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Veröffentlicht am 03.04.2020

Bemüht und dennoch gescheitert

Das eiserne Herz des Charlie Berg
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Aufwachsen in einer Familie, in der die Erwachsenen mehr an ihrer eigenen Selbstverwirklichung - wenn man es denn so nennen will – als an ihren Kindern interessiert sind. Der Vater ein dauerkiffender ...

Aufwachsen in einer Familie, in der die Erwachsenen mehr an ihrer eigenen Selbstverwirklichung - wenn man es denn so nennen will – als an ihren Kindern interessiert sind. Der Vater ein dauerkiffender Musiker, die Mutter Tingeltangel-Schauspielerin, die Schwester, in ihrer eigenen Welt lebend. Alltag für Charlie, der schauen muss, dass er halbwegs eine Ordnung aufrechterhält. Als sich in den Neunzigern die Gelegenheit bietet, das (nicht vorhandene) Nest zu verlassen, er ist 19 und hat eine Zivi-Stelle in Aussicht, glaubt er endlich auch eine Perspektive zu haben. Doch alles kommt anders als geplant. Der letzte Jagdausflug mit Opa endet mit dessen Tod und Charlies große Liebe, eine mexikanische Videofreundin, heiratet einen Gangster. Ein einziges Kuddelmuddel, dem er möglichst unbeschadet entrinnen will.

Zwei Assoziationen haben sich mir beim Lesen dieses Erstlings von Sebastian Stuertz aufgedrängt. Bezogen auf die abgedrehte Story war das Irvings „Garp“, und sprachlich sind die Ähnlichkeiten mit John Nivens Romanen kaum zu leugnen. Allerdings schneidet Stuertz im Vergleich mit diesen beiden Autoren leider nicht sonderlich gut ab. Zu Irving fehlt die Eleganz und Leichtigkeit, zu Niven der schwarze Humor und die sprachliche Kunstfertigkeit des Schotten. Skurrile Figuren und derbe Sprache reichen bei einer dünnen Geschichte, die sich dann auch noch über 700 Seiten elend langatmig dahinzieht, leider nicht aus. Der Autor hat sich zwar bemüht, ist aber unterm Strich an seinen übersteigerten Ambitionen gescheitert.

Veröffentlicht am 31.12.2019

Ein gues Pferd wird totgeritten

1794
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Wir schreiben das titelgebende Jahr „1794“, und noch immer haben die Menschen in Stockholm mit den Nachwirkungen des Schwedisch-Russischen Kriegs zu kämpfen. Die Lebensverhältnisse sind erbärmlich, Hunger ...

Wir schreiben das titelgebende Jahr „1794“, und noch immer haben die Menschen in Stockholm mit den Nachwirkungen des Schwedisch-Russischen Kriegs zu kämpfen. Die Lebensverhältnisse sind erbärmlich, Hunger und Entbehrung bestimmen den Alltag - zumindest den des einfachen Volkes. Die Wohlhabenden hingegen leben wie die Maden im Speck, scheren sich nicht um Anstand und Moral, geben ihren dunklen Trieben nach. Menschenleben zählen nichts. Männer werden geschunden, Frauen misshandelt. Unrat wohin man schaut. Und all das wird von dem Autor in epischer Breite und bis ins Detail geschildert.

Alles bereits aus dem Vorgänger „1793“ bekannt. Fast 600 Seiten, unterteilt in vier Abschnitte, die erst allmählich zusammenfinden. Und auch sonst bietet dieser Nachfolgeband kaum Neues. Selbst das Personal ist bis in die Nebenrollen fast gleich geblieben. Einen Neuzugang für den an Schwindsucht gestorbenen Cecil Winge gibt es allerdings. Emil, sein Bruder, taucht auf und unterstützt, wenigsten in Grundzügen, Mickel Cardell bei den Ermittlungen um den grausamen Tod einer jungen Frau, die offenbar in der Hochzeitsnacht von ihrem Bräutigam getötet wurde.

Der einzige interessante Aspekt ist meiner Meinung nach der Ausflug in die schwedische Kolonialgeschichte, ansonsten verharrt der Autor in den bekannten Mustern. Nichts Neues unter der Sonne, und mich beschleicht der Verdacht, dass hier ein gutes Pferd totgeritten wird. Schade!

Veröffentlicht am 17.11.2019

Fast Food aus der Schreibwerkstatt

Missing Boy
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Ein Kind verschwindet aus einem verschlossenen Raum. Spurlos. Ein Albtraum. Treibt ein Pädophiler im nordaustralischen Crimson Lake sein Unwesen? Schnell ist eine Suchmannschaft organisiert, die die örtliche ...

Ein Kind verschwindet aus einem verschlossenen Raum. Spurlos. Ein Albtraum. Treibt ein Pädophiler im nordaustralischen Crimson Lake sein Unwesen? Schnell ist eine Suchmannschaft organisiert, die die örtliche Polizei unterstützt. Parallel dazu beauftragt die Mutter das Ermittlerduo Ted Conkaffey und Amanda Pharrell, sehr zum Verdruss des leitenden Ermittlers. Zum einen kämpft Ted noch immer um seinen Ruf, zum anderen unterstellt man Amanda für den Tod einer Polizistin verantwortlich zu sein. Doch gegen alle Widerstände nehmen die beiden die Suche auf, um Licht ins Dunkel des mysteriösen Falls zu bringen. Und schnell müssen sie feststellen, dass nicht jeder das ist, was er scheint.

Bereits Redemption Point, zweiter Band der Crimson Lake-Reihe, konnte mich nicht überzeugen. Zwar wird die Autorin landauf landab als „neue Stimme“ der australischen Krimiszene gehandelt, aber mir erschließt sich leider nicht, worauf dieser Ruf gründet. Nur weil ein Duo mit problematischer Vergangenheit beschließt, als Privatdetektive mit unkonventionellen Methoden zu arbeiten, ist das jetzt nicht besagter frischer Wind. Das literarische Vorbild für Amanda ist gar zu offensichtlich, Tattos, Motorrad etc., wer denkt da nicht sofort an Lisbeth Salander, wobei letztere Figur wesentlich komplexer angelegt ist. Und Ex-Cops, die mit einem ihnen unterstellten Verbrechen in Schimpf und Schande leben müssen, denen man die Rehabilitation verweigert, gibt es in der Kriminalliteratur zuhauf.

Die Story mittelmäßig mit unspektakulärer Auflösung, die Protagonisten siehe oben, die Landschaftsbeschreibungen ganz nett, die Schreibe simpel – nichts, was man nicht schon oft gelesen hätte. Fast Food aus der Schreibwerkstatt von James Patterson. Schnell gelesen und nichts, was beeindruckt und im Gedächtnis bliebe. Für mich war’s das jetzt endgültig mit Candice Fox.

Veröffentlicht am 05.11.2019

Schwächster Band der Reihe

Hotel Cartagena
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Eine Geburtstagsfeier im Kollegenkreis endet in einem Fiasko. Und diesmal ist ausnahmsweise nicht Chasity Riley dafür verantwortlich. Eine Gruppe von Bewaffneten dringt in die Location ein und nimmt die ...

Eine Geburtstagsfeier im Kollegenkreis endet in einem Fiasko. Und diesmal ist ausnahmsweise nicht Chasity Riley dafür verantwortlich. Eine Gruppe von Bewaffneten dringt in die Location ein und nimmt die Gäste als Geiseln. Wer, warum und wieso erschließt sich erst allmählich im Handlungsverlauf. Ein junger Mann, ein neues Leben in Kolumbien, Drogen, die falschen Freunde – die Katastrophe scheint unausweichlich. Und nun soll in der Nobelbar eine alte Rechnung beglichen werden.

Was soll ich sagen? Ich habe sämtliche Bände der Reihe mit der toughen Staatsanwältin mit dem losen Mundwerk gerne gelesen, neun mittlerweile, aber „Hotel Cartagena“ konnte mich nicht überzeugen. Mag damit zusammenhängen, dass diesmal für mein Empfinden zu viel Drumherum und zu wenig Chasity zu lesen war. Mit Ausnahme ihres Schwafelns im Delirium infolge einer Blutvergiftung. Aber: diese Verletzung am Daumen und die nachfolgende Bewusstseinstrübung hätte man nicht so ausufernd beschreiben müssen, denn das überstrapaziert die Geduld des Lesers immens.

Fazit: „Hotel Cartagena“ ist für mich definitiv der schwächste Band der Reihe.

Veröffentlicht am 09.09.2019

Was war denn das?

The Chain - Durchbrichst du die Kette, stirbt dein Kind
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Ein solcher Thriller findet immer wieder seine Leser: Kind wird entführt. Mutter alleinerziehend und krebskrank. Bedingung für die Freilassung ist zum einen Lösegeld, zum anderen ein neuer „Platzhalter“ ...

Ein solcher Thriller findet immer wieder seine Leser: Kind wird entführt. Mutter alleinerziehend und krebskrank. Bedingung für die Freilassung ist zum einen Lösegeld, zum anderen ein neuer „Platzhalter“ für das Entführungsopfer, das freigelassen wird, sobald diese beiden Forderungen erfüllt sind. Eine Vorgehensweise, wie bei dem altbekannten Kettenbrief. Und wer die Kette unterbricht, muss mit den schlimmsten Konsequenzen rechnen…

Oh.mein.Gott. Was war denn das?

250 Seiten, die das Fühlen, die Ohnmacht und das Handeln der Mutter rauf und runter beschreiben. Nicht zu vergessen, wie in Büchern dieses Kalibers üblich, die unvermeidliche Love-Story. Dann noch 130 Seiten für die Täter, ihr Trauma, ihre Motive und schlussendlich den Showdown. Weil…wenn eine Mutter ihr Kind in Gefahr sieht, wird sie zur rachsüchtigen Furie. Ein Klischee folgt dem nächsten, alles schon einmal gelesen. Und da hilft es auch nicht, dass der Autor mehrmals Camus zitiert.

So sieht es also aus, wenn ein von mir hochgeschätzter Autor seine Schreiberseele an den amerikanischen Kommerz verkauft, denn immerhin hat er sich damit auf der Bestseller-Liste der New York Times platziert, was ihm mit den Sean Duffy-Krimis nie gelungen ist. Mit „The Chain“ hat Adrain McKinty einen Thriller geschrieben, der massenkompatibel ist. Verkauft sich offenbar gut, ist ein Thema das den Nerv der weiblichen Leserschaft trifft und schon zigfach in Buchform von diversen Autoren behandelt worden. Die Filmrechte sind wohl auch schon verkauft. Bleibt zu hoffen, dass der Erlös ihm die nötige Sicherheit verschafft, um wieder Romane in der Qualität zu schreiben, die wir von ihm gewohnt sind.

Im Nachwort schreibt McKinty, dass er diesen Stoff schon lange für eine Short Story in der Schublade hatte. Hätte er es nur dabei belassen.