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Hotline für besorgte BürgerMeine Meinung:
Ich bin beim Stöbern in der Bibliothek über dieses Buch gestolpert und war gleich neugierig auf dessen Inhalt. Ich habe beruflich mit Ausländern (unter anderem auch Asylbewerbern) zu tun, ...
Meine Meinung:
Ich bin beim Stöbern in der Bibliothek über dieses Buch gestolpert und war gleich neugierig auf dessen Inhalt. Ich habe beruflich mit Ausländern (unter anderem auch Asylbewerbern) zu tun, weshalb mich das Thema allein schon aus diesem Grund interessiert.
Bereits nach zwei Seiten war ich sehr angetan von dem Buch. Der Autor vertritt eine Ansicht, mit der sicher nicht jeder etwas anfangen kann, aber ich habe mich in vielen Äußerungen wiedergefunden. Auch ich finde die ausländerfeindlichen und rechtspopulistischen Aussagen, die – so scheint es – zunehmend von allen Seiten geäußert werden, schrecklich. Aber bringt es etwas, laut „Nazis sind Scheiße!“ zu rufen und sich dann umzudrehen und zu gehen? Was tut ihr, wenn ihr das Gefühl habt, in eurem Umfeld hört euch niemand zu? Ihr geht dorthin, wo euch jemand versteht. Aus diesem Grund sucht Ali Can immer wieder das Gespräch mit den sogenannten „Wutbürgern“ und das, obwohl er mit seinem Hintergrund oft genug selbst Anfeindungen begegnen muss.
Zunächst erzählt der Autor etwas über seine Familie, seine Herkunft und sein Leben in Deutschland. Danach berichtet er über seine ersten Versuche auf die Wutbürger“ zuzugehen und wie die Idee zur Telefon-Hotline entstand. Es folgen ausgewählte Telefonate mit ganz unterschiedlichen Menschen, die der Autor im Anschluss kurz nachbereitet. In den Gesprächen zeigt sich immer wieder, wie wichtig es ist, dass wir einander zuhören und aufeinander eingehen. Manchmal stellt man vielleicht sogar fest, dass man in einigen Punkten gleicher Meinung ist.
Ich habe sehr oft über Äußerungen der Gesprächspartner nachgedacht, die Argumente auf mich wirken lassen und mich gefragt, wie ich auf gewisse Dinge reagieren würde. Immer wieder wird auch deutlich, dass es nicht DEN Migranten oder DIE Migrantin gibt, genauso wenig wie DEN Deutschen oder DIE Deutsche. Ich möchte mir das Buch auf jeden Fall für mein Regal kaufen, um es erneut lesen und mir Sätze markieren zu können. Es gab sehr viele Stellen, die ich mir gern öfter in Gedächtnis rufen würde.
Neben den Gesprächen enthält das Buch einen Integrationstest (von Ali Can selbst entwickelt und mit Humor zu nehmen) und zum Abschluss drei Eindrücke von Lehrern und Lehrerinnen, die in Deutsch-als-Zweitsprache-Klassen / Willkommensklassen / Flüchtlingsklassen (wie auch immer man es nennen will) unterrichtet haben. Dieser Abschnitt war ebenfalls sehr interessant, weil es – wenig überraschend – zwei Dinge unterstreicht: Bildung ist der Schlüssel und für Bildung wird hier viel, aber nicht genügend getan.
Fazit:
Ein absolut empfehlenswertes Buch, aus dem ich sehr viel mitgenommen habe. Unbedingt anschauen.