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Veröffentlicht am 28.09.2019

Man ist was man denkt!

Achte auf deine Gedanken
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Mit Gedanken die Welt verändern und zwar: zum Positiven! Das ist das Credo und der Wunsch von David Hamilton in seinem populärwissenschaftlichen Sachbuch „Achte auf Deine Gedanken.“ Ich muss dazu sagen, ...

Mit Gedanken die Welt verändern und zwar: zum Positiven! Das ist das Credo und der Wunsch von David Hamilton in seinem populärwissenschaftlichen Sachbuch „Achte auf Deine Gedanken.“ Ich muss dazu sagen, dass ich nur höchst selten Bücher esoterisch-spirituellen Inhalts lese und bei der Lektüre dieses Buches habe ich mich immer wieder gefragt: warum eigentlich? Ich bin jedenfalls froh dass ich das Buch gewonnen habe. Hamilton würde sicher sagen, dass ich es auf unbewusste Weise gebraucht habe und deshalb ist es zu mir gekommen. Denn, so der Autor, wir ziehen die Dinge an, die wir in unserem Kopf bzw. im Unbewussten bereits durchgespielt haben, deren wir dringend bedürfen oder aber auch solche, die negative Auswirkungen auf uns haben (weil wir sie mit einem schlechten Gefühl antizipiert haben). Wie Schiller schon sagte „Es ist der Geist der sich den Körper baut“. Wenn wir eine Angst vor einer Krankheit haben oder ihre Folgen in Gedanken immer wieder durchspielen, so wird sie uns mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch irgendwann befallen. Wenn wir uns aber suggerieren, dass wir in Gesundheit und Glück leben wollen und können, so senden wir positive Gedanken ins Universum und diese strahlen wiederum positiv auf uns zurück.

Wir sind was wir denken bzw. die Welt um uns ist, was unsere Gedanken im Gesamtbild sind. Egal ob gut und schlecht: mit der Kraft unserer Gedanken erschaffen wir das, was uns im Leben begegnet, denn: wir sind, was wir denken. Das ist die Grundaussage von Hamiltons Buch, das nebenbei gesagt sehr angenehm zu lesen ist. Mit einem Mix aus anschaulichen Beispielen aus den unterschiedlichen Bereichen der Wissenschaft (die im umfänglichen Referenzapparat auch durch Literaturangaben präsent ist) und philosophisch-spirituellen Thesen liegt hier eine Art Ratgeber vor, der im Grunde nur einen Rat enthält: think positive! und ändere deine Grundhaltung und alles um dich herum wird ebenfalls zum Guten tendieren („Die Welt wird sich ändern, wenn wir uns ändern“, S. 202). Dieser eine Rat, soll durch die Einhaltung von drei Grundprinzipien umgesetzt werden: 1. Liebe dich selbst 2. Liebe die anderen 3. Liebe die Natur.

Hamilton sagt also, dass der Mensch völlig frei ist zu entscheiden, wie er leben will-in einer guten oder in einer schlechten Welt. Die Veränderung beginnt bei jedem selbst. Für mich ist es eine sehr schöne Vorstellung, dass ich mit guten Gedanken und einer positiven Einstellung mich selbst und damit meine Umwelt zum Besseren verändern kann. Also werde auch ich versuchen, meine guten Gedanken in die Tat umzusetzen!

Veröffentlicht am 13.09.2019

Traurige Liebesgeschichte

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh
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Julie Kiblers Roman „Zu zweit tut das Herz nur halb so weh“ hat einen langen und weitaus sentimentaler anmutenden Titel als das amerikanische Original „Calling me home“, das laut deutschem Verlag erst ...

Julie Kiblers Roman „Zu zweit tut das Herz nur halb so weh“ hat einen langen und weitaus sentimentaler anmutenden Titel als das amerikanische Original „Calling me home“, das laut deutschem Verlag erst im nächsten Jahr erscheinen soll. Gut dass ich mich nicht habe abschrecken lassen von dem Titel, denn obwohl die Handlung streckenweise sehr traurig ist kann man kaum von Sentimentalität sprechen, eher von einer stoischen Haltung gegenüber dem Schicksals das einem in diesem Leben auferlegt ist und von Akzeptanz, zu der Isabelle, die Hauptfigur, im Laufe ihres Lebens gelangt ist. Sie kämpft nicht mehr, sie lässt sich nur noch treiben vom Leben und löst Kreuzworträtsel – und das in dem Auto, das ihre Freundin Dorrie für sie steuert.
Dorrie ist eine 36jährige Friseurin im Bundesstaat Texas, dunkelhäutig und Mutter von zwei Kindern, vom Exmann getrennt und hoffend dem neuen Mann in ihrem Leben, Teague, vertrauen zu können. Die neunzigjährige Miss Isabelle ist eine treue Stammkundin von Dorrie, die sie bei ihr zu Hause jeden Montag frisiert. Miss Isabelle bittet Dorrie eines Tages sie zu einer Beerdingung nach Cincinnati zu fahren – Dorrie kommt diesem Wunsch nach.
Die Erzählhandlung läuft auf zwei Ebenen ab. Zum einen schildert Dorrie in der Ich-Perspektive die gegenwärtige Handlung, die aus der Reise mit Isabelle nach Cincinnati besteht. Auf dieser Ebene erfahren wir viel über Dorries Leben und Einstellungen und auch, wie die alte Isabelle heute ist: eine alte Dame die kein Blatt vor den Mund nimmt. Ihre Vergangenheit wird von ihr selbst erzählt: ihre Kindheit in Kentucky, aus einer Ärztefamilie stammend, die seit Generationen die von Sklaven abstammende Familie Prewitt als Bedienstete angestellt hat. Als Isabelle 17 ist verliebt sie sich in den ein Jahr älteren Sohn der Prewitts, Robert. Der wird von ihrem Vater in seinem Wunsch Arzt zu werden gefördert. Als auch er sich in Isabelle verliebt wird dem Leser schnell klar wie sehr Rassismus und Vorurteile im Amerika der 1940er Jahre an der Tagesordnung sind.
Das Buch ist ein Plädoyer für Toleranz indem es zeigt wie zerstörerisch Intoleranz sein kann. Es ist erschreckend wie das Südstaatenamerika in seinem rassistischen Denken bis weit ins 20. Jahrhundert verhaftet war. Die Geschichte von Isabelle und Robert geht ans Herz, auch wenn wir den jungen Mann nur durch den Filter von Isabelle geschildert bekommen. Gelegentlich hätte es mich interessiert noch mehr von seinen Gedanken und Gefühlen angesichts der verfahrenen Situation zu erfahren. Die Gegenwartsgeschichte mit den zwei Frauen, die starke Thematisierung von weiblichen Rollenbildern und die Tatsache, dass die Männer nur durch den weiblichen Blick gespiegelt werden machen diesen Roman zu einem „Frauenbuch“, wenn man das so pauschal denn sagen kann. Isabelle ist eine Frau mit emanzipativen und fortschrittlichen Gedanken in einer Zeit, die von patriarchaler Unterdrückung und der unüberwindbaren Mauer zwischen Menschen von heller und dunkler Hautfarbe geprägt ist. Indem sie gegen diese Barriere aufbegehrt benimmt sie sich also in zweifacher Hinsicht besonders. Traurig ist, dass die Zeit damals noch nicht reif war für diese Liebe, die den gesellschaftlichen Konventionen weitgehend widersprach. Demnach ist dies ein trauriges Buch, das rückblickend auch etwas sehr konstruiert wirkt. Ich habe es dennoch sehr gerne und sehr schnell gelesen. Die Erzählweise ist erstaunlich leichtfüßig – anders als ich es bei diesem doch eher schweren Thema erwartet hätte. Die Kraft und schonungslose Ehrlichkeit der neunzigjährigen Isabelle wirkt von Anfang an entwaffnend, so dass man zuweilen vergisst wie viel Schmerzen ihr in ihrem Leben zugefügt wurden.
Ein traurigschönes Buch, das sicher einige „unglaubwürdige“ Wendungen hat. Dennoch auf jeden Fall lesenswert vor allem für jene Leser und Leserinnen, die traurige Liebesgeschichten mögen. Manchmal war es für meinen Geschmack allerdings schon fast zu traurig und nihilistisch. Wenigsten ein kleines happy ending hätte ich mir gewünscht, aber wahrscheinlich hätte es nicht gepasst.

Veröffentlicht am 13.09.2019

Tod und Essen

Rotes Gold
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Essen ist ein existentielles Thema, wie auch der Tod eines, ja das existentielle Thema schlechthin ist. Wenn Essen und Tod in einem Krimi zusammenkommen kann man nicht umhin dass einen das an das Leben ...

Essen ist ein existentielles Thema, wie auch der Tod eines, ja das existentielle Thema schlechthin ist. Wenn Essen und Tod in einem Krimi zusammenkommen kann man nicht umhin dass einen das an das Leben erinnert.

Aber von Anfang an: ich habe den ersten Roman „Teufelsfrucht“ nicht gelesen, in dem der Luxemburger Koch Xafier Kieffer als Ermittler einer kulinarischen Krimireihe eingeführt wird. Dennoch habe ich mich erneut für eine Lovelybooks-Leserunde für den Nachfolgeband "Rotes Gold" beworben. Der zweite Band beginnt jedenfalls damit, dass einer der weltbesten Sushiköche (Mifune) bei einem ihm gewidmeten Abend im Pariser Museum Orsay tot umfällt. Xavier Kieffer ist zugegen und wird schnell in den Fall hineingezogen, da der exzentrische und schwerreiche Pariser Bürgermeister ihn bittet privat zu ermitteln.

Xavier Kieffer ist einem in seiner Technikskepsis („Wiffi“) und seiner Vorliebe für ein dolce vita (Alkohol, Essen, Wein, Ruhe, schönes Ambiente, schöne natürliche Frauen) ohne Gesundheitsdogmatismus sympathisch. Bei all dem hat er aber stets im Gefühl, wenn der schmale Grat von Genuss überschritten und zur lukullischen Dekandenz wird. Diesen überschreitet beispielsweise der (natürlich fiktive) Pariser Bürgermeister François Allegret, der sich gerne vom Aussterben bedrohte Singvögel und Gänsestopfleber ohne den Hauch eines Skrupels genehmigt.
Von diesen Gourmets ohne Gewissen leben diejenigen, die mit den exotischen Lebensmitteln handeln. Eines dieser schwer zu bekommenden Lebensmittel ist der Blauflossenthun (Blue fin). Vom Handel mit ihm handelt auch der Krimi „Rotes Gold“, eine Umschreibung für diesen Fisch, der als Sushi-Spezialität gilt.

Gemeinsam mit seinem finnischen Freund Pekka, der bei der EU arbeitet und seinem ehemaligen japanischen Kollegen und immer noch Freund Toro versucht Kieffer herauszufinden, was es mit der Thunfisch-Mafia und dem Tod des Sushikochs auf sich haben könnte. Dabei wird der Leser in die düstere – und mitunter auch recht bigotte – Welt des Thunfischfangs entführt. Man lernt Lusoburges (Luxemburger Staatsbürger mit portuguiesischem Migrationshintergrund) kennen und erfährt wie die Sizilianer seit Jahrhunderten mit und durch den Thunfisch leben.
Für Vegetarier und Veganer, zu denen ich mich zähle, ist die kulinarische Verstiegenheit und der (schlechte) Geschmack der Gourmets mitunter schwer zu verkraften. Es wird sehr deutlich wie egozentrisch und moralisch bedenklich die Welt bzw. Industrie des hemmungslosen Genusses ist und welche Gefahr sie darstellt.

Kieffer ist als Ermittler wie gesagt eine sympathische Figur, die ein angenehmes „Jedermann“-Image hat. So gar nicht passt seine 36jährige Freundin Valerie zu ihm, möchte man meinen. Sie ist die Erbin des Restaurantführerimperiums Guide Gabin (man braucht nicht lange um das Vorbild in der realen Welt zu entschlüsseln) und als solche im Bermudadreieck der Sternegastronomie beheimatet. Kieffer ist da eigentlich eine komische Wahl, als luxemburgischer Eigenbrötler und momentan ohne Stern sowie leicht ergraut, wie es im Roman heißt. Aber das macht den Reiz aus: Paare, die scheinbar nicht zueinander passen kommen in der Literatur immer gut. Und auch in diesen Krimi bringt die Liebeshandlung ein wenig zusätzlichen Pep und Menschlichkeit, die den skrupellosen Thunfischdealern mangelt.

Im letzten großen Handlungsabschnitt wird noch einmal viel an Spannung aufgeboten. Man konnte nicht umhin ein wenig "Miami Vice-Magnum-MacGyver"-Feeling zu bekommen, als sich Kieffer dazu aufmacht die schlimmen Machenschaften der Fischmafia aufzudecken.

Ich finde der Krimi ist solide und gut gemacht. Mir gefällt die Sprache und Schreibweise Hillenbrand sehr, denn sie stellt sich nicht experimentell in den Vordergrund um darüber die Handlung in den Hintergrund zu Rücken. Nein, die faktenunterfütterte Handlung, das Setting und die allgemeine Atmosphäre haben hier Vorrang vor einer etwaigen Selbstdarstellung des Autors. Der Faktenreichtum ist an manchen Stellen etwas störend und das geballte kulinarische Wissen schlägt einem allzu enzyklopädisch entgegen. Natürlich hat das aber auch seine gute Seite, denn obwohl der Lesegenuss manchmal darunter leidet lernt der Leser viel über die ökonomischen Aspekte der Genussbranche und natürlich über luxemburgische Spezialitäten (die dankenswerter Weise in einem beigefügten Glossar am Ende zusammen mit anderem kulinarischen Jargon erklärt werden).

Von der Auflösung bzw. der Revelation des Täters hätte ich mir mehr erhofft, denn es ist dann doch „Mr. Obvious“ geworden. Es scheint Tom Hillenbrand also weniger darum zu gehen am Ende dem Leser eine möglichst spektakuläre Auflösung zu bieten, auf die er selbst nie gekommen wäre, sondern eher um den „Weg“ also die Handlung selbst. Das ist als Ansatz durchaus akzeptabel, ob es das ist was ich speziell von einem Krimi erwarte, da bin ich nicht so sicher.

Veröffentlicht am 12.09.2019

Sehr metaphorisch..

Ferne Tochter
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In diesem Buch lernen wir Judith Velotti kennen, sie ist gebürtige Deutsche, lebt aber schon seit 20 Jahren in Rom und ist dort Restauratorin, Spezialistin für Fresken der Renaissance. Sie ist mit dem ...

In diesem Buch lernen wir Judith Velotti kennen, sie ist gebürtige Deutsche, lebt aber schon seit 20 Jahren in Rom und ist dort Restauratorin, Spezialistin für Fresken der Renaissance. Sie ist mit dem erfolgreichen, aus einer gutsituierten Familie (der Vater Vincenzo ist Kunsthändler) stammenden Anwalt Francesco glücklich verheiratet. Wir erfahren dass sie sich bis jetzt vergeblich bemüht haben ein Kind zu bekommen. Von ihrer deutschen Vergangenheit erfahren wir anfangs nur wenig: warum ist sie aus Deutschland weggegangen? Was hat sie zurückgelassen? Dass diese Fragen die Kernfragen der vor uns sich öffnenden Geschichte sein dürften erfahren wir spätestens dann als sie von Freundin aus ihrem früheren Leben angerufen wird die ihr mitteilt, dass ihr verlassenes Elternhaus in Hamburg zu verkommen droht. Nur widerwillig lässt sie das Fresko des Renaissance-Malers Filippino Lippi mit dem Engel, der Maria ihre Schwangerschaft verkündet, an dem sie gerade arbeitet, hinter sich und bucht einen Flug in die alte Heimat. Dort findet sie das verlassene Haus vor und erfährt, dass ihr Vater verstorben ist und ihre Mutter seit einem Schlaganfall im Krankenhaus vor sich hin vegetiert. Die alten Wunden reißen wieder auf und der ganze Abgrund ihres früheren Lebens liegt vor Judith: ihr Geheimnis will ans Licht.

Erzähltechnisch haben wir eine Geschichte mit Zeitsprüngen vor uns. Im Hauptstrang wird von Judith Velottis Gegenwart aus der Ich-Perspektive der Hauptfigur erzählt, diese ereignet sich im Sommer und Herbst 2011. Dann werden in Form von Rückblenden bzw. Flashbacks immer wieder Szenen aus ihrer Vergangenheit eingeblendet. Diese erzählerische Monatetechnik führt dazu, dass der Leser stückchenweise Informationen von früher erhält, die für die momentane Problematik der Protagonistin entscheidend sind. Schnell wird so klar dass die Geschichte eines Verlustes ist: Judith hat ihr Kind verloren.

Das Buch ist sehr metaphorisch angelegt, vor allem ihr Beruf dient der Autorin zur Illustration ihrer Geschichte. So wie Judith ihrer Fresko restauriert, so legt sie auch ihre eigene Vergangenheit frei, sie „restauriert“ sie gleichermaßen Schicht für Schicht. Dabei stellt sie sich die Frage ob sie es in altem Glanz erstrahlen lassen soll (diese Meinung hat sie bisher immer vertreten) oder ob sie Beschädigungen, die ihm die Zeit zugefügt haben, offenlegen und für den Betrachter sichtbar machen soll. So ist es natürlich auch mit ihrem eigenen Leben bestellt: war es richtig die schlafenden Hunde ihrer Vergangenheit zu wecken? Wie wird sie noch ihre Gegenwart leben können wenn ihr neues Umfeld weiß, was früher geschehen ist?

Wie Judith an diese Fragen herangeht ist ohne Frage spannend für den Leser. Der Stil von Renate Ahrens hat mich zu Anfangs irritiert: sehr parataktisch und dokumentarisch. Ich denke das soll Unmittelbarkeit erzeugen und dem Leser das Gefühl geben dass er etwas beobachtet.

Die Geschichte ist in sich geschlossen, natürlich auch ein wenig vorhersehbar, an manchen Stellen wirkt sie allzu konstruiert. Dennoch finde ich das Buch recht gelungen, vorausgesetzt man mag Geschichten die ein wenig traurig von der Grundstimmung sind und in denen es um Selbstfindung und Identitätsproblematiken geht.

Veröffentlicht am 12.09.2019

In der Zwischenwelt

Die Flüsse von London
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Das Buch ist für mich wie aus dem Nichts aufgetaucht – so wie der Geist, der in der Handlung von „Die Flüsse von London“ eine wesentliche Rolle spielt. Ich muss sagen es lässt mich auch nach der Lektüre ...

Das Buch ist für mich wie aus dem Nichts aufgetaucht – so wie der Geist, der in der Handlung von „Die Flüsse von London“ eine wesentliche Rolle spielt. Ich muss sagen es lässt mich auch nach der Lektüre etwas schwebend, in einer Art Lektüre-Zwischenwelt zurück, in der ich mich vor allem mit der einen wesentlichen Frage beschäftige: hat es mir nun gefallen oder nicht? Dass ich mich mit dieser Frage nach Beendigung einer Lektüre beschäftige ist äußerst selten, meistens merke ich schon im ersten Drittel eines Buches ob es etwas für mich ist oder nicht.
Das Seltsame ist: während des Lesens hatte ich immer wieder Phasen in denen mir das Buch keineswegs gefallen, mich verwirrt oder gelangweilt hat und genau diese Phasen wurden kurz danach wie durch Geisterhand ins Gegenteil verkehrt und ich war dann wieder dabei – so als hätte der Autor gemerkt dass ich mich gerade nicht auf seiner Seite befinde und die Handlung an mich angepasst.
„Weird“ kann man da nur sagen, um mal dieses schöne englische Wort zu benutzen, das man mit „komisch-seltsam-verrückt“ nur annähernd übersetzen kann ohne den Sinn zu treffen.
Allerdings habe ich jetzt nach wie vor das Gefühl dass ich nicht sagen kann ob das Buch jetzt toll war oder nicht. Es war auf jeden Fall „nicht schlecht“, aber was heißt das schon?
Ich kann mir durchaus vorstellen dass es Leser gibt die absolut davon begeistert sind, ebenso aber dass es welche gibt die sich unter der Gabaldon-Aussage „ein erwachsen gewordener Harry Potter“ etwas völlig anderes vorgestellt haben.

Aber genug der Unsicherheiten in der Bewertung und kurz zur Handlung: es geht um den englischen Constable Peter Grant, der seine Polizeiausbildung gerade beendet hat und nun in der Londoner Met (Metropolitan Police) seinen Dienst tut. Dort wird er plötzlich als eine Art Zauberlehrling vom Leiter des Zauberei-Departments der Met angeheuert, einem Detective Chief Inspector Thomas Nightingale. Dieser ist ein Zauberer, der polizeiliche Ermittlungsarbeit leistet und seit einiger Zeit tot. Peter soll von ihm ausgebildet werden und muss sich gleich mal mit einem Fall auseinandersetzen, in dem ein Geist scheinbar andere manipuliert und zum Töten animiert. Nebenbei muss er sich noch mit den beiden verfeindeten Göttern des Flusses Themse herumschlagen und lernt auch deren „Nachwuchs“ kennen.

Ja, die Handlung ist wirklich mal erfrischend anders! Ich fand vor allem die Passagen in denen die historischen Zeiten ineinanderfließen interessant und lesenswert.
Gestört hat mich allerdings dass alles ein wenig inkohärent und teilweise verwirrend daherkommt wodurch ich öfters mal den Faden verloren habe: wer ist jetzt wer? Ist das eine fiktive/mythische/magische oder reale Person, ist sie tot oder lebendig? etc. Dieses „Zuviel“ passt aber auch wieder gut zu dem Chaos, das im Plot des Buches vorherrscht, es wird gewissermaßen auf die Erzählebene heruntergebrochen – Inhalt und Form passen demnach eigentlich perfekt zueinander.

Die Verbrechen waren mir zu brutal und zu detailliert beschrieben – ich mag es ja eher weniger blutig und gewalttätig bei Krimis, mir reicht es zu erfahren dass es eine Leiche gibt und dass kurz erklärt bzw. dazu ermittelt wird woran sie gestorben ist (wie in klassischen Agatha Christie-Krimis üblich). Allerdings konnte man auch das irgendwie abstrahieren zumal die Handlung ja viele fantastische Elemente aufweist und man sich einreden konnte: vielleicht ist das ja alles nicht real (in der Realität des Romans).

Die Mischung einer Fantasyhandlung mit Auswirkungen in der realen „Hier-und-Jetzt“-Welt fand ich ziemlich gelungen. Die Hauptfigur Peter Grant wird von seinen magischen Fähigkeiten überrascht, lernt aber schnell damit umzugehen und sie in seinem normalen (Polizei-)Alltag anzuwenden. Den sozialkritischen Hintergrund und die Tatsache, dass Peter aus einer „Problemfamilie“ stammt finde ich tun wenig für die Handlung (aber anscheinend muss man als Zauberlehrling einen dysfunktionalen Background haben, siehe Harry Potter).