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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.10.2019

Moderne, etwas einfach gehaltene Klassikeradaptation

We Will Fall
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Die sechzehnjährige Izzy zieht mit ihren Eltern nach Brooklyn. Während ihr Zwillingsbruder Hull davon überhaupt nicht begeistert ist, findet sie sich schnell zurecht. In Brianne findet sie eine gute Freundin, ...

Die sechzehnjährige Izzy zieht mit ihren Eltern nach Brooklyn. Während ihr Zwillingsbruder Hull davon überhaupt nicht begeistert ist, findet sie sich schnell zurecht. In Brianne findet sie eine gute Freundin, in Schachspieler Tristan einen Schwarm. Doch der steht unter der Fuchtel seines Cousins Marcus, quasi der Boss des Viertels. Ausgerechnet der wirft jetzt ein Auge auf Izzy.

Die Geschichte der beiden ist an Tristan und Isolde angelehnt, dementsprechend war der grobe Handlungsverlauf schon vorher klar. Trotzdem hat die Autorin dem bekannten Stoff neues Leben eingehaucht, mir hat ihre Adaptation ganz gut gefallen. Einen gewissen Hang zum Kitsch und zur Dramatik muss man allerdings hinnehmen können ; ) Die Figuren sind modern, Izzy und Tristan sind sehr sympathisch. Leider ist Marcus recht klischeehaft geworden, und von dem aufmüpfigen Hull hätte ich mir einfach etwas mehr erwartet; da hat die Autorin definitiv Potential verschenkt. Der Erzählstil ist locker und flüssig, Emotionen werden gut transportiert. Selbst zum Schach, Tristans großes Hobby, wird dem Leser nebenbei Zugang gewährt; und das ganz ohne Belehrungen oder langwierige Erklärungen. Das Ende ist, wie man es bei dieser Geschichte erwarten kann, trotzdem fiebert und hofft man mit. Ein runder Jugendroman über die erste große Liebe und ihre Widrigkeiten.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Interessanter Künstlerroman

Die Zeit des Lichts
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1929 laufen sich in Paris zwei Menschen zufällig über den Weg: Man Ray, Künstler und Fotograf trifft auf die junge Lee Miller, die zwar ebenfalls künstlerische Ambitionen hat, diese bisher aber nicht ausleben ...

1929 laufen sich in Paris zwei Menschen zufällig über den Weg: Man Ray, Künstler und Fotograf trifft auf die junge Lee Miller, die zwar ebenfalls künstlerische Ambitionen hat, diese bisher aber nicht ausleben kann. Sie geht bei ihm in die Lehre, macht ihr Talent zur Fotografie zum Beruf. Bald verbindet die beiden nicht nur die Liebe zur Kunst, sondern auch zueinander.
Lee Miller war ein Name, den ich mit dem Foto in der Hitlerbadewanne verbinde, ansonsten wusste ich über sie aber quasi nichts. Scharer bringt dem Leser die Künstlerin näher, auch wenn sie sicherlich keine ganz einfache Person war. Ebenso Man Ray, der in diesem Roman ebenfalls viel Platz einnimmt. Die Beziehung der beiden ist natürlich geprägt von Kunst und ihrem Schaffen, aber auch von Eifersüchteleien und alten Liebesgeschichten. Die Autorin beschreibt gerade ihre Kunst sehr detailreich, man bekommt große Lust sich mit der Arbeit der beiden zu befassen. Ich finde es ein bisschen schade, dass über Lees Zeit als Kriegsreporterin nur sehr kurz berichtet wird. So definiert sich ihre Arbeit immer in Abhängigkeit von Man Ray, ihre eigenständige Arbeit geht einfach unter, wird nicht so richtig gewürdigt. Der Erzählstil ist etwas eigenwillig und distanziert, zwischenzeitlich empfand ich die Handlung auch etwas zäh. Trotzdem war die Zeit des Lichts ein interessanter Ausflug ins wilde Paris der 1930er, und ein guter Einblick in die frühen Schaffensjahre von Lee Miller.

Veröffentlicht am 21.09.2019

Zurück in Björnstadt

Wir gegen euch
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Nach den Ereignissen im Frühjahr ist das Leben in Björnstadt nicht mehr dasselbe. Nach der Vergewaltigung eines jungen Mädchens durch DEN Star der Eishockeyjunioren ist nicht nur das Team, sondern auch ...

Nach den Ereignissen im Frühjahr ist das Leben in Björnstadt nicht mehr dasselbe. Nach der Vergewaltigung eines jungen Mädchens durch DEN Star der Eishockeyjunioren ist nicht nur das Team, sondern auch der Zusammenhalt der ganzen Stadt gefährdet; hatte man sich doch zunächst vor den Täter gestellt, um ihn zu schützen. Vergessen kann keiner, trotzdem muss das Leben weitergehen.

Ich mochte „Kleine Stadt der großen Träume“ wirklich sehr, hatte nach der Lektüre einige offene Fragen und habe mich deswegen sehr über diesen Nachfolger gefreut. Wirklich enttäuscht wurde ich nicht, begeistern konnte mich der Autor aber dieses Mal nicht. Ich fand die Story oft sehr plakativ und z.T. auch künstlich aufgebauscht. Auf jeden Fall dreht sich die Handlung zu oft im Kreis oder wird künstlich verlangsamt, um die Seitenzahl zu rechtfertigen. Mit seinen Charakteren kann Backman hingegen wieder punkten, man sollte jedoch auf jeden Fall Teil 1 gelesen haben, um ihre Handlungen und Gedanken nachvollziehen zu können. Neue Figuren fügen sich gut ins Gesamtbild ein, auch wenn bei einigen doch kleine Ungereimtheiten auffallen.
Was mich bereits im ersten Band gestört hat, hat sich hier leider wiederholt: ständige Vorwegnahmen und düstere Aussprüche wie „Wenn sie immer ein Paar geblieben wären“, „Das sollte sich noch rächen“, etc. sind inflationär vertreten. Nach einer Weile war ich davon mehr als genervt. Die Handlung bietet ja durchaus genug, um den Leser an die Seiten zu binden, da hätten derart billige Mittelchen nicht sein müssen. Abgesehen davon hat mir der Erzählstil aber gut gefallen, Emotionen und Stimmungen werden sehr gut transportiert, man kann sich Land und Leute sehr gut vorstellen.
Unterm Strich fand ich „Wir gegen euch“ zwar angenehm zu lesen, bin aber trotzdem der Meinung, dass es diese Fortsetzung nicht zwingend gebraucht hätte, zumindest nicht in vorliegender Länge.

Veröffentlicht am 18.09.2019

Miroloi

Miroloi
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Auf einer kleinen Insel im Meer lebt eine verschworene Gesellschaft. Mit einfachsten Mitteln bestreiten sie ihren Alltag, Frauen haben ihren Männern zu gehorchen, die wiederum halten sich an die hausgemachten ...

Auf einer kleinen Insel im Meer lebt eine verschworene Gesellschaft. Mit einfachsten Mitteln bestreiten sie ihren Alltag, Frauen haben ihren Männern zu gehorchen, die wiederum halten sich an die hausgemachten Gesetze des Ältestenrats. Dazwischen findet sich ein namenloses Mädchen, das als Sündenbock für die ganze Gesellschaft herhalten muss. Nicht einmal einen Namen gestehen sie ihr zu, und nur ihrem Ziehvater verdankt sie etwas Schutz. Doch eines Tages bröckeln die alten Strukturen; zumindest ein bisschen.
Karen Köhlers Roman liest sich wirklich intensiv. Man muss sich zunächst an den eigenwilligen Stil gewöhnen, einfache, aber dennoch ausdrucksstarke Sätze bestimmen die Geschichte. Als Erzählerin fungiert das namenlose Mädchen, deren mangelnde Bildung sich eben auch in ihrer Sprache wiederfindet; vieles kann sie nicht benennen, denkt sich dafür neue Worte aus, Gefühle kann sie oft gar nicht in Worte fassen. Ihr Leben ist wirklich hart, die sinnlose Ächtung der Dorfbewohner spürt man mit jeder Zeile, der Autorin gelingt es hervorragend jedes noch so kleine bisschen Schmerz schonungslos an den Leser weiterzugeben. Mich hat ein wenig gestört, dass Veränderungen der Situation immer nur von außen angestoßen wurden bzw. von recht vorhersagbaren Ereignissen, die manchmal doch eher künstlich herbeigeführt wurden. So lebt der Roman weniger von überraschenden Wendungen, sondern eher von den transportierten Emotionen und eben auch davon, dass man als Leser gehörig ins Grübeln kommt. Insgesamt bleiben mir am Ende zu viele Fragen unbeantwortet; ein offenes Ende finde ich völlig in Ordnung, aber das ein oder andere Warum hätte die Autorin für meinen Geschmack noch beantworten müssen. So bleibt die gehaltvolle Geschichte leider etwas im luftleeren Raum hängen. Schade.

Veröffentlicht am 13.07.2019

Musik

Der Klavierspieler vom Gare du Nord
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Ein altes Klavier steht im Gare du Nord, wird täglich von Pendlern und Reisenden mehr schlecht als recht bespielt. Eines Tages lauscht Pierre einem jungen Musiker, der ihn mit seinem feinfühligen Spiel ...

Ein altes Klavier steht im Gare du Nord, wird täglich von Pendlern und Reisenden mehr schlecht als recht bespielt. Eines Tages lauscht Pierre einem jungen Musiker, der ihn mit seinem feinfühligen Spiel beeindruckt. Und das will etwas heißen, ist Pierre doch Direktor des Musikkonservatoriums. Doch Mathieu will von Pierres Anliegen bei ihm zu studieren nichts wissen, sein Leben in der Pariser Vorstadt bietet keinen Platz für die hohe Kunst der Musik.

Der Roman von Gabriel Katz hat mich wirklich gut unterhalten. Er lebt von seiner anschaulichen Beschreibung der Musik, denn dem Autor gelingt es ganz hervorragend den Leser in die Klangwelt eintauchen zu lassen. Klassische Stücke werden zum Leben erweckt und begeistern allein schon auf dem Papier. Die zwei Hauptfiguren könnten unterschiedlicher nicht sein, trotzdem kommen sie quasi mühelos miteinander aus. Die wenigen Konflikte wirken konstruiert, insgesamt war mir das Geschehen einfach etwas zu glatt, was unrealistisch wirkte. Allgemein ist die Handlung recht vorhersehbar, wenn auch gut erzählt. Das Pariser Lebensgefühl kommt sehr gut rüber, die Atmosphäre passt zur charmanten Geschichte. Ich mochte Katz‘ Roman gerne, auch wenn ich mir etwas mehr Ecken und Kanten gewünscht hätte.