Bemüht und dennoch gescheitert
Das eiserne Herz des Charlie BergAufwachsen in einer Familie, in der die Erwachsenen mehr an ihrer eigenen Selbstverwirklichung - wenn man es denn so nennen will – als an ihren Kindern interessiert sind. Der Vater ein dauerkiffender ...
Aufwachsen in einer Familie, in der die Erwachsenen mehr an ihrer eigenen Selbstverwirklichung - wenn man es denn so nennen will – als an ihren Kindern interessiert sind. Der Vater ein dauerkiffender Musiker, die Mutter Tingeltangel-Schauspielerin, die Schwester, in ihrer eigenen Welt lebend. Alltag für Charlie, der schauen muss, dass er halbwegs eine Ordnung aufrechterhält. Als sich in den Neunzigern die Gelegenheit bietet, das (nicht vorhandene) Nest zu verlassen, er ist 19 und hat eine Zivi-Stelle in Aussicht, glaubt er endlich auch eine Perspektive zu haben. Doch alles kommt anders als geplant. Der letzte Jagdausflug mit Opa endet mit dessen Tod und Charlies große Liebe, eine mexikanische Videofreundin, heiratet einen Gangster. Ein einziges Kuddelmuddel, dem er möglichst unbeschadet entrinnen will.
Zwei Assoziationen haben sich mir beim Lesen dieses Erstlings von Sebastian Stuertz aufgedrängt. Bezogen auf die abgedrehte Story war das Irvings „Garp“, und sprachlich sind die Ähnlichkeiten mit John Nivens Romanen kaum zu leugnen. Allerdings schneidet Stuertz im Vergleich mit diesen beiden Autoren leider nicht sonderlich gut ab. Zu Irving fehlt die Eleganz und Leichtigkeit, zu Niven der schwarze Humor und die sprachliche Kunstfertigkeit des Schotten. Skurrile Figuren und derbe Sprache reichen bei einer dünnen Geschichte, die sich dann auch noch über 700 Seiten elend langatmig dahinzieht, leider nicht aus. Der Autor hat sich zwar bemüht, ist aber unterm Strich an seinen übersteigerten Ambitionen gescheitert.