Profilbild von ErikaOnTour

ErikaOnTour

Lesejury Profi
offline

ErikaOnTour ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit ErikaOnTour über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2016

Großartig

Die Bücherdiebin
0

Der Tod erzählt uns eine Geschichte – seine Geschichte. Einfühlsam und fürsorglich erledigt er seine Arbeit und ist dabei so belastet und geschlagen wie es kein Mensch ertragen könnte. Er sucht sich Ablenkungen, ...

Der Tod erzählt uns eine Geschichte – seine Geschichte. Einfühlsam und fürsorglich erledigt er seine Arbeit und ist dabei so belastet und geschlagen wie es kein Mensch ertragen könnte. Er sucht sich Ablenkungen, lässt sie aber nur gelegentlich zu. Zu ernst nimmt er seine Arbeit zu gewissenhaft erledigt er das Einsammeln und Forttragen von sterbenden Seelen.

Doch Liesel und ihre eigene Geschichte rührt sein Herz. Ein Herz, dass so groß und fühlend schlägt wie das eines Menschen und das doch auf keinen Fall mit einem solchen zu vergleichen ist.

Vor dem Hintergrund der Kriegswende wird Liesel erwachsen, sie kommt mit Gut und Böse in Kontakt mit Liebe und Trauer mit Verrat, Gewalt und Hilflosigkeit und letzten Endes mit Büchern.

Bücher und vielmehr Worte sollen eine tragende Rolle in Liesels ausgehenden Kindertagen spielen und sie vor dem völligen Zerbrechen an den schrecklichen Ereignissen ihres jungen Lebens retten.

Ein Buch über die Zartheit von Gefühlen, von der Angst des Todes vor der nächsten geraubten Seele, von der Sinnlosigkeit von Kriegen und Zerstörung – vor allem aber ein Buch über das Leben.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Bunt und farbenfroh

Naschmarkt
0

Dotti ist Literaturredakteurin einer Wiener Zeitung. Sie liebt ihre Arbeit – und ihr Leben. Sie ist zufrieden in ihrer Wohnung, gemeinsam mit ihrer Katze. Nur ihr Umfeld meint, dass Dotti nicht ganz in ...

Dotti ist Literaturredakteurin einer Wiener Zeitung. Sie liebt ihre Arbeit – und ihr Leben. Sie ist zufrieden in ihrer Wohnung, gemeinsam mit ihrer Katze. Nur ihr Umfeld meint, dass Dotti nicht ganz in Ordnung ist, so wie sie eben ist. Eine Frau allein ist eben nur die Hälfte. Es braucht einen Mann zum Glücklich sein.

Der Meinung ist auch Dottis neue Chefin, die sie kurzerhand dazu verdonnert über eine aufstrebende Internetdatingagentur in ihrer Rubrik zu schreiben. Ihre bissige Kolumne schafft es aufgrund widriger Umstände unkorrigiert in die Zeitung und polarisiert sofort in ganz Österreich.

Dotti soll während 8 Wochen einen Blog führen und dort weiter ihre Erfahrungen auf der Internetplattform darstellen. Auch der Blog wird innerhalb kurzer Zeit zum Menschenmagneten. Doch Dotti bleibt weiterhin standhaft – Männer?! Nein, danke!

Claudia Toman schreibt unter dem Pseudonym „Anna Koschka“ einen faszinierend scharfzüngigen Roman über gesellschaftliche Zwänge, denen wir, zumeist unbewußt, gesellschaftlich unterliegen und denen sich viele von uns auch beugen.

Ihre Protagonistin Dotti Wilcek gerät dabei bunt, realistisch und ungemein liebenswert. Sie zeigt den LeserInnen, die täglichen Abgründe in die sie blickt, sie tritt in Fettnäpfchen, sobald sie sich anbieten und trotzdem bleibt sie eine bewundernswerte Frau, die ihr Leben gut meistert.

Mit vielen Anekdoten, zumeist aus dem Kontext der Literatur-Community bringt Anna Koschka die LeserInnen zum Schmunzeln und mitunter auch zum lauten Auflachen.

Vor der Kulisse des modernen Wiens, werden Dotti und ihre WegbegleiterInnen lebendig, und erleben Glück und Leid, Erfolg und Schmach und machen den LeserInnen viel Lust auf einen eigenen Besuch der Hauptstadt Österreichs.

Naschmarkt sorgt für einige unterhaltsame Stunden ist dabei aber nie oberflächlich oder gar trivial und ergibt nicht gesellschaftlichen Vorgaben sondern bricht eine Lanze für die Vielfältigkeit unseres Daseins.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Die Liebe meiner Mutter

Als der Regen kam
0

Mauro besucht seine Mutter, das letzte Mal war er vor zwei Jahren bei ihr. Seitdem hat sich ihr gesundheitlicher Zustand dramatisch verändert. Sie ist stark dement und erkennt den eigenen Sohn nicht. Mauro ...

Mauro besucht seine Mutter, das letzte Mal war er vor zwei Jahren bei ihr. Seitdem hat sich ihr gesundheitlicher Zustand dramatisch verändert. Sie ist stark dement und erkennt den eigenen Sohn nicht. Mauro nimmt sie mit in die Stadt, in der sie noch bis vor wenigen Monaten selbstständig eine Wohnung bewohnt hat. Helen ist völlig apathisch bricht jedoch im Angesicht der Vorbereitungen für das Jugendfest für einen kurzen Moment aus ihrer Lethargie aus.

Mauro ist von ihrem Verhalten überrascht und sich beinahe sicher, dass Helen Dinge erlebt hat, von denen er keine Ahnung hat. Er bringt Helen in ihr Heim zurück und beginnt in ihrer alten Wohnung seine Suche nach Hinweisen und – der Wahrheit.

„Als der Regen kam“ besticht durch eine intelligente Geschichte, die wortgewandt und imposant daher kommt, dabei aber ganz sanfte Töne anschlägt und den LeserInnen das Grauen des Verrats zwar zeigt aber sie nicht daran verzweifeln lässt.

Getragen von zwei starken Protagonisten entführt uns die Geschichte in die Vergangenheit, schenkt uns einen Blick in die Zukunft und ermöglicht einen Einblick in die völlig fremde Welt in der Helen lebt.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Zum Grundeinkommen

Die Befreiung der Schweiz
0

Christian Müller und Daniel Straub widmen sich in ihrem Buch der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Dabei nähern sie sich dem Konzept über mehrere Kapitel an und lockern die Sachinformationen durch ...

Christian Müller und Daniel Straub widmen sich in ihrem Buch der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Dabei nähern sie sich dem Konzept über mehrere Kapitel an und lockern die Sachinformationen durch ExpertInneninterviews auf.

So einfach sich die Idee auch anhört so komplex wäre dennoch die Umsetzung des Modells. Wenn jeder Bürger und jede Bürgerin der Schweiz ein Grundkommen ausbezahlt bekommt, fällt ein Gutteil des derzeit äußerst undurchsichtigen Verwaltungsapparates weg, dennoch müssten weiterhin verschiedene zusätzliche Sozialleistungen für die Bevölkerung aufrechterhalten werden.

Außerdem halten die Autoren es für sinnvoll, das Grundeinkommen in Etappen einzuführen um dadurch eine großflächige Verschiebung auf dem Arbeitsmarkt zu vermeiden und auch um der Bevölkerung die Zeit zu geben, sich an das Modell zu gewöhnen.

Die Autoren vertreten in ihrem Buch eine durchaus positive Sicht des Modells, lassen aber auch skeptische oder ablehnende Meinungen von FachexpertInnen zu, ohne deren Argumentationen grundsätzlich ablehnend zu begegnen.

Das Modell und dessen mögliche Umsetzung wird diskutiert, es bleiben zwar Fragen vor allem was die Umsetzung betrifft offen, aber das Konzept ist ausführlich genug dargestellt, dass es eine konstruktive Diskussion ermöglicht, aber nicht einengend wirkt und mit Dogmen zur Umsetzung kreative Verbesserungen oder weiterführende Ideen abstoppen würde.

Ein absolut empfehlenswertes Werk zum Einstieg in alternative Konzepte zur Gestaltung des menschlichen Zusammenlebens.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Nagasaki

Damals in Nagasaki
0

Etsuko hat Japan verlassen. Gemeinsam mit ihrer Tochter Keiko baut sie sich in England ein neues Leben auf. Sie heiratet und hat noch eine Tochter. Niki. Nach Keikos’ Tod besucht Niki die Mutter und sie ...

Etsuko hat Japan verlassen. Gemeinsam mit ihrer Tochter Keiko baut sie sich in England ein neues Leben auf. Sie heiratet und hat noch eine Tochter. Niki. Nach Keikos’ Tod besucht Niki die Mutter und sie beginnen Gespräche zu führen. Gespräche über ihre gemeinsamen Erinnerungen, über Keiko, über die Kindheit der Mädchen.

Immer wieder taucht Etsuko in ihre Vergangenheit ab, die Zeit als sie mit Keiko schwanger war. Sie erinnert sich an eine Frau, die für einen Sommer ganz in ihrer Nähe wohnte und mit der sie eine seltsame Freundschaft verband.

Etsuko erlebt die traumatische Stille in der sich die Menschen nach dem Krieg befanden erneut und muss erkennen, dass sie auch jetzt nach dem Tod der Tochter in einer unheilvollen Stille gefangen scheint.

Ishiguro erzählt das Schicksal einer Frau mit einfachen und doch beklemmenden Worten, er lässt uns tief in die geschundene japanische Volksseele nach dem verlorenen Krieg blicken und zeigt, wie schmerzhaft, das Aufbrechen einer in sich abgeschlossenen Kultur durch eine gänzlich andere Kultur sein kann. Dabei bedient sich der Autor keiner Wertungen für oder gegen die eine oder andere Kultur, er zählt vielmehr die Unterschiedlichkeiten auf und betont das Nicht-Verstehen der jeweils anderen Seite.

Ein Buch das sanft berührt und es vermag das Gefühl der Leere nach einem großen Verlust spürbar zu machen.