Cover-Bild Menschen neben dem Leben
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Klett-Cotta
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Klassisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Ersterscheinung: 14.09.2019
  • ISBN: 9783608192001
Ulrich Alexander Boschwitz

Menschen neben dem Leben

Roman
Peter Graf (Herausgeber)

»Eine wahnsinnig packende Wiederentdeckung.« Hildegard Elisabeth Keller, SRF

Nach der spektakulären literarischen Wiederentdeckung von »Der Reisende« erscheint nun auch der erste Roman von Ulrich Alexander Boschwitz zum ersten Mal auf Deutsch. Im Berlin der Zwanzigerjahre porträtiert »Menschen neben dem Leben« jene kleinen Leute, die nach Krieg und Weltwirtschaftskrise rein gar nichts mehr zu lachen haben und dennoch nicht aufhören, das Leben zu feiern.

Leicht haben es die Protagonisten in Ulrich Alexander Boschwitz' Debütroman nicht. Sie sind die wahren Verlierer der Wirtschaftskrise: Kriegsheimkehrer, Bettler, Prostituierte, Verrückte. Doch abends zieht es sie alle in den Fröhlichen Waidmann. Die einen zum Trinken, die anderen zu Musik und Tanz. Sie treibt die Sehnsucht nach ein paar sorglosen Stunden, bevor sich der graue Alltag am nächsten Morgen wieder erhebt. Doch dann tanzt die Frau des blinden Sonnenbergs mit einem Mal mit Grissmann, der sich im Waidmann eine Frau angeln will und den Jähzorn des gehörnten Ehemanns unterschätzt. Und so nimmt das Verhängnis im Fröhlichen Waidmann seinen Lauf, bis sich neue Liebschaften gefunden haben, genügend Bier und Pfefferminzschnaps ausgeschenkt wurde und der nächste Morgen graut. Wie durch ein Brennglas seziert der zu diesem Zeitpunkt gerade mal zweiundzwanzigjährige Autor das Berliner Lumpenproletariat der Zwischenkriegsjahre.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.09.2019

Die Weltwirtschaftskrise aus der Froschperspektive

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Der Roman „Menschen neben dem Leben“ von 1937 lässt den Leser am Überlebenskampf einer Handvoll Personen am untersten Rand der Gesellschaft in der Zeit zwischen den Weltkriegen teilhaben. Allen ist der ...

Der Roman „Menschen neben dem Leben“ von 1937 lässt den Leser am Überlebenskampf einer Handvoll Personen am untersten Rand der Gesellschaft in der Zeit zwischen den Weltkriegen teilhaben. Allen ist der unverschuldete gesellschaftliche Absturz gemeinsam. So liegen die Ursachen dafür im Bereich der Arbeitslosigkeit, geistiger Behinderung oder Kriegsversehrtheit. Im Zentrum des Geschehens steht die Kneipe „zum fröhlichen Waidmann“, in der unter Alkoholeinfluss ein Konflikt untereinander eskaliert.

Der Roman lebt vom Umgang mit der Perspektivlosigkeit nach dem gesellschaftlichen Fall. So äußert sich die Hilflosigkeit und Frustration eines der Protagonisten in Aggressivität, während ein weiterer sich durch Übernahme von Verantwortung für den Schwächsten der Gruppe hervortut. Ein Dritter zeichnet sich durch Abkehr von der gesellschaftlichen Ethik aus, die sich darin äußert, dass er sich seinen gesellschaftlichen Platz auf illegalem Weg zurückerobern möchte.

Insgesamt gelingt es dem Autor hervorragend, in nüchternen Worten ein düsteres Gesellschaftsbild zu skizzieren, in der für die Ärmsten die Sicherstellung der elementarsten Grundbedürfnisse nicht gegeben ist und die eine so hohe Durchlässigkeit aufweist, dass ein gesellschaftlicher Absturz eine reale Bedrohung für große Bevölkerungsanteile darstellt. Faszinierend, wie der Autor die Froschperspektive dazu benutzt, die Gesellschaft zu sezieren. Dass das Buch von einem Zeitzeugen verfasst wurde, erhöht die Authentizität und ermöglicht mir als Leser, tief in eine vergangene Zeit und ins Proletariat einzutauchen. Auch fällt mir positiv auf, dass die Protagonisten sämtlich komplex sind, ohne Stereotype zu bemühen. Unterhaltsam, mit welch leisem Spott der Erzähler bisweilen auf die Akteure blickt. Ich möchte die Lektüre des Romans uneingeschränkt empfehlen

Veröffentlicht am 27.10.2019

Bild einer Zeit

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In seinem Buch „Menschen neben dem Leben“ zeigt der Schriftsteller Ulrich Alexander Boschwitz das Leben von Menschen im sozialen Abseits. Es sind die schweren Zeiten der Wirtschaftskrise in Deutschland, ...

In seinem Buch „Menschen neben dem Leben“ zeigt der Schriftsteller Ulrich Alexander Boschwitz das Leben von Menschen im sozialen Abseits. Es sind die schweren Zeiten der Wirtschaftskrise in Deutschland, was für viele Arbeitslosigkeit, Armut sogar Hunger bedeutet.
Der Autor setzt eine große Anzahl von Figuren ein, um ein umfassendes Zeitportrait von Berlin zu zeigen.

Da ist zum Beispiel Grissmann, arbeitslos, aber auf Unabhängigkeit bestehend. Der alte Bettler Emil Fundholz und Tönnchen, der wie ein Kind ist, dabei ist er schon 40. Der kriegsblinde Sonnenberg, die Prostituierte Minchen und andere.

Der Autor gibt allen auch wirklich Charakter, daher wirken sie real und lebendig. Es wird aber auch gezeigt, wie die Perspektiv- und hoffnungslosigkeit die Menschen in Gleichgültigkeit treibt.
So sind manche eigentlich ehrliche Leute jetzt zur Kriminalität bereit. Ein anderer wird Zuhälter.

Wie Boschwitz die Figuren miteinander verknüpft ist stimmig. Ein wirklich gutes Buch.

Veröffentlicht am 05.12.2019

Episoden voller Entbehrungen und Emotionen

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Der jung verstorbene Ulrich Alexander Boschwitz skizziert hier anhand mehrerer Charaktere das Bild bestimmter Bevölkerungsschichten aus dem Berlin der Zwischenkriegszeit. Sie alle stehen in gewisser Hinsicht ...

Der jung verstorbene Ulrich Alexander Boschwitz skizziert hier anhand mehrerer Charaktere das Bild bestimmter Bevölkerungsschichten aus dem Berlin der Zwischenkriegszeit. Sie alle stehen in gewisser Hinsicht “neben dem Leben” - neben dem der gut situierten oder der über alle Zweifel erhabenen.

In unterschiedlichen Szenen begegnet der Leser Emil Fundholz, der betteln geht um Nahrung und Unterkunft zu haben; Tönnchen, einem leicht zurückgebliebenen Mann, der Fundholz’ Begleiter und von ihm abhängig ist; Grissmann, der Einbrüche dem Betteln vorzieht; Frau Fliebusch, die sich in ihre eigene Welt zurückgezogen hat; Minchen, die zwar deutlich mehr Geld hat als die anderen, dieses aber in der Waagrechten verdient - und vielen mehr.

Es sind teils komische, dann wieder sehr ernste und auch gefährliche Episoden die wir mit den Protagonisten erleben und die zeigen wie viel sie entbehren mussten, mit wie wenig sie auskamen und dass manche für uns alltägliche Dinge damals einfach unerreichbar waren.

Auch wenn die Abschnitte grundsätzlich chronologisch verlaufen, auch innerhalb der einzelnen Handlungsstränge der Figuren, sind sie doch keine so komplett zusammenhängende Geschichte wie man vermuten könnte. Am Ende aber lässt Boschwitz einige Charaktere aufeinanderprallen und sein Finale explodiert förmlich in einem Strudel an Emotionen. Das war auch das Einzige, wovon die Leute damals (zu) viel hatten und das nichts kostete.

Wer eine stringente, noch stärker berührende Geschichte lesen will, die sich auf einen Hauptcharakter konzentriert, dem sei “Der Reisende” ans Herz gelegt.