Brutaler Thriller für Whisk(e)yliebhaber
An dem Buch hat mich das Thema „schottischer Whisky“ gereizt und die Tatsache, dass es um ein „Männerwochende“ gehen sollte. Seit „Sex and the City“ und den popkulturellen Nachfolgern dieser Serie wurde ...
An dem Buch hat mich das Thema „schottischer Whisky“ gereizt und die Tatsache, dass es um ein „Männerwochende“ gehen sollte. Seit „Sex and the City“ und den popkulturellen Nachfolgern dieser Serie wurde die Männerwelt allerspätestens schonungslos darüber informiert was passiert wenn Frauen unter sich sind. Die männliche Form der exklusiven Zusammenrottung ist für uns Frauen allerdings immer noch ein größeres Mysterium als vice versa und wird wahrscheinlich im Zuge der männlichen Emanzipation gerade verstärkt thematisiert. Wie auch immer: das Buch klang für mich interessant, ich hatte mir aufgrund der Kurzbeschreibung („Ein Hangover mit Folgen – rabenschwarz und vogelwild“) wie im gleichnamigen Film eine Art Junggesellenabschied mit Single Malt und ein paar lustigen Ereignissen vorgestellt.
Weder die Aufmachung, noch der Titel oder eben die Paratexte auf dem Umschlag konnten mich auf den harten Tobak vorbereiten, der in diesem Roman tatsächlich literarisch aufgearbeitet wurde.
Eigentlich lese ich nur ungern Thriller, aber ich denke dass ich nur mit dieser Bezeichnung die literaturgenetische Einordnung von „Smokeheads“ treffe – wenn auch nicht so ganz. Die Zutaten dafür sind in diesem Fall: 4 unterschiedliche Männer um die 40 vom schottischen Festland (dem Begriff ist im Gegensatz zum Schauplatz des Buches Beachtung zu schenken), die nur ihre gemeinsame Studienzeit und die Leidenschaft für das bernsteinfarbene Getränk aus den Highlands eint – sonst sind sie charakterlich absolut divergent.
Vor allem der neureiche Roddy wird stark überzeichnet: gutaussehend, zynisch, geltungsbedürftig ohne Ende, kann sich so ziemlich alles erlauben und nimmt Worte in der Öffentlichkeit in den Mund, die andere nicht einmal denken. Sein Gegenpol ist der eher introvertierte Adam, der laut Roddy typische Losertyp, der in einem Whiskylanden arbeitet und von der eigenen Brennerei träumt.
Zusammen mit ihren zwei anderen Freunden, dem „Normalo“ Ethan und dem nachdenklichen Musiker Luke fahren Roddy und Adam für ein Wochenende auf die Insel Islay, die schottische Insel, die für ihre acht aktiven Destillerien berühmt ist, um ihrer Leidenschaft ausgiebig nachzugehen. Schon am ersten Tag ihres Männerwochendes treffen Ereignisse ein, die die Leben der vier Freunde radikal verändern (um nicht zu sagen: beenden) werden: Adam verliebt sich in Molly Gillespie, die durch die – laut Adam – beste Brennerei Islays führt und die er schon vom Whiskyfestival letztes Jahr kennt. Dass die Exekutive der Insel ausgerechnet aus Mollys gewalttätigem Exmann Joe und seinem Schlägerfreund besteht wird den Freunden bei ihrer ersten Fahrt auf der Insel schmerzlich bewusst…
Wie soll ich dieses Buch einordnen: es ist wie gesagt wahrscheinlich ein Thriller und das ohne gleichzeitig ein Krimi zu sein. Wir haben zwar viele Elemente eines Krimis (ohne zu viel zu verraten: v.a. Leiche(n) und Mörder), allerdings fehlt das Rätselelement. Die Gewalttätigkeit liegt nackt und bloß vor dem Leser, geheime Motive für die Taten oder überhaupt Geheimnisse, die der Leser aufdecken könnte, fehlen völlig. Vielleicht ist es das was mich an dem Buch so irritiert hat: das fehlende Geheimnisvolle und die sinnlose Gewalt. Man fragt sich wirklich warum jemand so etwas schreibt. Ich kann das Buch nur Lesern empfehlen die – im wahrsten Sinne des Begriffes – viel vertragen und sich nicht vor einer unbefriedigenden Leere fürchten, die am Ende der Lektüre auf sie hereinbrechen wird.
Gefallen hat mir die immer wieder durchscheinende Leidenschaft für den Whisky und die Beschreibungen, die mit den Tastings verknüpft sind. Honig, Rosinen, Pfeffer, Algen, Rauch etc. – man spürt beim Lesen auf dem Gaumen nach und überlegt ob man sich nicht auch mal ein Glas Single Malt genehmigen sollte. Alleine schon um die Eindrücke der Handlung in diesem Roman halbwegs zu betäuben. Es kommt sehr gut rüber warum man eine Leidenschaft für dieses Getränk entwickeln kann und was das Besondere ist: Whisky ist unberechenbar und jeder Whisky anders.
Sehr interessant und hilfreich sind sowohl das Glossar, in dem die wichtigsten Begriffe rund um Whisky und seine Herstellung (wie z.B. „Cask Strengh“, „Mash Tun“, „Spirit Still“) erläutert werden sowie die „Whisky-Top-Ten“ des Autors Dough Johnstone, der in seiner persönlichen Bestenliste allein vier auf Islay produszierte Whiskys aufführt.
Fazit: tatsächlich ein Buch für Whiskyliebhaber (die diesen Roman allerdings nicht als Reiseführer für ihre Tour durch Islay ansehen und lieber nicht betrunken fahren sollten) sowie ein verstörendes Buch das leider keine Fragen offen lässt. Außer vielleicht: warum?