Cover-Bild Wie ich Klavierspielen lernte
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Insel Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Biografischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 318
  • Ersterscheinung: 13.05.2019
  • ISBN: 9783458177890
Hanns-Josef Ortheil

Wie ich Klavierspielen lernte

Hanns-Josef Ortheil ist vier Jahre alt, als er zum ersten Mal Klavierunterricht bekommt. Angeleitet von seiner Mutter, macht er rasche Fortschritte und wird an eine russische Pianistin weitergereicht. Schon bald steht der Entschluss fest, Konzertpianist zu werden und auf den großen Bühnen der Welt zu brillieren. Für den jungen Klaviereleven bedeutet das ein jahrelanges Üben von meist vielen Stunden am Tag. Kurz nach dem Abitur erhält der Zwanzigjährige ein Stipendium in Rom, wo es völlig unerwartet zu einem Zusammenbruch kommt. Der große Traum ist geplatzt ...

In Wie ich Klavierspielen lernte erzählt Hanns-Josef Ortheil aus heutiger Sicht von den oft skurrilen Seiten des Pianistenlebens. Von ersten Klavierschulen, favorisierten Komponisten, frühem Vorspiel, exaltierten Klavierlehrern und großen Titanen auf den Bühnen von Salzburg und anderswo. Amüsant und packend führt er den Leser eine steile Leiter hinauf in den Pianistenhimmel, wo seit Vladimir Horowitz‘ Zeiten sowohl schwerste spezielle Psychosen als auch legendäre Triumphe zu erwarten sind.

Ein Buch nicht nur für Klavier- und Musikenthusiasten, das von den verborgenen, dämonischen Seiten manischen Übens und Spielens sowie der Geschichte des Virtuosentums kenntnisreich und detailliert erzählt.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2019

Für alle Ortheil-Fans und Freunde klassischer Musik

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REZENSION – Es ist gewiss kein Buch nur für Klavier- und Musikenthusiasten, wie der Insel-Verlag beteuert. Und doch ist „Wie ich Klavierspielen lernte“, das neue autobiographische Werk von Hanns-Josef ...

REZENSION – Es ist gewiss kein Buch nur für Klavier- und Musikenthusiasten, wie der Insel-Verlag beteuert. Und doch ist „Wie ich Klavierspielen lernte“, das neue autobiographische Werk von Hanns-Josef Ortheil (68), auch kein Buch für jedermann. Man sollte möglichst seine Autobiographie „Die Erfindung des Lebens“ (2009) zuvor gelesen haben, um einen verständnisvolleren Einstieg ins neue Buch zu finden. Denn das familiäre Schicksal des vierjährigen Ortheil, der tagsüber in enger Abgeschiedenheit mit seiner nach dem Tod ihrer vier Söhne völlig verstummten Mutter lebt und dadurch selbst sprachlos wurde, ist das entscheidende Motiv, das Klavierspiel zu erlernen.
Der kleine Ortheil lernt das Klavierspiel nicht wie andere Kinder aus gutbürgerlichem Elternhaus als erzieherische Maßnahme. Eines Tages erbt die Familie ein altes Klavier. „Das Klavier ist bei uns angekommen, aber wir lassen es warten. Vielleicht hat auch Mutter Angst davor, dass es zu reden anfängt. Außer meinem Vater spricht niemand in der Wohnung. Stattdessen herrschte eine schwere, oft lastende Stille.“ Nur durch Zufall entdeckt der Vierjährige die unerwartete Möglichkeit, wenn schon nicht mittels des Sprechens, nun durch die Musik mit der Mutter, die in Jugendjahren selbst Pianistin gewesen war und ihrem Sohn bald Klavierunterricht gibt, kommunizieren zu können. „Wir sprachen nicht mit Worten miteinander, sondern mit Musik.“
Im Folgenden schildert Ortheil seine Stationen auf dem über 15 Jahre dauernden Weg zur Verwirklichung seines frühen Traums, Konzertpianist zu werden. Wir erfahren von Attitüden seiner Lehrer und von Eigenarten bekannter Pianisten. Wir erfahren einiges über klassische Musik sowie über unterschiedliche Techniken und Interpretationsmöglichkeiten. Nach mehrjährigem Einzelunterricht, dem kurzen Besuch eines Musikinternats sowie der gezielteren Ausbildung an einer Musikhochschule mit ersten Konzertauftritten bewirbt sich der inzwischen 20-jährige Abiturient erfolgreich um ein Stipendium am Konservatorium in Rom. Doch ausgerechnet in Rom platzt Ortheils Traum von einer vielversprechenden Pianisten-Karriere.
Natürlich verliert sich der Schriftsteller als einst ausgebildeter Konzertpianist in seinem Buch hin und wieder in fachlichen Einzelheiten, die den musikalisch ungebildeten Leser abschrecken mögen. Dann aber packt uns der grandiose Erzähler wieder mit der Schilderung des engen Verhältnisses zu seinen Eltern. Mutter und Sohn gewinnen durch das gemeinsame Klavierspiel schnell ihre ihre Sprache zurück. Die Mutter beginnt sogar wieder zu musizieren und auch Ortheils Vater entdeckt auf ganz eigene Art seine Liebe zum Klavierspiel.
Leider fehlen den einzelnen Kapiteln des Ortheilschen Werdegangs die entsprechenden Altersangaben des Musikschülers, so dass man nie genau weiß, wie alt der Erzähler gerade ist. Andererseits geht es dem Schriftsteller Ortheil wohl auch weniger um den Musiker Ortheil, sondern um dessen musikalisches Umfeld – die klassische Musik, das damals zeitgenössische Musikverständnis und den Musikunterricht in jenen Jahren.
Für Hanns-Josef Ortheil ist damals in Rom eine Welt zusammengebrochen. Noch heute denkt der Schriftsteller voller Wehmut an jene Jugendjahre, wie aus den in seine Erzählung eingestreuten Zwischentexten des inzwischen 68-Jährigen herauszulesen ist. Doch die Fans seiner Bücher wird es freuen, dass er sich einen anderen Beruf suchen musste und heute ein erfolgreicher Schriftsteller ist. Mindestens für sie und alle Freunde klassischer Musik ist „Wie ich Klavier spielen lernte“ eine empfehlenswerte Lektüre. Für andere Leser kann es ein lohnenswertes Wagnis sein.