Ein dunkler Fleck“ ist erneut ein gelungener Krimi aus der Feder von Ann Cleeves, der leider viel zu schnell ausgelesen war
Joe Ashworth ist an einem sehr ungemütlichen Winterabend, unterwegs mit seiner Tochter in öffentlichen Verkehrsmitteln. Als die Bahn wegen der schlechten Wetterbedingungen den Betrieb einstellen muss und ...
Joe Ashworth ist an einem sehr ungemütlichen Winterabend, unterwegs mit seiner Tochter in öffentlichen Verkehrsmitteln. Als die Bahn wegen der schlechten Wetterbedingungen den Betrieb einstellen muss und alle Fahrgäste heraus gebeten werden, fällt Joes Tochter auf, dass noch eine ältere Dame in der Bahn sitzt. Als sie diese anspricht, fällt ihr erst auf, dass die Dame leblos ist. Die herbeigerufene Polizei ermittelt von nun an in einem Mordfall, denn die alte Dame wurde hinterrücks erstochen. Vera Stanhope, Joe Ashworth, Holly und das restliche Team der Kriminalpolizei, ermittelt fieberhaft in alle Richtungen. Dreh- und Angelpunkt scheint jedoch das kleine Örtchen Mardle zu sein- insbesondere in der Harbour Street kannten und verehrten viele Menschen die ermordete Margaret. Die Menschen können nicht verstehen, wer der alten Dame etwas Böses wollte, denn sie setzte sich stets für die Schwachen und Hilfsbedürftigen in der Gemeinde ein. Sie betrieb zusammen mit der Exsängerin Kate Dewar eine kleine Frühstückspension und half bei der Betreuung von Frauen aus schwierigen Verhältnissen.
Doch je tiefer das Team um Vera Stanhope bohrt, umso mehr kristallisiert sich heraus, dass Margaret jede Menge Geheimnisse mit sich herumtrug, von dem eines besonders brisant war, dass es auch den Mörder auf den Plan rief. Als auch noch ein zweiter Mord geschieht; wieder trifft es ein Opfer aus Margarets nahem Umfeld, ahnen Vera und ihr Team bereits, dass beide Morde miteinander zusammenhängen müssen…
Der sechste Teil um Vera Stanhope und ihr Team, entpuppte sich als anfangs recht undurchsichtiger Kriminalfall, bei dem man, wie auch die Hauptfiguren selbst, erneut lange Zeit im Dunklen tappt. Zwar ist die Anzahl der Verdächtigen überschaubar, genauso wie sich der Großteil der Story in der Harbour Street und dem nahen Umfeld abspielt, doch hatte die erste Ermordete eine recht geheimnisvolle Vergangenheit, sodass es der Autorin gelingt, ob des fehlenden Motivs für die Tat, dennoch die Neugierde ihrer Leser bis zuletzt, schüren zu können. Zwar darf man, Fans der Stanhope Reihe wissen, das bereits, keine hochdramatischen oder nervenzerfetzenden Romanpassagen erwarten, wenn man zu einem Teil dieser Serie greift, doch hält die Autorin ihre Leser anderweitig bei der Stange, in dem sie allen handelnden Akteuren tiefschürfende Charaktere auf den Leib schreibt.
Was mir persönlich besonders an Vera gefällt, ist, dass sie eine Frau ist, die sich nicht um Meinungen anderer Leute schert und unangepasst ihren Weg geht. Besonders wenn sie freundlich und harmlos wirkt, ist sie während ihrer Ermittlungsarbeit am gefährlichsten. Dazu hat sie ordentlich Übergewicht auf den Rippen und gönnt sich nach Feierabend gerne mal mit den Nachbarn alkoholisches. Joe Ashworth ist somit das genaue Gegenteil von Vera. Pingelig, gefühlsduselig und lebt in ständiger Konkurrenz mit der ehrgeizigen Kollegin Holly. Aber er und Holly haben im Laufe der Serie auch eine kleine Entwicklung durchgemacht, sodass Vera langsam so etwas wie Stolz empfindet, wenn sie Joe bei der Arbeit beobachtet.
Vera jedoch bleibt so wie sie ist und das ist auch gut so, denn so hebt sie sich wohltuend von langweiligen Ermittlern ab, denen man sonst so oft in Krimis begegnet.
Einzig störend empfinde ich es langsam, dass fast jeder Mensch, den Vera verhört, gedanklich Veras massigen Körperumfang so in den Fokus stellt. Klar, Vera ist kein zartes Pflänzchen, doch sind übergewichtige Menschen doch wohl kaum so außergewöhnlich, dass jeder, dem Vera das erste Mal begegnet, zunächst denkt, oh, da kommt „die fette Frau“, zumal die Leute ja auch andere Probleme haben dürften, wenn die Polizei im Haus ist.
Da die Autorin ansonsten so einen außergewöhnlich guten Schreibstil an den Tag legt, finde ich diesen, angesprochenen Kritikpunkt ehrlich gesagt ein wenig plump umgesetzt, was den ansonsten so gut charakterisierten Romanfiguren nicht gerecht wird.
Ansonsten gibt es aber nichts von meiner Seite zu kritisieren.
Kurzgefasst: „Ein dunkler Fleck“ ist erneut ein gelungener Krimi aus der Feder von Ann Cleeves, der leider viel zu schnell ausgelesen war. Ich hoffe, dass uns Krimifans „Vera Stanhope“ noch lange erhalten bleibt!"