Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2019

"Ein ganz klein wenig Süßes kann viel Bitteres verschwinden machen." (Francesco Petrarca)

Der Geschmack unseres Lebens
0

Die alleinerziehende Ella Donati hat schon seit ihrem 5. Lebensjahr schwer an dem geheimnisvollen Tod ihrer Mutter zu knabbern, trotzdem kümmert sie sich liebevoll um ihren schwerkranken Vater, während ...

Die alleinerziehende Ella Donati hat schon seit ihrem 5. Lebensjahr schwer an dem geheimnisvollen Tod ihrer Mutter zu knabbern, trotzdem kümmert sie sich liebevoll um ihren schwerkranken Vater, während sie ihr eigenes Leben hinten anstellt. Als die seit Jahrzehnten in Familienhand geführte Haselnussplantage nach dem Tod des Vaters zwangsversteigert werden muss und sie dadurch ihr Zuhause verliert, bricht Ellas Herz endgültig entzwei. Doch für ihre Kinder will sie stark sein und eröffnet eine kleine Chocolaterie, wo sie mit Hilfe der alten Rezepte ihrer Mutter und vielen eigenen Ideen für wundervolle Köstlichkeiten ihren Kunden deren Sinne und Gaumen verführt. Ihrer Mutter zu Ehren hat sie jedes Jahr eine neue Praline entwickelt, so finden sich mittlerweile 32 Geschmacksrichtungen im Sortiment. Als Fremde sowohl die Haselnussplantage als auch ihr altes Elternhaus erwerben und sich dort einrichten, aber auch ihr Bruder Danilo vom Militär zurückkehrt, kommt die Vergangenheit wieder an die Oberfläche und in Ellas Leben so einige Aufregung…
Julia Fischer bietet dem Leser mit ihrem neuen Roman „Der Geschmack unseres Lebens“ nicht nur eine zauberhafte Reise ins piemontesische Alba an und verwöhnt ihn mit dem Duft der italienischen Landschaft sowie mit sinnlichen Gaumenfreuden, sondern teilt mit ihm auch eine tiefgründige Geschichte, die von vielen persönlichen und emotionalen Momenten aus dem Leben der Autorin durchsetzt ist. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll, farbenfroh und vor allem in vieler Hinsicht poetisch, der Leser wird von den Worten regelrecht hypnotisiert, findet sich gedanklich im zauberhaften Italien wieder und begegnet mit Ella einer Frau, die allein mit ihrem Wesen das Herz sofort erobert. Unterschiedliche Perspektiven, alte Briefe und eingeschobene Rückblenden über die Vergangenheit entblättern nach und nach die unterschiedlichsten Geheimnisse. Gleich einem wunderbaren Kinofilm laufen vor dem inneren Auge bei den Landschaftsbeschreibungen sowie beim Eselrennen oder beim Baden der Neun Szenen ab, die sich in die Netzhaut brennen und sich dort noch nachhaltig spiegeln, wenn das Buch bereits beendet ist. Die Autorin schildert das Leben in all seinen Facetten, denn es besteht nicht nur aus Schokolade und süffigem Rotwein, sondern zeigt auch seine hässliche Fratze in Form von Verlust, Krankheit, Tod oder Neid.
Die Charaktere werden liebevoll mit individuellen Ecken und Kanten detailreich präsentiert, so dass sie wie aus dem Leben gegriffen wirken, Glaubwürdigkeit und Authentizität besitzen und sich so schnell im Herz des Lesers einnisten. Ella ist eine Frau, die in ihrem Leben so manch bittere Pille und schweren Schicksalsschlag durchmachen musste. Sie ist eine starke und impulsive Frau, die anpacken kann und sich nicht unterkriegen lässt. Sie hat ein großes Herz, vergisst dabei aber oftmals sich selbst. Aber sie hat auch eine verletzliche Seite, die sie vor anderen verborgen hält. Danilo ist durch seine Militäreinsätze traumatisiert. Zudem hat er jahrelang Dinge vor Ella verborgen, um sie zu schützen. Michele ist ein herzlicher, zuversichtlicher und in sich ruhender Mann, der sich seinen Traum erfüllt hat und sein Leben genießt. Mahesh ist Ella ein enger Freund und sorgt mit seinem Liebesleben für einige Aufregung. Pippa ist eine Karrierefrau, die zu spät erkennt, wie sehr sie sich von ihrem Ehemann entfernt hat. Salvatore ist Ellas väterlicher Freund, der mit seiner Lebenserfahrung und seiner positiven Art das Herz des Lesers im Sturm erobert. Aber auch Sophia, Andrea und die Neun sind zauberhaft gezeichnet und ihre Auftritte in dieser gefühlvollen Geschichte bleiben unvergessen.
„Der Geschmack unseres Lebens“ enthält eine Geschichte, die der Leser so schnell nicht vergisst. Sie spricht nicht nur das Herz an, sondern lässt den Leser auch indirekt am persönlichen Leben der Autorin teilhaben, während man eine gedankliche Reise ins herrliche Italien unternimmt, um sich dort von undenkbaren Köstlichkeiten die Sinne vernebeln zu lassen. Achtung: nicht schlingen, sondern jede Sekunde genießen! Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 29.09.2019

Jetzt schlägt Silvies Stunde der Wahrheit

Die Schwestern vom Ku'damm: Wunderbare Zeiten
0

1952 Berlin. Deutschlands Wirtschaftswunder beschert dem Kaufhaus der Familie Thalheim steigende Geschäftszahlen. Es wird von der Bevölkerung gut besucht, das Sortiment wird ständig erweitert. Grund genug ...

1952 Berlin. Deutschlands Wirtschaftswunder beschert dem Kaufhaus der Familie Thalheim steigende Geschäftszahlen. Es wird von der Bevölkerung gut besucht, das Sortiment wird ständig erweitert. Grund genug für Rike, ihre Prioritäten neu zu setzen und sich etwas mehr auf ihre eigene Familie zu konzentrieren. Schwester Silvie liebt ihre Stelle als Rundfunkredakteurin beim RIAS und hat mit einem eigenen Sendungskonzept Erfolg. Das Familienkaufhaus spielt bei ihr keine große Rolle. Als ihr Zwillingsbruder Oskar nach 7 Jahren aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückkehrt, soll er dem Wunsch des Vaters Friedrich entsprechend, in die Leitung des Kaufhauses einzusteigen, obwohl Rike all ihre Kraft und auch ihr Geld in den Wiederaufbau gesteckt hat. Oskar hat mit der Arbeit nicht viel am Hut, eher ist er den nächtlichen Vergnügungen und dem Geldrauswerfen zugetan, hat er doch Nachholbedarf nach den zehrenden Kriegsentbehrungen und mit all seinen Dämonen im Kopf. Eigentlich sollte Silvie Rike beistehen, doch Oskar ist sie durch die Geburt mehr verbunden, so dass sie sich nicht einmischen möchte. Als das Kaufhaus durch Oskars Eskapaden in eine Schieflage gerät, ist es ausgerechnet Silvie, die sich der Herausforderung stellt und sich für die Familie und das Kaufhaus einsetzt…
Brigitte Riebe hat mit „Wunderbare Zeiten“ die Fortsetzung ihrer Ku’damm-Trilogie um die 3 Thalheim-Schwestern vorgelegt und wieder einmal einen Pageturner zum Niederknien hingelegt. Der Schreibstil ist flüssig-leicht, atmosphärisch-dicht, bildhaft und gefühlvoll, der Leser wird direkt in die Handlung hineingeworfen, darf sich erneut als unsichtbarer Gast unter die Familie Thalheim mischen, um deren Geschicke hautnah mitzuerleben und sich von den unterschiedlichsten Alltagsdramen fesseln lassen. Die Autorin hat wieder einmal exzellent recherchiert und den historischen Hintergrund mit ihrer Geschichte verwoben, so dass der Leser sich bei der Lektüre zeitversetzt wähnt in die Zeit des deutschen Wirtschaftswunders, der politischen Lage, der Teilung Deutschlands und die Wiederaufbauphase von Berlin, während in seinem Kopf regelrecht ein Film abläuft und man die alten Songs von Elvis, Bill Ramsey und Peter Kraus im Kopf hat. Die Hauptrolle des Romans steht diesmal der mittleren Schwester Silvie zu, die keinerlei Ambitionen hat in Bezug auf das Kaufhaus. Riebe lässt die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb der Familie wunderbar lebendig werden und zeigt den Zusammenhalt dieses Konstrukts auf, wenn es hart auf hart kommt. Auch der Rolle der Frau zum damaligen Zeitpunkt lässt sie eine Entwicklung zukommen, Silvie verkörpert hier den Typ der selbstbewussten und modernen Frau mit eigenem Beruf und selbständigen Entscheidungen.
Die Charaktere wurden nicht nur individuell ausgestaltet, sondern auch mit viel Leben versehen. Sie wirken durchweg glaubwürdig und realitätsnah, wodurch sie sich in das Herz des Lesers stehlen, ihn in ihre Mitte nehmen und ihn an ihrem Leben teilhaben lassen, wobei er auch die gesamte emotionale Bandbreite miterlebt, durch die Protagonisten mitmachen. Silvie ist eine selbstbewusste und starke Frau, die auch mal schwach wird, sich aber immer wieder auf die Beine kämpft und für die Dinge einsteht, die ihr wichtig sind. Sie ist ein Freigeist, versprüht eine Lebenslust und einen Optimismus, der den Leser einfach für sie einnehmen muss. Oskar hat die Kriegsgefangenschaft überlebt und will nun nicht nur alles nachholen, was er verpasst hat, sondern kämpft auch gegen die hässlichen Bilder in seinem Kopf an, die ihm vom Krieg und den Erlebnissen geblieben sind. Rike ist eine Kämpferin und eine gute Geschäftsfrau, doch ihre Prioritäten verschieben sich aufgrund ihrer Ehe. Miriam ist Jüdin und eine enge Freundin der Thalheim-Schwestern. Sie ist ein kreativer Kopf und zaubert die schönsten Kleider. Florentine ist die jüngste Thalheim, die so langsam erwachsen wird und ihre Grenzen austestet. Aber auch Wanja oder Vater Friedrich spielen in diesem Buch eine Rolle, die nicht zu unterschätzen ist.
„Wunderbare Zeiten“ ist wieder einmal ein Highlight im Kreise der Familie Thalheim. Brigitte Riebe bringt ihre Leser/Innen wieder nächtelang um den Schlaf, weil man sich nicht von den ans Herz gewachsenen Protagonisten trennen möchte. Mit viel Liebe zum Detail bekommt man nicht nur eine wunderbare und gefühlvolle Handlung präsentiert, sondern darf auch eine Zeitreise in die Berliner Nachkriegszeit und den Wiederaufbau antreten. Wieder einmal gilt – nicht nur gekonnt, sondern geradezu grandios erzählt. Ein absoluter Lesegenuss - Chapeau!

Veröffentlicht am 28.09.2019

Nichts ist, wie es scheint

Hinter den Spiegeln - Das Wiener Vermächtnis
0

1892 Wien. Aufgrund eines tragischen Reitunfalls lag Komtess Luise, die Tochter des Grafen von Waldenberg, im Koma. Als sie nun erwacht, kann sie sich weder an den Unfall erinnern noch an ihre Familie, ...

1892 Wien. Aufgrund eines tragischen Reitunfalls lag Komtess Luise, die Tochter des Grafen von Waldenberg, im Koma. Als sie nun erwacht, kann sie sich weder an den Unfall erinnern noch an ihre Familie, Freunde, ihren Verlobten oder ihr Zuhause. Selbst sie ist sich fremd. Um langsam wieder etwas Normalität in ihr Leben zu bringen und ihre Unsicherheit vor ihrer eigenen Familie zu verbergen, erhält sie Unterstützung durch Zofe Dana und den Haushofmeister Milan. Während Luise alles neu kennenlernen und sich hineinfinden muss, stößt sie sich an den gesellschaftlichen Hierarchien innerhalb des elterlichen Palastes ebenso wie an dem Standesdünkel zwischen den Adeligen und den Bürgerlichen. Als sie Bekanntschaft mit dem Hofzuckerbäcker Stephan Bruckner macht, der schon lange heimlich in Luise verliebt ist, eröffnet dieser ihr mit seiner Familie und seiner Bäckerei eine Welt der Geborgenheit, sinnlicher Düfte und mit Liebe gemachter köstlicher Leckereien, die Luise wieder an eine ehrliche und normale Welt glauben lassen. Aber kann sie so einfach die Standesunterschiede übergehen und auch ihre Verlobung zu Fürst Rudolf von Thernitz ignorieren?
Ulrike Schweikert hat mit „Hinter den Spiegeln“ einen faszinierenden und packenden historischen Roman vorgelegt. Der Erzählstil ist flüssig, atmosphärisch-dicht und sehr bildgewaltig, der Leser wird schon mit dem Prolog in die Kaiserzeit Wiens transportiert. Mit einem eingefügten Zeitsprung von 24 Jahren reist man mit Luise in deren Vergangenheit, wo der Leser aus deren Sicht ihr Schicksal kennenlernen und dieses mit ihr teilen darf. Tagebucheinträge stützen wunderbar den Eindruck von Erinnerungen und lassen die Geschichte sehr realistisch wirken, da der Leser Luisa so auch von einer anderen Seite kennenlernt. Ebenso versteht es die Autorin sehr geschickt, die gesellschaftlichen Unterschiede und die Standesdünkel in ihrer Geschichte zu verweben sowie den historischen Hintergrund mit einzuweben. Die familiären Beziehungen im Hause Waldenberg sind ebenfalls sehr aufschlussreich wie kompliziert. Nicht nur die Grafenfamilie, sondern vor allem die eingenistete Verwandtschaft scheint Geheimnisse zu haben und alles zu versuchen, diese unter dem Teppich zu halten. Diese ruft mit ihren Intrigen so einige Spannung hervor. Der Titel ist also regelrecht Programm, denn man sieht im Spiegel meist nur, was man sehen will. Auch die Stadt Wien kommt in der Handlung nicht zu kurz, die Beschreibungen sind wunderbar bildhaft und laden während der Lektüre auf ein schönes Kopfkino ein.
Die Charaktere sind sehr differenziert ausgearbeitet und besitzen individuelle Ecken und Kanten, die sie glaubwürdig und sehr lebendig wirken lassen. Luisa ist eine junge Frau, die in eine adelige Familie hineingeboren wurde und deren Verhaltensformen angenommen hat. So ist sie zu Beginn hochnäsig, schaut auf die einfachen Leute und Dienstboten hinab, doch nach ihrem Unfall entwickelt sie sich zu einer liebenswerten und kritischen Frau, die althergebrachte Dinge in Frage stellt und sich den Konventionen nicht mehr beugen will. Stephan Bruckner liebt seinen Beruf als Zuckerbäcker und so schmecken auch seine Kreationen. Er kommt aus einer liebevollen Familie, in der sich alle sehr zugetan sind. Philipp von Dalbach hat sich mit seiner Frau Irma und den Kindern Max und Gabriele unter dem Dach der Waldenbergs eingenistet. Mit Intrigen versuchen sie ein größeres Stück vom Kuchen zu erhalten. Aber auch die Waldbergs selbst sowie Rudolf von Thernitz sorgen für einiges an Spannung in der abwechslungsreichen Handlung.
„Hinter den Spiegeln“ ist ein fesselnder und bildgewaltiger Roman vor der historischen Kulisse der österreichischen Monarchie in Wien. Meisterlich erzählte Geheimnisse, Intrigen und gesellschaftliche Barrieren bilden eine spannende Handlung, die den Leser bis zum Schluss in Atem hält. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 28.09.2019

Verhängnisvolle Geburtstagsparty

Die Schwestern von Mitford Manor – Gefährliches Spiel
0

1925 England. Der 18. Geburtstag von Pamela Mitford, der zweitältesten der 6 Mitford-Töchter von Lord und Lady Redesdale, steht bevor und natürlich ist eine Geburtstagsparty geplant, deren Gäste vor allem ...

1925 England. Der 18. Geburtstag von Pamela Mitford, der zweitältesten der 6 Mitford-Töchter von Lord und Lady Redesdale, steht bevor und natürlich ist eine Geburtstagsparty geplant, deren Gäste vor allem aus dem wohlhabenden und aristokratischen Freundeskreis von Pams älterer Schwester Nancy bestehen. Zu diesem Anlass findet auch eine Schnitzeljagd statt, die von den dafür abgestellten Anstandsdamen, Louisa Canon und Dulcie Long, begleitet wird. Doch der Ausflug endet abrupt mit dem Tod des Gastes Adrian Curtis. Da es einige Verdachtsmomente gegen Dulcie gibt, wird diese verhaftet. Aber Louisa zweifelt an deren Schuld, ist sie doch schon lange mit Dulcie befreundet. Deshalb versucht Louisa mit Hilfe ihres Freundes, dem Polizisten Guy, den wahren Mörder zu finden. Ob es ihr gelingen wird?
Jessica Fellowes hat mit „Die Schwestern von Mitford Manor-Gefährliches Spiel“ den zweiten Band ihrer Mitford-Serie vorgelegt, der dem Vorgänger an Spannung und Unterhaltung in nichts nachsteht. Der Erzählstil ist flüssig-leicht, fesselnd und bildhaft, der Leser findet sich mit den ersten Zeilen zeitversetzt zu Beginn des letzten Jahrhunderts auf dem Anwesen Mitford Manor wieder, wo er sich innerhalb der adligen Familie niederlässt, die Aktivitäten zu Pamelas Geburtstag hautnah mitverfolgt und dabei auf viele alte Bekannte aus dem ersten Teil trifft. Die Autorin besitzt ein geschicktes Händchen dafür, Realität mit Fiktion sehr gekonnt miteinander zu verknüpfen und ihre Geschichten so spannend und glaubwürdig an den Leser zu bringen. Das Schöne an dieser Reihe ist, dass hier dem Kindermädchen der Mitford-Schwestern, Louisa eine zentrale Rolle zukommt, die ihre Mädchen vor allem beschützt und sich um die Aufklärung von Unstimmigkeiten kümmert. Die Beschreibung der Örtlichkeiten ist farbenfroh gestaltet und lassen den Leser in das alte England mit all seinen gesellschaftlichen Standesdünkeln und Eigenheiten eintauchen, aber auch ein Ausflug in die Unterwelt sowie eine lebendig beschriebene Séance macht dieses Buch zu einem Schmankerl.
Den Charakteren mit ihren individuellen Ecken und Kanten wurde regelrecht Leben eingehaucht. Sie wirken realistisch und glaubwürdig, so dass es dem Leser nicht schwer fällt, sich unter sie zu mischen, mit ihnen zu fühlen und sich vor allem auch mit auf die Suche zu machen, um den Täter zu finden und einige Geheimnisse aufzudecken. Louisa ist eine patente Frau mit viel Loyalität für ihren Arbeitgeber, aber auch für ihre Freunde. Sie ist Nancy Mitford eine enge Vertraute und sowohl mit einer gesunden Neugier als auch mit Misstrauen gesegnet. Polizist Guy ist ein enger Freund Louisas und teilt oftmals ihre Ansichten. Er besitzt Durchsetzungsvermögen und eine gute Spürnase. Trotzdem geraten er und Louisa in so manch brenzlige Situation. Alice Diamond ist eine zwielichtige Person, die in illustren Kreisen verkehrt. Aber auch Nancy, Pamela sowie Lord und Lady Redesdale machen mit ihren Auftritten die Szenerie lebendig und unterhaltsam.
„Die Schwestern von Mitford Manor-Gefährliches Spiel“ ist ein historischer Roman mit spannenden Krimielementen, der von der ersten Seite an zu fesseln weiß und ein schönes Kopfkino beschert. Absolute Leseempfehlung, das Warten auf Teil 3 beginnt!

Veröffentlicht am 26.09.2019

Von der Stärke, dem Leben die Stirn zu bieten

Weil du mich hältst
0

1859 New York. Sophie Neumann lebt zwar selbst auf der Straße, kümmert sich aber liebevoll um die beiden Waisenkinder Nicholas und Olivia. Als ein Bandenkrieg ausbricht und Sophie einen Mord miterleben ...

1859 New York. Sophie Neumann lebt zwar selbst auf der Straße, kümmert sich aber liebevoll um die beiden Waisenkinder Nicholas und Olivia. Als ein Bandenkrieg ausbricht und Sophie einen Mord miterleben muss, schnappt sie sich Oliva und Nicholas und macht sich mit ihnen auf einen Waisenzug Richtung Westen nach Mayfield in der Hoffnung, dort für sie alle ein neues Zuhause in einer Pflegefamilie zu finden. Doch dann werden sie voneinander getrennt in verschiedenen Familien untergebracht. Sophie setzt alles daran, dass Olivia und Nicholas wieder bei ihr sein dürfen, obwohl das für sie weiterhin eine große Verantwortung bedeutet. Ob ihr das gelingen wird?
Jody Hedlund hat mit „Weil du mich hältst“ einen wunderbar gefühlvollen Roman vor historischer Kulisse vorgelegt, der das Ende einer Trilogie beschließt. Auch wenn man die Vorgängerbände nicht kennt, kann man der Geschichte ohne weiters folgen, denn die wichtigsten Begebenheiten und Zusammenhänge sind sehr gut mit dieser Handlung verwoben. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und fesselnd, der Leser darf sich unsichtbar an der Seite von Sophie niederlassen und eine abenteuerliche und emotionale Zeit mit ihr erleben. Die Autorin versteht es ausgezeichnet, die innere Zerrissenheit, die Zweifel sowie die Unsicherheit ihrer Hauptprotagonistin dem Leser so deutlich zu machen, dass sich das gesamte Gefühlsbarometer während der Lektüre auch auf den Leser überträgt. Die damaligen Waisenzüge und auch die Erwartungen der Familien, die eines dieser Kinder bei sich aufnehmen, werden sehr anschaulich beschrieben. So mancher erhält dadurch eine billige Arbeitskraft, für manche ist es aber auch die Erfüllung des Traums vom eigenen Kind, um ihm all ihre Liebe zu schenken. Der christliche Aspekt ist ebenfalls wunderbar in der Geschichte verankert. Es geht um das Vertrauen in Gott, sich von ihm lenken zu lassen und dass alles mit seiner Hilfe gut wird.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert erschaffen und in Szene gesetzt worden. Aufgrund ihrer ganz persönlichen Ecken und Kanten wirken sie sehr realistisch und wie aus dem Leben gegriffen. Der Leser kann an ihrem Schicksal Anteil nehmen und mit ihnen leiden, fühlen, hoffen und bangen. Sophie ist eine junge Frau, die aufgrund ihres harten Lebens auf der Straße weiß, wie man sich durchkämpft. Sie ist eine liebevolle junge Frau, die allerdings bei der kleinsten Schwierigkeit auch den Kopf in den Sand steckt oder Reißaus nimmt. Sie muss erst lernen, sich selbst mehr zu vertrauen, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Für Olivia und Nicholas besitzt sie Stärke und Mut, aber wenn es um sich selbst geht, resigniert sie oft und muss erst lernen, sich selbst wertzuschätzen. Euphemia ist eine wunderbare Frau, die ebenfalls schon einiges in ihrem Leben erlebt hat, doch sie verbreitet so viel Liebe und Optimismus, dass man gar nicht anders kann, als ihre Güte und ihr großes Herz zu bewundern. Reinhold ist ein sympathischer Mann, der hart arbeitet, aber selbst auch eine unsichere Seite besitzt, die er überwinden muss. Weitere Protagonisten wie Olivia, Anna, Nicholas oder der Pastor geben der Handlung zusätzliche Spannungselemente.
„Weil du mich hältst“ ist ein berührender Roman mit historischem Hintergrund, der nicht nur eine romantische Liebesgeschichte enthält, sondern auch das Schicksal von Waisenkindern. Auch die Nächstenliebe spielt hier eine größere Rolle, so dass der Leser fesselnde und unterhaltsame Lesestunden genießen darf. Absolute Leseempfehlung!