, die Perspektive verschiebt sich, alles scheint auf einmal möglich. Denn die jeweiligen Ehen der beiden sind ernüchtert und die Luft ist schon gefühlte Ewigkeiten raus. Zunächst unscheinbar und dann heftig, fallen beide in eine Affäre miteinander, bis Meret einen Schritt wagt, der so einiges ändert.
Meinung
Unromantisch. Glasklar. Rational und dabei authentisch. Mit diesen Worten assoziiere ich „Kreuzfahrt“ von Mireille Zindel. Der Schreibstil ist, vorneweg, nicht für jeden etwas. Innerhalb der Leserunde bei Lovelybooks, durch die ich die Möglichkeit bekam, dieses Buch zu lesen, haben sich schnell Stimmen erhoben, die sich wenig für den Schreibstil begeistern konnten. Und es ist wahr. Die Autorin schreibt recht sachlich und nüchtern. Die Emotionen bleiben ein wenig auf der Strecke. Allerdings hat mich das nie gestört. Warum?
Das Buch braucht eine gewisse Distanz, genauso wie die Protagonistin Meret sehr distanziert auf den Leser und sich selbst wirkt. Ich war mir schnell bewusst, dass dieser Roman, in welchem Meret in der Ich-Perspektive an Jan schreibt, eine Reflektion über Vergangenes ist. Damit fährt es sich ganz gut. Außerdem bekam ich das Gefühl, dass dieses gestörte Selbstbildnis, diese emotionale Sachlichkeit Teil ihrer momentanen Lebensphase ist. Sie neigt zu einer Depression und Resignation ihrer Situation, welche die Emotion nach außen hin schluckt. Das dermaßen auf den Leser übertragen zu können, ist schon eine schriftstellerische Leistung.
Auf diese Geschichte und die Art, wie sie erzählt wird, muss man sich einlassen. Neben einer doch etwas undurchdringbaren Hauptprotagonistin, finden sich noch die anderen drei Beteiligten in dem Buch wieder. Da ist zum Beispiel Romy. Die Ehefrau von Jan, die sehr offen und weltgewandt wirkt. Andererseits wird dem Leser bald klar, dass sie nicht ganz sauber tickt. Sie hat ein ganz komplexes und launenhaftes Wesen, ist sehr stark der Esoterik verschrieben und auch sie wirkt emotional etwas kühl und sich selbst entfremdet. Umso spannender ist die Tatsache, dass sich Meret Romy nicht entziehen kann, obwohl sie Romy nicht richtig leiden mag und sie diese Schwärmerei für ihren Ehemann hegt.
Bei Dress, dem Ehemann von Meret, ist es ein ähnlich stummes Bild zur Emotion. Nur das es zu ihm passt. Er scheint mehr der Pragmatiker zu sein und hat insgesamt die Rolle des Unscheinbaren eingenommen. Die Person Dress lernt man nur oberflächlich kennen. Das liegt derweil daran, dass Meret in ihrer Erzählung an und über Jan, hauptsächlich mit sich selbst und dieser Affäre beschäftigt ist. Nachvollziehbar, wenn die Ehe bröckelt und das neue Spielzeug vor der Nase rumturnt. Jan hingegen wirkte auf mich unwesentlich präsenter. Trotz seiner Rolle. Er hatte, der Natur des Buches sei Dank, einiges mehr an Präsenz, aktiv oder passiv, allerdings habe ich mir auch kaum ein Bild von ihm machen können. Er ist introvertiert, und doch zielstrebig und erfolgreich im Beruf. Er wirkt so geerdet, dass es so verwunderlich und auch unverständlich ist, wie seine Ehe mit Romy bisher hat halten können.
Der Titel des Buches ist ein kleines Mysterium. Im Buch findet man bei Begegnungen zwischen den Paaren immer wieder eine Geschichte vor, die Romy von Meret erzählt bekommen möchte. In dieser geht es tatsächlich um eine Frau mit dem Namen Gaia und eine Kreuzfahrt. Ich selbst bin ab von dem Gedanken, dass es so simpel ist. Es passt auch nicht zur Geschichte. Ich finde, das Cover repräsentiert wesentlich mehr den Sinn und Inhalt des Titels, passend zur Geschichte. Aber da darf jeder selbst Vermutungen anstellen.
Fazit
„Kreuzfahrt“ ist unglaublich nüchtern, dafür aber ehrlich. Die Autorin schildert auf eine gradlinige Weise wie das betäubte Innere einer verzweifelten und zur Depression und Langeweile neigenden Frau, ein Stück weit Leben sucht. Und sei es in einer Affäre. Der Schreibstil scheint nicht für jeden passend zu der Geschichte zu sein, wenn man sich einige andere Stimmen aus der Leserunde bei Lovelybooks durchliest. Ich allerdings kam sehr gut damit klar und finde das Buch in seinen Aspekten und seiner auch etwas schwierig greifbaren Art gut gelungen.