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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.10.2019

Cold case mal anders...

Der siebte Schrei
3

In Lewiston, Idaho, wird der neunjährige Steve Wells aus einem Football Stadion entführt. Eines Tages taucht der Junge wieder auf, schwer traumatisiert, jedoch zum Glück am Leben. Anders als die fünf Jungen ...

In Lewiston, Idaho, wird der neunjährige Steve Wells aus einem Football Stadion entführt. Eines Tages taucht der Junge wieder auf, schwer traumatisiert, jedoch zum Glück am Leben. Anders als die fünf Jungen vor ihm, die eine Woche nach ihrer Entführung tot gefunden wurden. Die Vermutung, dass ein Serientäter sein Unwesen treibt, bestätigt sich.
Ein Jahr später ist wieder ein Kind verschwunden und Special Agent Dean Hamilton, der seinerseits traumatisiert durch den Verlust seines Partners Miles Nash ist, befragt Steve noch einmal. In der Hoffnung, dass der Junge sich an wichtige Details erinnern kann.

Der Prolog eröffnet eine kurze, prägnante und gute Einführung in den Thriller.
Sehr schnell ist man mitten drin in dieser rasanten und fesselnden Geschichte. Als eine Art Cold Case, wird der alte Fall, die Entführung des neunjährigen Steve neu aufgerollt. Aus der Not heraus, denn der Verdacht besteht, dass derselbe Täter wieder einen Jungen entführt hat. So werden zum Beispiel die Befragungen so gehalten, dass im Wechsel einerseits die Befragung, andererseits Steves Bericht der Entführung als Rückblick dient. Diese Rückblicke sind klar deklariert und so wirkt die Story gut strukturiert.

Der Schreibstil hat mir im Grossen und Ganzen gefallen. Einige Passagen waren mir zu sehr in die Länge gezogen, wie zum Beispiel die Perspektive des Täters oder die Beschreibung einer Reittherapie. Man spürt jedoch deutlich, die sehr guten Recherchen zu den Themen, die eingesetzt wurden. Ich habe für mich Neues erfahren … die Beeinträchtigung, die Steve hat, kannte ich beispielsweise nicht. Die Details zu Amnesie, rechtsmedizinische Details, Partydrogen oder Pferde werden gekonnt eingesetzt. Ohne, dass es aufgesetzt wirkt.
Die Frage, wer die Jungen entführt hat, ist sehr spannend und der Plot ist gut ausgearbeitet und in neuer, frischer Form verpackt. Der Aufbau, dass ein Opfer sich befreit und die Ermittler durch Befragungen Stück für Stück dem Täter auf die Spur kommen, habe ich so noch nicht gelesen. Hat mir sehr gut gefallen.
Da auch der Ermittler durch ein Ereignis, das ich hier spoilere, traumatisiert ist, wird auch dieses Trauma öfters in den Mittelpunkt gerückt. Zwar einerseits als guter Ausgleich zu dem Cold Case, jedoch ab und zu etwas ausufernd. Andererseits macht hat genau dieses Trauma, den Ermittler durch und durch menschlich und interessant. Die Figur Dean Hamilton hat mir gut gefallen und ich hoffe auf weitere Fälle mit ihm.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 29.09.2019

Weniger tiefgründig, dafür konstruiert!

Wenn Schmetterlinge Loopings fliegen
0

Nachdem Karoline Maus die Fernuni mit Bestnoten abgeschlossen hat, zieht sie zum Leid ihrer Familie nach Bochum. Dort wird sie sich bei Eintracht Hamburg um den Spieler Patrick " Weidi " Weidinger kümmern. ...

Nachdem Karoline Maus die Fernuni mit Bestnoten abgeschlossen hat, zieht sie zum Leid ihrer Familie nach Bochum. Dort wird sie sich bei Eintracht Hamburg um den Spieler Patrick " Weidi " Weidinger kümmern. Karo wird bewusst, dass sie eher als Chauffeurin und Anstandswauwau angestellt wurde, denn als Unternehmensberaterin. Dazu kommt, dass Weidi unsympathisch und mürrisch ist und Karo ihn nicht ausstehen kann.

Ich liebe die Geschichten von Petra Hülsmann, denn die Mischung aus Romantik und ernsten Themen haben es mir angetan. Leider ist vor allem hier von ernsten Themen nichts zu spüren. So tendiert das Buch eher dazu, in die Sparte "leichte Unterhaltung" eingereiht zu werden.
Einerseits schade, andererseits wurde ich trotzdem gut unterhalten, auch wenn das Tiefgründige wegfällt. Die Liebesgeschichte entwickelt sich langsam, ist jedoch vorhersehbar. Man weiss ziemlich schnell in welche Richtung es gehen wird und so ist der Ueberraschungseffekt nicht sehr hoch. Auch wenn der Weg dahin abwechslungsreich gepflastert ist.

Der Plot ist sehr konstruiert. Denn der Weg zum Job bei Eintracht Hamburg ist nicht ganz nachvollziehbar. Eine junge Absolventin einer Fernuni, wird trotz mangelnden Kenntnisse in der Fussballwelt in einem Prestige - Fussballverein zur Betreuung ihres wichtigsten Spielers engagiert? Da muss man schon beide Augen zudrücken…. Mir ging das zu einfach und wirkt doch sehr konstruiert.

Die Figur Karo ist überzeugend charakterisiert. Ganz anders als der Fussballer Patrick. Seine Wandlung vom unsympathischen und egozentrischen Macho zum Charmebolzen ging mir zu unglaubhaft über die Bühne. Auch hier wirkt das sehr konstruiert.
Ganz toll ist wieder der Schreibstil. Petra Hülsmann versteht es einfach, mit einer klaren und gut zu lesenden Sprache den Leser in eine andere Welt zu entführen. Hier in "Wenn Schmetterlinge Loopings fliegen " in die Welt des Fussballs.

Veröffentlicht am 23.09.2019

Cold Case!

Der Verein der Linkshänder
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Was tut ein Kommissar im Ruhestand am liebsten? Er fährt ein paar Tage in Urlaub und löst einen alten Fall!
Kommissar Van Veeteren wird von einem ehemaligen Kollegen informiert, dass in einem alten und ...

Was tut ein Kommissar im Ruhestand am liebsten? Er fährt ein paar Tage in Urlaub und löst einen alten Fall!
Kommissar Van Veeteren wird von einem ehemaligen Kollegen informiert, dass in einem alten und eigentlich abgeschlossenen Fall ein Leichenfund die Täterfrage in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt.
Vor mehr als 20 Jahren wurden 4 Mitglieder des Vereins der Linkshänder ermordet aufgefunden, das fünfte Mitglied verschwand spurlos. Und so wurde angenommen, dass dieser der Mörder war. Und der vermeintliche Mörder wird nun tot aufgefunden. Die Ermittlungen ergeben, dass er zur selben Zeit wie die anderen vier gestorben ist. Van Veeteren und seine Frau Ulrike fahren an den Leichenfundort und der alte Fall lässt sie nicht los. Was ist damals geschehen?

In drei Erzählsträngen wird, in drei Zeitebenen, die Geschichte nach und nach vervollständigt.
1957, als der Verein der Linkshänder aus der Not heraus gegründet wurde. Kinder, die in der Schule als Linkshänder zu Rechtshändern umgepolt wurden, finden sich zusammen.
Dann 1991, als diese Gruppe Linkshänder sich nach Jahren zu einem Wiedersehens - Wochenende trifft. Vier von ihnen sterben und einer verschwindet spurlos.
Und schliesslich 2012, als Van Veeteren, den eigentlich gelösten Fall wieder aufnimmt.
Gerade die Zeitsprünge, und zu sehen wie sich die Figuren entwickeln, haben mir sehr gefallen. Ein Cold Case, der für einmal ganz anders als üblich aufgebaut und erzählt wird.
Was zu Beginn eine Herausforderung bedeuten kann, da die Figuren in verschiedenen Altersstadien zum Zuge kommen. Um mich einzulesen, musste ich sehr konzentriert und genau lesen, hatte jedoch den Bogen sehr schnell raus.

Haken Nesser ist ein Spezialist dafür, unwichtige Details zu Nebenfiguren etwas ausdauernd zu erzählen. Da muss man zusätzlich aufpassen um den Faden nicht zu verlieren.
Sehr gut gefallen hat mir vor allem der Erzählstrang rund um Van Veeteren, der mit seiner Frau Ulrike unterwegs ist. Die beiden haben einen trockenen und manchmal schwarzen Humor. Die Dialoge lesen sich sehr witzig und haben mich gut unterhalten. Ab und zu philosophieren sie über Gott und die Welt, was jedoch ganz und gar nicht störend oder trocken daher kam.
Durch die immer wieder eingeworfenen Appetithäppchen, indem man nach und nach mehr Details rund um den in den 90er Jahren geschehenen Massenmord erfährt, wird die Story immer spannender und fesselnder. Für Abwechslung ist gesorgt, da durch die Perspektivwechsel die Geschichte sehr vielfältig ist.
Dies war mein erstes Buch rund um den knurrigen Van Veeteren und seine Frau Ulrike. Wird sicher nicht mein letztes sein, denn die Figur finde ich herausragend charakterisiert.

Veröffentlicht am 13.09.2019

Witzig!

Du bleibst mein Sieger, Tiger
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Was tun, wenn die Alterspubertät einen einholt? Wenn einen plötzlich die eigenen körperlichen Grenzen aufgezeigt werden. Und Jugendneid unser Verhältnis zum eigenen Nachwuchs überschattet.
Wenn nach langjähriger ...

Was tun, wenn die Alterspubertät einen einholt? Wenn einen plötzlich die eigenen körperlichen Grenzen aufgezeigt werden. Und Jugendneid unser Verhältnis zum eigenen Nachwuchs überschattet.
Wenn nach langjähriger Ehe die Kommunikation eingeschlafen ist und ein Tango Tankurs diese wiederbeleben soll. Dann ist es wohl Zeit, für dieses Buch!


Nach " Es ist nur eine Phase, Hase " ist nun das zweite Buch rund um die Alterspubertät erhältlich. Wie auch schon im ersten Buch, habe ich geschmunzelt, laut gelacht und so viele Male gedacht, dass mir das so was von bekannt vorkommt. Aus der Sicht eines 48 Jahre alten Mannes, also einem Alterspubertierenden, wird über das Leben, die Liebe, den körperlichen Verfall, Freundschaften und weiteren Themen sinniert und auch philosophiert.

Der Schreibstil ist witzig, ohne dass ich das Gefühl hatte, hier wird etwas krampfhaft auf lustig getrimmt. Einzelne Szenen, wie diejenige am Tango Tankurs, haben mich laut lachen lassen. Mit viel Wortwitz und einer augenzwinkernden Art und Weise schleust das Autorenduo die Leser durch urkomische Situationen.
Allerdings gibt es auch langatmige Stellen. Mich persönlich hat die Liste der Songs mit dazugehörenden Erläuterungen überhaupt nicht angesprochen. Schade, denn bei einem 144 Seiten dünnen Büchlein, fallen ein paar Seiten Langatmigkeit besonders ins Gewicht.
Gut gefallen hat mir, dass kapitelweise und Kurzgeschichten ähnlich die verschiedensten Themen angesprochen werden. Die sind so vielfältig, wie halt auch die Sorgen, Nöte und Aengste der Menschen im Zielgruppenalter.

Muss man für dieses Buch in der Zielgruppe, das heisst 40 + sein? Ich denke, es erleichtert ungemein, wenn man kennt, über was hier geschrieben wurde. Nur schon um zu verstehen, was damals der Reiz eines Kassettenrecorders ausgemacht hat, muss man diese Zeit wohl selbst erlebt haben. Oder Billy Idol kennen....

Früher war alles anders … vielleicht sogar besser? Wie rettet man den Körper, den geistigen Verfall und die Liebe zu seinem Partner über die mittleren Jahre? Dieses Buch serviert keine Lösungen. Doch lässt einen über so vieles nachdenken und schmunzeln.

Veröffentlicht am 11.09.2019

Der etwas andere Thriller!

ATME!
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Nile ist überglücklich, als Ben spontan Ueberstunden abfeiert und mit ihr Shoppen geht. In einer Boutique probiert Nile ein Kleid an, während Ben vor der Umkleidekabine wartet.
Und dann ist Ben plötzlich ...

Nile ist überglücklich, als Ben spontan Ueberstunden abfeiert und mit ihr Shoppen geht. In einer Boutique probiert Nile ein Kleid an, während Ben vor der Umkleidekabine wartet.
Und dann ist Ben plötzlich weg!
Nile ist verzweifelt, denn Ben reagiert weder auf Anrufe, noch hat ihn einer seiner Freunde oder die Familie gesehen. Auch seine Exfrau Flo behauptet nicht zu wissen, wo Ben steckt. Erst ist Nile sicher, dass Flo es geschafft hat, Ben zurückzuerobern. Doch Flo behauptet, ihn nicht gesehen zu haben.
Was ist mit Ben geschehen?

Ich habe mich zuerst schwer getan mit der Figur Nile. In Ich - Perspektive erzählt Nile über ihre grosse Liebe zu Ben. Nile ist dabei etwas anstrengend und hat Tendenz zu plappern. Ich habe mich auch gefragt, ob Ben wirklich existiert. Denn Niles Reaktionen auf sein Verschwinden sind ziemlich irrational. Zudem hat sie einen leichten Hang zu Hysterie.

Erst nach und nach bekommt die Figur Tiefe und je mehr man erfährt, je besser versteht man, weshalb Nile so ist, wie sie ist. Und ab da hat mich die Geschichte gepackt, denn ich wollte unbedingt wissen, wo Ben steckt. Ich hatte das Gefühl, ich steuere langsam aber sicher auf einen grossen Knall zu.
Der Rhythmus der Erzählung ist sehr gut gelungen. Immer wieder wird gewechselt, zwischen der Erzählung in der Gegenwart und der Vergangenheit. Obwohl diese Wechsel nicht deklariert sind, verliert man nie den Faden. Denn durch eine klare Gliederung, weiss man immer, wo die Story gerade steckt.

Ben hat sich wegen Nile von seiner Frau Flo getrennt. Meist ist es in Büchern so, dass aus der Sicht der abtrünnigen, oder aber der verlassenen Figur erzählt wird. Die Autorin dreht den Spiess um und rückt die neue Freundin, also Nile, in den Mittelpunkt. Das wirft ein total anderes Licht auf die Trennung eines Paares.
Vieles geht um Beziehungen … zwischen einem Paar, aber auch zwischen dem getrennten Paar und Freunden oder der Familie. Ab einem Drittel des Buches schleichen sich Spannungsmomente ein, die mich fesseln konnten.
Auch wenn ich mich zu diesem Zeitpunkt fragte, ob das reicht um als Thriller durchzugehen, habe ich mich trotzdem gut unterhalten gefühlt. Psychologisch richtig ausgekügelt wird es zum Schluss. Hervorragend gemacht und mit viel Tiefe ... und man erkennt im Nachhinein so einiges, das zuvor rätselhaft erschien.

Der Schreibstil ist einfach gehalten und gut gefallen hat mir, wie relevante Infos wie nebenbei eingestreut wurden. So, dass man nach dem Lesen dieser Infos stutzt und sie noch mal liest.
Die überschaubare Anzahl an Figuren lassen dieses Buch ziemlich flott lesen.

Atme! ein Titel der absolut Bezug, noch dazu einen sehr cleveren, zum Inhalt hat.