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Veröffentlicht am 30.12.2019

Sadismus pur

1794
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Zum Inhalt:
Nach dem Tod Cecil Winges fällt Cardell in ein tiefes Loch, aus dem ihn der Auftrag einer Bäuerin heraushilft: Deren Tochter ist in ihrer Hochzeitsnacht mit einem schwedischen Adligen zu Tode ...

Zum Inhalt:
Nach dem Tod Cecil Winges fällt Cardell in ein tiefes Loch, aus dem ihn der Auftrag einer Bäuerin heraushilft: Deren Tochter ist in ihrer Hochzeitsnacht mit einem schwedischen Adligen zu Tode gekommen, der Ehemann seitdem geistig verwirrt. Unzufrieden mit der offiziellen Erklärung und gemeinsam mit Cecils jüngerem Bruder Erik versucht Cardell, Licht in das Dunkel zu bringen. Doch dass dieses Dunkel so tiefschwarz sein könnte, ist selbst für einen hartgesottenen Häscher nicht zu erahnen.

Mein Eindruck:
Zum zweiten Mal begibt sich Niklas Natt och Dag tief in das Treiben in Stockholm zu Zeiten der französischen Revolution. Dabei verschafft er seinem Protagonisten Cardell einen zweiten Winge als Partner, - dieses Mal nicht an Tuberkulose, dafür an Wahnvorstellungen erkrankt. Ansonsten wiederholt sich1794 viel, was schon in 1793 Programm war: Der Adel ist verkommen und treibt seine sadistischen Spielchen mit jedem, der sich nicht wehren kann. Das Volk reagiert mit ähnlicher Brutalität und ein Menschenleben ist nichts wert. Und als wenn es nicht schon im letzten Jahr schlimm gewesen wäre, legt auch hier der Autor noch eine Schippe drauf und bringt sogar Kinder mit in das teuflische Spiel, welches von absoluter Hoffnungslosigkeit geprägt ist. Aber diese Schippe ist das Quäntchen zu viel, denn wo im letzten Jahr wenigstens noch ein bisschen Trost und Hoffnung herrschte, ist jetzt nur noch Dunkelheit und Wahnsinn. Möglicherweise passend zum Trilogie-Titel (Bellman Noir), doch wenn Gewalt und Sadismus nur noch zum Selbstzweck in einem Buch verkommen, verliert es auch einige der vorher noch geneigten Leser kopfschüttelnd an eine andere Lektüre. Das ist schade, da Natt och Dag wunderbar beschreibt, seine Charaktere (selbst die widerlichsten) Tiefe haben und Stockholm in all seiner Düsternis einen ganz eigenen Reiz bekommt – vor allen Dingen für Schlächter, Vergewaltiger, Sadisten und ganz allgemein den Bodensatz der Rasse, die sich Mensch nennt.

Mein Fazit:
Obwohl nicht zart besaitet, war mir dieses Buch mehr als nur eine Spur zu widerwärtig

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2019

Etikettenschwindel

Ein unerledigter Mord
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Zum Inhalt:
Vor zwanzig Jahren verschwand eine Studentin aus Bamford, ihre Leiche wurde jedoch nie gefunden. Einer der wenigen Fehlschläge – wenn auch nur mittelbar – die Alan Markbys Laufbahn als Polizist ...

Zum Inhalt:
Vor zwanzig Jahren verschwand eine Studentin aus Bamford, ihre Leiche wurde jedoch nie gefunden. Einer der wenigen Fehlschläge – wenn auch nur mittelbar – die Alan Markbys Laufbahn als Polizist verunzieren. Doch jetzt verrät ihm sein Hilfsgärtner Josh, dass er und seine Schwester als Kinder Rebeccas Leiche fanden und zeigt Alan als Beweis für diese Aussage ein Armband der jungen Frau. Alan verständigt die zuständige Polizei und nach Ausgrabungen in einem Wäldchen findet man die Leiche und rollt den Fall wieder auf – mit Alan Markby als Sachverständigem.

Mein Eindruck:
Dieses Buch wird als Mitchell und Markbys sechzehnter Fall beworben, - und das ist ein ärgerlicher Etikettenschwindel. Denn beide sind nur Randfiguren und Stichwortgeber in einem Krimi, der daran kränkelt, dass Granger ihren Superintendenten nicht vollends dämlich darstellen will und deshalb zwei Schauplätze inklusiver beteiligter Polizeikräfte erdacht hat, - Bamford ist dabei nur Nebensache. So bleibt kein Platz – weder für Mitchell und Markby, noch für genügend Tatverdächtige, um wirklich Raum für Spekulationen zu bieten. Nur wenige ihrer Figuren hatten einen Bezug zu Rebecca und wenn dann noch der übliche sozialkritische Pathos mit vernachlässigten und unverstandenen Kindern Seiten verschlingt, schrumpft die Ermittlung immer weiter in sich zusammen. Das ist insbesondere deshalb schade, weil der Roman wirklich gut durchdacht ist und die meisten Beteiligten fast schon vom Schicksal getrieben agieren. Auch die – leider nur kleinen – Einschübe von Humor und einige Nebenfiguren wissen zu gefallen und der Showdown ist absolut gelungen und unerwartet. Vielleicht hätte Granger einfach auf das Verkaufsargument „Mitchell & Markby“ verzichten und beherzt einige Ermittler für mehr Verdächtige streichen sollen. So vergrätzt sie alte Fans, ohne neue dazuzugewinnen.

Mein Fazit:
Ein guter Krimi, aber kein Fall von Mitchell & Markby

Veröffentlicht am 03.11.2019

Zu viel geraucht

Die Ewigkeit in einem Glas
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Zum Inhalt:
Bridie Devine hat sich von ihrer Vergangenheit als Helferin eines Grabräubers zu einer gelöst und ist zu einer Detektivin geworden. Im viktorianischen England eine Seltenheit, denn nicht nur ...

Zum Inhalt:
Bridie Devine hat sich von ihrer Vergangenheit als Helferin eines Grabräubers zu einer gelöst und ist zu einer Detektivin geworden. Im viktorianischen England eine Seltenheit, denn nicht nur in der medizinischen Zunft werden Frauen nicht für voll genommen. Doch ein Baronet setzt all seine Hoffnungen in ihr Können, als seine Tochter entführt wird. Ein seltsames Kind, und Bridie ist eine Spezialistin für seltsame Fälle.

Mein Eindruck:
Ein Freund von Bridie ist Spezialist für Blends mit besonderen Eigenschaften, - und leider scheint ein bisschen zu viel davon in dieses Buch geflossen zu sein. Für meinen Geschmack hat Jess Kidd mit ihrer Geschichte den Bogen überspannt. War „Der Freund der Toten“ eine gute Mischung aus Roman und Geschichte mit ein paar Geister-Elementen, lebt „Die Ewigkeit in einem Glas“ fast ausschließlich von Skurrilitäten: Geister, Meerjungfrauen, Hausmädchen mit Backenbart sind nur einige davon. Und dieses Buch lebt von brutalster Gewalt und ekelerregenden Szenen. Es wird zusammengeschlagen, enthauptet, Gliedmaßen werden amputiert und in Eingeweiden gewühlt, - sehr oft hat man dabei das Gefühl, es geht einfach nur um das widerwärtige Gefühl, was dadurch beim Leser erzeugt wird. Denn voran bringt es die Geschichte nicht. Gut, es soll gezeigt werden, wie verkommen und bösartig Bridies Gegenspieler sind, aber hier herrscht ein moralischer Overkill.
Zum Glück gibt es wenigstens Ruby – Bridies Hausgeist – plötzlich aufgetaucht und mit wunderlichen Tätowierungen versehen. Hier ist die überbordende Fantasie der Autorin am richtigen Platz, denn hier kann man wenigstens ein bisschen schmunzeln. Der Rest der Story ist bis zum Schluss tragisch, böse, gemein und fast hoffnungslos, - wie die ganze Charakter-Schar.
Die dennoch nicht ganz schlechte Wertung bekommt das Buch von mir für seinen Schreibstil, denn die Sprache ist wieder einmal wunderbar wohlgeformt und bildhaft, - selbst, wenn die Bilder nicht gefallen.

Mein Fazit:
Ein probater Weg zur Novemberdepression

Veröffentlicht am 11.09.2019

Herrensitzung

Du bleibst mein Sieger, Tiger
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Zum Inhalt:
Wenn die eigenen Kinder hemmungslos ihre Jugend ausleben, wird es für ihre Eltern schwierig. Denn diese durchleben die Phase der Alterspubertät. Jahre, in denen man sich vom Geist her noch ...

Zum Inhalt:
Wenn die eigenen Kinder hemmungslos ihre Jugend ausleben, wird es für ihre Eltern schwierig. Denn diese durchleben die Phase der Alterspubertät. Jahre, in denen man sich vom Geist her noch sehr jung fühlt, der Körper aber leider nicht mehr so reagiert, wie man es sich wünscht. Und leider nicht nur der Körper, sondern auch das Umfeld. Schwierige Jahre, die zu allem Überfluss auch nicht wenige sind. Dass dieser Zeit auch eine gewisse Komik innewohnt, bringt dieses Buch seinen Lesern nahe.

Mein Eindruck:
Das Buch von Maxim Leo und Jochen Gutsch erinnert an eine Herrensitzung im Karneval. Viele Pointen sitzen und würden auch ein weibliches Publikum zum Lachen bringen, andere sind so … gewagt … dass man sie besser für sich behalten sollte.
Und so fühlt man sich wie auf einer Schiffschaukel. Von grandiosen, himmlischen Humor-Momenten wie zum Beispiel die Beschreibung des alterspubertierenden Mannes als leichte Beute einer Parfümerie-Fachverkäuferin fällt man leider auch schon einmal ins Bodenlose (die Unterhaltung mit dem besten Stück des Mannes finden wohl nur echte Pubertierende lustig). Bei solch eklatanten Unterschieden im Niveau fragt sich die geneigte Leserin, ob die Autoren möglicherweise nicht gleichzeitig, sondern alternierend gewirkt haben. Denn das Buch ist keine durchgehende Geschichte, sondern nimmt in Episoden das ach so schlimme Schicksal des Mannes in der Midlife-Crisis aufs Korn. Doch ein Kompliment muss man den Autoren machen: Zwar sind die Teilstücke inhaltstechnisch von unterschiedlicher Güte, sprachlich aber durchgängig ansprechend.
Uneingeschränkt sehr gut ist die Interpretation der Texte durch Hendrik Duryn. Ihm nimmt man praktisch jede Verzweiflung gegenüber den Nickligkeiten ab, die das Alter für Männer bereit hält.

Mein Fazit:
Gerne ein Nachfolger-Buch, gerne ohne Genitalien

Veröffentlicht am 17.08.2019

Erst stirbt die Katze, dann der Mensch

Blutsbande
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Zum Inhalt:
In Stockholm werden einige ertränkte Katzen gefunden, kurz danach findet ebenfalls eine Psychologin ihr unfreiwilliges Ende unter Wasser. Die Stockholmer Polizei muss feststellen, dass Fingerabdrücke ...

Zum Inhalt:
In Stockholm werden einige ertränkte Katzen gefunden, kurz danach findet ebenfalls eine Psychologin ihr unfreiwilliges Ende unter Wasser. Die Stockholmer Polizei muss feststellen, dass Fingerabdrücke auf einen alten Fall hinweisen, bei dem eine weitere Frau im Wasser gestorben ist. Als klar wird, dass Teile des Teams privat involviert sind, wird der Druck zur Täterfindung nicht nur extern, sondern auch intern erhöht.

Mein Eindruck:
Geschickt zelebriert Carin Gerhardsen die Leserverwirrung auf drei Zeitebenen, ihr Aufbau falscher Fährten ist fast brillant. „Fast“ deshalb, weil die letzte Wendung dann doch ein bisschen sehr überraschend und damit unbefriedigend gerät und das Ende zu abrupt geschildert ist. Sonst gibt es jedoch am „Hauptfall“ wenig zu kritteln: Er ist stringent, die handelnden Personen agieren folgerichtig und werden in einer Tiefe dargestellt, die weit entfernt von Holzschnitten ist. Leider kann sich Gerhardsen nicht vom üblichen Krimiklischee lösen, das immer wieder private Probleme bis zum Exzess in einen eigentlich guten Fall hineinverwursten muss. Dass gleich mehrere Personen des Teams persönliche Verbindungen zu Tätern und/oder Opfern haben, ist absurd und überkonstruiert und die daraus resultierenden Alleingänge nerven. Gefallen kann man jedoch durchaus an der Zusammenarbeit der Polizisten finden, - einer steht für den anderen ein und kümmert sich um die Kolleg/inn/en.
Da es sich bei „Blutsbande“ um einen Teil einer Reihe handelt, kommen Altfälle zu Sprache und nicht jeder Vorgang findet sein Ende; allerdings ist der Weg des Umgangs mit diesem Dilemma ein guter: Auch in Unkenntnis der älteren Bücher ist es möglich, sich zurechtzufinden.
Apropos zurechtfinden: Vielleicht sollte man bei der Übersetzung auf deutsche Leser Rücksicht nehmen und die typisch schwedische Angewohnheit, Personen mit Vor-, Nach- oder Spitznamen zu erwähnen entweder auf den Namen beschränken oder ein Glossar anbieten.


Mein Fazit:
Viele Spuren, noch mehr private Verwicklungen, mittlere Wertung

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