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Veröffentlicht am 15.09.2016

Kein Psychothriller, aber ein solider Krimi

Wenn du mich tötest
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Die Backpackertour in Schottland nimmt ein mysteriöses Ende. Julian und Laura zelten am einsamen Strand der Sandwood Bay, als die junge Frau plötzlich verschwindet. Julian gerät schnell unter Verdacht, ...

Die Backpackertour in Schottland nimmt ein mysteriöses Ende. Julian und Laura zelten am einsamen Strand der Sandwood Bay, als die junge Frau plötzlich verschwindet. Julian gerät schnell unter Verdacht, der Ermittler John Gills gräbt tief in dessen Vergangenheit und fördert allerlei zutage.

Ich weiß nicht was den Verlag bewogen hat, dieses Buch als Psychothriller zu betiteln, den Psychoanteil suchte ich vergebens. Den Thrillfaktor auch. Karen Winter hat hier, meiner Meinung nach, einen ganz ordentlichen Krimi geschrieben, der mich über weite Strecken recht gut unterhalten hat. Die raue Landschaft Schottlands und die Abgeschiedenheit des kleinen Dörfchens haben einen tollen Hintergrund für die Story geliefert. Auch die Charaktere sind der Autorin authentisch gelungen, insgesamt blieben mir sie jedoch etwas zu blass. Ihre Handlungen fand ich nicht immer logisch, gerade die Ermittlungsarbeit erschien mir z.T. eher stümperhaft. Da gibt es DIE erfolgsversprechende Spur, und gerade der geht niemand nach? Soviel Grips erwarte ich dann schon auch vom lokalen Dorfpolizisten. Winter schreibt zwar sehr flüssig und angenehm, trotzdem kam bei mir nie Lesezwang auf, nicht zuletzt, weil sich die Spannung doch eher in Grenzen hielt. Gegen Ende steigt der Spannungsbogen dann noch mal an, jedoch fand ich die Entwicklung der Geschichte so absurd, dass es für mich zu einem unfreiwillig lächerlichen Höhepunkt geriet.

Fazit: insgesamt kann man schon mal zu diesem Buch greifen, wirklich überzeugt hat es mich jedoch nicht.

Veröffentlicht am 25.09.2022

Der 31te Juli

Die Mauersegler
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Mit seinen 55 Jahren beschließt Toni, dass bald Schluss sein soll. In genau einem Jahr, am 31. Juli, will er sich das Leben nehmen. Er wird nicht mehr gebraucht: Ehe geschieden, Sohn missraten, aber erwachsen, ...

Mit seinen 55 Jahren beschließt Toni, dass bald Schluss sein soll. In genau einem Jahr, am 31. Juli, will er sich das Leben nehmen. Er wird nicht mehr gebraucht: Ehe geschieden, Sohn missraten, aber erwachsen, vom Bruder entfremdet, der beste Freund zieht bei einem Selbstmordpakt gleich mit. Einzig was mit Hündin Pepa geschehen soll, scheint noch offen. Ansonsten hat Toni noch 365 Tage um Tagebuch zu schreiben, sein Leben zu reflektieren und seine Angelegenheiten zu regeln.
Toni ist ein Unsympath: er jammert, er meckert, er gibt sich oft wie ein nur nach Außen erwachsenes Kind. Seine Gedanken sind chauvinistisch bis frauenfeindlich, mal mehr, mal weniger. In Kombination mit seinem Freund Humpel steigert sich das Ganze gerne mal. Ich bin eigentlich nicht sehr empfindlich was solche Sprüche angeht, aber die zwei sind mir nun wirklich mehr als einmal gehörig auf die Nerven gegangen. Mit dieser Figur hat der Autor bei mir genau das erreicht, was er erreichen wollte: ich mochte Toni nicht. Leider ist das so gut gelungen, dass ich irgendwann auch keine große Lesefreude mehr an seinen Tagebuchergüssen hatte. 365 Tage sind lang, das spiegeln auch die 832 Seiten Romanhandlung wieder. Leider wirkt die Handlung dadurch auch mal langatmig, ab und an wiederholt Toni das ein oder andere Ereignis, vermutlich damit der Leser nicht den Überblick verliert. Ich fand diesen Kniff unnötig und war umso mehr gelangweilt. Neben Toni wirken sämtliche anderen Figuren wie kleine Nebenrollen, eben weil sich alles um den kleinen Möchtegernphilosoph dreht. Das ist schade, denn so lernt man sie nur sehr eingeschränkt kennen.
Sprachlich mochte ich den Roman dagegen sehr. Toni erzählt logischerweise aus der Ich-Perspektive, er drückt sich meist gewählt bis anspruchsvoll aus, trotzdem fand ich den Roman nicht überkünstelt. Die oft kurzen Tagebucheinträge sind nicht immer chronologisch, immer wieder gibt es Rückblenden oder Erinnerungen, hier ist also für Abwechslung gesorgt. Auch nach Ende der Lektüre bleibt mir Tonis Motivation für den Selbstmord irgendwie unklar, am ehesten glaube ich noch, dass er sich selbst am meisten satt hatte. Ich kann ihn da verstehen.

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Veröffentlicht am 31.01.2021

Kurze Story für Zwischendurch

Das Baby ist meins
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Mitten in der Nacht wird Bambi von seiner Freundin vor die Tür gesetzt. Eine schwierige Situation, erst recht im pandemiebedingten Lockdown. Er findet Zuflucht bei seiner Tante, die gerade ein Baby bekommen ...

Mitten in der Nacht wird Bambi von seiner Freundin vor die Tür gesetzt. Eine schwierige Situation, erst recht im pandemiebedingten Lockdown. Er findet Zuflucht bei seiner Tante, die gerade ein Baby bekommen hat. Oder gehört das doch der Geliebten ihres Mannes? Auch die ist in Tantes Haus gestrandet, und so warten auf die drei unfreiwilligen WG-Mitglieder nervenaufreibende Tage.

Mit ihrem Debüt hat Braithwaite zu Recht Erfolge gefeiert, doch mit diesem Kurzroman dürfte sie vergleichsweise eher nur Blumentöpfe gewinnen. Die Handlung wirkt recht lieblos runtergeschrieben, auch wenn die Idee durchaus Potential hat. Eine absurde Situation: zwischen zwei verfeindeten Frauen gefangen, die sich zudem noch um ein Baby streiten. Hinaus kann Bambi nicht, zwischenzeitlich scheint sich der Macho aber in der Situation ganz wohlzufühlen. Umsorgt und bekocht von den beiden, lässt es sich aushalten. Es entspinnen sich Streitgespräche, z.T. auch brenzlige Situationen, doch alles wirkt leblos und distanziert. Mir fehlte das echte Feuer, auch den Witz, den ich aus der Serienmörderin kenne. Corona stellt die Rahmenbedingungen, wird dann aber so gewollt immer wieder erwähnt, dass es mich nur noch genervt hat. Ängste, wie sie gerade den Alltag vieler bestimmen, zeigen alle drei nicht, auch um den frisch am Virus verstorbenen Onkel wird überhaupt nicht getrauert. Das Treiben der Protagonisten wirkt völlig unecht, und traf bei mir einfach keinen Nerv. Insgesamt lässt sich der kurze Roman flott lesen, und leider auch noch flotter vergessen.

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Veröffentlicht am 11.09.2019

Frankie 2

Todeslügen
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Eine Leiche im Priesterornat; doch es ist nicht der Priester. Eine weitere Leiche, halbnackt, doch es liegt kein Missbrauch vor. Ein Killer, der seine gerechte Strafe für den Mord an seinen Eltern abgesessen ...

Eine Leiche im Priesterornat; doch es ist nicht der Priester. Eine weitere Leiche, halbnackt, doch es liegt kein Missbrauch vor. Ein Killer, der seine gerechte Strafe für den Mord an seinen Eltern abgesessen hat. Oder war er es am Ende doch nicht?

Frankie Sheehan hat in diesem Band viele Rätsel zu lösen. Vielleicht war es die ein oder andere Verstrickung zu viel. Oder ich war nach dem ersten Band „Zu nah“, der mir super gefallen hat, mit zu hohen Erwartungen ans Buch gegangen. Oder ich bin mit dem falschen Lesebein aufgestanden… Oder, oder, oder. Warum auch immer, der Funke ist bei mir nicht übergesprungen. Die Figuren stimmen, die etwas düstere Atmosphäre stimmt auch. Aber der Fall/die Fälle haben mich nicht mitgerissen. Zündstoff wäre genug da, doch die Autorin schafft es einfach nicht mich dauerhaft für die Story zu begeistern. Es kommen immer mal spannende Momente auf, doch dann wird das Potential nicht ausgeschöpft, ein spannungsdämpfender Blick in die Vergangenheit geworfen, oder irgendwas wiederholt. Ich mag Frankie, ich mochte Band 1, somit würde ich der Reihe noch mal eine Chance geben. Aber der vorliegende Band hat mich doch etwas enttäuscht zurückgelassen.

Veröffentlicht am 07.04.2019

Platt, dafür überlang und unfreiwillig komisch

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Einst sind in Orphea am Premierenabend des Theaterfestivals vier Menschen ermordet worden. Der Fall scheint geklärt, doch 20 Jahre nach dem Verbrechen ist Journalistin Stephanie Mailer dabei den Fall wieder ...

Einst sind in Orphea am Premierenabend des Theaterfestivals vier Menschen ermordet worden. Der Fall scheint geklärt, doch 20 Jahre nach dem Verbrechen ist Journalistin Stephanie Mailer dabei den Fall wieder unter die Lupe zu nehmen. Doch bevor sie ihre Enthüllungen erklären kann, verschwindet sie selbst. Rosenberg und Scott, die einst den Vierfachmord aufgeklärt hatten, machen sich nun auf, Stephanies Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Ich möchte mal mit einem Zitat einsteigen, das ziemlich genau mein Lesegefühl wiedergibt: „Wie lange bleiben wir denn noch in diesem Scheißkaff?“ „Keine Ahnung. So lange wie nötig.“
Der Autor hält einen Aufenthalt von fast 700 Seiten offensichtlich für sehr nötig. Ich nicht. Schon nach kurzer Zeit wollte ich nur noch weg aus Orphea. Weg von den beschränkten Bewohnern, allen voran sämtlichen Polizisten, Ermittlern, Detektiven etc. Der Klappentext spricht von Ermittlungen „mit größter Sorgfalt“, das scheint mir ein Druckfehler zu sein; ermittelt haben die Polizisten schon, ob nun 1994 oder 2014, besonders clever oder auch nur sorgfältig arbeiten sie nicht. Dafür herrscht aber auf dem Revier Vetternwirtschaft, Sexismus und allgemein eine Stimmung, die mich an Kleinkinder erinnert hat, die sich im Sandkasten gegenseitig eins mit der Schippe überziehen. Manchmal fand ich das witzig; aber eben halt nur so lange bis klar war, dass der Autor sicherlich keine so aberwitzige Story schreiben wollte. Die Handlung wirkt verdammt oft an den Haaren herbeigezogen und künstlich aufgebauscht. Die dabei entstehenden Probleme sind jedoch oft entweder zum Kopfschütteln weil derart banal, oder extrem klischeebeladen. Dazu erzählt Dicker in ziemlich platten Sätzen, noch plätteren Dialogen und hat anscheinend nicht verstanden, dass Stilmittel (wie z.B. Rückblenden) wohldosiert eingesetzt werden müssen, damit der Leser nicht vollends genervt ist. Manche Passagen haben mir gut gefallen, ich mochte Stephanie (die ja leider viel zu schnell verschwindet) und auch den völlig überzeichneten Regisseur des Theaters. Ab und an hat sich sogar eine Prise Spannung in die Handlung verirrt. Doch insgesamt fühlte ich mich – und auch das ist wieder ein Zitat – wie „in so einem Stück für Volldeppen.“