Schein und Sein - ein sehr guter Thriller!
GhostVorbemerkung: Das Buch ist bereits 2007 erschienen, mittlerweile gibt es auch einen Film mit Ewan McGregor und Pierce Brosnan (Regisseur: Roman Polanski, 2010) dazu. Eigentlich lautet der Titel des Buches ...
Vorbemerkung: Das Buch ist bereits 2007 erschienen, mittlerweile gibt es auch einen Film mit Ewan McGregor und Pierce Brosnan (Regisseur: Roman Polanski, 2010) dazu. Eigentlich lautet der Titel des Buches schlicht "Ghost", er wurde aber für das Film Tie-In in „The Ghostwriter“ geändert. Bis auf das veränderte Filmcover ist meine Ausgabe inhaltlich absolut identisch mit "Ghost".
"(The)Ghost(writer)" ist eines der atmosphärisch stärksten Bücher, die ich in jüngerer Zeit gelesen habe. Man hat von Anfang an dieses spannungsgeladen-düstere Gefühl dass irgendwas nicht stimmt und im Laufe der Lektüre wird es immer stärker. Die Ich-Erzählperspektive trägt außerdem dazu bei, dass man als Leser auf eine eingeschränkte Sicht der Dinge angewiesen ist, nämlich auf die Sichtweise des Ghostwriters. Dieser ist für den Leser die einzige Informationsquelle, wir verfolgen das Geschehen mit seinen Augen. Das ist vielleicht ein wenig nervenaufreibend, gibt aber auch einen besonderen Kick.
Die Handlung: Ein in London lebender Autor, der für B-Prominente als Ghostwriter arbeitet, wird von einem Verlag angeheuert die Autobiographie von Adam Lang, ehemaliger Premierminister Englands, zu erarbeiten. Dieser hat seinen letzten Ghostwriter Mike McAra kurz zuvor verloren, weil dieser auf Martha‘s Vineyard von einer Fähre ins Wasser gefallen ist (angeblich ein Unfall mit Alkoholeinfluss). Sehr kurzfristig wird der Ich-Erzähler (seinen Namen erfahren wird nicht), dem vertraglich ein großes Honorar zugesichert wird, in die USA abgeordnet. Er soll auf Martha‘s Vineyard mit dem Ex-Premier und seiner Entourage zusammentreffen, um Interviews für die Autobiographie, die er dort auch verfassen bzw. umschreiben soll, zu machen. Alle treffen im düsteren Januar, in dem das Leben auf Martha’s Vineyard einer gespenstischen Stille gewichen ist (man hat das Gefühl nur die Gezeiten geben einen gewissen Rhythmus vor) im Haus des amerikanischen Verlegers von Lang zusammen. In der Zwischenzeit ist in der Presse ruchbar geworden, dass Lang scheinbar während des Irakkrieges Gefangene foltern ließ. Sein ehemaliger Außenminister Richard Rycart untermauert diese Behauptung. Der neue „Ghost“ hat den Verdacht, dass Mike McAra Kontakt zu ihm aufgenommen hatte, kurz bevor er starb…
Was dieses Buch neben der atmosphärischen Dichte so gut macht ist die Charakterisierung, mit der Harris seinen Haupt- und auch den Nebenfiguren der Handlung Leben eingehaucht hat. Lang ist dabei der schöngeistige Dampfplauderer, der eigentlich Schauspieler werden wollte, aber dann wegen seiner Freundin und späteren Frau Ruth in die Politik gewechselt ist und dort ob seines Charismas große Karriere gemacht hat. Interessant ist wie Ruth, die eigentlich der politische Kopf ist, als ausgetrocknet, eigenbrötlerisch und doch zerbrechlich, eine moderne Lady Macbeth (der Vergleich erfolgt auch durch den „Ghost“), dargestellt wird.
Auch der Ghost selbst lässt einen mitfiebern, obwohl er als Person immer ein wenig unangreifbar bleibt, schließlich erfahren wir auch seinen Namen nicht.
"(The) Ghost(writer)" ist ein Buch, das einen nicht kalt lässt. Ein machiavellistischer Thriller über Politik und Moral, über Schein und Sein und natürlich über Wahrheit und Fiktion.