Boah. Nach dieser Kurzgeschichtensammlung möchte ich erstmal ganz lange nichts von Roupenian lesen. Und ich bin doch froh, dass ich kein Geld für das Buch ausgeben musste (auch wenn natürlich nix umsonst ist) - damit danke an den Verlag für das Rezi-Exemplar.
Roupenian wurde durch die Geschichte "Cat Person" bekannt, die im New Yorker erschien und bis heute zu den meistgelesen Stories überhaupt gehört.
Dementsprechend ist "Cat Person" in dieser gleichnamigen Kurzgeschichtensammlung auch die stärkste Erzählung.
Eine junge Frau lässt sich auf einen Mann ein, die beiden landen irgendwann im Bett und es ist richtig schlecht.
Die junge Frau denkt mehrfach darüber nach, die Situation abzubrechen, sie fühlt sich unwohl, es geht ihr nicht gut mir ihrer Entscheidung.
Gleichzeitig hat sie das Gefühl, den Punkt überschritten zu haben, bis zu dem sie nein hätte sagen können und der Aufwand, jetzt doch abzubrechen scheint ihr zu groß. Mitleid mit dem Typen hat sie auch.
Eine Situation die sicher sehr viele Frauen auf dieser Welt kennen und genau deshalb traf "Cat Person" wohl einen Nerv - auf die eine oder andere Weise.
Denn interessant herbei ist auch, dass sich viele Männer mokierten und vehement darauf hinwiesen, dass es hier lediglich um ein schiefgelaufenes Date und schlechten Sex geht, dass dies alles ganz sicher nichts mit Grenzüberschreitungen oder gar Missbrauch zutun hat.
Dabei geht die Story ja noch weiter und das Wichtigste kommt erst noch: Die junge Frau löst sich vom Mann, er sieht sie später in einer Bar wieder und fängt an, ihr ohne Ende Texte zu schicken, erst um eine neue Chance bettelnd, dann immer derber.
Das letzte Wort in "Cat Person" ist zugleich eine SMS des Typen an die junge Frau: Schlampe - und da liegt der tatsächliche Grenzübertritt und die Belästigung, ja der ganze Punkt der Geschichte.
Denn ich war bereits diese Frau, die unzählige Beschimpfungen eines verschmähten Liebhabers über sich ergehen lassen musste und da bin ich ganz sicher nicht alleine.
Hier schafft Roupenian es, ihre Charaktere und deren Geschichte mitten aus dem Leben zu greifen. Leider kann sie das in ihren übrigen Werken nicht wiederholen.
Ein voyeuristischer Schmerzens- und Grausamkeitsporno. So würde ich das Buch insgesamt beschreiben. Es wirkt, als würde die Autorin einfach nur krampfhaft versuchen, den Unwohl-Faktor, der in "Cat Person" ja das große Kunststück war und seine Berechtigung hatte, erneut in uns LeserInnen auszulösen.
Die Charaktere bleiben flache, grausame Kreaturen, die außer Gewalt und Sex nicht viel im Sinn haben und die man schnell wieder vergisst. Es geht nur darum, zu schocken und uns mit einer gewissen Abscheu zurückzulassen.
Dabei ist das alles sehr gut geschrieben, das kann man nicht bestreiten. Allerdings fühlt es sich auch so an, als würde sich Roupenian an Leid und Qual ihrer eigenen Figuren weiden.
Faszinierend war für mich vor allem, dass eigentlich jede Geschichte ziemlich stark oder gar spannend beginnt und dann in dermaßen absurde Gefilde abdriftet, dass ich nach der Hälfte meist keine Lust mehr hatte und mich zum Weiterlesen zwingen musste.
Und wenn ich ganz ehrlich sein soll: kennste eine, kennste alle. Bereits mit der ersten Geschichte (die ich persönlich ziemlich furchtbar fand), werden die Weichen gesetzt und viel anderes kommt dann nicht mehr.
Ich habe eigentlich gar nichts gegen düstere Geschichten und Gewaltdarstellungen, im Gegenteil. Mir war das in diesem Fall aber alles viel zu fetischisierend. Und too much. Nicht eine einzige Story lässt einen mit einem guten Gefühl zurück.
Den zweiten Stern gibt es also für "Cat Person" als Einzelstory, der Rest ist meiner Meinung nach leider nicht wirklich lesenswert. Wobei die Geschmäcker natürlich wie immer verschieden sind.