„Ich weiß es nicht. Wir waren aus unerklärlichen Gründen einfach wütend aufeinander. Wir stritten uns, schlugen uns, plötzlich zog sie das Messer. Erst später erfuhr ich, dass das Virus daran schuld war.“ (S.101)
2080 – 65 Jahre nach dem Zusammenbruch. Männer und Frauen leben nach Geschlechtern getrennt in kleinen bis mittelgroßen Gruppen zusammen.
Die Männer haben sich in die Ruinen der zivilisierten Welt zurückgezogen und nutzen die letzten Überreste der industrialisierten Welt, wie etwa Verbrennungsmotoren und Schusswaffen.
Die Frauen hingegen haben sich in natur belassene Gegenden zurückgezogen, wo sie versuchen dem natürlichen Jahreskreis zu folgen und sich selbst zu versorgen. Während bei den Männern eine fast 100 % Rückkehr zum christlichen Glauben zu beobachten ist, halten die Frauen an einer wicca-ähnlichen Naturreligion fest und verehren eine Vielzahl an Göttinnen.
Über die Zeit vor dem Zusammenbruch und den Zusammenbruch selbst ist wenig bekannt, die wenigen Menschen, die aus dieser Zeit noch am Leben sind, bleiben wortkarg und verschlossen.
Gemeinsam mit der Zivilisation ging auch Wissen und Bildung zu großen Anteilen verloren. Vor allem bei den Frauen gibt es kaum mehr Menschen, die des Lesens mächtig sind.
David und Juna wachsen in ihren jeweiligen Welten auf, geprägt von ihrer Umgebung kennen sie nichts anderes als Hass auf das andere Geschlecht, eine Welt in der Männer und Frauen gemeinsam, gleichberechtigt leben können, scheint ihnen nicht nur utopisch sondern schier unmöglich.
Seit Männer und Frauen in einem brüchigen, äußert gefährdeten Frieden leben, der gegenseitige Zugeständnisse beinhaltet. Die Frauen überlassen den Männern, so sie gewaltfrei durch ihre Gebiete ziehen, einen Teil ihrer Ernten. Um den Fortbestand der menschlichen Rasse zu gewährleisten, kommt es bei diesen Treffen vereinzelt auch zu Geschlechtsverkehr. Männliche Säuglinge überlassen die Frauen nach der Geburt den Männern.
Thomas Thiemeyer zeichnet mit dem ersten Teil seiner „Eden-Trilogie“ einen Plot um ein interessantes Thema. Wenn Männer und Frauen in erbitterter Feindschaft miteinander leben, wie lange könnte die menschliche Rasse noch überleben?
Genau mit dieser Frage müssen sich auch die ProtagonistInnen im Buch auseinander setzen. Der Graben des gegenseitigen Misstrauens zwischen den Geschlechtern scheint immer größer zu werden, immer weniger Kinder werden geboren und die gewaltsamen Übergriffe beiderseits nehmen in bedrohlichem Ausmaß zu.
So interessant die Geschichte an sich auch ist, so hapert es doch ein wenig an der Umsetzung. Menschen sprechen 65 Jahre nach dem Zusammenbruch der Zivilisation im Mittelalter-Style miteinander, es gibt so gut wie kein Wissen über das industrielle Zeitalter, Bildung ist verpönt, dennoch haben es beide Geschlechter geschafft, traditionelle Handwerke zu einer gewissen Perfektion zu bringen. Das wirkt unglaubwürdig und lässt die LeserInnen immer wieder stocken.
Seltsam muten einzelne Dialoge an, die Stämme sind einerseits überraschend fortschrittlich, doch in ihrem Gebaren scheinen sie hilflos was wenig authentisch wirkt, gibt es doch noch immer Zeitzeugen des Zusammenbruchs und Menschen, die sich aber gänzlich aus dem Geschehen heraushalten bzw. sich den Umständen angepasst haben.
David und Junas’ Beweggründe bleiben blass und ihre charakterlichen Eigentümlichkeiten werden leider kaum herausgearbeitet. So werden die inneren Zwiespälte in die sowohl David als auch Juna geraten kaum behandelt und schnell dem Voranschreiten der Geschichte geopfert.
Was das Buch dennoch vermag ist in den Bann zu ziehen, zwar kann man sich als LeserIn an einzelnen oben erwähnten Sachverhalten stoßen aber trotzdem gelingt es Thiemeyer eine Atmosphäre aufzubauen, die es den LeserInnen kaum ermöglicht das Buch auf die Seite zu legen. Entspannend ist auch, dass der Autor auf einen Cliffhänger trotz Trilogie verzichtet und die Geschichte abschließt.
Eine etwas hölzerne aber durchaus spannende Dystopie, die noch mit zwei Folgebänden aufwartet.