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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2016

Altersübergreifend

Knapp vorbei ist auch daneben
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Felix Rohrbach hat ein echtes Problem – den morgigen ersten Schultag. Gemeinsam mit seinem besten Freund beschließt er über Nacht, die Schule unbetretbar zu machen. Doch der schlaue Coup entpuppt sich ...

Felix Rohrbach hat ein echtes Problem – den morgigen ersten Schultag. Gemeinsam mit seinem besten Freund beschließt er über Nacht, die Schule unbetretbar zu machen. Doch der schlaue Coup entpuppt sich bald als gewaltiger Schuss in den Ofen.

Schon bald baumelt das Damoklesschwert des Rauswurfs über Felix und zu allem Überfluss verliebt er sich auch noch. Der ganz normale Pubertätswahnsinn scheint vorprogrammiert.

Jakob M. Leonhardt schrieb mit „Knapp vorbei ist auch vorbei“ den Auftakt einer Kinderbuchreihe, zugeschnitten vor allem auf junge Burschen an der Schwelle zur Pubertät.

Felix tappt liebevoll von den LeserInnen begleitet, von einer jugendlichen Katastrophe in die nächste und wir dürfen ihn halb schmunzelnd, halb an die eigenen jungen Jahre erinnert dabei begleiten.

Aufgelockert wird das Buch durch viele lustige Illustrationen, die die Geschichte abrunden und die Fantasie ankurbeln.

Das Buch lässt die Jungen sich verstanden fühlen und die Alten lächelnd an die wilden Jahre zurückdenken. Kurzweiliger Lesespaß für alle Altersgruppen.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Verzaubert

Hexendreimaldrei
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„Vergessen Sie nicht“, sagt Lady Grey eindringlich, bevor sie die Tür hinter mir schließt, „die Vereinigung verfolgt jeden Ihrer Schritte. Wenn Sie das Wohlergehen des Frosches nicht gefährden wollen, ...

„Vergessen Sie nicht“, sagt Lady Grey eindringlich, bevor sie die Tür hinter mir schließt, „die Vereinigung verfolgt jeden Ihrer Schritte. Wenn Sie das Wohlergehen des Frosches nicht gefährden wollen, halten Sie sich an unsere Abmachung….“(S. 137)

Auf dem Kirchenklo verkrochen, weil die stattfindende Hochzeit nicht die eigene ist? Für Olivia kein Fauxpas, schließlich ist der Bräutigam ihre große Liebe. IHRE! Und nicht etwa die der glücklichen Braut. Verzweifelt zündet sie ein Streichholz an und sieht sich alsbald einem Love-Parade-tauglichen Feerich gegenüber.

Dieser ist bereit der unglücklichen Olivia einen Wunsch zu erfüllen. Kaum darüber nachgedacht hat sie es auch schon ausgespuckt. Der fremdheiratswillige Märchenprinz landet als Frosch in Olivias Tasche. Beim Anblick des quackenden Etwas in ihrem Badezimmer, bereut Olivia aber ganz schnell den unvorsichtig geäußerten Wunsch.

Auf der Suche nach einer Möglichkeit dem Frosch seine menschliche Gestalt zurück zu geben, gerät Olivia in ein durch und durch magisches Abenteuer. Glaubt sie zuerst noch daran, die Sache schnell und problemlos abwickeln zu können, lernt Olivia doch relativ schnell und schmerzhaft, dass frau mit übersinnlichen Mächten nicht spielen sollte.

Claudia Tomans Debütroman erzählt uns ein Märchen neu. Auf den ersten Blick könnten wir also denken alles wird uns bekannt und vertraut sein. Doch weit gefehlt, geschickt verwebt die Autorin das Märchen mit Auszügen der Literatur. Sie führt uns durch eine weltbekannte Stadt lenkt unseren Blick aber weit weg von dem Offensichtlichen in die Welt der Magie und Fantasie. So verwundert es auch nur auf den ersten Blick, wenn steinerne Statuen zu sprechen beginnen oder längst verstorbene Schauspieler Olivia auf ihrer Suche unterstützen.

Durch die Geschichte tragen die sympathische Protagonistin Olivia, der treulose Frosch aber auch die „Bösewichte“ lesen sich schön, nicht, dass frau sie unbedingt ins Herzen schließen müsste, aber ihr Handeln wird stimmig dargestellt, die Hintergründe glaubhaft beleuchtet, somit fällt es leicht Verständnis und Wohlwollen auch für sie zu entwickeln.

Nicht zuletzt gewinnen die LeserInnen Olivias heimliche Helferleins bald sehr lieb. Sind sie es doch, die die oftmals strandende Protagonistin aufbauen und versuchen auf den rechten Weg zu führen ohne ihr dabei jedoch mit erhobenem Zeigefinger zu begegnen.

Der wunscherfüllende Feerich schließlich, der für Olivias Unglück verantwortlich zeichnet ist zum einen ein ganz und gar lästiger Geselle, der aber gerade wegen seiner Exzentrik zum Sympathieträger wird.

Durch stimmungsvolle Umgebungsbeschreibungen, die sich geschmeidig ins Gesamtwerk der Geschichte fügen und sie nicht überladen oder belasten schafft die Autorin es uns ganz in ihre Welt zu ziehen.

Grundsätzlich ist das Spiel mit Worten und ihre beinah magisch verzaubernde Wirkung eines der größten Talente Claudia Tomans. Sie erzählt Olivias Geschichte so leichtfüßig und eingängig, dass wir uns beim Lesen sofort daheim fühlen. Dabei vermeidet sie aber, die vielen Frauenromanen längst zu eigen gewordene Oberflächlichkeit. Sie schafft es vielmehr uns mit der Protagonistin lachen zu lassen und nicht über sie, was in vielen anderen Geschichten der Fall ist und mitunter ein schales Gefühl beim Lesen vermittelt.

Obwohl Auftakt einer Trilogie, ist das Buch in sich abgeschlossen und hinterlässt die LeserInnen nicht mit einem unangenehmen Cliffhanger. Dennoch macht es aber ganz große Lust aufs Weiterlesen.

Ein wunderbares Buch für ein paar magische Stunden, bei einer guten Tasse Tee – Maulbeerblatt muss es aber nicht unbedingt sein.

„Hexendreimaldrei“ ist der erste Teil einer Trilogie, es folgten noch „Jagdzeit“ und „Goldprinz“.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Pageturner

Erebos
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„Ich bin nicht sicher. Möglicherweise. Es kann sein, dass er das tut. Dass er beginnt, seine Wirkung zu entfalten.“
Der Bote nickte zufrieden.
„Siehst du. Warte ab. Es wird weitergehen und der Rest liegt ...

„Ich bin nicht sicher. Möglicherweise. Es kann sein, dass er das tut. Dass er beginnt, seine Wirkung zu entfalten.“
Der Bote nickte zufrieden.
„Siehst du. Warte ab. Es wird weitergehen und der Rest liegt dann in deinen Händen, Sarius.“ (S.272)

Nick besucht die Oberstufe in London. Er ist gut in die Klassengemeinschaft integriert, bis eine geheimnisvolle CD die Runde zu machen beginnt. Ehemalige Freunde schotten sich ab, erscheinen tagelang nicht zum Unterricht, wirken ausgemergelt und stehen augenscheinlich unter hohem Druck.

Nick ist gierig darauf, die CD auch zu erhalten, aber sie zu bekommen stellt sich als äußerst schwierig heraus. Niemand der sie besitzt spricht darüber und alle die sie haben, scheinen sich zu verändern.

Als Nick schließlich in den erlauchten Kreis aufgenommen wird, stellt er fest, dass Erebos ein Computerspiel ist. Was er allerdings auch feststellen muss, ist das dieses Spiel sich nicht kontrollieren lässt sondern vielmehr selbst die Kontrolle übernimmt.

Ursula Poznanski beschreibt in ihrem Jugendthriller geschickt wie rasch Menschen in soziale Zwickmühlen geraten und für in Aussicht gestellte Belohnungen, so surreal sie scheinen mögen, bereit sind alle Moral über Bord zu werfen.

Ihre ProtagonistInnen gestaltet sie detailreich und liebevoll, allerdings verwirrt die große Anzahl an auftretenden Personen die LeserInnen des Öfteren. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen.

Ins Hintertreffen gerät auch die gewählte Umgebung des Romans, so braucht es schon einiges an Vorstellungskraft um London als Umgebung zu visualisieren. (Mir gelang es sehr leicht, habe ich doch erst ein Wochenende vor Lesen des Buchs dort verbracht. ? )

Der Plot ist durchdacht und wird konsequent verfolgt. Poznanski strebt in bester Thriller-Manier einem scheinbar unausweichlichem Höhepunkt entgegen und schafft es dadurch die LeserInnen auf Stunden in ihrer Geschichte gefangen zu halten.

Ein Page-Turner für junge Menschen und jungebliebene „Alte“.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Ein großes Buch

Der Distelfink
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Ein großes Leid und eines, das ich erst anfange zu verstehen: Wir können uns unser eigenes Herz nicht aussuchen, Wir können uns nicht zwingen zu wollen, was gut für uns oder gut für andere ist. Wir können ...

Ein großes Leid und eines, das ich erst anfange zu verstehen: Wir können uns unser eigenes Herz nicht aussuchen, Wir können uns nicht zwingen zu wollen, was gut für uns oder gut für andere ist. Wir können uns nicht aussuchen, wer wir sind. (S. 1.008)

Theos Tag beginnt nicht besonders, er wurde von der Schule suspendiert und soll dort mit seiner Mutter vorstellig werden. Es regnet, die beiden sind wortkarg miteinander. Theo hat ein schlechtes Gewissen und dann auch wieder nicht, ein kleiner Fehltritt und schon macht die Schule ein Drama daraus. Aber seine Mutter zu enttäuschen tut ihm weh, ihr Schweigen, straft ihn.

Bereitwillig stimmt er deswegen zu, eine aktuelle Kunstausstellung niederländischer Künstler in der 5th Avenue zu besuchen.

Nicht lange nach ihrem Aufenthalt und als die beiden eigentlich schon wieder am Gehen sind, passiert das Schreckliche. Mehrere Bomben detonieren im Gebäude und richten eine Verwüstung sondergleichen an. Theodore bleibt wie durch ein Wunder so gut wie unverletzt. Auf der Suche nach seiner Mutter begegnet er einem Sterbenden, dessen Hand er hält. Das verwirrende Gespräch, dass er mit diesem Mann führt, leitet Theo dazu an, eines der bedeutendsten Gemälde der Ausstellung zu entwenden – den Distelfink von Carel Fabritius.

Im allgemeinen Chaos entschlüpft Theodore durch einen Hinterausgang und flüchtet sich in die elterliche Wohnung. Erst als seine Mutter nicht nach Hause kommt beginnt er zu fürchten, ihr sei etwas zugestoßen. Als einige Zeit später die Fürsorge vor der Tür steht ist es gewiss – sie ist im Museum zu Tode gekommen.
Für Theo beginnt ein Leben voller Unsicherheiten und die sich zunächst langsam drehende Abwärtsspirale droht bald ihn und alle seine Hoffnungen und Träume mit in den Abgrund zu reißen.

Wir begleiten Theo durch sein bewegtes Leben, dabei hilft die verwendete Ich-Form den LeserInnen ganz schnell Teil von Theo’s Welt zu werden.

Donna Tartt schreibt leichtfüssig einen Roman der genauso Gesellschaftskritik, wie Milieustudie aber auch Krimi oder metaphysische Weltanschauung sein kann. Dabei versteigt sie sich ab und an in wortreiche, detailgetreue Wiedergaben von Situationen, was aber nur in seltenen Fällen die Toleranz der LeserInnen übersteigen mag.

Für manche vielleicht nicht einfach zu verdauen ist Tartts Hang zur Metaphysik und der allzu smoothe Ausgang der Geschichte, der sich nicht recht mit der zuvor aufgebauten Dramaturgie verbinden will.

Insgesamt aber 1022 lesenswerte Seiten, die uns erschrecken und berühren werden und uns viele Gedanken in viele unterschiedliche Richtungen denken lassen werden.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Bezauberndes Ende

Zeitenzauber
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„Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ihr müsst zurück, bevor es nicht mehr geht.“
„Bevor es nicht mehr geht?“, wiederholte ich erschrocken. „Wieso sollte es denn nicht mehr gehen?“ (S. 99)

Anna und Sebastiano ...

„Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ihr müsst zurück, bevor es nicht mehr geht.“
„Bevor es nicht mehr geht?“, wiederholte ich erschrocken. „Wieso sollte es denn nicht mehr gehen?“ (S. 99)

Anna und Sebastiano sind inzwischen routinierte Zeitreisende und springen regelmäßig in die Vergangenheit um den Zeitstrom im Auftrag eines Ältesten stabil zu halten. Sie verhindern unerwünschte Ereignisse oder stoßen andere an, damit die Zukunft nach Wünschen der Ältesten stattfindet.

Dabei erfahren sie erst nach und nach, dass die Ältesten eine Art Spiel mit der Zeit spielen und ihr gegenseitiger Wettkampf führt nicht nur Anna und Sebastiano in Lebensgefahr sondern droht auch alsbald alle Zeiten und Dimension in die Entropie zu führen.

Mit „Zeitenzauber – Das verborgene Tor“ begleiten wir Anna zum dritten Mal auf ihren Zeitreisen. Sie wirkt im dritten Band deutlich gereift, die Geschichte knüpft nicht direkt an die Geschehnisse von Teil zwei an sondern zeigt Anna und Sebastiano inzwischen als junge Erwachsene, die ein Studium betreiben und die Zeitreisen als Nebenjob betreiben.

Charmant beschreibt Eva Völler das London von 1813, sodass die LeserInnen sich oft an Jane Austen erinnert fühlen. Dabei bleibt Zeitenzauber „schwebend“ und führt uns durch die Geschichte als ob wir den Samen einer Pusteblume dahintreiben.

Hier und da verliert sich die Autorin in Schwärmereien für ihre Charaktere, aber einmal in die Geschichte eingetaucht, ist man und auch frau gern bereit ihr das zu verzeihen und sich mit Anna und Sebastiano in das nächste Abenteuer zu stürzen.

A propos nächstes Abenteuer – die Reihe könnte hier durchaus ein Ende führen, aber Eva Völler lässt sich eine Hintertür offen – so dürfen eingefleischte Fans vielleicht doch auf weitere Abenteuer von Anna und Sebastiano hoffen. Eva selbst schließt diese Möglichkeit zwar nicht ganz aus – allerdings ist derzeit nichts konkretes geplant. (Lest HIER ein Interview mit Eva.)

Die wunderbaren Illustrationen stammen auch in Teil 3 von Tina Dreher


Eine sehr schöne Trilogie für junge Menschen und Erwachsene, die sich nach ein paar Stunden voll Abenteuer und Liebe gewürzt mit schönen Kostümen und dem Zauber längst vergangener Zeiten sehnen.