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Veröffentlicht am 08.01.2020

Das Gutshaus - Zeit des Aufbruchs

Das Gutshaus - Zeit des Aufbruchs
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Handlung:
Franziska hat endlich ihre Ruhe gefunden und langsam lassen sie die Geister der Vergangenheit los. Sie lebt wieder in ihrer alten Heimat, hat ihren geliebten Walter wiedergefunden und genießt ...

Handlung:
Franziska hat endlich ihre Ruhe gefunden und langsam lassen sie die Geister der Vergangenheit los. Sie lebt wieder in ihrer alten Heimat, hat ihren geliebten Walter wiedergefunden und genießt mit ihm die Tage. Auch bei ihrer Enkelin Jenny sieht es prächtig aus: Julchen entwickelt sich hervorragend und mit Ulli hat sie das große Glück gefunden.
Doch so glücklich die Damen privat sind, läuft es mit dem Umbau des Gutshauses nicht ganz so rund. Das neu eröffnete Restaurant besuchen nicht so viele Gäste wie gehofft und der nächste große Hammer wartet auch schon: Im Keller erwartet die Handwerker ein unerwarteter Fund, der die weiteren Arbeiten pausieren lässt. Dazu haben Jenny und Franziska immer wieder mit Geldsorgen zu kämpfen. Ob die Beiden es schaffen, das Gutshaus komplett in neuem Glanz erstrahlen zu lassen?

Meinung:
Das Cover weckt natürlich direkt Assoziationen an die ersten beiden Teile. Im Hintergrund ist wieder ein Gutshaus zu sehen, diesmal erstrahlt die Allee, die dorthin führt, in herbstlichen Farben, Laub liegt am Boden und eine Dame strebt darauf zu. Sie hat eine zielstrebige Haltung und wirkt in ihrem Auftreten, auch aufgrund der Kleidung, recht modern.
Ich würde sogar sagen, dass mir das Cover von diesem Teil am besten gefällt. Die Farben strahlen besonders und die ganze Szenerie wirkt sehr idyllisch und einladend.

Ich weiß noch wie ich nach dem Lesen des zweiten Teils dachte, dass im Grunde ein ganz gutes Ende vorliegt. Deshalb hatte ich auch längere Zeit überlegt, ob ich diesen drittel Teil wirklich lesen möchte. Am Ende kam in mir wieder dieses Gen hervor, dass ich immer wissen möchte, wie eine Reihe endet und so war ich sehr dankbar, das Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt zu bekommen. Und schnell war mir klar: dieser Teil ist der Beste der ganzen Reihe!

Die Handlung startet sofort, es gibt keine Wiederholungen von Geschehnissen. So musste ich mich zwar wieder kurz reindenken, doch damit hatte ich nur wenige Probleme. Ich glaube, durch eine erneute Schilderung der Fakten hätten sogar Längen entstehen können, weshalb ich froh bin das kein Rückblick genutzt wurde.
Ein jedes Kapitel wird aus der Sicht von unterschiedlichen Personen geschildert. So kommen nicht nur Franziska und ihre Enkelin Jenny zu Wort, die beiden Besitzerinnen des Gutshauses, sondern u.a. auch Jennys Freund Ulli oder dessen Großmutter Mine, die einiges aus ihrer Sicht erzählen. So entsteht eine bunte Mischung und bei mir kam nie Langeweile auf.

Auch diesmal spielt die Handlung wieder auf zwei Ebenen. Einmal gibt es den Zeitstrang um Franziska, Jenny und ihre Lieben, welcher 1995 spielt. Dazu geht die Autorin diesmal ein ganzes Stück in der Zeit zurück und hat eine zweite zeitliche Ebene hinzugefügt, die im Mittelalter spielt. Darüber war ich mir nicht immer sicher. Teilweise fand ich diesen unglaublich spannend und sie bildete eine nette Abwechslung zu den anderen Geschehnissen. Doch ab und an haben sich diese Abschnitte etwas gezogen und waren zu lang. Ich empfand nicht jedes Detail davon so wichtig.

Mir ist außerdem aufgefallen, dass die Protagonisten diesmal nicht so sehr in der Vergangenheit schwelgen, sondern mehr im Hier und Jetzt leben. Ein wenig habe ich diese Ausschweifungen und Rückblicke in die Vergangenheit ja schon vermisst, sie gehörten gerade zu Mine und Karl-Erich dazu und haben auch ein großes Stück ihren Charakter geformt. Hier wurde dieses Detail eben durch die mittelalterlichen Szenen verdrängt, was eine Abwechslung zu den anderen beiden Teilen bildet.

Auch diesmal hat mir die Schreibweise wieder richtig gut gefallen. Sie war eingängig, recht einfach gehalten und ermöglichte ein schnelle Lesen. Dazu gab es eine angenehme Alltagssprache der Protagonisten, vor allem die jüngere Generation bediente sich dieser, was authentisch wirkte.
Mir fiel es etwas schwer, mir das titelgebende Gutshaus mit all seinen Gebäuden vorzustellen. Das Gelände besitzt Dimensionen, die für mich schwer greifbar sind und ich denke, von manchen architektonischen Details benötigt man ein ganz genaues Bild, um sich diese ansatzweise vorzustellen. Da ich leider in diesem Gebiet nicht sonderlich bewandert bin, war es für mich sehr schwierig, ein ungefähres Bild zu erhalten.

Es gibt eine angenehme Mischung von spannenden und ruhigeren Kapitel, wodurch erst gar keine Langeweile entstehen kann. Dazu gibt es immer wieder Geheimnisse oder neue Sachverhalte, die neue Wendungen hereinbringen. Mir hat es Spaß gemacht, das Buch zu lesen und oft ließ sich die Handlung nicht vorhersehen. Immer wieder geschah etwas unerwartetes, was neuen Schwung hereingebracht hat.

Die Mehrzahl der Protagonisten ist bereits bekannt, nur sehr wenige neue Charaktere kommen hinzu. So hat es sich wie ein Wiedersehen mit alten Bekannten angefühlt und ich hatte absolut keine Probleme, diese wiederzuerkennen und ihnen ihre bekannten Charakterzüge wieder zuzuschreiben.
Im Grunde gibt es nicht wirklich Hauptcharaktere, die Grenzen haben sich komplett verschoben und die Mehrzahl der Proagonisten tritt einander gleichwertig auf.
Ab und an taucht mal ein Name auf, der sich nicht direkt zuordnen lässt. Einer der Charaktere nennt diese Person, die mir leider nicht im Gedächtnis geblieben ist oder die nicht wirklich persönlich auftritt. Das kam nicht übermäßig oft vor, ein wenig gestört hat es mich schon. Gleichzeitig wird dadurch ein dörflicher Charakter sichtbar, wo jeder jeden kennt und man alles übereinander weiß.

Die Protagonisten hatten nicht unbedingt den Tiefgang, den ich mir gewünscht hätte, doch im Grunde fand ich fast alle ziemlich sympathisch. Sie waren recht stark gezeichnet und man sieht vor allem Franziska und ihrem Mann Walther mittlerweile das Alter an. Ich finde, dies hat man an ihrem ganzen Auftreten gemerkt, was mir gefallen hat. So war eine deutliche Veränderung bei ihnen zu sehen, was sie mir viel sympathischer gemacht hat.
Manchmal hatte ich immer noch etwas das Gefühl, dass den Charakteren eine bessere Kommunikation untereinander gut getan hätte, so hätten einige Konflikte vermieden werden können. Doch gleichzeitig dachte ich daran, dass dies im realen Leben auch nicht immer so läuft und will diesen Punkt nicht negativ werten.
Ich glaube, meine heimlichen Lieblinge sind noch immer Mine und Karl-Erich. Ich finde die beiden alten Leute einfach unglaublich herrlich, sie bilden für mich das Herz des Buches und sind wahrhaftig die guten Seelen des Ortes. Mich amüsieren nicht nur ihre kleinen Kabbeleien, sondern auch ihre Zuneigung zu den anderen Protagonisten macht sie richtig liebenswert.

Fazit:
Ich bin richtig froh dem dritten Teil eine Chance gegeben zu haben. Ich hatte das Buch innerhalb von vier Tagen ausgelesen und bin nun ziemlich unglücklich, dass es keinen weiteren Teil geben wird. Auf diesem Niveau hätte es gerne weitergehen können.
Es hat fast alles gestimmt: die Protagonisten waren sympathisch und hatten ein bodenständiges Auftreten, die Schreibweise war gewohnt angenehm und leicht lesbar, die Handlung war durchweg spannend und abwechslungsreich.
Mein einziger kleiner Kritikpunkt beinhaltet den Erzählstrang im Mittelalter, über den ich mir unschlüssig bin. Wäre dieser kürzer gehalten worden, hätte er mich vielleicht vollkommen überzeugen können. So fand ich die Idee gut, die Umsetzung zu weiten Teilen auch in Ordnung, nur manchmal war es mir zu ausschweifend.

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  • Erzählstil
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.11.2019

Das Weingut - Tage des Schicksals

Das Weingut. Tage des Schicksals
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Handlung:
Schweighofen in der Pfalz, 1877
Nach all den Jahren voller Unruhe sind Irene und ihr Mann Franz endlich etwas zur Ruhe gekommen und genießen ihr privates Glück mit ihrer kleinen Familie. Doch ...

Handlung:
Schweighofen in der Pfalz, 1877
Nach all den Jahren voller Unruhe sind Irene und ihr Mann Franz endlich etwas zur Ruhe gekommen und genießen ihr privates Glück mit ihrer kleinen Familie. Doch der Alltag und die Routine greifen sehr nach dem Ehepaar, vor allem Irene fällt es schwer, stillzusitzen und nicht mehr einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen. Hinzu kommt, dass Franz häufig auf Reisen ist, um sich mit Kunden des Weingutes zu treffen. Auch Irene möchte wieder eine Aufgabe haben, für die sie kämpfen möchte. Dabei fallen ihr wieder alte Interessen und Umstände ein, die sie schon immer gestört haben, allen voran die Rechte der Arbeiterfrauen. Um sich wieder mehr diesen Missständen zu widmen nimmt Irene heimlich den Kontakt zu Josef Hartmann wieder auf, ihrem ehemaligen Geliebten. Genau dies wollte Franz immer vermeiden und es gibt wiederholt Streitereien in der Ehe. Und schließlich erfährt Franz ein Geheimnis rund um seine Herkunft, welches für ihn und Irene alles ändern könnte

Meinung:
Auf mich wirkt das Cover sehr herbstlich und dafür ist es genau passend für die Jahreszeit, in der ich das Buch lese. Es gibt ein wiederholendes Motiv mit dem Schloss und den Weinreben. Dazu wird alles in rötlich-bräunlichen gehalten, was eine gemütliche Atmosphäre verströmt. Insgesamt empfinde ich das Bild als sehr stimmig und angenehm zu betrachten.
Auch hier gibt es wieder eine starke Ähnlichkeit zu den beiden, bisher erschienen Teilen. Das macht die ganze Reihe stimmig und die drei Bücher nebeneinander sehen toll aus. Ich finde es gut, dass die Gestaltung ziemlich gleich geblieben ist und sich eigentlich fast nur die Farben etwas geändert haben oder die Szene aus einem leicht anderen Blickwinkel dargestellt wurde.

Einerseits habe ich auf den dritten Teil der Weingut Saga hingefiebert, weil ich endlich wissen wollte, wie es weitergeht und die Geschichte endet. Gleichzeitig wollte ich das Lesen auch etwas hinauszögern, weil ich nicht wollte, dass diese wunderbare Reihe endet.
Auf jeden Fall bin ich schon jetzt auf weitere Projekte von Marie Lacrosse gespannt, ihre Bücher versprechen spannende Geschichten, tolle Charaktere und perfekt recherchiertes historisches Wissen.

Vor dem Beginn der Handlung gibt es erstmal eine für mich wirklich hilfreiche Auflistung der handelnden Personen. Den zweiten Teil hatte ich immerhin vor gut einem halben Jahr gelesen und dabei entfallen doch kleine Details. Als Auffrischung empfand ich es richtig gut, mir die Namen nochmals durchzulesen und sofort sind mir wieder einige Informationen, Charaktermerkmale und wichtige Handlungsdetails eingefallen.
Danach gibt es noch einige Karten des Elsass, wo die wichtigsten Handlungsorte verortet wurden. So hat man als Leser die Möglichkeit, Wege nachzuverfolgen und man kann Entfernungen grob abschätzen. Außerdem hat es mir auch geholfen, eine ungefähre Einschätzung der Lage von Handlungsorten zu erhalten. Ich kenne mich im Elsass gar nicht aus und fand die Karten dementsprechend sehr hilfreich.

Ich fand den Start in den Roman richtig gut. Tatsächlich lag das vor allem mit an der Widmung, die einfach toll ist. Es wird viel zu schnell als selbstverständlich wahrgenommen, wie viele Rechte die Frauen sich mittlerweile erkämpft haben und wie es noch vor gut 100 Jahren aussah. Es ist richtig, dass man dies nicht so schnell vergessen darf und daher war es für mich eine der besten Widmungen, die ich bisher gelesen habe.
Nachdem mir die Schreibweise in meinem zuletzt gelesenen Buch nicht so gut gefallen hat, war sie hier eine Wohltat. Nicht zu kompliziert, nicht zu einfach und wunderbar zu lesen. Innerhalb von wenigen Seiten war ich von der Handlung gefangen und habe mich an viele Details aus den vorherigen Teilen erinnert.
In die Schreibweise eingebunden wurden einige Fachbegriffe und Beschreibungen der Weinherstellung. Nicht alles war für mich sofort verständlich, doch bei einem sorgfältigen Lesen war es auch mir meist möglich, die Zusammenhänge zu verstehen und das Erklärte nachvollziehen zu können.
Die Geschehnisse werden von einem allwissenden Erzähler geschildert, der einige Hintergrundinformationen gibt, aber auch Geheimnisse für sich behält. So wird natürlich die Spannungskurve weit oben gehalten und man konnte sich immer sicher sein, dass die weitere Handlung interessant werden wird.
Am Anfang neuer Abschnitte wurde vermerkt, an welcher Örtlichkeit, sowie an welchem Datum die folgende Handlung stattfindet. So sind die Abschnitte gebündelter, nicht zu langatmig und insgesamt wirkt die Geschichte dadurch kompakter. Weiterhin ist es möglich, der ganzen Geschichte einen zeitlichen Rahmen zu geben.

Auch gibt es einige Zeitsprünge, zwischen einigen Teilen liegen einige Jahre, die fix übersprungen waren. Das war auch wirklich notwendig, immerhin vergehen im gesamten Buch 13 Jahre, der Prolog spielt dann nochmal fünf Jahre nach dem letzten Kapitel. Zwar wurden so viele Längen vermieden, aber nicht alle. Irgendwann mitten in der Handlung, einige Probleme wurden gerade gelöst und alles erschien recht friedlich kam mir doch mal der Gedanke, was denn jetzt noch alles kommen könnte. Zu dem Moment dachte ich, dass es doch jetzt ein gutes Ende für den Roman wäre. Nachdem ich ihn aber zuende gelesen habe, war ich froh, dass die Autorin nicht eher aufgehört hat, sondern alle Erzählstränge zu einem guten Ende gebracht hat.

An ganz vielen kleinen Stellen wird auch bei diesem finalen Teil wieder deutlich, wie ausführlich und genau die Autorin recherchiert hat, um am Ende ein stimmiges und rundes Werk präsentieren zu können. Jede Aussage wurde auf den Punkt gebracht und mir kam nicht einmal der Gedanke, an irgendetwas zu zweifeln oder eine Tatsache in Frage zu stellen.
Auch durch Protagonisten und Ereignisse, die wirklich so geschehen sind, kommt viel Authentizität in den Roman. Ich konnte mir einige Situationen recht gut vorstellen und fand vieles als äußerst lebendig geschildert.

Als Setting dienen einige, bereits bekannte Orte. Allen voran natürlich die Güter der Familie Gerban, die als Haupthandlungsort dienen. Einerseits waren viele Räume richtig gut vorstellbar und stimmungsvoll, gleichzeitig fiel es mir aber auch schwer, mir die Dimensionen vorzustellen. Das Weingut erschien riesig und zusammen mit den Weinbergen war es nicht einfach, eine ungefähre Vorstellung der Größe zu erhalten.
Die Beschreibung einiger neuer Handlungsorte wurde recht kurz gehalten, was mich absolut nicht gestört hat. Der Fokus lag auch nicht darauf, sondern vermehrt auf den Rechten der Arbeiterinnen, was mir auch besser so gefallen hat.

Es traten nur wenige neue Protagonisten auf, die durchweg eine wichtige Rolle spielen oder häufiger auftreten. Die meisten tauchten aus den ersten beiden Teilen wieder auf und waren dementsprechend wie alte Bekannte für mich. Mir sind auch nach wenigen Seiten direkt wieder Details zu ihrem Charakter und Aussehen eingefallen. Ich fand es richtig gut, dass sich die Protagonisten treu geblieben sind, nicht zu sehr verändert haben und immer noch dieselben waren, wie in den ersten beiden Teilen.
Während diesen dritten Buches empfand ich viele Charaktere wieder als sympathisch und angenehm, allen voran natürlich Franz, Irene und ihre Familie. Sie sind weiterhin die herzlichen Menschen und haben auch eine interessante Entwicklung durchlebt. Beide sind natürlich reifer und erwachsener geworden, durchleben aber auch Wandlungen, entfernen sich voneinander und nähern sich wieder an. Ich muss aber gestehen, dass ich ab und an etwas die Geduld mit den beiden verloren habe. Gerade im letzten Drittel des Buches waren mir Franz, vor allem aber Irene etwas zu dickköpfig und wollten zu sehr ihren eigenen Willen.

Fazit:
Es ist komisch zu wissen, dass kein weiterer Teil der Weingut-Saga folgen wird, gleichzeitig denke ich mir aber auch, dass dieser dritte Teil der perfekte Abschluss der Reihe war. Die Geschichte wurde gewohnt stimmungsvoll geschildert, die Handlung wurde auf einem konstanten Niveau spannend gehalten und es wurde nie langweilig. Jeder Charakter war gut durchdacht und hat viel Lebendigkeit in den Roman hineingebracht. Und auch die Schreibweise mit den einbezogenen historischen Details hat mir mehr als gut gefallen.
Ich kann die Weingut-Saga jedem Leser von historischen Romanen ans Herz legen und ich bin schon auf Neuigkeiten zu dem neuen Projekt der Autorin gespannt!

Veröffentlicht am 29.09.2019

Weihnachtswünsche sind wie Schneeflocken

Weihnachtswünsche sind wie Schneeflocken
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Handlung:
Erst verliert Noelle knapp anderthalb Monate vor Weihnachten ihren Job, dann eröffnet ihre Familie ihr, dass die Bäckerei ihrer geliebten Großmutter vor dem Bankrott steht. Durch Zufall entdeckt ...

Handlung:
Erst verliert Noelle knapp anderthalb Monate vor Weihnachten ihren Job, dann eröffnet ihre Familie ihr, dass die Bäckerei ihrer geliebten Großmutter vor dem Bankrott steht. Durch Zufall entdeckt Noelle eine Stellenanzeige, in der eine Betreuerin für einen alten Mann gesucht wird. Ihr künftiger Arbeits- und Wohnort ist die prachtvolle Harrington-Villa, die Noelle zwar kennt, aber noch nie von innen gesehen hat.
Schnell gelingt es Noelle und ihrem Sohn Lucas, einen Draht zu William, dem älteren Herrn zu finden. Und auch mit dessen Enkel Alexander versteht sich das Duo sofort, Noelle verliebt sich langsam, aber sicher in den jungen Mann. Doch immer lastet die drohende Schließung der Bäckerei auf Noelle, an der auch Alexander nicht ganz unschuldig ist...

Meinung:
Das Cover ist winterlich, weihnachtlich, aber auch zurückhaltend gestaltet. Es wirkt auf den ersten Blick nicht zu kitschig, trotzdem lässt sich sofort erkennen, um was für ein Genre es sich hierbei handelt. Ich finde es schade, dass die Schriftfarbe des Titels nicht in der gleichen Farbe gehalten wurde. So geht für mich das Wort Schneeflocken etwas im Hintergrund unter, genau wie der Name der Autorin.
Auch hier gibt es wieder ein kleines, besonderes Detail. Die weißen Schneeflocken am Rand des Covers sind mit Struktur angebracht und glitzern ganz wundervoll! So wirkt das ganze Bild gleich noch hochwertiger und festlicher.

Diesen Monat hatte ich bereits ein Buch der Autorin gelesen und ich war richtig glücklich damit. Es war zwar nicht perfekt, mir hat das Lesen aber viel Freude bereitet. Bei mir ist es immer so, dass wenn mir ein Buch von einem Autor gefällt, schaue ich erstmal nach, was noch so von der Person veröffentlicht wurde. Wenn mir die Handlung dann zusagt, will ich es unbedingt haben. So war es auch hier. Freundlicherweise hat mir der Verlag dieses Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, ich habe mir aber auch schon notiert, welche Bücher von der Autorin noch so erschienen sind. Diese klingen ebenfalls recht interessant und irgendwann werde ich sie mir defitiniv zulegen.

Auch hier gibt es wieder einen sehr angenehmen Start in den Roman. Man hat wenige Seiten Zeit, um sich an Noelle, die Hauptprotagonistin zu gewöhnen, bis die Sprache direkt auf ihre Probleme gebracht wird. Die Schreibweise hat mir richtig gut gefallen, sie war einfach gehalten, war nicht zu anspruchsvoll, sodass ich flüssig und flott durch die Handlung gekommen bin.
Einige Situationen und Aussagen wurden durch eine besondere Art von Humor aufgelockert. Insgesamt haben mir die kleinen Neckerein und Späße gefallen, sie haben die Handlung teilweise aufgelockert und Schwung in den Moment hereingebracht.

Mir ist wieder aufgefallen, dass die Autorin ein Händchen dafür hat, besonders die weihnachtliche Stimmung einzufangen, auf Papier zu bringen und dies auch an den Leser zu vermitteln. Leider ist ihr dies nicht ganz so bei den Stimmungen der Protagonisten gelungen. Da wurde meist nur eine freudige oder aufgeregte Atmosphäe auf den Leser übertragen. Wenn die Personen jedoch unglücklich oder traurig waren, wurde nichts übermittelt. So fiel es mir schwer, mit ihnen mitzufühlen.

An sich wird die Handlung meist mit viel Ruhe und Details beschrieben, es wird keine Hektik verströmt und gesamt wirkt alles locker. Genau das hat mir wirklich gut gefallen, es passt zu weihnachtlichen Romanen und ich konnte mich beim Lesen entspannen. Leider wurde das Tempo auf den vielleicht letzten 50 Seiten arg angezogen und alles geschah plötzlich ganz flott und schnell. Genau hier hätte ich mir noch ein paar ruhige Kapitel mit mehr Gedanken, Gesprächen und Details gewünscht. Die Autorin hat mir einige Probleme zu schnell gelöst, mit zu wenigen Informationen dazu. Auch ein Hauptthema des Buches, der Erhalt der Bäckerei, um den Noelle kämpft, wird nicht so ausführlich abgehandelt, wie ich es mir erhofft hatte.
Der Epilog verströmte auf mich wieder genau die Stimmung, die mir die ganze Zeit gefallen hat. Es kam viel Stimmung auf und ich habe das Buch am Ende zufrieden schließen können.

An sich fand ich das Setting wirklich gut gewählt. Ein altes Herrenhaus, mit gigantischen Ausmaßen und tollen Ecken, die ich unglaublich gerne mal live sehen würde. Doch tatsächlich war mir das Haus zu riesig beschrieben. Ich konnte mir einige Details nicht so recht vorstellen, dazu zählt z.B.: eine sechs Meter hohe Decke oder Räume, deren Umfang scheinbar unvorstellbar ist. So war das Gebäude für mich auch nicht sonderlich einladend, sondern abweisend und kalt, genau so wie ich mir solche alten Gemäuer vorstelle.
Ein Lichtblick war auf jeden Fall das Haus von Noelles Eltern. Das hat mir wiederum richtig richtig gut gefallen, es wurde mit einladenden Worten beschrieben, versprühte Leben und war einfach gemütlich dargestellt. Dort kam auch der Zauber der Weihnacht anhand der Dekorationen stark zur Geltung.

Auch bei diesem Buch von Jenny Hale war meine Lieblingsfigur das Kind. Lucas hat mir mit seiner schüchternen Art, die nach und nach selbstbewusster und offener wird, richtig gut gefallen. Er wird etwas altklug dargestellt, hat eine unglaublich niedliche Art und mir gefällt seine Entwicklung. Für mich eindeutig der große Sympathieträger der Geschichte!
Noelle finde ich durchweg in Ordnung und meist auch recht sympathisch. An ihrer Figur mochte ich besonders, wie schnell sie auf Menschen zugeht und kein Blatt vor den Mund nimmt, dabei aber immer freundlich reagiert. Sie ist ein unglaublich aufrichtiger Mensch, der absolut keine bösen Hintergedanken hat. Bei Noelle haben mir leider einige Schwächen gefehlt. Sie wird durch und durch positiv dargestellt, hat keine Fehler oder Schwächen. Dadurch ist sie nicht so eingängig und nicht so lebendig, authentisch dargestellt.
Mein zweiter Lieblingscharakter ist William. Anfangs fand ich ihn zugegebenermaßen merkwürdig und seltsam, mit der Zeit ist er aufgetaut und richtig sympathisch geworden. Er hat auch eine kleine Wandlung vollzogen, Fehler eingesehen und sich für andere Menschen eingesetzt.
Von Alexander war ich wirklich begeistert. Er ist ein sympathischer Kerl, der viele gute Seiten hat, zeigt aber auch Schwächen und Fehler. Nicht jede Handlung finde ich gut, aber genau das fand ich gut. Dazu war sein einfacher, freundlicher und liebevoller Umgang mit Lucas wirklich gut, sie haben ein wunderbares Team dargestellt und die besten Seiten des jeweils anderen zum Vorschein gebracht.

Fazit:
Ein wirklich toller winterlicher Roman. Dieses Buch von Jenny Hale hat mir tatsächlich besser gefallen als „Mein Weihnachtswunsch bist du“. Ich fand die ganze Handlung runder und besser durchdacht. Dazu waren Lucas und William große Sympathieträger für mich, es hat Spaß gemacht, mehr von ihnen zu erfahren und sie sind einfach liebenswert. Auch Alexander fand ich interessant und gut gestaltet, er war endlich mal ein Mann in einem weihnachtlichen Roman, der Schwächen hat und nicht perfekt ist.
Dagegen wird leider Noelle zu positiv dargestellt, sie hatte keinen Fehler, was ich sehr schade fand. An sich hatte sie nämlich einen guten Charakter, der wirklich sympathisch war. Ein weiterer kleiner Kritikpunkt ist das überstürzte Ende, welches gerne ausführlicher hätte ausfallen können.

Veröffentlicht am 25.09.2019

Große Elbstraße 7

Große Elbstraße 7 - Das Schicksal einer Familie
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Handlung:
Hamburg, 1892
In Hamburg bricht an einem heißen Sommertag in den ärmeren Vierteln die Cholera aus. Johannes Dreyer, ein Arzt, der an den Krankenhäusern in Ungnade gefallen ist, ist sofort zur ...

Handlung:
Hamburg, 1892
In Hamburg bricht an einem heißen Sommertag in den ärmeren Vierteln die Cholera aus. Johannes Dreyer, ein Arzt, der an den Krankenhäusern in Ungnade gefallen ist, ist sofort zur Stelle und kümmert sich um die Kranken. Zufällig trifft er Viktoria zur Haiden, die von ihren Eltern nach Lübeck geschickt wurde, um dort ein Lehrerinnenseminar zu besuchen. Viktoria war dort nicht glücklich und kehrte heimlich nach Hamburg zurück. Doch lange kann sie sich nicht versteckt halten, urplötzlich begegnet sie ihrem Vater, Chefarzt am Neuen Krankenhaus Eppendorf. Er verbietet ihr nicht nur den Umgang mit Johannes Dreyer, sondern nimmt sie wieder unter seine Fittiche. Findet Viktoria einen Weg, um ein eigenständiges Leben zu führen und ihren Wünschen nachzugehen? Und wäre es standesgemäß, ein Medizinstudium anzufangen oder gar dem Verein der Erika-Schwestern beizutreten?

Meinung:
Das Cover ist nostalgisch gehalten, im Vordergrund ist eine junge Dame zu sehen, die ein kleines Arztköfferchen in der Hand hält und über die Schulter selbstbewusst den Betrachter ausschaut. Fast wirkt sie etwas herablassend und aufmüpfig, scheint eine Darstellung von Viktoria, der Hauptprotagonistin, zu sein. Im Hintergrund befindet sich ein wunderschönes Häuschen mit einem gepflegten Garten. Ich stelle mir so das Haus in der Großen Elbstraße 7 vor. Insgesamt ein rundes, stimmiges und schönes Bild. Ich empfinde das Cover als sehr ansprechend.

In letzter Zeit sehe ich viele Bücher bei Instagram, die ich danach auch unbedingt haben will. Einerseits finde ich es richtig schön, dort neues zu entdecken und oft sind auch Bücher dabei, die ich nicht so auf dem Schirm hatte. Gleichzeitig wächst dadurch aber auch meine Wunschliste ins Unendliche. Dieses Buch habe ich auf Instagram entdeckt, fand die Meinung dazu richtig gut und die Inhalthaltsangabe hat mich direkt begeistert. Dementsprechend froh war ich, das Buch als Rezensionsexemplar zu erhalten.

Ich muss ehrlich sagen, dass mir selten ein Vorwort des Autors so gut gefallen hat. Es war informativ, gibt wichtige Hinweise und hat mich zum schmunzeln gebracht. Danach hatte ich noch mehr Lust, endlich mit dem Roman zu starten. Außerdem erhält man schon einen ersten Eindruck von den umfangreichen Recherchearbeiten des Autors, dadurch konnte ich das Gelesene noch mehr würdigen.
Es gibt einen sehr gelungenen und interessanten Start, ich hatte weder Probleme mit der Schreibweise, noch mit den Protagonisten oder gar der Handlung. Im Gegenteil. Das Lesen hat richtig Spaß gemacht, es ist einiges passiert, es gab aber auch nicht zu viel Drama. Alles wirkte echt und natürlich, es scheint, als würde der Autor Alltagsgeschichten von realen Figuren erzählen.

Sehr ansprechend und angenehm empfand ich die Schreibweise. Zum Glück gibt es nicht so viele medizinische Begriffe, die meisten sind auch mir als Laien geläufig gewesen. Außerdem fand ich es richtig gut, dass es zwar Einblicke in das Medizin- und Krankenwesen gab, diese aber nicht überhand nahmen. Es wechselten sich Szenen am Krankenhaus mit häuslichen Vorgängen ab und genau dieser Wechsel hat mich vollkommen überzeugen können.

Ich empfand es als angenehm, wie ruhig viele Ereignisse beschrieben wurden. Man spürt zwar deutlich die Gefühle der Protagonisten, doch diese Unruhe überträgt sich nicht auf den Leser. So war es mir möglich, trotz der anspruchsvollen Lektüre beim Lesen auch zu entspannen und auch mal die Gedanken schweifen zu lassen.
Für mich hat das Ende, vielleicht die letzten 50 Seiten, nicht ganz zu dieser ruhigen Handlung gepasst. Da gibt es doch einiges überraschendes und für meinen Geschmack geschieht einiges zu schnell oder es werden zu wenig Worte dazu gemacht. Das fand ich richtig schade, es hat die bisher ruhige Handlung aufgerüttelt.
Ich bin mir gerade gar nicht sicher, ob es sich hier um einen Einzelband handelt oder noch eine Fortsetzung folgen wird. Ich könnte es mir auf jeden Fall durchaus vorstellen, die Geschichte endet mit einigen offenen Fragen über die ich mir schon einige Gedanken gemacht habe.
Tatsächlich fand ich den Klappentext des Romans nicht ganz passend. Die dort erwähnten Geschehnisse stimmen zwar, decken aber nur einen winzigen Teil der Handlung ab. Eigentlich geschieht so viel mehr und der Roman beherbergt viele unterschiedliche Themen, sei es der medizinische Fortschritt, die Selbstbestimmung der Frau oder der Wunsch nach mehr Freiheiten, Lohn und Rechten der Arbeiter.

Im Verlauf der Handlung einige Jahre, die Handlung setzt 1892 und endet 1899. Oft lässt sich gar nicht so leicht erkennen, in welchem Jahr die Handlung stattfindet. Nur durch die Unterteilung in drei Teile gibt es eine zeitliche Einordnung, dort wird immer genannt, in welchen Monaten und Jahren die folgende Handlung stattfindet. Ziemlich selten wird in den Abschnitten das Jahr genannt, dagegen gibt es einige Hinweise auf die Jahreszeit oder die Monate.

Als Setting dient durchweg Hamburg, besonders die Unterschiede zwischen Arm und Reich waren eindrucksvoll gegenübergestellt. Und auch die Beschreibungen dessen waren top! Ich muss sagen, dass mir vor allem die Darstellung der Gängeviertel und die Wohnungen der armen Leute richtig gut gefallen hat. Sie waren bildhaft und lebendig, zeigten mit einfachen und wenigen Worten die wahre Welt einiger Bewohner Hamburgs. Dagegen wirken die wohlhabenden Straßen und Leute wie aus einer anderen Welt und ich fand es interessant, wenn es eine Vermischung der Welten gab, z.B.: wenn der reiche Professor zur Haiden das Gängeviertel erkundet und sieht, wie die Arbeiter leben.

Sehr hilfreich empfand ich die kleine Auflistung der handelnden Personen am Ende des Romans. Dort wird auch vermerkt, wer historisch verbürgte Personen sind. Dabei fand ich es überraschend, wie wenige wirklich gelebt haben. Anhand der Beschreibungen des Autors hatte ich das Empfinden, dass viel mehr tatsächlich gelebt haben, weil sie so lebendig und authentisch auftraten. Trotzdem wird in vielen Abschnitten schnell deutlich, wie ausführlich der Autor recherchiert hat und wie viele kleine historische Details in den Roman eingebunden wurden.

Mit den Protagonisten hatte ich wenige Probleme, sie waren interessant, freundlich, lebendig und mit besonderen Zügen dargestellt. Am sympathischsten waren mir meist die einfachen Leute St. Paulis. Sie waren unglaublich bodenständig, hatten ein gutes Herz, das sie gerne versteckt haben und waren füreinander da. Einmal in die Gemeinschaft aufgenommen, haben sie ihre Leute vollkommen unterstützt und einander geholfen. Diese Einheit und tiefe Freundschaft war einfach beeindruckend und wundervoll.
Die gesamte Familie von Haiden war interessant. Gerade bei den Eltern Viktorias fiel es mir unglaublich schwer, sie einzuschätzen, eine Bindung aufzubauen oder hinter ihre Fassade zu blicken. Sie blieben für mich immer etwas steif und nur selten blitzte ein menschlicher Funke durch, dies noch mehr bei dem Vater als bei der Mutter. Ich habe über ihre Charaktere ein bisschen nachgedacht und muss am Ende ehrlich sagen, dass es mich nicht sonderlich gestört hat, dass sie etwas distanziert dargestellt wurden. So verkörpern sie die angesehene Bürgerschicht perfekt und geben ein Bild dieser Gesellschaft mit allen Tabus, aber gern gesehenen Dingen.
Bei Viktoria brauchte ich einige Zeit, um mit ihr warm zu werden. Von Anfang an habe ich ihre Stärke bewundert, trotzdem fiel es mir ziemlich schwer, einen Draht zu ihr zu finden. Sie war mir am Anfang etwas merkwürdig, sie wirkte anfangs nicht selbstbewusst genug in ihrem Auftreten, erinnerte mich eher an einen Teenager, der unbedingt seinen Willen durchsetzen will. Erst später, als Vicki entdeckt, was sie will und eine Lösung findet, ihrem Wunsch nachzugehen, hatte sie meine Sympathie.

Fazit:
Das Buch war unglaublich interessant geschrieben, hatte eine wunderbare Schreibweise und realistisch dargestellte Charaktere, die mir meist sympathisch waren und oft bodenständig aufgetreten sind. Dazu war das Setting und die Unterschieden zwischen Arm und Reich hervorragend dargestellt und haben mir am Besten an der ganzen Handlung gefallen.
Zwei kleine Kritikpunkte habe ich: ab und an hat mir eine genauere Jahresangabe gefehlt und das Ende war hektisch und zu kurz dargestellt. Ich hätte mir ein paar mehr Erklärungen gewünscht und dafür gerne einige Seiten mehr gelesen. Im Gesamten kann ich das Buch auf jeden Fall empfehlen, es wurde hervorragend recherchiert und die Handlung ist öfter mal überraschend, auf jeden Fall immer Spannend gehalten.

Veröffentlicht am 21.09.2019

Die Charité - Aufbruch und Entscheidung

Die Charité: Aufbruch und Entscheidung
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Handlung:
Berlin 1903
Für Rahel Hirsch beginnt eine aufregende, aber auch schwierige Zeit: Sie wird als erste Ärztin an der Charité angestellt. Für die junge Frau ist das eine große Ehre und sie freut ...

Handlung:
Berlin 1903
Für Rahel Hirsch beginnt eine aufregende, aber auch schwierige Zeit: Sie wird als erste Ärztin an der Charité angestellt. Für die junge Frau ist das eine große Ehre und sie freut sich auf eine spannende Zeit. Doch schon bevor Rahel die Stelle antritt ist ihr klar, dass nicht alle Kollegen, die durchweg männlich sind, sie gleichberechtigt und mit Respekt behandeln werden. Rahel beißt die Zähne zusammen und hofft, sich durch Fleiß und Wissen Anerkennung zu erarbeiten.
Ebenfalls auf dem Gelände der Charité arbeitet Barbara. Sie ist in der Wäscherei angestellt, wo harte Arbeit der Alltag ist. Dabei wird ihr immer wieder bewusst, wie wenig Rechte die Frauen haben und sie schließt sich der Frauenbewegung an.
Rahel und Barbara sind zwei unterschiedliche Frauen, doch schon nach kurzer Zeit entsteht eine Freundschaft zwischen ihnen. Sie unterstützen sich und helfen einander.
Wird sich Rahel jemals eine angesehen Stellung an der Charité erarbeiten können? Und erfüllt sich Barbaras großer Wunsch nach mehr Rechten für Arbeiterinnen und das Frauenwahlrecht? Schließlich schwebt auch eine große dunkle Wolke über Europa, die stark auf einen Krieg hindeutet...

Meinung:
Das Cover ist schlicht und in wenigen Farben gehalten. Zu sehen ist eine Dame in Arbeitskleidung, entweder eine Krankenschwester oder eine Ärztin. Beherrscht wird das Bild von der weißen Schürze, sowie den weißen Armstulpen. Als farbliche Akzente gelten hier natürlich die Schriftfarben, sowie die blauen Ärmel und die Hand, welche Schlüssel hält. Insgesamt finde ich, dass das gesamte Bild recht streng wirkt, gleichzeitig wird aber auch Achtung ausgestrahlt.

Ich habe gerade mal nachgeschaut, wann ich den ersten Teil der Charité-Reihe gelesen habe. Dies war im Juli 2018, mir kommt es schon viel länger vor. Auf jeden Fall habe ich mich riesig über diesen Teil gefreut, Ulrike Schweikert ist für mich ein Name, der interessante Geschichten und gut recherchierte Bücher bedeutet. Ich glaube, lediglich ein Buch, was ich von ihr gelesen habe, hat mir absolut nicht gefallen, die anderen konnten auf voller Linie überzeugen. Dementsprechend war ich wirklich gespannt, als ich mit dem Lesen begonnen habe.

Als ich vor dem Lesen durch das Buch geblättert habe, fiel mir auf, dass es keine Liste der handelnden Personen gibt. Ich hatte mir schon gedacht, dass mir dies Probleme bereiten könnte und es war leider auch so. Die Hauptprotagonisten waren für mich immer leicht zu erkennen und sie konnte man einfach nicht vergessen. Mir hat eine solche Auflistung vor allem bei den Ärzten gefehlt. Von ihnen tauchten allerhand Namen mit den dazu gehöigen Forschungs- und Arbeitsgebieten auf, die nicht so leicht zu merken waren.

Auch hier gibt es wieder eine wunderbare Innengestaltung der Umschlagseiten. Einmal findet man ein schwarz-weiß Bild von Gebäuden, die wahrscheinlich die Charité darstellen soll. Zum anderen gibt es einen Ausschnitt einer Karte von Berlin, in der die wichtigsten Orte hervorgehoben werden und so gibt es auch eine räumliche Einteilung für den Leser. Es ist möglich, einige Wege nachzuverfolgen und sich Distanzen teilweise vorstellen zu können.
Für wissbegierige Leser, die sich gerne über einige Details weiterinformieren wollen, gibt es am Ende eine Liste der genutzten Lektüre. Durch dieses kleine Extra zeigt sich, wie viel Recherche in dem Buch steckt.

Der Roman startet mit einem Prolog, welcher einige Jahre vor der eigentlichen Handlung stattfindet und welcher einige Ereignisse wiedergibt. Ich war überrascht und begeistert, was es für eine gelungene Überleitung zu dem Roman gibt, diese ist fließend und läutet eine neue Zeit ein.
Jedes neue Kapitel erhielt nicht nur eine Überschrift, die einen kleinen Hinweis auf die Handlung gibt oder das Kapitel präzise zusammenfasst, sondern auch die dazugehörige Jahreszahl. Somit gibt es eine zeitliche Orientierung für den Leser, die gerade bei Zeitsprüngen ganz hilfreich ist.
Insgesamt vergehen (hier habe ich den Prolog und den Epilog ausgelassen) 16 Jahre vom ersten bis zum letzten Kapitel. Es ist klar, dass nicht jedes Jahr ausführlich und bis ins kleinste Detail erzählt werden kann, das würde eindeutig den Rahmen sprengen. Somit fand ich das stilistische Mittel der Auslassung wirklich angebracht. Mir haben auch nie Erklärungen gefehlt, was in der ausgelassenen Zeit passiert ist, zu den wichtigsten Ereignissen gab es immer eine kurze Beschreibung.

Mir hat durchweg die Schreibweise wirklich gut gefallen. Sie war einfach, gemischt mit einigen Fachbegriffen, die auch Laien bekannt sind. Dazu gibt es an ausgewählten Stellen einen berlinerischen Dialekt, der natürlich gut zu dem Handlungsort, aber auch zu einigen Protagonisten gepasst hat. Bevorzugt die einfacheren Bürger der Stadt haben mit Dialekt gesprochen und erhielten so viel Lebendigkeit und Authentizität.

In den Handlungsverlauf wurden viele historische Ereignisse eingebunden, die in präzisen und passenden Worten beschrieben sind. Zu einigen Vorfällen hatte ich bereits Vorkenntnisse, anderes war mir tatsächlich neu. Doch man wurde von der Politik nicht überschwemmt, es gibt immer mal wieder ruhigere Kapitel, in denen das normale Leben der Bürger beschrieben wurde.

In vielen Kapiteln wurden medizinische Aspekte geklärt, was ich schon erwartet hatte. Leider war ich manchmal mit der Menge an Informationen überfordert und konnte einige Sachverhalte und Erklärungen nicht wirklich nachvollziehen. Zum einen fehlten mir natürlich die Kenntnisse und ich bin leider in der Biologie eine Niete. Die Abschnitte, in denen es solche Informationen gab, lasen sich für mich zäh und ich bin nie ganz dahinter gestiegen, was genau erklärt wurde. So wurde leider mein Lesefluss getrübt und ich war froh, dass diese medizinische Erläuterungen irgendwann weniger wurden.

Eine ganz wichtige Rolle nimmt die Frauenbewegung ein, in der sie um mehr Rechte und Freiheiten kämpfen. Dies war unglaublich spannend zu lesen und ich fand es wirklich toll, dass das Thema in den Roman aufgenommen wurde. Es hat gut in die ganze Handlung hereingepasst und gleichzeitig hat die Thematik den Roman nicht überschwemmt. Die Charité stand immer im Vordergrund, dahinter haben sich die restlichen Themen eingegliedert. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, dass die Frauenbewegung etwas zu kurz kommt, weil es keine ständigen Erwähnungen davon gibt oder man einige Seiten nichts zu dem Thema liest.

Als Setting dient, bis auf zwei-drei kleine Ausnahmen, durchweg Berlin. Hierbei steht natürlich die Charité im Vordergrund, sie ist der Ort, wo die meiste Handlung stattfindet. Obwohl ich schon einiges über das berühmte Krankenhaus gelesen und gesehen habe, fand ich es etwas schwierig, mir die Gebäudeanordnung vorzustellen. Einige Räume, seien es Büros, Krankenzimmer oder die privaten Zimmer der Ärzte konnte ich mir dagegen wirklich gut vorstellen, auch wenn sie nicht bis ins kleinste Detail beschrieben wurden.
Sehr lebendig und authentisch wurden die Gängeviertel dargestellt, die sofort ein Bild entstehen lassen haben und von deren Darstellung ich beeindruckt bin. Mit wenigen Worten wurde ein so klares Bild erschaffen und so makaber es klingt, fand ich viele Kapitel, die dort gespielt haben, am besten. Die ganze Stimmung der Bewohner, aber auch der ärmlichen Behausungen wurde so fassbar beschrieben, dass ich mich selbst beim Lesen nicht gut gefühlt habe.

Wie immer wird sich mein letzter Punkt um die Protagonisten drehen. Im Grunde gibt es eine recht überschaubare Anzahl an Hauptcharakteren, diese beschränken sich eigentlich auf recht wenige, die mir auch stets im Gedächtnis geblieben sind. Dazu kamen noch einige Nebenprotagonisten, mit denen ich ein paar mehr Probleme hatte. Dazu zählen eigentlich fast nur die Ärzte, die irgendwann in der Handlung aufgetreten sind oder von denen es ab und an eine Erwähnung gab. All die Namen, mit den Fachbezeichnungen konnte ich mir partout nicht merken, das waren für mich wirklich zu viele.
Die Nebencharaktere, seien es die Verwandten oder Freunde von Rahel und Barbara waren ziemlich herzlich und lebendig gezeichnet. Mit ihnen hatte ich keine Probleme und ich fand es interessant, wie unterschiedlich die ganzen Charaktere waren und welchen Interessen sie nachgingen. So wurde ein breites Bild an verschiedenen Persönlichkeiten geboten.
Stets im Vordergrund stehen Barbara und Rahel. Beides sind emanzipierte junge Frauen, die für ihre Anerkennung kämpfen, wenn auch etwas unterschiedlicherer Art. Rahel möchte von den durchweg männlichen Kollegen anerkannt werden, Barabara möchte mehr Freiheiten und Rechte für alle Frauen.
Beide waren mir nach kurzer Zeit sympathisch und fand es toll, wie unterschiedlich die Charaktere dargestellt wurden. Während Rahel zum Beispiel zurückhaltend dargestellt wurde, ist Barbara das genaue Gegenteil. So ergänzen sich die beiden Frauen vollkommen und ich fand es schön, dass sie sich angefreundet haben und in der anderen eine aufrichtige Freundin gefunden haben. Leider fand ich die Freundschaft manchmal nicht wirklich herzlich dargestellt, dann schienen sie eher steif und distanziert miteinander umzugehen.

Fazit:
Zwar konnte ich von dem Buch nicht so viel am Stück lesen, weil ich immer wieder Zeit brauchte, um alles zu verarbeiten und darüber nachzudenken, doch am Ende habe ich das Gefühl, ein ganzes Stück schlauer geworden zu sein. Mir hat die Geschichte richtig gut gefallen, ich fand es unglaublich, wie viele historische Aspekte eingebunden wurden und das diese schnell einprägsam waren.
Zwei kleine Kritikpunkte muss ich leider anbringen. Zum einen hat mir ein Personenverzeichnis gefehlt, was aber das kleinere Übel ist. Ich hatte ab und zu arge Probleme beim Lesen, wenn medizinische Sachverhalte und Forschungsergebnisse dargestellt wurden. Vielleicht habe ich auch nur Wissenslücken und eigemtlich sind diese Dinge leicht nachvollziehbar, mir haben sie etwas meine Lesefreude getrübt.