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Veröffentlicht am 14.11.2016

Max ermittelt zum dritten Mal

Wer Furcht sät
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NUN also der dritte Teil der DS-Wolfe - Reihe. Mit Max Wolfe hat Tony Parsons einen größtenteils glaubwürdigen Ermittler erschaffen, dessen Fälle ich lesenderweise gerne verfolgt habe.

Worum geht es ...

NUN also der dritte Teil der DS-Wolfe - Reihe. Mit Max Wolfe hat Tony Parsons einen größtenteils glaubwürdigen Ermittler erschaffen, dessen Fälle ich lesenderweise gerne verfolgt habe.

Worum geht es im dritten Teil der Reihe?

- "In London macht eine Bürgerwehr, der Club der Henker, Jagd auf böse Menschen - auf Pädophile, Mörder, Hassprediger - und erhängt sie. Mit diesen Fällen von Lynchjustiz beginnen für Detective Max Wolfe seine bisher schwierigsten Ermittlungen. Denn wie fängt man Mörder, die von der Öffentlichkeit als Helden gefeiert werden? Seine Spurensuche führt ihn tief unter die Stadt, in den Untergrund Londons mit seinen vielen stillgelegten Tunneln und Geisterstationen. Doch ehe Max den Club der Henker stellen kann, muss er am eigenen Leib erfahren, wie schmal der Grat zwischen Gut und Böse, Schuld und Unschuld ist ..."

Ich muss sagen, dass mich die Grundidee ein wenig an eine Folge der in London spielenden BBC - Fernsehserie "Luther" mit Idris Elba in der Hauptrolle erinnert hat. In den Episoden 3 und 4 der dritten Staffel geht es um die Frage, ob Selbstjustiz gerecht sein kann. Ein Mann, dessen Frau vergewaltigt und getötet wurde, wählt Todeskandidaten aus, und der Mob soll via Internet abstimmen. Dabei geht es dem Rächer aber weniger um Gerechtigkeit denn um Selbstinszenierung und Akklamation... denn er richtet auch vollkommen Unschuldige wie einen völlig unbescholtenen jungen Polizisten hin.

Vielleicht war diese Serie neben anderen Ereignissen und Fällen eine der Inspirationsquellen von Tony Parsons, denn man muss sagen, dass er mit "wer Furcht sät " einen tollen, spannnenden und lesenswerten Krimi abgeliefert hat, den ich gerne gelesen habe. Auch wenn ich den Aufhänger aus den vorher genannten Gründen nicht so wirklich innovativ fand, hat mich der Roman mit seinen plot twists gut unterhalten. Nur eine Stelle im Roman fand ich etwas übertreiben und unglaubwürdig. Wolfe, der Superman? Dann doch lieber die BBC-Serie, in der ein absoluter Sympathieträger eben nicht neun Leben hat und zu Tode kommt.

DAVON abgesehen hat mich "Wer Furcht sät" aber super unterhalten. Ich freue mich schon auf den nächsten Teil der Reihe!

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Veröffentlicht am 20.06.2024

Fight, flight, freeze, or fawn

Ich stelle mich schlafend
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Es sind die 1990er Jahre in Westdeutschland. Über die Bildschirme flimmert „Charmed“, viele Zuschauerinnen möchten wie die fancy TV Serienhexen via Magie das Schicksal (und vor allem ihr Liebesleben) beeinflussen. ...

Es sind die 1990er Jahre in Westdeutschland. Über die Bildschirme flimmert „Charmed“, viele Zuschauerinnen möchten wie die fancy TV Serienhexen via Magie das Schicksal (und vor allem ihr Liebesleben) beeinflussen. Yasemin, genannt Yase, kommt aus einfachen Verhältnissen. Als Deutsch-Türkin sitzt sie immer zwischen den Stühlen. Die Eltern malochen und sind mit sich selbst beschäftigt, die Wohngegend Betonwüste. Nach einem Reitunfall muss Yase in die Reha, ihre Skoliose ist dringend behandlungsbedürftig, der weibliche Körper hat schließlich perfekt zu sein, was unter anderem zu Selbsthass führt. Als Teenie verliebt sich Yase in den Narzissten Vito (hier wird das angry young man- Stereotyp entlarvt), schießt den älteren Freund jedoch bald ab, nur um Jahre später in einem toxischen Beziehungsgeflecht gefangen zu sein. Wird es Yase gelingen, sich zu emanzipieren?
Ohdes „Streulicht“ ist ein großartiger Roman. „Ich stelle mich schlafend“ musste ich daher unbedingt lesen. Um es gleich zu sagen – die Geschichte geht unter die Haut, man ärgert sich über das Gelesene, aber es gibt auch den Aha – Effekt.
Viele Dinge, die im Roman angeprangert werden, sind wahr, und es sind bittere Wahrheiten, die in diesem sozialkritischen (feministischen) Roman ausgesprochen werden. Der alltägliche Sexismus, die Duldsamkeit vieler Frauen, das reflexhafte Schuldgefühl, die anerzogene Unterwerfung. „Unauffällig freundlich“, so wird die Protagonistin von ihrem Umfeld beschrieben, und wie viele Frauen übt sie sich in vorauseilendem Gehorsam. Der Roman macht betroffen.
Immer wieder gibt es Übergriffe, im Sanatorium wird die Hauptfigur (noch ein Teenager!) von Männern (medizinischem Fachpersonal, nota bene!) beim Erstellen eines Korsetts etwa sexuell belästigt. Diese Szene ist besonders wichtig, bilden doch Mädchen und Frauen mit Behinderung die vulnerabelste Gruppe, nur wird dies sehr selten thematisiert, gesellschaftlich steht eher das Thema Gender im Fokus, ein großer Fehler. Behindertenrechtsaktivistinnen sprechen sehr treffend von der „forced intimacy“ der sich gerade Frauen im medizinisch-pharmazeutischen Komplex wie selbstverständlich zu beugen haben, und Deniz Ohde erweist sich hier als wahre Feministin, die nicht nur reflexartig zeitgeistige Parolen wiederholt. Der Verlust der Unschuld ist ein zentrales Motiv, Missbrauch fängt im Kleinen an und sexuelle Gewalt findet oft in einer Grauzone statt.
Dennoch hätte ich mir stellenweise eine feinere Figurenzeichnung und etwas weniger Pathos im Text gewünscht. Religionskritik mit dem Holzhammer ist meine Sache nicht. Über die Bibel etwa heißt es: „Dieses dicke und mittlerweile vergilbte Buch voller Ermahnungen zum Verzeihen. Und damit eigentlich eine Erpressung.“
Figurennamen wie „Immacolata“ bzw. „Imma“ verweisen meines Erachtens wie eine Leuchtreklame auf die Botschaft der Autorin, mir persönlich ist das zu dick aufgetragen. Schade eigentlich! „Ich stelle mich schlafend“ gehört dennoch gelesen, der Roman ist wichtig und richtig, trotz kleiner Mängel.

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Veröffentlicht am 17.03.2024

Die DNA der Liebe

The Soulmate Equation – Sie glaubt an die Macht der Zahlen, bis er ihr Ergebnis ist
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Die alleinerziehende Mutter Jess Davis lebt mit ihrer Tochter Juno (Jess wurde als Teenager schwanger) im Apartmentkomplex ihrer Großeltern in Kalifornien. Sie ist froh, Tür an Tür mit ihren Ersatzeltern ...

Die alleinerziehende Mutter Jess Davis lebt mit ihrer Tochter Juno (Jess wurde als Teenager schwanger) im Apartmentkomplex ihrer Großeltern in Kalifornien. Sie ist froh, Tür an Tür mit ihren Ersatzeltern zu wohnen, da ihre suchtkranke Mutter keine Unterstützung ist. Mit ihrer besten Freundin (der Liebesromanautorin Felicity „Fizzy“ Chen) trifft sich die Datenanalystin mit einem Faible für Statistiken mehrmals die Woche in einem Café, wo sie den smarten Wissenschaftler River Peña anschmachten. Er ist der Gründer der Dating-Plattform „Genetic Alley“, die Paare mithilfe von passenden Erbanlagen zusammenbringen will. Aus Jux machen Jess und Fizzy den Test. Überraschung – Jess und River passen zu fast 100 Prozent zusammen. Zunächst werden die Kalifornierin und „River Nicolas“ aus PR – Gründen ein Paar, da Rivers Firma der Börsengang bevorsteht, zudem soll die junge Mutter großzügig entlohnt werden. Bald schon sprühen die Funken, und Jess verliebt sich in den gutaussehenden River. Doch das perfekte Liebesglück ist in Gefahr, als eine unerwartete Wendung das Pärchen aus der Bahn wirft. Kann es ein happy ending für die Liebe geben?
„The Soulmate Equation – Sie glaubt an die Macht der Zahlen, bis er ihr Ergebnis ist“ ist eine Romcom in Buchform, die ideal „für Zwischendurch“ ist. Ich habe die Geschichte flott gelesen, da die Gliederung der story trotz kleiner Schwächen insgesamt „rund“ ist. Von der Figurenzeichnung habe ich mir allerdings ein wenig mehr versprochen, die Darstellung der Protagonisten ist nicht frei von Klischees, wie oft hat man schon etwas über eine schlaue kleine Tochter oder die crazy beste Freundin gelesen? Es gefiel mir jedoch gut, dass das Autorinnenteam auch die Tücken der Datingapps thematisiert. Hier komme ich zum nächsten Punkt – ‚Christina Lauren‘ ist ein Pseudonym, hinter dem sich die Autorinnen Christina Hobbs & Lauren Billings verbergen. Bei der Lektüre wunderte ich mich über Stilbrüche – es gibt einerseits Formulierungen voller Pathos(„Hinter diesem Schädel befand sich das Gehirn eines Genies, […]“), andererseits aber auch recht derbe Aussagen („Sag mir, wo er wohnt, damit ich zu ihm gehen und ihm den Kopf so tief in den Arsch stecken kann, dass er seine eigene Scheiße lecken kann.“) und leichte Schwächen in der Übersetzung („wir sind ein sehr zusammengeschweißtes Team.“); wenn man weiß, dass „The Soulmate Equation“ von zwei Autorinnen verfasst wurde, wundert man sich jedoch nicht mehr.
Die Wendung im plot war meines Erachtens von Anfang an vorhersehbar, was ich schade fand, ganz abgesehen von der Tatsache, dass die Annahme von genetischer Kompatibilität für mich ein „Geschmäckle“ hat, die These ist aber nicht abwegig oder gar hanebüchen. Wie gesagt – die Tücken und Fallstricke des (Online)datings arbeitet „Christina Lauren“ schön heraus.


Fazit:
„The Soulmate Equation“ bietet gute Unterhaltung für Zwischendurch, für alleinerziehende Mütter ist es wohl die perfekte Geschichte, der Liebesroman kommt ohne Längen aus. Ich vergebe 3,5 von insgesamt fünf möglichen Sternen!

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Veröffentlicht am 16.09.2023

"Spukerscheinungen sind derzeit in Mode."

Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Die Totengräber-Serie 3)
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Als jüdischer „Piefke“ hat es der Ermittler Leopold „Leo“ von Herzfeldt in Wien nicht leicht, auch sein Hochdeutsch (seine Mutter stammt aus Hannover) macht ihn zum Außenseiter. Seine Beziehung zur Tatortfotografin ...

Als jüdischer „Piefke“ hat es der Ermittler Leopold „Leo“ von Herzfeldt in Wien nicht leicht, auch sein Hochdeutsch (seine Mutter stammt aus Hannover) macht ihn zum Außenseiter. Seine Beziehung zur Tatortfotografin Julia muss er geheim halten – die beiden sind Kollegen bei der Polizei.
Spiritismus und Séancen sind im 19. Jahrhundert in Wien der letzte Schrei (sogar Kaiserin Elisabeth nimmt an Geisterbeschwörungen teil), und auch die (bereits wissenschaftlich widerlegte) Phrenologie spukt noch in den Köpfen herum. Der technische Fortschritt kurbelt die Wirtschaft an (die Armen fristen dennoch ein Leben am Rande der Gesellschaft), in der High Society nimmt indes der Aberglaube zu. Als ein Naturwissenschaftler, der dem okkulten Humbug ein Ende setzen wollte, tot aufgefunden wird und mehrere Kinder aus einem Wiener Waisenhaus verschwinden, sind neben dem Inspektor auch der Totengräber Augustin Rothmayer und sein Mündel Anna (das Mädchen kannte einen ermordeten Jungen, der vor seinem Tod vor dem „Nachtkrapp“ warnte!) gefordert. Gespenstergeschichten sorgen für hohe Auflagen und Leo ist nicht glücklich, als ein Journalist geheime Informationen veröffentlicht, und es fuchst den Inspektor, dass Julia den vermeintlichen Rivalen gut kennt. Als auch noch Mama Herzfeldt nach Wien kommt und einem Schriftsteller namens Arthur Conan Doyle nicht mehr von der Seite weicht ist das Chaos perfekt, und es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, als die Polizei den Hauptverdächtigen tot aus der Donau fischt…
„Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist ein interessanter historischer Kriminalroman, der ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann (obwohl es sich bei dem Buch um den dritten Teil einer Reihe handelt). Der Totengräber ist meine Lieblingsfigur, und ich mag es, dass der Autor die Sozial- und Medizingeschichte Wiens tangiert. Trotz kleiner Schwächen hat mich der Roman prima unterhalten - die Sprache klang in meinen Ohren stellenweise zu modern, ich hätte mir mehr Austriazismen gewünscht & man hätte den plot straffen können; manchmal hätte ich mir ein wenig mehr ‚Feinschliff‘ gewünscht. Müsste nicht eine Figur namens „Nikolai Trevic“ eher „Nikola Trević“ heißen? Ich fand die Story insgesamt spannend – auch wenn es erst im letzten Drittel der Erzählung Schlag auf Schlag geht.

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Veröffentlicht am 02.07.2023

(Un)schöne neue Welt

I’m a Fan
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„I’m a Fan“ der britischen Autorin Sheena Patel (sie hat indische Wurzeln, gehört aber nicht zur Gen Z) ist im Kern eine Gesellschafts- und Medienkritik. Die junge Filmschaffende aus London kommentiert ...

„I’m a Fan“ der britischen Autorin Sheena Patel (sie hat indische Wurzeln, gehört aber nicht zur Gen Z) ist im Kern eine Gesellschafts- und Medienkritik. Die junge Filmschaffende aus London kommentiert und spiegelt darin den Zeitgeist. Bestehende Machtstrukturen werden hinterfragt, Marginalisierung, Rassismus & Klassismus spielen eine Rolle, aber auch die allgegenwärtige Nabelschau und das bequeme virtue signalling der Eliten.
Worum geht’s?
Die namenlose nicht-weiße Erzählerin (die selbst in einer Beziehung ist) stalkt eine Frau auf Instagram, außerdem gibt es da den Mann, mit dem sie „zusammen sein will“. Für ihn ist die Erzählerin nur eine Nummer, und wenn die beiden irgendwo sind, wo jemand seine „Frau […] kennt“, ist es schnell vorbei mit dem Date. Hier werden selbst die Betrüger (bzw. Seitenspringer) betrogen. Hängt das soziale Kapital davon ab, wen man kennt? Die Erzählerin ist den Objekten ihrer Begierde in einer Art Hassliebe verbunden. Im Roman verschwimmt teilweise die Grenze zwischen Sozialneid und valider Kritik. Die Erzählerin beklagt, dass sie „Türen einschlagen“ müsse, während diese sich für die weiße Influencerin (die die neue Gespielin des Mannes ist, mit dem die Erzählerin zusammen sein will) wie selbstverständlich öffneten. Ich bin mir nicht sicher, ob der Roman eine Persiflage auf identitätspolitische Forderungen ist, oder eine Art marxistisches Manifest. Ich selbst bin überhaupt kein Fan der dogmatischen Critical Race Theory. (Ist die Tatsache, dass die Autorin dem Kollektiv „4 Brown Girls Who Write“ angehört, ein Hinweis? Andererseits soll ja das lyrische Ich nicht mit dem Autor (m/f) verwechselt werden, laut Literaturtheorie). Wenn im Text vom „lebendigen Puls des Faschismus“ die Rede ist, ist das meines Erachtens aber arg dick aufgetragen.
Handwerklich gibt’s aber nicht viel zu Meckern. Wörtliche Rede wird nicht als solche gekennzeichnet, dieses Stilmittel mag ich sehr. Die kurzen Kapitel mit den catchy Überschriften passen zur Grundstimmung der Geschichte. Ich mag auch die These, dass selbst menschliche Beziehungen mittlerweile einem kapitalistischen Prinzip folgen, und nicht etwa einem humanistisch-christlichen Menschenbild (was ich schade finde). Der feministische Aspekt des Romans ist auch stark, da ist einerseits von „ungefragt geschickten Schwanzbildern“ die Rede, andererseits scheint eine Frau, wenn der (Alpha)Mann nicht mehr mit ihr schlafen will, regelrecht unsichtbar zu sein, als sei sie nicht existent. Die Ich - Erzählerin glaubt, mit dem richtigen Mann ihr „richtiges Leben“ anfangen zu können, sie scheint mit ihrem Freund und mit ihrem Leben& ihrem Job (vor allem, wenn sie sich die in den sozialen Medien propagierte glamouröse Welt ansieht) unglücklich zu sein. Sie fühlt sich wie ein Niemand, und so gibt es auch kein Entkommen aus der mehr als dreijährigen Abhängigkeitsbeziehung zum Mann, mit dem sie eigentlich zusammen sein will. Der Mann, den sie will, wird nie „nur allein“ ihr gehören, und sie wird (auch durch eigenes Zutun) stets ein Objekt sein. Das offene Ende des Romans ist nur konsequent!

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