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Veröffentlicht am 20.09.2019

Ruhiger Roman über Schicksalsschläge, Herausforderungen und Neuanfänge

Fünf Wörter für Glück
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Heidi, Anfang Dreißig, ist nicht richtig glücklich mit ihrem Leben. Weil es mit der Schauspielerei nicht klappen mag, jobbt sie in einer Bar. Und die große Liebe lässt außerdem auf sich warten. Doch es ...

Heidi, Anfang Dreißig, ist nicht richtig glücklich mit ihrem Leben. Weil es mit der Schauspielerei nicht klappen mag, jobbt sie in einer Bar. Und die große Liebe lässt außerdem auf sich warten. Doch es kommt noch schlimmer für sie:
Beim Joggen stürzt sie so ungünstig, dass sie dabei ihr Bein verliert. Statt Partys zu feiern, wird sie in eine Rehaklinik eingewiesen. Dort muss sie lernen mit dem Verlust ihres Beines umzugehen. In der Rehaklinik teilt Heidi mit der 80-jährigen Maude nicht nur das Schicksal, durch einen dummen Unfall, ein Bein verloren zu haben, sondern auch das Zimmer. Die beiden ungleichen Frauen werden Freunde. Und auch mit Jack, Mauds Enkel, versteht sich Heidi immer besser. Er bringt sie auf die Idee, eine Liste mit fünf Herausforderungen zu formulieren, die sie erreichen will, um für das neue Leben mit nur einem Bein gewappnet zu sein: Ihre fünf Schritte zum Glück.

Die Geschichte ist aus Heidis Sicht geschrieben. Schnell habe ich mich als Leser mit ihr identifizieren können und mit ihr gelitten. Im Roman wird sehr eindringlich verdeutlicht, wie sehr Heidis Schicksalsschlag auch ihre Familie betrifft. Vor allem ihr Vater und ihre Schwester haben sehr große Probleme, mit Heidis Behinderung zurechtzukommen, reagieren aber auf völlig unterschiedliche Art darauf. Immer wieder geht es auch um Schuld und sich schuldig fühlen, weil die Figuren erst lernen müssen, dass Schuld nicht immer eine wichtige Rolle spielt, sondern manche Dinge einfach ohne Zutun passieren.

Wirklich viel geschieht nicht in Ella Doves Roman. Es ist ein langsamer Roman der leisen Töne, für mich manchmal sogar etwas zu leise und stellenweise fast langweilig. Einzig durch Heidis Besessenheit, den Zeugen ihres Unfalls ausfindig zu machen, dem sie Mitschuld gibt, wird etwas Spannung aufgebaut. Heidi agiert mir oft zu ruhig. Natürlich hat sie Schwierigkeiten, den Verlust ihres Beines zu akzeptieren , aber sie erträgt es meiner Meinung nach zu gelassen. Auf Wutausbrüche der Verzweiflung, die das Ganze für mich etwas greifbarer und lebendiger gemacht hätten, habe ich vergebens gehofft. So wirkt Heidis Charakter etwas zu glatt, ohne nennenswerte Ecken und Kanten. Auch Maud findet sich zu schnell mit ihrem Unglück ab, ohne damit viel zu hadern.

Andererseits weiß Ella Dove genau, wovon sie schreibt. Sie selbst verlor beim Joggen ein Bein und hat einige ihrer eigenen Erfahrungen in ihrem Werk verarbeitet. Die Geschichte ist dadurch mehr als authentisch. Insgesamt ein lesenswerter Roman, der die vielen Aspekte des schweren Schicksalsschlags für Heidi und ihre Umgebung eindringlich darstellt.

Im Interview ganz hinten im Buch schreibt Ella Dove, welche positive Botschaft sie dem Leser vermitteln möchte: „Es gibt immer Hoffnung“ und „selbst in der größten Dunkelheit kann man Licht finden“. Dies mit dem Roman zu zeigen, ist ihr zweifelsohne gelungen: Für Heidi entpuppt sich der Verlust ihres Beines als Chance. Chance, das alte Leben hinter sich zu lassen und neu anzufangen.

Veröffentlicht am 18.09.2019

Solider Regionalkrimi mit kleinen Schwächen

Totentracht
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Der erste Fall für Kommissar Karl-Heinz Winterhalter und seine neue Kollegin Marie Kaltenbach

Marie Kaltenbach verlässt nach einigen Enttäuschungen Berlin, um von nun an in ihrer alten Heimat, dem Schwarzwald, ...

Der erste Fall für Kommissar Karl-Heinz Winterhalter und seine neue Kollegin Marie Kaltenbach

Marie Kaltenbach verlässt nach einigen Enttäuschungen Berlin, um von nun an in ihrer alten Heimat, dem Schwarzwald, als Kommissarin zu ermitteln. Ihr erster Fall hat es gleich in sich: Geocacher entdecken in einer Gruft einen erdrosselten Mann in Tracht. Ausgerechnet der Sohn ihres neuen Partners Karl-Heinz Winterhalter gehört zu der Gruppe, die die Leiche finden. Aber nicht nur der Mordfall, auch ihr Kollege Winterhalter stellt für Marie eine große Herausforderung dar, sind beide doch so unterschiedlich, dass es ständig zu Streitereien und Missverständnissen kommt.
Bevor der Fall gelöst wird, finden sich die beiden Ermittler immer wieder in den skurrilsten Situationen wieder und können es nicht lassen, sich gegenseitig zu provozieren: ein echtes „Dreamteam“ also

Kommissar Winterhalter, der nebenher als Bauer arbeitet, erinnert mich stellenweise sehr an seinen Allgäuer Kollegen Kluftinger: Traditionell, heimatverbunden, altmodisch, brummig, etwas unbeholfen und Neuerungen abgeneigt. Er agiert meist wenig subtil, aber hinter seinem plumpen Auftreten verbirgt sich ein bemerkenswert wacher Verstand.
Marie Kaltenbach hingegen muss sich erst wieder an ihre neue alte Heimat gewöhnen und damit klarkommen, dass es im Schwarzwald eben doch anders zugeht als im modernen Berlin, wo Veganer keine Exoten, sondern hipp sind.

Wie bei Regionalkrimis üblich, rückt auch hier der Mordfall teilweise völlig in den Hintergrund. Dann geht es mehr um absurde Situationen, in die die Hauptpersonen permanent geraten und dabei in alle möglichen Fettnäpfchen treten. Bewusst lassen die Autoren kein Klischee aus und stellen vieles extrem überzeichnet dar.
Der Roman hat mich gut unterhalten und immer wieder zum Lachen gebracht. Ich mag beide Ermittler und die Dynamik, die sich bei ihrer Zusammenarbeit ergeben hat. Auch der Mordfall entwickelt sich nach anfänglichen Schwächen gegen Ende noch ziemlich rasant und spannend weiter. Stellenweise wurde es mir aber doch zuviel des Guten: Zuviel Klamauk, zu plump, zu überzeichnet, zu unrealistisch. Ein bisschen zu oft musste ich mich fremdschämen.
Insgesamt trotzdem ein solider Regionalkrimi mit kleinen Mängeln, der meiner Meinung nach durchaus in Serie gehen sollte. Auch der Kluftinger hat schließlich mal klein(er) angefangen.....

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Veröffentlicht am 02.08.2024

Spannend und dramatisch, aber auch recht reißerisch und brutal

Krähentage
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Schon an ihrem ersten gemeinsamen Arbeitstag bekommen es die beiden Ermittler Mila Weiss und Jakob Krogh mit einem ganz besonderen Mordfall zu tun. Die Leiche einer älteren Frau wird gefunden, doch das ...

Schon an ihrem ersten gemeinsamen Arbeitstag bekommen es die beiden Ermittler Mila Weiss und Jakob Krogh mit einem ganz besonderen Mordfall zu tun. Die Leiche einer älteren Frau wird gefunden, doch das Opfer wurde mysteriöserweise nach seinem Tod noch lebend gesehen. Und das Spiel wiederholt sich. Auch ein ermordeter Student scheint nach seinem Tod noch gelebt zu haben. Wie ist das möglich? Und was haben die ausgehungerten Krähen und ihre Botschaft an beiden Tatorten zu bedeuten? Mila und Jakob jagen einen Mörder, der im wahrsten Sinne des Wortes jeder sein könnte. Ob sie ihn finden?

In anschaulicher, klar verständlicher Sprache schildert Benjamin Cohrs, wie Milas und Jakobs Ermittlungen voranschreiten. Teilweise nimmt der Autor auch die Sicht des Mörders ein, beschreibt genau, wie er seine Taten plant und ausführt.

Nicht nur der Mörder, sondern auch die Polizisten Mila und Jakob haben Geheimnisse. Nach außen hin scheint der Familienvater Jakob Krogh ein verlässlicher, rücksichtsvoller und berechenbarer Kollege zu sein, der harmonisch und effektiv mit anderen zusammenarbeitet. Doch ist er das wirklich? Mila hingegen eckt mit ihrer toughen Art häufig an. Sie macht einen etwas verbissen Eindruck, gibt wenig von sich und ihrem Privatleben preis. Beide Figuren wirken etwas holzschnittartig, werden nur oberflächlich, recht einseitig beschrieben und haben trotz ihrer oft angedeuteten Geheimnisse wenig Tiefe. Mit keiner der Hauptfiguren konnte ich richtig mitfiebern.

„Krähentage“ ist ein Thriller mit besonderer, düsterer Atmosphäre. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden und es dauerte, bis ich den Bezug zu Plot und Figuren entwickelte. Ab der Mitte allerdings begann der Roman mich dann zu fesseln, Handlungs- und Lesetempo nahmen deutlich zu. Das Ende konnte mich leider nicht überzeugen, vor allem Jakobs Geheimnis war für mich nicht stimmig. Auch wenn der Mörder schon von Anfang an bekannt ist, ist das dramatische Finale wirklich spannend und mitreißend gestaltet. Ich wollte unbedingt wissen, wie alles endet. Insgesamt war mir der Thriller allerdings doch zu reißerisch und zu brutal. Ich hätte mir statt der vielen Effekte und Schockmomente gewünscht, dass mehr Wert auf eine intensivere Ausarbeitung der Charaktere und der Beziehungen der Figuren untereinander gelegt worden wäre. Nicht mein Buch, aber ein Thriller für alle unerschrockenen Leser mit starken Nerven, die es düster, actionreich und überraschend mögen.

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Veröffentlicht am 02.08.2024

Starker Beginn, schwaches, enttäuschendes Ende

Wenn sie lügt
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Norah, Goran, Peggy, Rolaf, Daniel, Marcel und Lisa aus dem thüringischen Waldesroda sind im Jahr 2004 eine feste Clique. Doch dann geht Norah mit David eine Beziehung ein. Wegen David sondert sich Norah ...

Norah, Goran, Peggy, Rolaf, Daniel, Marcel und Lisa aus dem thüringischen Waldesroda sind im Jahr 2004 eine feste Clique. Doch dann geht Norah mit David eine Beziehung ein. Wegen David sondert sich Norah nun häufig von ihren Freunden ab, verliert immer mehr den Kontakt zu ihnen. Schließlich zieht sie die Reißleine und trennt sich von David. Doch der kann sich mit der Trennung partout nicht abfinden und rastet völlig aus. In blinder Wut tötet er ein junges Pärchen und stirbt auf der Flucht selbst. Zwanzig Jahre später kehrt Goran in seine Heimatstadt zurück und erfährt, dass Norah Drohbriefe bekommt, die sie stark an Davids Tod zweifeln lassen. Wer steckt hinter den Briefen? Und was ist damals wirklich passiert.

Aus verschiedenen Perspektiven, Norahs, Gorans und der des unbekannten Briefeschreibern, erzählt Linus Geschke auf unterschiedlichen Zeitebenen. Es wird dabei nach und enthüllt, was damals geschah und wie alles mit den aktuellen Geschehnissen zusammenhängt. Der Schreibstil liest sich klar und unkompliziert.

Goran, der als Kind Norahs bester Freund war und von Norahs Mutter fast wie ein Sohn behandelt wird, war schon immer heimlich in Norah verliebt. Norah ging es mit Goran ebenso. Auch nach zwanzig Jahren haben die beiden noch Gefühle füreinander. Doch einige prekäre Geheimnisse und Lügen könnten für Konflikte sorgen. Können die beiden einander dennoch vertrauen? Und welche Rolle spielen die anderen Mitglieder der ehemaligen Clique? Die Personenkonstellation bietet viel Potential. Es war für mich sehr interessant zu erfahren, wie die einzelnen Protagonisten wirklich zueinander stehen, denn vieles ist hier oft anders, als es scheint.

Welche Geheimnisse kommen ans Licht? Wer möchte Rache an Norah üben? Was passierte damals wirklich mit David? Durch die besondere Erzählweise wird immer mehr Spannung aufgebaut. Mir fiel es gerade im Mittelteil sehr schwer, das Buch aus der Hand zu legen, wurde ich doch immer neugieriger auf den weiteren Verlauf der Handlung. Die Geschichte hat mich über weite Strecken wirklich gefesselt. Dass permanent angekündigt und wiederholt darauf angespielt wird, dass es noch verschiedene Geheimnisse zu gestehen und zu lüften gilt, empfand ich mit der Zeit allerdings als etwas redundant und ein wenig plump. Diese etwas künstlich aufgebauschte Dramatik hätte der Roman meiner Meinung nach bis dahin eigentlich gar nicht nötig gehabt. Die Auflösung, wer letztendlich hinter den Briefen steckt, konnte mich leider nicht überzeugen. Für mich ein unwürdiges Ende eines ansonsten packenden Thrillers. Letztlich hält der Thriller also nicht ganz, was er anfangs verspricht. Für mich eher Durchschnittsthrillerkost als Highlight.

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Veröffentlicht am 01.07.2024

Solider, etwas biederer Auftakt einer neuen Reihe

Was der See birgt
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Als Polizeireporterin Gianna Pitti vom Mord an einem jungen Mann erfährt, wirft sie das ziemlich aus der Bahn, denn das Opfer war ihr persönlich bekannt. Bald deutet sich an, dass eine sehr mächtige Organisation ...

Als Polizeireporterin Gianna Pitti vom Mord an einem jungen Mann erfährt, wirft sie das ziemlich aus der Bahn, denn das Opfer war ihr persönlich bekannt. Bald deutet sich an, dass eine sehr mächtige Organisation hinter dem Verbrechen steckt. Auch das Verschwinden von Giannas Vater scheint mit dem Todesfall in Verbindung zu stehen. Giannas Chefin Elvira und ihr Onkel Francesco unterstützen die Journalistin bei ihren Recherchen und stechen in ein Wespennest….

Lenz Koppelstädter erzählt in der dritten Person Vergangenheit aus wechselnder Perspektive. Hauptsächlich schildert er, was Gianna im Zusammenhang mit dem Fall erlebt. Der Schreibstil ist klar und verständlich, wirkt aber mitunter etwas sperrig und nicht flüssig. Das Gianna beispielsweise immer wieder als „die Journalistin“ bezeichnet wird, macht einen etwas hölzernen, zu bemühten Eindruck und erinnert an einen Schulaufsatz.

Hauptfigur Gianna ist persönlich vom Fall betroffen, kennt sie doch das Opfer. Auch ihr verschwundener Vater scheint irgendwie involviert. Daher zeigt Gianna besonderen Einsatz und Ehrgeiz, um herauszufinden, wer für die Verbrechen verantwortlich ist. Ablenken lässt sie sich nur von einem guten Espresso und der Musik von Vasco Rossi. Giannas schrulliger Onkel Francesco, der trotz nicht gerader rosiger Finanzverhältnisse Wert auf teuere Weine und kulinarischen Luxus legt, hilft seiner Nichte beim Ermitteln, scheint aber geistig nicht immer ganz auf der Höhe. Gianna und Francesco sind zwei besondere Figuren, die durchaus Potential haben. Ergänzt wird die Personenkonstellation noch mit Giannas Chefin Elvira, die sich beharrlich weigert, mit der Zeit zu gehen und eine Internetpräsenz der kleinen Lokalzeitung aufzubauen.

Viele Schauplätze des Krimis kamen mir bekannt vor, verbrachte ich doch früher meine Ferien öfter am Gardasee. So entwickelte ich beim Lesen durchaus Urlaubsstimmung, konnte mir die Handlungsorte bildlich vorstellen. Insgesamt hat mich der etwas verworrene, teils abstruse Fall aber nicht ganz überzeugt. Durch den manchmal unrunden Schreibstil wirkt die Geschichte zudem ein wenig bieder und riss mich nicht durchgehend mit. Insgesamt ein solider Auftakt einer neuen Krimiserie mit reizvollem Schauplatz, aber einigen Schwächen. Es bleibt zu hoffen, dass die durchaus interessanten Figuren in den folgenden Fällen ihr Potential noch mehr entfalten.

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