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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2016

Lesevergnügen!

Pandablues
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Als Eric später nach Hause kam, fand er eine taffe, eloquente und zielstrebige Karrierefrau in sexy Babyelefantenhose und Schlabbershirt vor, die mit dem Kopf auf dem Tisch eingeschlafen war, in einem ...

Als Eric später nach Hause kam, fand er eine taffe, eloquente und zielstrebige Karrierefrau in sexy Babyelefantenhose und Schlabbershirt vor, die mit dem Kopf auf dem Tisch eingeschlafen war, in einem Arm eine leere Flasche Prosecco und im anderen zwei leere Tüten Lakritz-Gummi-Pandas. (S.96)

Charlotte ist mittlerweile ein Jahr mit Eric zusammen und arbeitet noch immer im Kölner Zoo mit Pinguinen. Ihre Vergangenheit als Lektorin liegt weit hinter ihr, aber Charlotte weiß, dass die Arbeit als Tierpflegerin sie auf lange Sicht nicht erfüllen wird.

Die Beziehung mit Eric läuft gut, wenn auch die gemeinsame Wohnung reichlich klein ausfällt aber Charlotte hat gar nicht die Zeit um sich lang darüber zu ärgern. Schließlich ist sie Patentante von Finn und Trines bald zur Welt kommenden zweitem Kind und Trine nutzt ihre Ressourcen als Patentante in vollem Ausmaß.

Nach Pinguinwetter begleiten die LeserInnen in Pandablues Charlotte ein zweites Mal durch ihr chaotisches Leben. Charlotte ist ein sympathischer Tollpatsch aber es macht nicht nur Spaß über sie zu lachen sondern vor allem mit ihr und das gelingt durch den Selbsthumor den Britta Sabbag ihrer Protagonistin angedeihen lässt.

Wir treffen altbekannte Charaktere wieder, wie Trine, Mona und besonders amüsant Melitta, Charlottes einzigartige Großmutter, die ihre Meinung nicht hinterm Berg hält und sich nicht darum kümmert wie dieselbe beim Gegenüber ankommt.

Pandablues ist ein locker, leichter Frauenroman, der es uns ermöglicht abzutauchen und es schafft uns in eine gute Stimmung zu versetzen.

Dabei ist Brittas Schreibstill facettenreich und bunt, ein Umstand der das Buch von der Masse an nichtsagenden Frauenromanen unterscheidet und ein durch und durch abgerundetes Leseerlebnis beschert.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Schokolade

Der Duft von Schokolade
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Das alles sah August mit großer Klarheit. Er sah, wie lächerlich er war. Er war sich bewusst, dass er nur verliebt war und dass alle Verliebten dem Alltag auf Dauer nicht standhielten. Und er wusste, dass ...

Das alles sah August mit großer Klarheit. Er sah, wie lächerlich er war. Er war sich bewusst, dass er nur verliebt war und dass alle Verliebten dem Alltag auf Dauer nicht standhielten. Und er wusste, dass es vorbeigehen würde. Aber das alles nützte nichts, denn es gab einen August, der das alles wusste, und dann gab es ihn selbst. Den August, der sich in Elena verloren hatte. (S. 113)

August Liebeskind quittiert seinen Dienst in der Armee um als Einkäufer in der Schokoladenfabrik seines Onkels zu arbeiten. Aber vorher liegt noch ein ganzer Sommer vor ihm um seine wieder gewonnene Freiheit zu genießen. In einem Wiener Café lernt er Elena kennen. Eine kühle, unnahbare Schönheit, die sich wenig aus den Benimmregeln der Wiener Gesellschaft macht.

Von ihr gleichermaßen abgestoßen als auch fasziniert hofft August Elena wieder zu treffen. Beim jährlichen Pferderennen begegnen sie sich schließlich erneut und beginnen ein sanftes Ringen um Liebe, Strategie, Verführung, Romantik und Kontrolle.

Ewald Arenz verpackt seine Liebesgeschichte in verführerische Düfte von exotischen Gewürzen, heimischen Nadelhölzern, Erinnerungen an Sommer unserer Jugendtage und dem süßen Geschmack von Schokolade. Mit sanften Worten zieht er uns in die Welt von August und Elena und nicht zuletzt lässt er uns im Wien der letzten Jahre der großen Donaumonarchie wandeln, als wären wir nie woanders gewesen.

Geschickt verstrickt der Autor historische Ereignisse mit seiner Erzählung um August und seiner Suche nach sich selbst. In einer Phase der inneren Leere ist es die geheimnisvolle Elena, die ihn inspiriert und zu seiner Muse wird.

Ein wunderschönes Buch, das sanft und ebenso tragisch zu berühren vermag und dabei sprachgewaltig das LeserInnenherz höher schlagen lässt.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Das Leben und der Tod

Wenn du wiederkommst
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„Ich weiß, es war nur unsere kleine, für andere bedeutungslose Welt, die der Tod ausgelöscht hat, aber für uns war sie groß und umfassend wie das Universum. (S. 140)

Jerome und seine Ex-Frau leben auf ...

„Ich weiß, es war nur unsere kleine, für andere bedeutungslose Welt, die der Tod ausgelöscht hat, aber für uns war sie groß und umfassend wie das Universum. (S. 140)

Jerome und seine Ex-Frau leben auf zwei Kontinenten. Über 15 Jahre führen sie trotz Scheidung eine Fernbeziehung. In dieser Zeit sind sie sich mitunter sehr nah, entfernen sich aber auch oft wieder gänzlich voneinander. Gerade als sie bemerken, dass ihnen die Zeit davon zu laufen beginnt und sie einen wirklichen Neuanfang starten wollen, stirbt Jerome überraschend.

Anna Migutsch beschreibt in ihrem Roman das erste Jahr nach Jeromes’ Tod aus Sicht seiner Frau. Sie beschreibt ihre Gefühle und Gedanken, den schwierigen Umgang mit dem verbleibenden Umfeld von Jerome, ihre Hoffnungen, ihre Träume, den Verlust, das Versäumte und die Schmerzen die man sich im Laufe eines gemeinsamen Lebens bereitet.

Dabei gelingt es der Autorin über die Beleuchtung der Geschehnisse hinaus auch die Charaktere und deren Eigenschaften zu erläutern sowie deren persönliche Entwicklungen darzustellen. Die LeserInnen erhalten dadurch einen berührenden Einblick, insbesondere in die Seele der Protagonistin.

Ein wunderbares Buch, das uns erfüllt aber auch aufwühlt und uns die Vielfalt des Lebens näherbringt.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Zwei Frauen auf ihrem Weg

Konzert für die Unerschrockenen
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Da müht man sich ab, ist vielleicht sehr intelligent, begabt, außergewöhnlich, doch am Schluss mündet das Leben in Unscheinbarkeit. Und viel Erinnerung. (S.80)

Anna fliegt nach London zur Beerdigung ihrer ...

Da müht man sich ab, ist vielleicht sehr intelligent, begabt, außergewöhnlich, doch am Schluss mündet das Leben in Unscheinbarkeit. Und viel Erinnerung. (S.80)

Anna fliegt nach London zur Beerdigung ihrer Großtante Leah. Leah war eine jüdische Cellistin, die in ihrem Leben viel herumgekommen ist und ihr spätes zu Hause in London fand.

Anna wohnt in der Schweiz. Trotz der großen Entfernung hat sie ihre Großtante oft und regelmäßig besucht, vor allem in den letzten Jahren vor Leahs Tod. Nach dem Begräbnis überlässt ihr der Sohn der Verstorbenen deren Tagebücher. Diese sind auf Deutsch verfasst, eine Sprache, die die Großtante im Laufe ihres Lebens immer seltener verwendet hat.

Durch die Tagebücher erhält Anna einen neuen Einblick in das Leben von Leah und sie gewinnt ein neues Verständnis für ihr eigenes Leben und ihren eigenen Schmerz.

Bettina Spoerri erzählt die Geschichten zweier Frauen, die getrennt durch die Zeit unterschiedliche Lebensumstände vorfinden und dennoch mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. Während Leah in den Wirren des Krieges die halbe Welt bereist und erleben muss wie jüdische Freunde und Verwandte dem Nationalsozialismus zum Opfer fallen, lebt Anna in unserer Gegenwart ein beschauliches Leben.

Zu Leahs Lebzeiten zerbricht eine ganze Weltordnung um dann mühevoll in vielen Jahrzehnten wieder aufgebaut zu werden. Dennoch sind es vorrangig Themen, die sich um die Liebe und ihre Familie drehen, die Eingang in ihr Tagebuch finden.

Gerade diese persönliche Sicht auf Leahs Leben hilft Anna auf ihre eigenen Themen zu reflektieren und aufzuarbeiten.

Spoerri hat ein Buch mit sympathischen Charakteren geschaffen, deren persönliche Krisen uns nahe gehen, weil wir viele davon aus unserem eigenen Leben kennen. Erfrischend ist, dass sie eine andere Geschichte der jüdischen Großtante erzählt als die des Umgangs mit dem Nationalsozialismus. Vielmehr erzählt die Autorin uns von den persönlichen Krisen und Erfolgen im Leben Leahs.

Ein nachdenkliches, ruhiges Buch von zwei Frauen auf ihrem Weg.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Als wir 15 waren

Die Tiefen deines Herzens
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Leni und Felix sind Freunde, seit sie Kinder sind. Seit Felix Mutter die Familie verlassen hat ist er Mädchen gegenüber abweisend und bleibt auf Distanz. Bis auf Leni. Sie ist seine beste Freundin, seine ...

Leni und Felix sind Freunde, seit sie Kinder sind. Seit Felix Mutter die Familie verlassen hat ist er Mädchen gegenüber abweisend und bleibt auf Distanz. Bis auf Leni. Sie ist seine beste Freundin, seine Stütze, sein Kumpel oder seine Schulter zum Ausweinen.

Als am Abend bevor Leni in die Sommerfrische zu ihrer Tante aufbricht, mehr aus dieser Freundschaft wird, verändert sich ihr Verhältnis zueinander drastisch.

Doch auch die Sommerfrische auf einer verschlafenen Insel bringt Leni die Liebe mit. Plötzlich steht sie zwischen zwei Jungen und ist im Begriff sich selbst zu verlieren.

„Die Tiefen deines Herzens“ beginnt wie ein leichter, sommerlicher Jugendroman. Antje Szillat schafft sympathische Charaktere und beschreibt sehr stimmig die Gefühle, die junge Menschen angesichts der ersten Liebe erfassen können.

Den Zwiespalt in den Leni gerät, als sie meint sich zwischen Liebe und Freundschaft entscheiden zu müssen, stellt die Autorin sehr stimmig dar. Dabei hat sie viel Achtsamkeit für das Erschaffen der Szenerie aufgebracht und entführt die LeserInnen in eigene Erinnerungen an jugendliche Sommer am Meer, mit dem Duft von Salz und Freiheit in der Nase.

Ein interessantes Element, dass schon aus „Solange du schläfst“ bekannt ist, ist der plötzliche Umschwung zum letzten Viertel des Buches hin. Dieses Überraschungsmoment passiert auch in diesem Buch genau dann, wenn die LeserInnen nicht damit rechnen.

Somit werden in „Die Tiefen deines Herzens“ so gut wie alle LeserInnenwünsche erfüllt, Liebe, Freundschaft, Spannung, Trauer und Hoffnung.

Ein sehr schönes Buch, für junge und jung gebliebene LeserInnen.