Aus dem Leben eines Löwenritters
TeufelskroneRebecca Gablé, Mutter aller Mittelalterromane entführt ihre Leser in die Zeit von Richard Löwenherz und seinem Bruder John Ohneland.
Wir begleiten ein weiteres Brüderpaar durch die Jahre: Guillaume und ...
Rebecca Gablé, Mutter aller Mittelalterromane entführt ihre Leser in die Zeit von Richard Löwenherz und seinem Bruder John Ohneland.
Wir begleiten ein weiteres Brüderpaar durch die Jahre: Guillaume und Yvain von Waringham. Weil deren Vater sowohl bei Richard als auch bei John in der Gunst stehen will, ist findet sich Guillaume der ältere sich an Richards Hof wieder und Yvain verbringt seine Pagen- und Knappenzeit an Johns Seite.
Der Bruderzwist im Haus Plantagenet ist so etwas wie der rote Faden durch das 928 Seiten starke Buch. Selbst Jahre nach Richards Tod, besteht die Feindschaft weite, da es Ritter gibt, die lieber Richards als Johns Gefolgsleute waren.
Meine Meinung:
Mit diesem 6. Band ist Rebecca Gablé wieder ein opulenter Mittelalterroman gelungen. Mir hat dieses Buch wieder sehr viel besser gefallen als „Der Palast der Meere“. Vielleicht weil mir Richard und John einfach bekannter sind?
Wie immer flicht die Autorin gekonnt historische Details und Informationen zur Lebensweise im Mittelalter ein. Sehr spannend ist auch die Rolle des Papstes und der Kirche in diesem Jahrhundert. Während des Interdikt durften keine Messen gelesen und Tote christlich bestattet werden. Ich denke, das ist in der mittelalterlichen Welt der Menschen doch ein einschneidendes Erlebnis.
König John wird als charakterlich schwierig dargestellt. Seine Paranoia, gepaart mit dem enormen Alkoholkonsum macht ihn unberechenbar. Die Unverfrorenheit mit der er die Verlobte eines anderen Königs heiratet, mit der er die Untertanen ausbluten lässt - auf den Schlachtfeldern genauso wie wirtschaftlich - ist authentisch dargestellt. Die Grausamkeiten, die John sein ganzes Leben begleiten, sind für uns heute kaum vorstellbar. Einfach die 28 Söhne von Rittern, die ihm als Geiseln überlassen worden sind, umzubringen, nur weil er sich von einem der Väter verraten glaubt?
Sympathieträger wird John nicht mehr. Anders dagegen Yvain, der als zweitgeborener Sohn ebenfalls nur die Brosamen, die der älteren Bruder und Erbe überlässt, erhält, wirkt er auf mich jedenfalls aufrichtiger. Auch wenn er Amabel, die Frau seines Bruders liebt und damit Guillaume hintergeht.
Lange Zeit hält er John unbedingt die Treue. Selbst als John seinen Neffen Arthur 1203 (vermutlich) eigenhändig ermordet hat, steht Yvain zu seinem König. Erst als Yvain von John zum wiederholten Male des Verrats bezichtigt wird und William Brasoe sowie seine Mutter Maude im Kerker verhungert sind, ändert Yvain langsam seine Meinung.
Im Roman hat er auch einen großen Anteil an der Entstehung der „Magna Carta“, die die Barone dem König 1215 abgerungen haben. Besonderes Augenmerk wird hier dem Artikel 39 geschenkt:
„Kein freier Mann soll verhaftet, gefangen gesetzt, seiner Güter beraubt, geächtet, verbannt oder sonst angegriffen werden; noch werden wir ihm anders etwas zufügen, oder ihn ins Gefängnis werfen lassen, als durch das gesetzliche Urteil von Seinesgleichen oder durch das Landesgesetz.“
Dieser Artikel gilt natürlich nur für „freie Männer“, also Adelige. Der Großteil der Bewohner Englands in dieser Zeit sind Leibeigene, mit denen weiterhin nach Gutdünken verfahren werden durfte.
Wirklich rechtskräftig wird die „Magna Carta“ erst einige Jahre nach Johns Tod, 1225.
Der Schreibstil ist wie immer opulent und detailreich. Die Charaktere polarisiern häufig. Keiner ist vollkommen böse oder gut.
Ein ausführliches Nachwort erklärt Fakten und Fiktion.
Fazit:
Ein dicker historischer Roman, in den ich für viele Lesestunden abgetaucht bin. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.